Wetterregeln für Hobbyastronomen

BLOG: Clear Skies

Astronomie mit eigenen Augen
Clear Skies

Zwischen erdgebundenen Astronomen und Himmelsobjekten steht stets eine “Fehlerquelle”: Die Erdatmosphäre. Nun sind auch Hobbyastronomen in der Regel ja “erdgebunden”. Deshalb ist es für Sterngucker sinnvoll, sich mit den Gegebenheiten auszukennen, welche eigene Himmelsbeobachtungen beeinträchtigen. Diese sind: Störlicht (Lichtverschmutzung), Seeing (Luftunruhe), Transparenz (Klarheit) – und: das Wetter, von dem Seeing und Transparenz freilich abhängen. Vom Wetter handelt dieser Beitrag.

Zur Planung einer Beobachtungsnacht gehört zunächst die Suche nach einem möglichst wenig lichtverschmutzten Beobachtungsplatz. Je lichtschwächer die Himmelsobjekte sind, die man ins Okular nehmen möchte, desto wichtiger ist es, einen möglichst dunklen Ort aufzusuchen. Mond und Planeten lassen sich auch von der Stadt aus gut beobachten. Viele Deep-Sky-Objekte aber verschwinden im Grau eines lichtverseuchten Nachthimmels, sprich: Sie sind unsichtbar.

Für die drei Faktoren Seeing, Transparenz und Wetter beziehungsweise Wetterentwicklung gilt: Will man die Beobachtungsbedingungen und Wetterverhältnisse auf lokaler Ebene möglichst genau vorhersagen, reicht es nicht aus, allein die Wettervorhersagen diverser Wetterdienste oder die zahlreichen im Netz kredenzten, aktuellen Satellitenbilder zu studieren.

Ein Amateurastronom sollte daher einige Grundlagen eigener Wetterbeobachtung beherrschen, um die atmosphärischen Bedingungen – und Entwicklungen über den Zeitraum einer Beobachtungsnacht – einschätzen zu können. Drei Instrumente (Thermometer, Barometer und Hygrometer) genügen, um Entwicklungen von Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchte zu registrieren.

Generell gilt: Langsame Veränderungen von Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchte und Windstärke haben meist anhaltendes Wetter zur Folge. Umgekehrt ergeben schnelle Veränderungen eher unbeständiges Wetter. Erst am Nachmittag vor einer Beobachtungsnacht lohnt eine lokal verlässliche Wettervorhersage; ist das Wetter morgens gut, so wird es sich aller Voraussicht nach bis zur Nacht grundlegend ändern.

Ich habe einige sehr allgemeine “Wetterregeln” zusammen gestellt, freilich ohne Gewähr auf Vollständigkeit. Für Kommentare mit weitereren solcher “Regeln” bin ich dankbar! Mit Blick auf das aktuelle Wettergeschehen, optische Wettererscheinungen und auf Veränderungen von Temperatur Luftdruck und Luftfeuchte lassen sich eigene lokale Wettervorhersagen treffen, die zumindest eine Tendenz aufzeigen und vor überraschendem Wetterumschwung schützen.


Vorboten brauchbarer Beobachtungsnächte können sein:

 

  • Abendrot und Morgengrau können Vorboten schönen Wetters und relativ trockener Troposphäre sein.
  • Leichte Cumulus-Bewölkung (Cumulus humilis und mediocris) am Nachmittag löst sich gegen Abend meist auf. Cumulus congestus oder gar Cumulonimbus am Nachmittag oder Abend sind hingegen Vorboten einer bewölkten oder gar verregneten Nacht.
  • Hochdruckgebiete allein sind kein Indikator für gute Beobachtungsnächte: Eventuell ziehen hohe Wolken auf – oder Hochnebel im Winter.
  • Die Vorhersage starker nächtlicher Abkühlung ist ein gutes Zeichen: Es wird vermutlich wolkenfrei.
  • Steigt der Luftdruck nach Durchzug einer Regenfront über Tag deutlich, deutet das auf eine brauchbare, wolkenfreie Beobachtungsnacht mit gutem Seeing und guter Transparenz hin.
  • Liegt die Luftfeuchte zwischen Nachmittag und Abend konstant um 50 %, deutet das auf eine stabile Wetterlage mit trockener Luft hin. Ist die Luftfeuchte höher, werden die Beobachtungsbedingungen nachts eher schlecht.

Vorboten unbrauchbarer Beobachtungsnächte können sein:

  • Morgenrot und Abendgrau können eine aufziehende Schlechtwetter-Front anzeigen.
  • Gute Fernsicht, dunkelgrau erscheinende Berge und gute Hörbarkeit weit entfernter Geräusche zeugen zwar von einer relativ geringen Luftfeuchte, die aber meist nicht von Beständigkeit ist: Es wird vermutlich regnen.
  • Aufziehende Cirrus-Bewölkung (auch durch Kondensstreifen) und gar Halo-Erscheinungen zeugen von einer (zunehmenden) Durchfeuchtung der oberen Troposphäre, die zum einen die Beobachtung von lichtschwachen Himmelsobjekten unmöglich macht, zum anderen auf einen Wetterumschwung innerhalb der kommenden 24-36 Stunden hinweist.
  • Ostwind-Wetterlagen bringen allgemein trockene Luft, aber meist auch schlechte Transparenz: Im Sommer zudem Hitze, im Winter Frost.

 


Literaturtipps:

Ich nenne an dieser Stelle ganz bewusst nur ein paar Bücher und keine Websites mit aktuellen Satellitenbildern und lokalen Tipps für Sternennächte, derer es reichlich und sehr gute gibt. Da helfen Suchmaschinen schnell und effektiv weiter! 🙂

 

  • Gerrit de Bont: Wolkenatlas – Wolken und Wetter. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 1987. Dieser aus dem Niederländischen übertragene, großformatige Wolkenatlas ist leider nur noch antiquarisch erhältlich. Ein wunderbares Buch! Wer Wolken mit den allermeisten ihrer Unterarten “lernen” möchte, ist mit diesem Werk bestens bedient.
  • Hans Häckel: Wolken und andere Phänomene am Himmel. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 2010, 2. Auflage. Ein Wolkenatlas, der nicht – wie viele vergleichbare “Wetter-Ratgeber” – an der Oberfläche kratzt, und hervorragendes Bildmaterial bietet. Manche Bilder sind etwas klarer als jene im de Bont.
  • Hans Häckel: Meteorologie. UTB, Stuttgart, 7. Auflage, 2012. Ein tolles Buch, dessen zweite Auflage mir seinerzeit im Studium große Dienste erwies, und von dem ich mir später eine (noch bessere, weil überarbeitete) Folgeauflage zulegte. Ich kenne keine didaktisch bessere Einführung in die Wetterkunde.
  • Hans Häckel: Farbatlas Wetterphänomene, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 1999. Ich vermute, dass auch dieses Buch leider vergriffen ist. Wer es im Antiquariat findet, sollte unbedingt zugreifen. Dieses Werk lädt zum Schmökern ein – und bietet eine Vielzahl interessanter Fotografien, gerade auch von seltenen Wetterphänomenen und atmosphärischen Erscheinungen.

Clear Skies! Stefan Oldenburg

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Astronomische Themen begeistern mich seit meiner Kindheit und ich freue mich, Zeuge des goldenen Zeitalters der Astronomie zu sein. Spannende Entdeckungen gibt es im Staccatotakt, aber erst im Erkunden unserer kosmischen Nachbarschaft mit den eigenen Augen liegt für mich die wirkliche Faszination dieser Wissenschaft. "Clear Skies" lautet der Gruß unter Amateurastronomen, verbunden mit dem Wunsch nach guten Beobachtungsbedingungen. Deshalb heißt dieser seit November 2007 bestehende Blog "Clear Skies".

5 Kommentare

  1. Meine Wetterregel

    Hallo Stefan, Vielen Dank für die ausführliche Darlegung. Ich habe eine viel einfachere Wetterregel, die durch weitreichende heurististische Beobachtungsdaten gestützt wird:

    Wenn …

    … etwas wirklich Sehenswertes am Himmel stattfindet und ich mir vornehme, es mir anzuschauen …

    Dann …

    … regnet’s.

    Zumindest ist der Himmel komplett zu. Und falls mal wider erwarten weder das eine noch das andere eintritt, dann baut sich eine Wolkenfront langsam genau vor dem Teil des Himmels auf, den ich sehen will.

    Die Wahrscheinlichkeit schlechten Wetters korreliert nach meiner Erfahrung zudem stark mit der Frühe der Morgenstunde oder der Weite der Anfahrt.

  2. Zwei fiese Regeln

    Hallo Michael, denkt man beispielsweise an den Venustransit im Juni 2012, so werden die meisten Himmelsbeobachter (zumindest jene in unseren Gefilden) Deinen Worten zustimmen.

    Leider trifft auch stets die Regel zu, dass ein neues Teleskop und sein Besitzer / seine Besitzerin erst mal laaaaange auf “first light” warten müssen, ehe alle Beobachtungsbedingungen stimmen.

    Ich frage mich, auf wen diese beiden wirklich fiesen Regeln zurückgehen… 😉

  3. @Jan: Keine Ausnahme

    Ich schrieb ja, dass die Wahrscheinlichkeit schlechten Wetters mit der Unmöglichkeit der Stunde korreliert. Der Venus-Transit 2004 und der Merkurtransit 2003 waren jeweils zu sehr angenehmen Zeiten – ja, gut, da kann es auch mal sein, dass das Wetter uns gnädigerweise ein paar Brosamen in Form günstiger Sichtbedingungen hinwirft. Die Klatsche kam dann aber spätestens 2012, und zwar gleich mehrfach: Venusbedeckung und Venustransit beide ins Wasser gefallen.

    Zurück zu 2003 und 2004: Ich habe beide beobachtet, und besonders ver Venustransit 2004 ist mir in bleibend guter Erinnerung. Es war kurz vor der Ankunft von Cassini-Huygens am Saturn, da war so eine knisternde Spannung überall.

  4. Das bringt mich zu einer weiteren “Regel”: Wenn man das Glück hatte, ein Jahrhundertereignis wie den Venustransit wie den von 2004 bei stahlblauem Himmel zu sehen, wird man bei mindestens den nächsten 5 Großereignissen bitteböse bestraft. Deshalb habe ich mich 2012 gar nicht erst auf eine Beobachtung in Deutschland eingestellt.

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