Es ist Merkur-Zeit!

BLOG: Clear Skies

Astronomie mit eigenen Augen
Clear Skies

Viele Artikel über den sonnennächsten Planeten beginnen mit den Worten, Merkur sei der “vergessene” Planet. So muss zukünftig kein Text mehr beginnen, weil Merkur bald zumindest einen Kurzbesuch erhalten wird. Mehr als 30 Jahre, nachdem die Sonde Mariner 10 insgesamt drei Mal an Merkur vorbei flog und immerhin rund 45 Prozent seiner Oberfläche ablichtete, hat die neue Raumsonde Messenger nun drei Merkurpassagen vor sich, ehe sie am 18.3.2011 in eine permanente Umlaufbahn um Merkur einschwenken wird. Die erste dieser Merkurpassagen wird am 14. Januar sein. Das ist einer der Gründe, weshalb ich das Augenmerk auf Merkur lenken möchte. Ein weiterer Grund: Im Januar können wir Merkur für ein paar Tage in der Abenddämmerung beobachten!

Merkur mit eigenen Augen

Auf dem Sterbebett soll der Astronom Nicolaus Kopernikus bedauert haben, den innersten Planeten Merkur nie selbst beobachtet zu haben. Zumindest lautet so die Legende… Ich selbst bin heilfroh, Merkur schon mit eigenen Augen gesehen zu haben, so dass mir zumindest diese Klage dereinst nicht über die Lippen zu kommen braucht. Weshalb viele Menschen in unseren Breiten diesen hellen Planeten noch nicht bewusst wahrgenommen haben: Merkur zeigt sich durch seine Sonnennähe nur an wenigen Tagen im Jahr, entweder in der Abenddämmerung knapp über dem Westhorizont oder in der Morgendämmerung tief im Osten. Und wenn dann Wolken den Blick versperren, kann das schmale Zeitfenster, in dem sich Merkur in unseren Breiten zeigt, oft nicht genutzt werden. Merkurs Winkelabstand zur Sonne kann auf maximal 28° anwachsen. Und dennoch ist er nur schlecht sichtbar. Das liegt zum einen an der Lage der Ekliptik, die während der größten östlichen und größten westlichen Elongationen – also den theoretisch „besten“ Beobachtungssituationen – oft nur flach über dem Horizont verläuft (so z.B. am 11.9.2008), zum anderen an der starken Exzentrizität der Bahn des Merkur.

Selbst mit einem großen erdgebundenen Teleskop sind auf Merkur so gut wie keine Oberflächendetails zu erkennen. Die horizontnahen und turbulenten Luftschichten der Erdatmosphäre verhindern das. Es lohnt sich dennoch, zwischen Mitte und Ende Januar die Augen in Richtung Westen zu richten, sobald die Sonne untergegangen ist, um Merkur in der Dämmerung mit bloßem Auge zu erspähen. Wenn sich Merkur am 22. Januar in größter östlicher Elongation befindet (18,6°), geht er erst gut anderthalb Stunden nach der Sonne unter. Dann ist die Möglichkeit, ihn zu entdecken, am größten. Wenn das Wetter mal wieder nicht mitspielen sollte, so bietet sich im Mai die nächste Gelegenheit, Merkur am Abendhimmel zu sehen. Im Oktober kann er am Morgenhimmel beobachtet werden. Die Lage der Ekliptik ist dann sogar besonders gut. Mit einem kleinen Teleskop lassen sich sogar die Phasen des Merkur sehen.

Die Messenger-Mission

Weshalb eine weitere Mission zum Merkur so lange auf sich warten ließ, ist sicher nicht damit zu erklären, dass es keine offenen Fragen mehr gäbe. Im Gegenteil: Merkur ist ein ziemlich unbekannter Planet. Nur knapp die Hälfte seiner Oberfläche ist durch Mariner 10 damals überhaupt fotografiert worden. Seine hohe Dichte, sein teilweise geschmolzener Riesenkern, sein Magnetfeld, … Es sind viele spannende Fragen zu klären und ganz sicher kommen viele neue Fragen hinzu.

Die Raumsonde Messenger wurde am 3. August 2004 gestartet und hat seither ein Mal die Erde und zwei Mal die Venus passiert. Die Bahn dieser Sonde ist außerordentlich kompliziert und ich habe Hochachtung vor allen, die diese Mission zum Merkur mit größter Präzision durchführen! Das Problem, eine Sonde in den Merkur-Orbit zu bringen, liegt im Gravitationsfeld der Sonne begründet. Würde eine Sonde auf direktem Weg zum Merkur geschickt, so erführe sie eine gewaltige Beschleunigung in Richtung Sonne und Merkur könnte sie mit seiner Masse keinesfalls „einfangen“ und auf eine eigene Bahn lenken. Durch eigene Triebwerke wäre eine Sonde ebenfalls nicht abzubremsen, weil dazu riesige Mengen an Treibstoff nötig wären. So erklären sich die lange Reise zum Merkur und die Passagen an Erde, Venus und Merkur selbst. Drei Merkur-Flyby-Manöver stehen zum Abbremsen der Sonde bevor; das erste in 19 Tagen am 14. Januar 2008. Versüßen wir uns die lange Wartezeit bis zum endgültigen Eintreffen Messengers am 18.3.2011 doch mit eigenen Beobachtungen Merkurs.

Clear Skies! Stefan Oldenburg

Infos zum Thema:
Hier präsentiert die NASA einige Bilder der Mariner 10-Mission
– … und hier einen Atlas des Merkur
– Die offizielle Website der Mission der Sonde Messenger

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Astronomische Themen begeistern mich seit meiner Kindheit und ich freue mich, Zeuge des goldenen Zeitalters der Astronomie zu sein. Spannende Entdeckungen gibt es im Staccatotakt, aber erst im Erkunden unserer kosmischen Nachbarschaft mit den eigenen Augen liegt für mich die wirkliche Faszination dieser Wissenschaft. "Clear Skies" lautet der Gruß unter Amateurastronomen, verbunden mit dem Wunsch nach guten Beobachtungsbedingungen. Deshalb heißt dieser seit November 2007 bestehende Blog "Clear Skies".

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