• Von Dierk Haasis
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Wortwahl

BLOG: Con Text

Wörter brauchen Gesellschaft.
Con Text

Heute kam endlich die April-Ausgabe des National Geographic Magazine bei mir an – das dauert inzwischen immer drei bis vier Wochen seit Erscheinungsdatum. Aber darüber wollte ich jetzt nicht meckern. Es scheint auch eine sehr interessantes Heft zum Thema ‘Rasse’ zu sein, jeder Artikel beleuchtet einen Aspekt, vor allem aus US-amerikanischer Sicht.

Bei der Eingabe aller relevanten Daten in meine Artikel-Datenbank – wo Sie auch einen Blick auf das Cover werfen und einen Überblick über die Artikel bekommen können – fiel mir eine Diskrepanz auf. Im Inhaltsverzeichnis stehen leider manchmal andere Headlines als auf der Titelseite des Artikels. In einem Fall steht diesmal im Inhaltsverzeichnis

Dawn of White Minority

Der Artikel selbst ist dann überschrieben mit

The Rising Anxiety of White America

Lassen wir einmal meinen Lieblingsverdruss der Gleichsetzung der USA mit Amerika aussen vor. Die Aussage im Inhaltsverzeichnis ist eine einfache, faktische Aussage, wenn auch Doppeldeutig. Es gibt offenbar eine weisse Minderheit in den USA. Oder wird sie demnächst geben. Je nachdem, wie man ‘Dawn’ hier interpretiert, steht die  Klassifizierung ‘Minderheit’ bevor oder die Minderheit steht auf. Die Anspielung an George A. Romeros gesellschaftspolitische Filmsatire Dawn of the Dead ist klar.

Der Titel über dem Artikel lässt die ‘Minderheit’ komplett fallen, geht dafür aber auf das eigentliche Phänomen ein: Angst. Es gibt offenbar ein Gefühl, Änderungen in der demografischen Zusammensetzung der US-amerikanischen Gesellschaft könnten zum Nachteil der bisher herrschenden Weissen führen. Vielleicht haben sie Angst, Schwarze, Asiaten und Latinos würden Weisse einmal genauso benutzen, wie Weisse über Jahrhunderte sie behandelt haben? Weiss ich noch nicht, ich kam noch nicht zum Lesen des Artikel.

Im Moment frage ich mich allerdings, weshalb im Inhaltsverzeichnis eine Zeile zum Angst machen steht.

Nach dem Abitur habe ich an der Universität Hamburg Anglistik, Amerikanistik, Soziologie und Philosophie studiert. Den Magister Artium machte ich 1992/93, danach arbeitete ich an meiner Promotion, die ich aus verschiedenen Gründen aufsteckte. Ich beschäftige mich meist mit drei Aspekten der Literatur: - soziologisch [Was erzählt uns der Text über die Gesellschaft] - technisch [Wie funktioniert so ein Text eigentlich] - praktisch [Wie bringen wir Bedeutung zum Leser] Aber auch theoretische Themen liegen mir nicht fern, z.B. die Frage, inwieweit literarische Texte außerhalb von Literatur- und Kunstgeschichte verständlich sein müssen. Oder simpler: Für wen schreiben Autoren eigentlich?