Die Kinderstuben von M 31

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Astronomie mit eigenen Augen
Clear Skies

Swift ging fremd, erspähte (Stern-)Geburtsstätten, und deshalb sind wir nun um einige Erkenntnisse reicher, die unsere größte Nachbargalaxie betreffen, den Andromedanebel M 31. Normalerweise detektiert der im November 2004 gestartete Forschungssatellit der NASASwiftGammablitze im allerkürzesten Bereich des elektromagnetischen Spektrums. Nun wurde mit seinem Zweitgerät, dem UVOT (Ultraviolet/Optical Telescope), das vor allem der genauen Lokalisierung jener hochenergetischen kosmischen Quellen dient, die bislang höchstaufgelöste und detaillierteste Aufnahme von M 31 im Ultravioletten gewonnen. Und auf diesem – aus insgesamt 330 einzelnen Aufnahmen zusammengesetzten – Gesamtbild sieht unser kosmischer Nachbar M 31 nicht nur völlig anders aus als im sichtbaren Licht, sondern lässt sehr genau Regionen der Sternentstehung erkennen.

Das bislang detaillierteste UV-Portrait der Andromeda-Galaxie, Quelle: NASA

Der Mensch kann bekanntermaßen nur einen winzigen Teil des elektromagnetischen Spektrums direkt wahrnehmen. Für alle Wellenlängen jenseits des sichtbaren Lichts ist er ohne entsprechende Detektoren blind. So war unser Blick ins Universum noch bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts auf das schmale Band zwischen 380 und 740 Nanometern beschränkt und erweitert sich erst seither durch neue "künstliche Augen", welche das gesamte elektromagnetische Spektrum – von der kürzesten Gammastrahlung über die Röntgenstrahlung, die UV-Strahlung, das Infrarot, die Mikrowellenstrahlung hin zu Radiowellen – wahrnehmen können.

Die ultraviolette Strahlung, die jenseits des sichtbaren Bereichs im blauen Teil des elektromagnetischen Spektrums liegt (zwischen 10 nm und 400 nm), lässt die heißesten Sterne sichtbar werden, weil diese am hellsten im Ultraviolett strahlen. Die Prozesse, die dazu führen, sind nicht trivial; wer Näheres wissen möchte, recherchiert unter "Schwarzkörperstrahlung", "Planckschem Strahlungsgesetz" und "Wienschem Verschiebungsgesetz". Im Zusammenhang mit dem M-31-Bild genügt die Tatsache: Im ultravioletten Licht "sehen" wir folglich die aktivsten Regionen der Sternentstehung.

Heiße, junge und massereiche Sterne erscheinen auf dem Swift-Bild blau; kältere bzw. ältere Sterne hingegen rötlich. Rund 20.000 ultraviolette Strahlungsquellen lassen sich auf dieser Aufnahme ausmachen. Die meisten dieser Sterngeburtsstätten liegen entlang des imposanten Rings, der einen Durchmesser von etwa 150.000 Lichtjahren hat und auf diesem Bild besonders detailliert sichtbar ist. Vermutlich sind es Gezeitenkräfte kleinerer Begleitgalaxien, die diesen Ring junger Sterne in M 31 bewirken. Obwohl die Andromeda-Galaxie unserer Heimatgalaxie relativ nahe steht (die Angaben schwanken derzeit zwischen 2,2 und 2,5 Millionen Lichtjahren), und sie daher sehr intensiv erforscht ist, wissen wir selbst Grundlegendes noch nicht. Selbst die Angaben ihres Durchmessers differieren zwischen 160.000 und 220.000 Lichtjahren. Um so schöner, dass Swift nun neue Einblicke in die Kinderstuben von M 31 gewährt. Eine feine Idee der NASA, ihren Satelliten Swift einfach mal fremd gehen zu lassen.

Clear Skies! Stefan Oldenburg

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Astronomische Themen begeistern mich seit meiner Kindheit und ich freue mich, Zeuge des goldenen Zeitalters der Astronomie zu sein. Spannende Entdeckungen gibt es im Staccatotakt, aber erst im Erkunden unserer kosmischen Nachbarschaft mit den eigenen Augen liegt für mich die wirkliche Faszination dieser Wissenschaft. "Clear Skies" lautet der Gruß unter Amateurastronomen, verbunden mit dem Wunsch nach guten Beobachtungsbedingungen. Deshalb heißt dieser seit November 2007 bestehende Blog "Clear Skies".

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