Sieben Fragen an Daniel Lingenhöhl: Und jetzt zum Wetter….
BLOG: Das innere Spektrum
Daniel Lingenhöhl ist Redaktionsleiter von Spektrum.de und zudem der dortige “Wetterfrosch”. Das war schon während seines Studiums der Geografie, Geologie und Biologie an der Universität Erlangen-Nürnberg so ähnlich. 2005 promovierte er über die Biodiversität der Cinque Terre in Italien. Seit 2004 arbeitet der zweifache Familienvater für Spektrum der Wissenschaft.
1.) Was ist am Wetter so spannend?
Daniel Lingenhöhl: Für mich ist nicht das Spannende, wie das Wetter tatsächlich ist – obwohl ich Sonnenschein und blauen Himmel bevorzuge –, für mich ist spannend, wie es entsteht. Die beteiligte Physik und Chemie der Atmosphäre sind entscheidend für die Entstehung des Wetters und des Klimas und beeinflussen damit Teile der Geowissenschaften, mein Studienfach. Die Dynamik beispielsweise, die zur Entstehung eine Gewitterzelle führt (bekommt glänzende Augen) oder die Einflüsse, die die Zugbahn eines Tiefs oder den Jetstream bestimmen, faszinieren mich ebenso wie die daraus abgeleiteten Folgen für die Umwelt vor Ort.
2.) Anscheinend geht es nicht nur Dir so, sondern auch den Spektrum.de-Lesern? Die Wetter-Beiträge sind oft gut geklickte Artikel? Warum ist das so?
Daniel Lingenhöhl: Es kommt ein bisschen auf das Thema an. Wenn man so etwas Knackiges verkünden kann wie „Der Winter ist beendet“ oder die Frage aufwirft, „Kommt eine neue Hitzewelle im Sommer?“, interessiert das schon viele. Vom Wetter ist eben irgendwie jeder betroffen, keiner kann es beeinflussen, und es bietet immer Gesprächsstoff. Und wem es zum dritten Mal die Grillparty verregnet hat, liest gerne einen Beitrag, der erklärt, ob am Wochenende das Wetter tatsächlich oft schlechter ist als unter der Woche.
3.) Hast Du ein Lieblings-Wetter?
Daniel Lingenhöhl (lacht): Da liebe ich es klassisch: andauerndes Hochdruckgebiet mit strahlend blauen Himmel, allerdings mag ich auch „Weiße Weihnachten“. Obwohl ich zugeben muss, dass Extremwetterlagen spannender sind. Da passiert einfach mehr. Wie können Windgeschwindigkeiten mit 400 Kilometern pro Stunde entstehen? Oder das angeblich schlechteste Wetter der Welt auf dem Mount Washington im Nordosten der USA. Da sieht man das Gipfelhaus, wie es komplett eingepackt ist einen Eispanzer. Unglaublich.
4.) Wie gehst Du an Wetterthemen heran? Was gibt Dir den Impuls zu sagen, das wollen die Leute wissen?
Daniel Lingenhöhl: Ich beobachte ohnehin die Wetterentwicklung und bin auf den entsprechenden Internetseiten unterwegs. Die Möglichkeiten haben sich da enorm verbessert, es gibt so etwas wie Regen- und Blitzradar und der Deutsche Wetterdienst mit seinem Thema des Tages, das bringt mich auf Ideen. Aber ich surfe auch auf Wetteronline oder bei Wetterochs mit dem regionalen Wetter für Mittelfranken vorbei. Allerdings versuche ich immer, etwas Neues zu erzählen. Vier Wochen strahlender Sonnenschein ohne Veränderung, da würde ich nicht jede Woche ein Wetterthema machen. Aber wenn zur gleichen Zeit in den USA Dauerregen herrscht, dann würde ich das aufgreifen.
5.) Es gibt also den aktuellen Bezug und das Thema. Wo recherchierst Du dann?
Daniel Lingenhöhl: Ich versuche, mit wissenschaftsjournalistischen Mitteln Bezüge zur aktuellen Forschung herzustellen, basierend auf Wissen, das ich mir während meines Studiums in Klimageographie angeeignet habe. Vieles habe ich auch früher schon einmal beackert und kann es jetzt auf den neuesten Stand bringen, beispielsweise zum Wochenendwetter oder welche Ursachen der Hitzesommer 2003 hatte.
6.) Warum sind so viele Menschen am Wetter interessiert und so wenige am Klimawandel?
Daniel Lingenhöhl: Klimaveränderungen sind viel abstrakter. Vieles prognostiziert man erst für die ferne Zukunft, vieles entwickelt sich schleichend. Das ist für die Leute einfach nicht so greifbar wie das Wochenendwetter. Viele verwechseln auch Wetter- und Klimavorhersage. Letzteres beruht aber auf langfristigen physikalischen Komponenten und wird eigentlich über eine Dauer von mindestens 30 Jahren betrachtet, in der man den Durchschnitt bildet. Man kann durchaus sagen, wenn ich in einem System x einen Faktor y verändere, in dem ich zum Beispiel Treibhausgase reinpumpe, dann ist es wahrscheinlich, dass sich die Temperatur langfristig erhöht. Das heißt jedoch nicht, dass es nicht doch einen kalten Winter geben kann. Aber die Wahrscheinlichkeit sinkt. Das Wetter 2040 können wir nicht vorhersagen, aber wir können abschätzen, um viel die Temperatur steigen könnte, wenn wir an diesen und jenen Stellschrauben weiter drehen. Trotzdem hängen Wetter und Klima sehr eng zusammen, das sollte man nicht verhehlen. Die Bezüge versuche ich herzustellen und in einen längerfristigen, wissenschaftlich fundierten Kontext einzubinden.
7.) Wohin würdest Du gerne eine Wetterexkursion machen?
Daniel Lingenhöhl: Insel in der Passat-Zone bieten sich an, beispielsweise Hawaii oder die Kanaren, weil dort auf sehr kleinem Raum sehr unterschiedliches Wetter herrscht. Da kommt dann der Wind aus Nordwest, streicht übers Meer, ist feucht, klatscht an die Berge, regnet stark ab und auf der Lee-Seite (windabgewandte Seite) ist es sehr trocken, warm und ganz oben gibt es vielleicht Hagel und Schnee. Interessant sind auch Gebiete, die exponiert in der so genannten Westwindzonen liegen, Kap Horn zum Beispiel, wo Stürme durchrasen. Generell würde ich allerdings am liebsten in den Tropen leben. Das hat aber nichts mit dem Wetter, sondern der dortigen Artenvielfalt zu tun. Schön sind natürlich auch die Azoren oder Madeira, wo eine Art ewiges Frühjahr herrscht. Das wäre ideal. Den Schmuddelwinter in unseren Breiten, der liegt mir nämlich überhaupt nicht.
Hier die Links zu Daniel Lingenhöhls besten Wetter-Geschichten:
Die Klimaveränderungen sind insofern nicht so greifbar, weil es seit 1880, den NASA- oder GISS-Daten zufolge, eine gemessene Erwärmung der terrestrischen Oberflächentemperaturen von insgesamt ca. 0,75 K (ca. +0,065 K / Dekade) gegeben hat.
Sie wären ‘für die Leute’ wesentlich greifbarer, wenn die tatsächliche Erwärmung die prognostizierte Erwärmung von + 0,3 K / Dekade bis + 0,5 K / Dekade erreichen würde.
MFG
Dr. W
Ihr wohl schon x-Mal an verschieden Stellen veröffentlichter Kommentar leitet aus einem statistischen Ergebnis über einen Zeitraum von 130 Jahren falsche Schlussfolgerungen ab und unterschiebt der Klimawissenschaft erst noch Behauptungen, die so nie gemacht wurden.
1) Es gibt keine allgemeine Prognose von 0.3 bis 0.5 Celsius Erwärmung pro Jahzehnt, sondern vielmehr die Behauptung, dass die Veränderung der Strahlungsbilanz der Erde mit immer mehr Einstrahlung relativ zur Abstrahlung a) zu höheren Temperaturen führen wird und b) zu einer schnelleren Temperaturzunahme in Zukunft relativ zu heute führen wird.
Das ist natürlich genau das, was man beobachtet. Zwischen 1850 und 1900 war die Temperaturzunahme geringer als zwischen 1900 und 1950 und zwischen 1950 und 2000 nahm die Oberflächentemperatur der Erde noch einmal stärker zu.
2) Sie schreiben: “Die Klimaveränderungen sind insofern nicht so greifbar, weil es seit 1880, den NASA- oder GISS-Daten zufolge, eine gemessene Erwärmung der terrestrischen Oberflächentemperaturen von insgesamt ca. 0,75 K (ca. +0,065 K / Dekade) gegeben hat.”
Damit implizieren sie aus der durchschnittlichen Temperaturzunahme pro Jahrzent über 130 Jahre eine zukünftige Zunahme im Gleichschritt mit dem schon beobachteten. Doch ohne Wissen über die Gründe des Temperaturanstiegs kann man praktisch nichts folgern.
Fazit: Gemittelt über 50 Jahre lässt sich eine Beschleunigung des Temperaturanstiegs während den letzten 130 Jahre feststellen mit deutlich stärker steigenden Temperaturen in den letzten 50 Jahren im Vergleich zu den ersten 50 Jahren. Allerdings ist der Temperaturanstieg kleiner als von den meisten Klimamodellen vorhergesagt, was allerdings auf die momentane “Erwärmungspause” und nicht unbedingt auf eine zu hohe Klimasensitivität der Modelle zurückgeführt werden kann.
@ Herr Holzherr:
ad 1)
-> http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Global_Warming_Predictions_German.png (gerne selbst ein wenig recherchieren und auf Grundaussagen der IPCC-Sachstandsberichte, die Szenarien betreffend, kommen)
ad 2)
Festgestellt worden ist ausschließlich, dass die bekannten Projektionen ‘greifbarer’ sein könnten, wenn die Entwicklung mehr der Erwartung folgen würde; es lag eine Einschätzung der Annahme durch die Rezipienz vor – es lag keine Meinung vor, derart, dass Modellierung oder Prognostik falsch sein müssen. Es wurde diesbezüglich nicht ‘impliziert’.
MFG
Dr. W
PS: Beachten Sie bitte, dass mit den Scilogs.de zwar ein Inhalteverbund bereit steht, dass aber auf die einzelnen Einheiten bezogen von Ihrem Kommentatorenfreund idR nicht redundant vorgetragen wird. – Sie müssen auch nicht inhalte-übergreifend “hinterherreisen”.
Die verlinkten Kurven sind alle leicht nach oben gekrümmt, was zu der schon beobachteten Zunahme des Temperaturanstiegs über lange Zeiträume passt. Eine Zunahme von 0.3Celsius oder gar 0.5 Celsius pro Jahzehnt ist in den Kurven jedesmal deutlich nach dem Jahr 2050 festzustellen.
Die genwärtige Erwärmungspause spricht nicht dagegen, dass diese Prognosen zutreffen, denn der Anstieg nach einer längeren Pause kann sehr stsrk sein wie die Erwärmung, die in den späten 1970er Jahren begann zeigt. Zwischen 1940 und 1975 stiegen die Temperaturen dagegen kaum was möglicherweise ähnliche Gründe hat wie die momentane Erwärmungspause.
Im übrigen sind für viele Auswirkungen des Klimawandels nicht die Oberflächentemperaturen entscheidend, sondern beispielsweise die Temperaturen von Meeresströmungen. Diese nehmen auch zu, jedoch wesentlich langsamer als die Oberflächentemperaturen. Steigende Wassertemperaturen werden aber einen wichtigen Einfluss beim Abschmelzen der Arktis und später der Antarktis haben und dies wiederum wird die Temperatur weiter erhöhen, denn die eisfreien Flächen werden mehr Sonne aufnehmen. Kurzfristig kann die Erwärmung des Erdsystems und die Zunahme des atmosphärischen CO2 übrigens auch positive Auswirkungen haben wie das Greening der Nordhalbkugel infolge steigender Temperaturen und das Greening wüstenartiger Landstriche durch die CO2-Zunahme zeigt. Langfristig wird der Meeresspiegelanstieg aber viele menschliche Sie dlungen bedrohen. Für mich wäre schon der Untergang von Venedig eine Katastrophe, viel schlimmer aber wäre die Überflutung von Amsterdam oder London. Das sind allrdings Dinge, die noch nicht in diesem Jahrhundert zu erwarten sind.
Herr Holzherr, nichts gegen Ihre oft zeitnah oder “nachreisenden” Ausführungen, die Ihr Kommentatorenfreund in der Regel antizipiert, sie ganz ähnlich vortragen könnte, aber eine Bitte:
Nutzen Sie als kommentarischer Hoch- wie Vielleister doch bitte eine Rechtschreibprüfung, wie sie Browser heutzutage für viele Sprachen anbieten.
Auch Ihr Kommentorenfreund wäre ohne diese in Verlegenheit.
MFG
Dr. W (der diesen Rat auch schon berufsmäßigen Schreibern wie bspw. “Schornstein” gegeben hat: Der Intellekt unterliegt so nicht der Technologie)
PS:
‘(…) wenn die tatsächliche Erwärmung die prognostizierte durchschnittliche Erwärmung von + 0,3 K / Dekade bis + 0,5 K / Dekade bis 2100 erreichen würde.’ – wäre besser formuliert, korrekt. An dieser Aussage wäre dann aber auch I.E. nüscht anzumängeln, oder?
Ich nehm mal an, sie verbinden Horrorvorstellungen mit der Klimaerwärmung, haben vielleicht einen Schocker wie James Hansens “The storms of my Grandchildren” gelesen. Doch ich behaupte einmal, rein klimatisch, von den Temperaturen her, wird der Klimawandel insgesamt die Lebensbedingungen auf der Erde nicht verschlechtern. Im Gegenteil, da ja der grösste Teil der Landmasse in den mittleren Breitengraden des Nordens liegt werden die Bedingungen für die Landwirtschaft in Kanada und Russland besser. Das Problem ist allerdings, dass diese Gegenden, die vom Klimawandel profitieren, heute praktisch menschenleer sind. Auch der Anstieg des Meeresspiegels ist nur deshalb problematisch, weil viele Städte an der Küste liegen.
PS: Rechtschreibkorrekturen sind für mich oft deshalb nicht möglich, weil ich direkt ins iPad eintippe. Auf einem PC wäre das anders.
Wenn die Klimaerwärmung so schnell kommt, wie prognostiziert, werden die genannten Lebensbedingungen sich stark verschlechtern. – Allerdings hat Ihr Kommentatorenfreund nach langer Prüfung [1], es sind hier über die letzten 6 Jahre ohne Übertreibung mindestens 1.000 Stunden investiert worden, den Eindruck gewonnen, dass die Erwärmung langsamer kommen wird, was in diesem Fall Anlass geben könnte erneut zu überlegen, ob die Anpassungsskosten in einem günstigen Verhältnis zu den Verhinderungskosten stehen. [2]
Vgl. auch mit dieser visionären bundesdeutschen Arbeit :
-> http://www.wbgu.de/hauptgutachten/hg-2011-transformation/
MFG
Dr. W
[1] aus Sicht des interessierten Laien, aus Sicht des Dilettanten
[2] auch das Geo-Engineering würde in diesem Fall interessanter werden
@Dr. Webbaer 4. Mai 2014 10:41
Die meisten Menschen nehmen den Klimawandle während ihres Lebens gerade knapp wahr. So langsam ändert sich das Klima relativ zum Ereignishorizont eines Menschenlebens. Obwohl sich das Klima geradezu blitzartig ändert, wenn man geologische Massstabe ansetzt.
Dies zu
“Wenn die Klimaerwärmung so schnell kommt, wie prognostiziert, werden die genannten Lebensbedingungen sich stark verschlechtern.”
Insoweit kann ich nicht verstehen, dass sie schreiben: ” den Eindruck gewonnen, dass die Erwärmung langsamer kommen wird”, denn die Erwärmung kommt schon langsam und die meisten Kommentatoren hier werden das Jahr 2050 gar nicht mehr erleben.
Mein Eindruck ist folgender: Für einige Länder und Regionen wird sich der Klimawandel äusserst negativ auswirken, weil ganze Klimata nach Norden migrieren. In Südeuropa könnten beispielsweise aride Verhältnisse einkehren. Doch die meisten Bewohner Südeuropas werden das bloss als Zunahme eines vorbestehenden Trends wahrnehmen.
Langfristig ist sicher der starke Anstieg des Meeresspiegels problematisch. Doch eben nur über einen Zeitraum von deutlich mehr als 100 Jahren. Das muss die Menschheit noch lernen: Wie geht man mit langfristigen Entwicklungen um. Eine Teilantwort kann ich geben: Man muss nötige Anpassungen schon früh angehen. Indem man neue Schwerpunkte in Forschung und Entwicklung setzt. Das wurde gerade in Bezug auf den Klimawandel verpasst. Anstatt dass man die Forschung im Energiebereich verdoppelte oder vervierfachte, setzten gewisse Länder und viele Forscher schon sehr früh auf das Thema regenerative Energien in Form von Wind- und Solarenergie oder gar Wellenenergie. Damit haben sie sich zu früh auf eine Energieform festgelegt. Dabei hätte man allen Energien, die keine CO2-Emissionen verursachen eine Chance geben müssen. Zudem hätte man die Rahmenbedingungen schon früh so gestalten müssen, dass CO2-arme Energiequellen einen Vorteil erhalten. Die Anpassung von der sie schreiben – eine Anpassung an steigende Temperaturen, ist längerfristig gesehen schlechter als ein Verlassen von Kohle, Öl und Erdgas. Denn von Kohle, Öl und Erdgas müssen längerfristig gesehen sowieso verlassen werden, weil sie endlich sind. Wir müssen den Vorgang lediglich etwas beschleunigen. Damit hätte man schon vor 20 Jahren beginnen können.