Sternhimmel oder Sternenhimmel?

BLOG: Clear Skies

Astronomie mit eigenen Augen
Clear Skies

Wie heißt es eigentlich: "Der Sternhimmel" oder "Der Sternenhimmel"? Ist das eine richtig, das andere falsch, oder umgekehrt? Oder ist gar beides richtig und keines falsch?

Seit Jahren stolpere ich über diese sprachliche Feinheit, die sich quer durch die amateurastronomische Literatur und das WWW zieht. Eine Einheitlichkeit gibt es nicht. Der Eintrag "Sternenhimmel" bei Wikipedia leitet entsprechend raffiniert ein: "Unter dem Sternenhimmel (auch Sternhimmel) versteht man…" Häufiger allerdings als "Sternhimmel" findet sich "Sternenhimmel", sowohl in der gedruckten als auch in der digitalen Sphäre.

Jeder weiß, was gemeint ist. Ganz anders als bei der sprachlichen Verwirrung "Schärfentiefe" versus "Tiefenschärfe" ist der Inhalt klar umrissen, ob jemand nun "Sternhimmel" oder "Sternenhimmel" sagt. Dennoch steigt bei manchen Zeitgenossen innerhalb von Sekundenbruchteilen der Blutdruck, hören sie nun die ein oder die andere Bezeichnung. "Neiiin!" heißt es dann mit entsetztem Blick, "das heißt aber "xxx" und keinesfalls "xxx"!" So ist zumindest meine Erfahrung, aus der ich den Schluß ziehen muss: Soooo egal ist es offensichtlich doch nicht, welchen der beiden Begriffe man nun anbringt.

Im amateurastronomischen Bücherregal finden sich nebeneinander Werke wie jener ganz frisch erschienene, opulente Bildband von Eckhard Slawik: "Der Sternenhimmel" oder die "Drehbare Kosmos-Sternkarte: Für den nördlichen und südlichen Sternhimmel". Selbst innerhalb eines Verlags kursieren beide Bezeichnungen, erscheinen doch sowohl das von Hans Roth herausgegebene Astronomie-Jahrbuch "Der Sternenhimmel" als auch beispielsweise "Das Kosmos Sternhimmel-Set" von Hermann-Michael Hahn im Kosmos-Verlag.

Ist es altmodisch und überkommen, "Sternhimmel" zu sagen, hingegen modern und fortschrittlich, zwei weitere Buchstaben in dieses Wort einzusetzen? Oder umgekehrt? Verwirrend wird die Geschichte, wenn wir uns die Begriffe "Nordsternhimmel" oder "Südsternhimmel" anschauen. Die Bezeichnungen "Nordsternenhimmel" oder "Südsternenhimmel" findet man nämlich nie.

Clear Skies, Stefan Oldenburg 😉

Avatar-Foto

Astronomische Themen begeistern mich seit meiner Kindheit und ich freue mich, Zeuge des goldenen Zeitalters der Astronomie zu sein. Spannende Entdeckungen gibt es im Staccatotakt, aber erst im Erkunden unserer kosmischen Nachbarschaft mit den eigenen Augen liegt für mich die wirkliche Faszination dieser Wissenschaft. "Clear Skies" lautet der Gruß unter Amateurastronomen, verbunden mit dem Wunsch nach guten Beobachtungsbedingungen. Deshalb heißt dieser seit November 2007 bestehende Blog "Clear Skies".

14 Kommentare

  1. Interessant

    Beide Formen finden sich schon lange in der deutschen Sprache, wobei Sternenhimmel immer die häufigere Form war, sich aber keine Entwicklung hin zu einer der beiden Formen feststellen lässt (siehe Google Ngrams). Auch der Duden akzeptiert beide Formen, wobei Sternenhimmel als Hauptform betrachtet wird, während der Eintrag zu Sternhimmel nur einen Verweis auf Sternenhimmel enthält.

    Warum es zwei Formen gibt oder welche die „richtige“ ist, kann man nicht sagen. Es gibt im Deutschen zusammengesetzte Substantive, bei denen Erst- und Zweitglied direkt nebeneinander stehen, z.B. Jahrmarkt und solche, bei denen ein Fugenmorphem dazwischen steht, das häufig wie ein Genitiv oder ein Plural aussieht, z.B. Jahreskarte. Und bei Stern(en)himmel gibt es eben beide Formen. Altmodisch ist keine der beiden, welche man bevorzugt, ist, wie so vieles im Leben, Geschmackssache.

    Vielen Dank für Ihren überzeugenden Kommentar. Ich bin gespannt, ob sich nun noch “Vertreter” der ein oder anderen Variante zu Wort melden werden? Clear Skies

  2. Hubert Kah sagte schon 1982 …

    “Sternenhimmel”. Das wissen aber nur noch die Älteren unter uns.

    Was ja kaum jemand weiß: Hubert Kah ist inzwischen Professor für Astrophysik und sein Hit “Sternenhimmel” wurde damals als Dissertation anerkannt. 😉 Clear Skies

  3. -en

    Oh, sehr verdienstvoll, dieses Thema mal aufs Tapet zu bringen! 🙂 Bei der Gelegenheit könnten wir auch gleich klären, ob es nun “planetarische” oder doch “planetare” Nebel sind und ob als Dativ bzw. Akkusativ Singular von Planet neben dem klassischen “Planeten” auch “Planet” durchgeht. Dito für Asteroid, Komet und Meteorit. (Hat das Problem eine gemeinsame Wurzel außer der fremdsprachlichen Entlehnung?) Sitze ich immer wieder fragend vor und greife letztlich denn doch zum Duden.

  4. Alles eine Frage des Rhythmus, behaupte ich einfach mal so. Sternhimmel und Sternenhimmel sprechen sich an der Fugenstelle beide leicht, von daher wäre ein Fugenlaut nicht wirklich nötig – außer halt, der Gesamtrhythmus des Wortes klingt nicht. Dafür sprechen deine Beispiele des Nord- und Südsternhimmels.

    Da es keinen Südstern gibt [außer in Berlin], fege ich dei andere Wurzel – nämlich ‘Nordstern’ bzw. ‘Südstern’ – einfach mal weg.

  5. eigentlich Sternenhimmel…

    Eigentlich sollte Sternenhimmel das Ursprungswort sein, während ich Sternhimmel eher für eine schnell, möglicherweise auch regional anders gesprochene Variante halte.

  6. Von Sternwarten und Sternenabenden

    Analtols Hinweis auf die verschiedenen Formen hat mich dazu gebracht mal zu überlegen, welche anderen zusammengesetzten Worte mit Stern-irgendwas es noch gibt.
    Ganz oben hätten wir da natürlich die Sternwarte. Hier sind “Sternenwarten” eindeutig in der Unterzahl, aber es gibt sie. Ich würde allerdings behaupten, die zweite Variante wird hauptsächlich von Nicht-Astronomen genutzt. Im Niederländischen heißt es übrigens auch entweder “Sterrewacht” oder “Sterrenwacht”, wobei letzteres in der Mehrheit ist.

    Dann hätten wir da noch die Sternkarte, da holt die Sternenkarte mächtig auf.

    In der Sternwarte Lübeck werden übrigens einmal im Monat “Sternenabende für Kinder” angeboten. Der Blick in das Programmarchiv zeigt mir aber, daß wir da nicht ganz konsistent waren und die Veranstaltung zeitweise auch mal “Sternabend” hieß.

    Ich bin übrigens ein Vertreter der Stern-irgendwas und nicht der Sternen-irgendwas-Variante, sowohl beim Sternhimmel, als auch bei der Warte, der Karte und der Kinderveranstaltung 🙂

  7. Sternenhimmel

    Sternhimmel ist mir zu singulär – es geht ja um die VIELEN, die Gott der Herr gezählet hat! Bei Südsternhimmel geht es doch hauptsächlich um den EINEN, oder?

  8. Stern[en]himmel

    Meine Präferenz für “Sternenhimmel” liegt vermutlich schlicht im Sprachrhythmus: Bei “Sternhimmel” folgen zwei betonte Silben aufeinander, was schwer von der Zunge geht; “Sternenhimmel” wie auch “Nordsternhimmel” sprechen sich als Trochäen viel leichter … ansonsten ist’s egal. Wer ob des anderen Gebrauches in die Luft geht, kann sich ja als Schwerlastträger bewerben 🙂

  9. Quantitav-nichtrepräsentative Betrachtun

    Zwar ist ein Griff in die Google’sch Bücherkiste nicht unbedingt repräsentativ, aber immerhin erlaubt sie einen ersten Vergleich:

    http://ngrams.googlelabs.com/…8&smoothing=10

    Demnach wurde fast immer der “Sternenhimmel” bevorzugt; nur in den ersten Jahren (der Erwähnung beider Begriffe in der erfaßten deutschsprachigen Literatur) kann sich der “Sternhimmel” zeitweilig durchsetzen.

  10. Der Sternhimmel meint den Sternenhimmel

    Guten Tag,

    beim Lesen dieses Artikels bin ich natürlich auch stutzig geworden: Argumente für beide Seiten sind schlüssig und vor allem das letztgenannte hätte mich beinahe zu dem Schluss gebracht, dass “Sternhimmel” (also ohne -en-) die richtige(re) Schreibweise wäre. Eine Nachforschung im Duden (DAS Werk, dass eine Antwort zu diesem Thema haben sollte) ergab folgendes: zwar sind beide Wörter vertreten, doch steht nur unter dem Begriff “Sternenhimmel” eine wirkliche Definition. Bei “Sternhimmel” wird lediglich auf “Sternenhimmel” verwiesen. Dennoch ist beides möglich – man sagt ja auch “Samstag” und “Sonnabend” 😉 In diesem Sinne: MfG Edgar Renje

  11. Semmel (n) knödel (n )

    Hallo!

    Das erinnert mich an die Frage, die seiner Zeit Karl Valentin umtrieb : Semmelknödel oder Semmelnknödel eventuell Semmelknödeln oder doch Semmelnknödeln….

    CS
    Berthold

  12. Auf dem Weg zum Einsternhimmel

    Solange man am Himmel noch MEHRERE Sterne erblicken kann, ist zweifellos der Plural “SternENhimmel” angebracht. Im Zeitalter zunehmender Lichtverschmutzung könnte mancherorts allerdings bald der (Ein-)Sternhimmel Realität werden.

  13. Blick in den Duden

    alte Ausgabe: Sternhimmel ohne “en”, alles andere ist daher umgangssprachlich-blumig – so hab ich’s in der Schule gelernt und das ist beim besten Willen noch nicht sooo lange her.

    Neue Ausgabe (hab ich mir zum Abitur gekauft, war wohl die erste Auflage mit neuer RS, von 1996): Sternenhimmel mit ‘en’ fett gedruckt und in Klammern (svw Sternhimmel).

    “svw” heißt “so viel wie”.

    siehe: auch die Dudenredaktion lernt 🙂 die deutsche Sprache ist schließlich nicht “heilig” und nicht tot, sie darf sich mithin dem dem Gebrauch anpassen.

Schreibe einen Kommentar