Die Dinosaurier von Sucre
BLOG: Das Sabbatical
Schon immer muss die Hauptstadt Bolivien, die nach einem Freiheitskämpfer namens Sucre benannt ist, ein bevölkertes Fleckchen Erde gewesen sein. Befindet sich hier doch der vermutlich weltweit bedeutendste Fundort von Dinosaurier-Spuren. Cal Orcko heißt die Stelle (Quechua für Urqu Cal so viel wie “Berg der Cal”) , die vermutlich einst Uferschlamm eines Sees war, der den Urzeitechsen vom Ende der Kreide bis Anfang Tertiär als Trinkstelle gedient haben könnte. Seit 1994 hat ein internationales Forscherteam rund 12000 Spuren von mehr als 294 Arten entdeckt.
Darunter sind die Trittsiegel von verschiedenen Sauropoden (unter anderem Titanosaurier), Ankylosauriern und Theropoden, aber auch von Reptilien wie Schildkröten und Krokodilen. Vor etwa 13 Millionen Jahren wurde das Ganze dann im Zuge einer Auffaltung um fast 80 Grad gekippt, so dass es den Besuchern, die sich vom Dinopark mit seinen Betonnachbildungen auf den Weg hinunter an die fast senkrechte Wand gemacht haben, Himmelangst werden kann. Das Gelände gehört zum Steinbruch einer Zementfabrik, die in staatlicher Hand ist.
Beim Abbau des begehrten Baustoffs wurde die Spurensammlung, die 1200 Meter lang und mehr als 80 Meter hoch ist und bis zu sieben Schichten aufweist, entdeckt. Beim internationalen Forscherteam unter dem Schweizer Paläontologen Professor Christian Meyer herrscht Sorge, dass das Gelände einsturzgefährdet sein könnte und sich die Spuren möglicherweise verlieren. Deshalb wird jetzt nach Möglichkeiten gesucht, das Ganze zu konservieren. Und die Bolivianer hoffen, dass die Vereinten Nationen ihren “Creatic Parc” dann in die Liste des Welt-Naturerbes aufnehmen.
Schon heute ist sicher, dass die “huellas”, wie die Spuren auf Spanisch heißen, viel über das Leben der Dinosaurier verraten. Die bis zu 40 Tonnen schweren Sauropoden wuchteten ihre bis zu 40 Tonnen schweren Körper gemächlich vorwärts und bewegten sich ähnlich wie Elefanten, die agileren, fleischvertilgenden Theropoden à la Tyrannosaurus Rex (von dem hier allerdings nur der kleinere Vetter gefunden wurde) waren mit einem Tempo von bis zu 35 Stundenkilometer flotter unterwegs. Aber, wie sich ihr Leben abspielte, wie sozial oder individuell sie lebten, da wartet noch manches Geheimnis auf Enthüllung.
All das und noch vieles mehr erzählt uns Juan Carlos mit so enthusiastischer Begeisterung, dass wir unser Einschätzung über bolivianische Guides erst einmal komplett über Bord werfen. Mit vollem Körpereinsatz, mitgeführter Wasserflasche, herbei geschaufeltem Sand und einem geliehenen Pass zeigt er uns, wie die Spuren so wunderbar erhalten geblieben sind.