Der Wert des Essens
BLOG: Das Sabbatical
Der Mercado de Camillo in Arequipa ist ein Traum für alle Menschen, die gutes Essen lieben. Ob Fisch oder Früchte, Gemüse oder Gewürze, unter dem eisernen Dach, für dessen Konstruktion Gustave Eiffel (ja, der vom gleichnamigen Turm in Paris) verantwortlich sein soll, ist das hier ist ein Schmaus für Augen und Gaumen.
Peru ist eine Art Mutterland der Kartoffel (bis in 4000 Meter Höhe werden welche angebaut) und des Mais. Kein Wunder also, dass es beides in rauen Mengen und Dutzenden von Sorten zu kaufen gibt. Eine örtliche Spezialität ist der Mais in der Farbe violett. Der wird nicht gegessen, sondern daraus wird Chicha morada (ein alkoholfreies Getränk) gebraut. Was Getränke angeht, sind die Menschen hier ausgesprochen kreativ. Sie werfen in den Mixer, was Küche und Keller so hergeben. Ob Rote Beete, Karotten, Mango, Maracuja, Limetten, Milch, Eier oder sogar Getreide in verschiedener Form. Warnen möchte ich vor „Rana“, das ist ein Saft, in dem ein Frosch mit verquirlt wurde.
Teuerstes und vielleicht leckerstes Getränk in Arequipa ist der Pisco Sour, dem hier sogar ein eigenes Museum mit Verkostung gewidmet wurde. Drei Teile Pisco (ein dem Grappa ähnlicher Weinbrand), ein Teil Zitronensaft, Zucker und Eiweiß sind die Basisbestandteile. Dass er hier besser schmeckt als in Deutschland hängt vor allem mit den aromatischen Zitronen zusammen.
Nun bin ich ja seit mehr als 30 Jahren Vegetarierin. Folglich bleibt mir erspart, erklären zu müssen, warum ich die puscheligen Alpakas oder wuscheligen Meerschweinchen (spanisch: Cuy) nicht auf dem Teller haben möchte. 65 Millionen Stück sollen von letzteren, die in vielen ländlichen Gebieten einfach so in der Küche mit herumwuseln, pro Jahr im Land verzehrt werden. Bei 30 Millionen Einwohnern wäre das eine stolze Zahl.
Doch das üppige Angebot auf dem städtischen Markt sollte über eines nicht hinweg täuschen: Lebensmittel sind teuer für die meisten Menschen. Fehl- und Unterernährung prägen das Leben im zentralen Hochland immer noch. Dort macht sich der Klimawandel überdies mit starken Regengüssen, der die fruchtbare Krume mit in die Tiefe reißt, und sengender Hitze, die das Saatgut verdorren lässt, noch unbarmherziger bemerkbar als im klimatisch eher frühlingshaften Arequipa. Manchmal helfen dann auch nur noch Coca-Blätter gegen den knurrenden Magen.
In Casa Verde, dem Kinderheim, wo wir als Freiwillige arbeiten, ist die Wertschätzung von Nahrung ebenfalls zu bemerken. Die Kinder essen die dort täglich frisch gekochten Mahlzeiten bis auf den letzten Krümel auf, denn viele von ihnen wissen genau, wie es ist, immer wieder mit hungrigem Bauch ins Bett zu gehen.
Auch in den Städten geht fast die Hälfte des monatlichen Einkommens für Lebensmittel drauf. Dafür ist das Land für Köche ein Traum. Nicht nur, weil die peruanische Küche derzeit weltweit als eine der innovativsten und spannendsten gilt, auch deshalb, weil sie verschiedene Einflüsse mit der traditionellen Kochkunst der Inka vereint. So hat beispielsweise Quinoa (das nicht nur im Müsli wunderbar schmeckt) von hier aus seinen Siegeszug um die Welt angetreten und die Spitzengastronomie aus Europa gibt sich in denen als Privatuniversitäten geführten Kochinstituten die Klinke in die Hand.
Ein kleiner Nachtrag noch: Auf dem Netzwerk „Ethik“ ist ein Beitrag von mir zum Thema Sabbatical-Vorbereitung erschienen. http://ethik-heute.org/ein-jahr-auszeit/#more-3348
Flott geschrieben und auch “schöne” aktuelle Infos (Einfluss der peruanischen Küche). Weitere HOFA Schüler außer Herrn Nuscheler waren deswegen schon “hier”…. Begeisterung pur.
Sehr informativ, sehr interessant. Schön so ein wenig von euren Eindrücken mitzukommen – teilhaben zu können:)