Über 60 Wörter auf -in | Sprachlog

BLOG: Con Text

Wörter brauchen Gesellschaft.
Con Text

Kristin Kopf, eine der drei Linguistinnen, die das Sprachlog betreiben, hat eine kleine Verteidigungschrift zu einer stilistischen Entscheidung für ihr Buch Das kleine Etymologicum geschrieben. Auch wenn sie eine gewisse aggressive Allergie bzgl. gendergerechter Sprache haben, lesen Sie bitte den gesamten Text, da er nicht nur wohlbegründet ist, sondern auch ein paar Irrtümer gerade rückt – über Geschichte, über Texte und über den Einsatz gendergerechter Sprache.

Nach dem Abitur habe ich an der Universität Hamburg Anglistik, Amerikanistik, Soziologie und Philosophie studiert. Den Magister Artium machte ich 1992/93, danach arbeitete ich an meiner Promotion, die ich aus verschiedenen Gründen aufsteckte. Ich beschäftige mich meist mit drei Aspekten der Literatur: - soziologisch [Was erzählt uns der Text über die Gesellschaft] - technisch [Wie funktioniert so ein Text eigentlich] - praktisch [Wie bringen wir Bedeutung zum Leser] Aber auch theoretische Themen liegen mir nicht fern, z.B. die Frage, inwieweit literarische Texte außerhalb von Literatur- und Kunstgeschichte verständlich sein müssen. Oder simpler: Für wen schreiben Autoren eigentlich?

5 Kommentare

  1. Wenn man einerseits behauptet, das generische Maskulinum funktioniere nicht, wie kann man dann ein “generisches” Femininum verwenden und glauben, dieses würde funktionieren?

    • Ich möchte ungern etwas tiefer erklären, von dem ich zu wenig verstehe, weil ich mich damit nicht täglich theoretisch beschäftige. Bezüglich der grammatisch weiblichen, männlichen und sächlichen Formen habe ich sowohl eine theoretische Ansicht – die völlig falsch sein kann, darum spreche ich gerne mit Anatol Stefanowitsch darüber – als auch eine praktische. Letztere deckt sich zu weiten Teilen mit der Lösung, die Frau Kopf für ihr Buch gefunden hat.

      Möglicherweise haben Sie ihren Text nicht zur Gänze gelesen, macht sie doch klar, was ein “generisches” Maskulinum ist: eine rhetorische Figur, keine linguistische Wahrheit. Genau dieser setzt sie das “generische” Femininum gegen. Sie schafft also eine Konvention, die, meiner Ansicht nach, jene ‘Generisch!’-Schreier zufrieden stellen müsste.

      PS: Dass es sich um reine Konvention handelt, erkennt man gut daran, wie sich an Männern fest gemachte Begriffe zu an Frauen festgemachten wandeln – vor WK1 Sekretär als Standard, danach Sekretärin [denken Sie da die Männer eigentlich mit?] – und umgekehrt.

    • @ Horst :

      Das Genus meint im Deutschen nicht den Sexus, das biologische Geschlecht.
      Insofern kann bspw. der Kommentator weiblich oder männlich sein, die Kommentatoren können dies ebenso sein.
      Wenn Substantive der männlichen Form verwendet werden, werden diese manchmal auch Generische Maskulina genannt, wenn sie mögliche biologische Geschlechter adressieren, was nicht immer der Fall ist.
      Ähnlich verhält es sich bspw. mit Wörtern wie Fachkraft (generisches Femininum) und Pferd (generisches Neutrum).

      Zu behaupten, dass derartige Bildung des Genus nicht ‘funktioniert’, entspricht logisch (“sprachlich”) der Forderung, dass das biologische Geschlecht jeweils oder zumindest manchmal zwingend zu nennen wäre.


      Dann gibt es noch die geschlechtsspezifischen Markierungen (das Fachwort), die Müllerin ist durch die Suffix “-in” geschlechtlich als feminin markiert, der Enterich durch die Suffix “-rich”.

      Bei derartiger Aussage beispielsweise – ‘Im Deutschen gibt es kein generisches Maskulinum und die „generische“ Verwendung maskuliner Formen bringt keinen praktischen Vorteil mit sich. ‘ (Quelle) – kann zumindest der Schreiber dieser Zeilen, der zudem ‘Vorteile’ sieht, wenn der Sexus ungenannt bleibt, nicht folgen.

      MFG
      Dr. W

  2. Wenn es kein “generisches” Maskulin gibt, sollte es also keinen Mann stören, wenn eine feminine Form benutzt wird, z.B. “Studentin”?
    Wenn es kein “generisches” Maskulin gibt, gebe es aber auch keinen Grund, eine weibliche Form in, sagen wir historischen Texten, einzuführen.
    Offensichtlich stört es aber viele Männer und auch einige Frauen, wenn man die feminine Formen über ein gewisses Maß hinaus (z.B. Stellenausschreibungen) einführt. Was die eine Seite als Gendergerechtigkeit wahrnimmt, nimmt die andere Seite als ideologisierte Bevormundung oder Übergriff war. Wie man das “generische” Maskulin oder Feminin auffasst, ist offenbar eine Frage des “gender-Bewusstseins” und selbstverständlich ändern sich auch Assoziationen zu Wörtern je nach Kontext. Man kann auch fragen: “Denken Sie Juden und Ostfriesen mit, wenn man oder von “Deutschen” spricht?”

    Kristin Kopf scheint unter “generisch” aber das genaue Gegenteil zu verstehen wie Webbaer und Dierk Haasis meinen:

    “Häufig wird vorgeschlagen, doch einfach die männlichen Formen »generisch« zu verwenden, das heißt, mit der Form alle Menschen zu bezeichnen, egal welchen Geschlechts. Dieses generische Maskulinum ist aber trügerisch: Man kann felsenfest davon überzeugt sein, wenn von Lehrern und Rechtsanwälten die Rede ist, auch Frauen vor seinem inneren Auge zu sehen. Überprüft man aber experimentell, was da unbewusst abläuft, wird schnell klar, dass unser Gehirn die Frauen, die in den männlichen Bezeichnungen stecken sollen, quasi immer ignoriert. Das generische Maskulinum funktioniert nicht generisch.”

    “Generisch” bedeutet hier offenbar “nicht geschlechtlich”.

    Die Frage ist, wieviel political gender correctness der Sprachgemeinschaft wert wäre, denn eine konsequente Lösung wäre wohl nur die Einführung eines vierten Artikels und einer neuen Endung (in Absprache mit Österreich und der Schweiz).

    • @ Herr Stefan :

      Wenn es kein “generisches” Maskulin gibt, sollte es also keinen Mann stören, wenn eine feminine Form benutzt wird, z.B. “Studentin”?

      Es ‘stört’ wohl ohnehin niemanden, wenn die feminine Markierung (s.o.) verwendet wird, sie sollte aber nicht pflichtig werden (wenn sie nicht stören soll).
      Dies unabhängig davon angemerkt, ob es die generischen Genera (s.o.) “gibt” oder eben (aus Sicht zumindest einiger) nicht.

      Dezent formuliert problematisch könnte es werden, wenn markierte Substantive “generisch” verwendet werden, denn das liefe u.a. auf Formulierungen wie ‘weibliche Freundinnen‘ hinaus.

      MFG
      Dr. W