Gehirn und Alphabete – Die Linkesche These

BLOG: Natur des Glaubens

Evolutionsgeschichte der Religion(en)
Natur des Glaubens

Während meiner Doktorarbeit zur sog. “Neurotheologie” überprüfte ich Dutzende Hypothesen von Hirnforschern zu Religiosität und Religionen und umriss ihre Reichweite. Eine widersetzte sie sich jedoch hartnäckig jedem Widerlegungsversuch: Sie war von dem Bonner Neurologen Prof. Detlef Linke (1945 – 2005) auf einer Tagung 1995 vorgestellt und 1999 veröffentlicht worden. Leider verfehlte ihn mein Schreiben um wenige Wochen – wie mir seine Frau mitteilte, hatte er seit Jahren darauf gewartet, dass endlich jemand aus den Geschichts- oder Religionswissenschaften mit ihm Kontakt aufnehmen und seine Annahmen überprüfen würde. Rüdiger Vaas und ich nahmen die Hypothese schließlich in “Gott, Gene und Gehirn. Warum Glaube nützt. Die Evolution der Religiosität” auf, die bis heute weder widerlegt noch ausreichend diskutiert oder experimentell vertieft worden ist. Die folgende Bebilderung stammt von mir.

Linke ging von seinem Habilitationsthema, der Lateralität des Gehirns aus – also der Spezialisierung der beiden Gehirnhälften auf unterschiedliche Tätigkeiten bei komplexeren Tieren bis hinauf zum Menschen. Unser Lesen werde bei Rechtshändern überwiegend in der linken Hemisphäre bearbeitet, die zuerst vom rechten Auge über Kreuz bedient wird.
Entsprechend tendieren wir, so Linke, Schrift von links nach rechts zu erfassen.

Eine Besonderheit aber bilden laut Linke vokalarme Alphabete, wie zum Beispiel Hebräisch (Anm. oder Arabisch).
Zur Lesung der Konsonanten habe hier eine intensive, bildhafte Assoziierung der Vokale zu erfolgen, die vor allem auf der rechten Gehirnhälfte erfolge. Entsprechend tendiere das linke Auge zur Führungsrolle, die Schriftrichtung weise von rechts nach links.
Vor allem aber werde jetzt eine zusätzliche Konfrontation mit Bildern als rechtshemisphärische Überlastung empfunden – der Leser eines Konsonantenalphabetes werde Bilder (oder auch Musik) daher tendenziell zu meiden lernen.

Die weitere Verbreitung eines nichtvokalisierten Alphabetes sollte daher mit einer zunehmenden Bilderfeindlichkeit einhergehen – einer Verringerung der Götterzahl zum Monotheismus und Darstellung bis schließlich zur Bildlosigkeit des Eingottes. Erst der Verzicht auf jede Bildlichkeit führe zur wieder gleichmäßigen Beanspruchung des gesamten Gehirns („Tanz“, „Wohlbefinden“), deren Herleitung und Umschreibung bei Linke an das psychologischen „Flow“-Konzept (formuliert von Csikszentmihalyi, religionswissenschaftlich aufgegriffen z.B. von Eliade) erinnern.

 

Eine religionshistorisch entscheidende Phase sieht Linke aber ab dem Moment, ab dem die hebräische Bibel ins Griechische übersetzt wurde, in die Septuaginta. Denn im vokalisierten Griechisch werde die rechte Gehirnhälfte einerseits vom Einfügen der Vokale entbunden – gerade deswegen aber erfolge keine gleichmäßige Beanspruchung mehr. Der griechisch Lesende mag den bildlosen Eingott und die Bibel schätzen und lieben wie sein hebräisch lesender Zeitgenosse, wird aber gerade dann umso mehr darunter leiden, dass der Buchstabe allein anstrengend und tot bleibt – wie es z.B. Paulus formuliert.

Was also musste, laut Linke, religionshistorisch geschehen? Genau: Leser vokalisierter Schriften – wie der griechischen Septuaginta-Bibel, später der lateinischen Vulgata und aller vokalisierten Bibelausgaben – würden den Bedarf an Emotionen, Bildern, Musik empfinden und zu religiösen Varianten tendieren, die solches im Angebot hätten. Die Folge, so Linke: Die Entstehung des Christentums aus dem Judentum, mit einer emotionalen Passionsgeschichte, Bildern und einem aufgeweichten Monotheismus (Trinität).

Klar ist: Linkes These passt tatsächlich wunderbar zur frühen Geschichte des Juden- und Christentums. Was mich jedoch verblüffte war der Umstand, dass sie auch zu unzähligen anderen Fällen passte:  So zur arabischen Antwort auf die Evangelien, den Koran, der vokalarm und von rechts nach links gelesen wird, nur in Arabisch gültig rezitiert werden kann und im Bezug auf Gott und Jesus wieder strikt Gottesinkarnation, Passionserzählung und jede Bilddarstellung ablehnt.

Auch weitere Beispiele etwa aus Ägypten oder Indien, Persien oder der Türkei schienen jeweils Linkes These zu entsprechen, eine klare Widerlegung – z.B. ein vokalisiertes Alphabet, das dauerhaft linksläufig gelesen wird – war dagegen bislang nicht zu finden.

Nach wie vor können wir weltweit miterleben, wie hebräische und arabische Schriftrezitation in den Originalsprachen Menschen in einen Flow versetzt, während sich die vokalisierte Bibellesung im Regelfall in der Landessprache oder doch einer späteren Übersetzung durchsetzt und mit Bildern, Musik, Liturgie und komplexen Spekulationen ergänzt. Auch Christen mit größter Liebe zur Heiligen Schrift müssen sich nach wenigen Stunden „Bibelmarathon“ ablösen lassen, wogegen Juden und Muslime allein über einer langen Lesung in Verzückung geraten können. Würde die Form des verwendeten Alphabetes keinerlei Rolle spielen, so sollte doch wenigstens eine der vielen christlichen Kirchen die entsprechenden Rezitationstechniken entfaltet oder übernommen haben.

Überzeugt hat mich schließlich eine Studie des Darmstädter Kognitionspsychologen Reinhard Leichner, die ohne jeden Bezug zu Religion, Linke o.ä. konzipiert war. Leichner hatte Probanden Fotos von Personen nach Sympathie bewerten lassen und sie gleichzeitig per Kopfhörer links-, rechts- oder beidhemisphärisch mit Musik beschallt. Das Ergebnis entsprach völlig der Linkeschen These: bei stärkerer Doppelbeanspruchung der rechten Hemisphäre wurden die Bilder tendenziell negativer wahrgenommen, bei ausgleichender Beanspruchung der linken Hemisphäre tendenziell positiver. 

Alles nur Zufall? Oder hat Detlef Linke während seiner Arbeit einen großen, neurobiologischen Fund zur Religionsgeschichte gemacht? Ich hoffe sehr, dass wir in den kommenden Jahrzehnten zu einer interdisziplinären Überprüfung kommen und also darauf eine Antwort bekommen werden – und möchte auch weiterhin das Meine dazu tun, an die spannenden, interdisziplinären Forschungen des originellen Hirnforschers zu erinnern.

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

83 Kommentare

  1. deutsch

    Latein/Deutsch ist wohl ein Missing-Link. 😉
    Katholische Kirchen sind bilderreich geschmückt – wogegen protestantische eher schmuckarm gestaltet sind.

  2. Das klingt zugleich irre und überzeugend. Allein schon unbewiesen als Axiom lässt es sich verwenden:
    So klärt sich der vermeintliche Widerspruch des Kommentars von KRichard:
    Die katholische Kirche setzte aufs Lateinische, die bilderfeindlich (reformiert) bis zögerlich bilderfreundliche (lutherisch) evangelische Kirche besann sich auf die Quellen.
    Wozu natürlich ein griechisches Neues Testament gehörte…
    Aber als These faszinierend. Danke für den Hinweis…

  3. @KRichard & Theomix

    Wobei auch zu sehen ist, dass evangelische Traditionen, die Bilder verringerten (nie abschafften) dann besondere Formen der Musik und Innerlichkeit entwickelten (vgl. Pietismus, Pfingstler, Charismatiker etc.)

    Eine Abschaffung der Bilder oder eine Rezitation wie in Judentum und Islam entwickelte sich dagegen nicht.

  4. Skeptisch

    Ich weiß nicht, kann man das ernst nehmen? Das klingt ein wenig gar einfach. Hmm, man müsste mal Religionen und Schriften außerhalb dieser anschauen. In Indien oder China vielleicht.

  5. Flow-Konzept

    Ich dachte immer beim “Flow” ginge es um Motivation und vertiefte Konzentration, da das Gehirn bei weitem leichter lernt, wenn wir ein gutes Gefühl beim Lernen haben. In dem hier vorgestellten Kontext (der Verzicht auf jede Bildlichkeit führe zur wieder gleichmäßigen Beanspruchung des gesamten Gehirns) kann ich den “Flow” eher nicht nachvollziehen.

  6. Bildhafte Assoziierungen?

    “Zur Lesung der Konsonanten habe hier eine intensive, bildhafte Assoziierung der Vokale zu erfolgen”

    Welche bildhaften Assoziationen sollen das sein? Im Hebräischen gibt es ja überhaupt keine Buchstaben für die Vokale. Sie werden also nicht nur “weggelassen”, sondern existieren überhaupt nicht. Was also genau soll sich der Hebräisch Lesende da bildhaft vorstellen?

  7. @Ulrich

    Ja, genau die gleiche Reaktion hatte ich auch zuerst! 🙂 Und Sie müssen sich vorstellen, dass ich ja im Rahmen der Diss bereits Dutzende Hirn-Religion-Thesen auseinander genommen hatte und oft Schmarrn, bestenfalls eine begrenzte Reichweite vorfand. Und dann kam diese Linkesche These…

    Auch in Indien und China hatte ich intensiv geschaut. So sind z.B. die indischen Silbenalphabete vokalisiert. Und der frühe Buddhismus wurde mündlich tradiert und war eher bilderfeindlich. Mit der vokalisierten Verschriftung – setzte eine Bilderflut ein…

  8. @Mona

    Das ließe sich extra diskutieren, Linke selbst schrieb davon, “daß die Schrift selbst durch die bilaterale Involvierung des Gehirns, ähnlich wie bei der Musik, den Menschen so ganz erfassen kann, daß es ihn geradezu zum “Tanzen” anregt.”

    Und in der Tat kann ich nur empfehlen, sich einmal anzuschauen, wie eine Rezitation der hebräischen Bibel oder des arabischen Korans auch den ganzen Körper der Rezitierenden über Stunden hinweg erfassen kann. Von vokalisierten, heiligen Schriften ist mir vergleichbares nicht bekannt.

  9. @Lucomo

    So, habe ich jetzt auch nochmal nachgeschlagen: Linke spricht vom “Vokalisationsbemühen”, das vorwiegend in der rechten Hirnhemisphäre bearbeitet wird. (Wobei ich erwähnen möchte, dass er über die Sprachbearbeitung im Gehirn habilitiert hat.)

    Übrigens hatte ich bei den Recherchen damals auch ein Zitat von Moses Mendelssohn (1729 – 1786) gefunden, der sich ja intensiv mit den Unterschieden deutscher und hebräischer Schriftkultur befasst hatte.

    „Mich dünkt, die Veränderung, die in den verschiedenen Zeiten der Kultur mit den
    Schriftzeichen vorgegangen, habe von jeher an den Revolutionen der menschlichen Erkenntnis überhaupt und insbesondere an den mannigfachen Abänderungen ihrer Meinungen und Begriffe in Religionssachen sehr wichtigen Anteil.“

  10. Einschränkung

    Die Linke´sche These berücksichtigt nicht, dass im Judentum und Islam für bestimmte Abbildungen ein Bilderverbot vorgegeben ist. D.h. diese Einschränkung künstlerischer Entfaltung würde auch gelten, wenn die heiligen Texte in eine andere Sprache übersetzt werden.
    Außerdem wird nicht berücksichtigt, dass gerade der Islam eine extrem ausdrucksvolle Bildersprache entwickelt hat: Kalligraphie und graphische Ornamentik.

  11. Zweifel

    Der Koran ist doch weitestgehend in Reimprosa abgefasst, wie auch andere alte Schriften die größtenteils mündlich überliefert wurden. Reime deshalb, da man diese besser auswendig lernen kann. Bestimmte Körperbewegungen und auch Atemrhythmen helfen den Rezitierenden sich in eine Art Ektase zu versetzen. Die Frage wäre nun, ob es auch ohne diese Technik funktioniert, dass “Juden und Muslime allein über einer langen Lesung in Verzückung geraten können”. Funktioniert die Linkesche These auch bei nichtreligiösen Schriften und ohne die oben beschriebene Technik?
    Übrigens geht die Bildlosigkeit in diesen religiösen Schriften ja darauf zurück, dass es verboten ist sich ein Bild von Gott/Allah zu machen.

  12. Vokalisationsbemühen

    Verstehe ich das richtig, dass es empirisch gesichert ist, dass bei vokalarmen Sprachen die rechte Hirnhälfte stärker beansprucht wird, weil es dort so etwas wie ein “Vokalisationsbemühen” gibt?

  13. @KRichard

    Aber das ist doch gerade die Ausgangsbeobachtung Linkes: Die frühen Christen bezogen sich auf die gleiche Heilige Schrift wie die Juden (waren sogar überwiegend jüdisch) – nur eben überwiegend in griechischer Übersetzung. Erst später traten ja die Evangelien, noch später die kanonische Form des “Neuen Testaments” hinzu. Warum brach das Bilderverbot im Fall der Christen zusammen, hielt aber im jüdischen Fall weitgehend? Und warum wurde die griechische Bibel in Hunderte weitere Sprachen zum Gebrauch im Gottesdienst übersetzt, während die jüdische Liturgie bei der hebräischen Bibel blieb?

    Und warum führte der Koran das Bilderverbot wieder ein – und duldet nur abstrakte Symbolik und Kalligraphie? Warum haben sich in den aberhundert islamischen Varianten nirgendwo Moscheen voller Bilder, Statuen und bunt-bilderreichen Fenstern durchgesetzt?

    Linkes These ist übrigens unter dem Titel “Identität, Kultur und Neurowissenschaften” in diesem Sammelband erschienen:
    Werner Gephart & Hans Waldenfels (Hrsg.) “Religion und Identität: Im Horizont des Pluralismus”, suhrkamp 1999
    http://www.amazon.de/…;qid=1289128321&sr=8-1

  14. @Mona

    Wir wissen von Experimenten z.B. von Nina Azari et al. dass (glaubende) Probanden heilige Schriften anders lesen als profane Texte. So deuten sie die Tätigkeit als Gebet und die Erfahrungen als religiös, so dass ein Feedback entstehen kann. Dennoch könnten Studien auch an säkularen Texten m.E. sehr hilfreich sein!

    Und Deinen letzten Fragen kann ich nur zustimmen, denn sie umschreiben das Rätsel:

    1. Wenn die Schriftart keine Rolle für die Rezitationserfahrungen spielen würde, warum hat dann keine einzige der aberhundert christlichen Variationen vergleichbar körperbetonte Rezitationsrituale (nach Linke “Tanz”) entwickelt wie Judentum und Islam?

    2. Die christliche Tradition übernahm das Alte Testament einschließlich des Bilderverbotes. Warum konnte das Judentum es weitgehend halten, die christlichen Traditionen aber nicht – und warum kehrte es dann im arabischen Koran wieder (der auch z.B. die Passionserzählung “dämpft”)?

    Für jeden einzelnen Aspekt lassen sich zahlreiche Einzelerklärungen finden, die aber m.E. nicht recht überzeugen. Ob wir bislang tatsächlich einfach einen Zusammenhang übersehen haben, den Linke erkannte? Ich halte das inzwischen für möglich.

  15. @Balanus

    Ja, das vertritt Linke – und ich habe nichts Gegenteiliges gefunden und auch keinen Grund, seine Beobachtungen dazu nicht ernst zu nehmen. Zumal der Neurologe genau über die Sprechmotorik habilitiert hatte! Die Quelle seiner hier vorgestellten Gehirn-Alphabet-These habe ich weiter oben genannt.

    Und hier eine Auswahl seiner Veröffentlichungen, wenn Sie im Original noch mehr von ihm nachlesen wollen:
    http://www.detleflinke.de/

    Dass Reinhard Leichner’s Studie zu Musik & Lateralität zum entsprechenden Ergebnis (Bilder werden negativ bewertet, wenn Mehrfachbeanspruchung rechtslateral auftritt) kam, hatte ich übrigens durch Zufall gefunden. Ich besuchte ihn in Darmstadt und fragte, ob er denn je von der Linkeschen These o.ä. gehört habe. Hatte er nicht – die Befunde entstanden unabhängig und passten zueinander.

  16. Meditation in Bewegung @Michael Blume

    “…warum hat dann keine einzige der aberhundert christlichen Variationen vergleichbar körperbetonte Rezitationsrituale (nach Linke “Tanz”) entwickelt wie Judentum und Islam?”

    Weil diese Rituale nicht vom Judentum oder Islam entwickelt wurden, sondern viel älter sind. M.E. sind sie mit einer Meditation vergleichbar, dass wird z.B. im Sufismus ganz deutlich, wo diese körperbetonten Rituale zusammen mit Musik und Tanz eine sehr große Rolle spielen.

  17. @Mona

    Hinweis: Mit dem Sufismus wird die islamische Ausprägung der Mystik bezeichnet.

    Aber im Grundsatz stimme ich Dir schon zu: Erfolgreiche Ritualtechniken werden zwischen den religiösen Kulturen durchaus ausgetauscht, wie z.B. die Gebetskette, die in Indien entstand und über die islamische Welt schließlich als Rosenkranz das Christentum erreichte. Auch im Hinblick auf die Wirkung von Mantren habe ich ja mal eine spannende Studie von Daniel Böttger vorgestellt:
    http://www.chronologs.de/…evolution-von-religion

    Das Rätsel hier wird aber ja damit nur noch mehr verdeutlicht: Wenn also bestimmte Ritualformen der Schriftrezitation intensiv-positive Erfahrungen auslösen können, warum verbreiteten sich diese dann in jüdischen und islamischen Kontexten, nicht aber unter christlichen Konfessionen? Dass es (auch) an der Verarbeitung der zugrundeliegenden Schriften liegen könnte, erscheint mir möglich. Zumal ja viele weitere Aspekte (Schriftrichtung, Bildlosigkeit) auch dazu passen.

  18. Mantra @Michael Blume

    Ja, die Wiederholung von bestimmten Sikr-Formeln (siehe Sure 15 im Koran) hat den selben Effekt wie die Meditationsformel Om, Ram etc. im Yoga.
    Ob diese Techniken aber mit der Schrift zusammenhängen lässt sich schwer sagen, da müsste man sich mit den Schriften aller Völkern befassen, die solche Rituale praktizieren.

  19. @Mona

    Wobei ich zwischen einer schriftlosen Mantra-Rezitation und der direkten Erfahrung in der Schrift-Rezitation je unterscheiden würde. Auch die christliche Tradition kennt durchaus schriftlose Mantra-Rezitationen wie z.B. den Rosenkranz, der in tranceartige Zustände führen kann. Aber obwohl – insbesondere im Protestantismus – die Schrift einen enorm hohen Rang einnimmt kennen wir keine vergleichbaren Rituale und Erfahrungen, wie sie Juden und Muslime in der (vokalarmen) Schriftrezitation vollziehen.

    Übrigens gibt es sogar zeitlich interessante Zusammenhänge zwischen der Masorierung bzw. Punktierung (also Teil-Vokalisierung) der hebräischen Bibel und des Korans und des Aufblühens emotional ergänzender, mystischer Traditionen. Das sind mir einfach zuviele voneinander unabhängige Befunde, um einfach auf Zufall zu tippen…

  20. @Blume: Abgrenzung

    Abgrenzung dürfte hier eine große Rolle spielen: das Judentum bewahrte seine alte Tradition nach der Vertreibung um die Gemeinschaft in der Fremde zusammen zu halten und um sich so deutlich gegen andere Kulte ab zu grenzen. Eine Aufweichung alter Lebensgewohnheiten hätte bedeutet, dass sich die Juden in die neuen Wohnorte zu stark integriert hätten und die Glaubensgemeinschaft zerfallen wäre.

    Das Christentum dagegen war neu und integrierte geschickt viele Bestandteile anderer Kulte in die eigene Praxis. Ob dies Bestandteile von Mysterienkulten waren, ob man eine Kirche an heiligen Stätten/Quellen baute oder ob man einem heidnischen Feiertag ein christliches Brauchtum überstülpte.

    Der Islam hat seine Wurzeln im Juden- und Christentum. Z.B. wurden das Bilderverbot und auch bestimmte Nahrungsgebote (schächten, Verbot von Schweinefleisch) übernommen. Ob das Zufall war oder ob man sich dadurch von den Christen der damaligen Zeit abgrenzen wollte, kann ich nicht sagen. Möglicherweise ist ein Grund auch in der ähnlichen Lebenssituation (Naher Osten) zu suchen.

  21. @KRichard

    Im Judentum gab und gibt es die Ablehnung von Bildern sowohl in Zeiten der Mehr- wie Minderheit. Und das Christentum entwickelte Passions- und Bildtraditionen als Minderheit neben dem Judentum. Der frühe Islam setzte sich von jüdischen Gruppen ab, erneuerte aber das Bilderverbot. Ein einheitliches Muster ergibt sich da m.E. nicht.

    Und wenn wir von Abgenzungen sprechen: In den USA wetteifern Hunderte christlicher Gruppen, aber keine bietet Bibel-Rezitationen a La Judentum. Warum nicht? Wohl, weil es mit Vokalen so nicht funktioniert?

  22. @Michael Blume

    » Ja, das vertritt Linke – und ich habe nichts Gegenteiliges gefunden und auch keinen Grund, seine Beobachtungen dazu nicht ernst zu nehmen. «

    Hm, mit anderen Worten, eine handfeste, überprüfbare Datengrundlage existiert also nicht, und auch kein wissenschaftliches Paper. Schade, mich hätte nämlich schon interessiert, wie Linke darauf kommt, dass bei Minderbeanspruchung der linken Hemisphäre (wegen einer geringen Anzahl von Vokalen) die rechte diese nicht vorhandenen Vokale auszugleichen versucht und darum für Bilder weniger empfänglich ist.

    Stimmt das denn überhaupt, dass überall dort, wo vokalarme Sprachen gesprochen werden, Bilder wenig beliebt sind? Oder trifft das nur für die dortigen Religionen zu?

    Im Blockartikel heißt es, Detlef Linke habe seine Hypothese auf einer Tagung vorgestellt und 1995 veröffentlicht. In einem Kommentar dann, dass seine These unter dem Titel “Identität, Kultur und Neurowissenschaften” bei Suhrkamp erschienen ist, und zwar 1999. Wann also war die Erstveröffentlichung?

  23. @Balanus

    Wie geschrieben – ich traf auf den Suhrkamp-Band während meiner Dissertation und verfehlte Linke selbst um wenige Wochen. Als Religionswissenschaftler kann ich nur sagen: Seine Hypothese passt erstaunlich gut zu allen religionshistorischen Fällen, derer ich habhaft werden konnte. Und zur Leichner-Studie.

    Für die weitere Überprüfung dürfte es m.E. ein interdisziplinäres Team und wahrscheinlich eine experimentelle Überprüfung brauchen. Ich hoffe, dass dies eines Tages gelingt. Denn wenn Linke Recht gehabt hätte, so wäre dies eine Sensation und würde unseren Blick auf Natur-Kultur-Wechselwirkungen in der Religionsgeschichte tiefgreifend erweitern.

  24. @Blume: Abgrenzung

    Das Bilderverbot der jüdischen Religion wäre entstanden, um sich von den ikonischen Religionen (Kulte welche Götterbilder zulassen und verehren) Kanaans abzugrenzen – steht im GEO-Themenlexikon ´Religionen´,S. 90.
    Da dort zeitgleich dieselbe Sprache gesprochen wurde, kann es nicht an den Sprachsilben gelegen haben.

  25. Aber…

    Wie man es auch dreht und wendet, das menschliche Denken ist von bildlichen Vorstellungen gar nicht zu trennen. Deshalb wurde wohl auch das religiöse Bilderverbot ausgesprochen: “Du sollst Dir kein Bildnis machen…”. Da man sich Gott nicht als bloßes Bild verstellen soll, sondern als jemanden, der viele Eigenschaften in sich vereint und damit “unbeschreibbar” ist.

  26. Bilderverbot

    Ein Bilderverbot aussprechen macht vor allem dann Sinn, wenn die Menschen an sich gerne Bilder hätten (wozu sonst verbieten?). Also kommt die vokalarme Sprache wahrscheinlich nicht als Ursache für eine (vermutete?) Abneigung gegen Bilder in Frage.

  27. Die Überprüfung wird es zeigen

    Also, dass die bisherigen Deutungen der Entstehung des Bilderverbotes fast ohne Bezüge zur Neurobiologie auskommen, sollte hier doch wirklich nicht verwundern. So interdisziplinär war und ist die Forschung ja leider noch nicht, genau für die Entdeckung solcher Wechselwirkungen plädierte Linke doch. Wenn es schon geschehen wäre, wäre es ja nicht neu…

    Zur Entwicklung des bildlosen Monotheismus aus dem bildhaften Polytheismus in und um Israel vor und nach dem babylonischen Exil (in dessen Verlauf erst die Schrift in den Mittelpunkt rückte) ließe sich eine Menge schreiben. Wen es interessiert, dem empfehle ich z.B. die hervorragende, Israel, Ägypten und Griechenland vergleichende Studie von Jan Assmann “Das kulturelle Gedächtnis”, der ebenfalls ohne Kenntnis der Linkeschen These zu verblüffend entsprechenden Beobachtungen wie der Neurologe kam:
    http://www.amazon.de/…p/3406568440/ref=pd_cp_b_1

    Erfreulicherweise wird sich die Linkesche These ja eines Tages experimentell überprüfen lassen, dann werden wir ja sehen, ob etwas dran ist. Wir dürfen gespannt sein – und wie das Ergebnis auch ausfällt, hier auf “Natur des Glaubens” wird es berichtet werden! 🙂

  28. Unverständnis bleibt

    “Linke spricht vom “Vokalisationsbemühen”, das vorwiegend in der rechten Hirnhemisphäre bearbeitet wird.”

    Dass Sprache vorwiegend bei den meisten Menschen in der rechten Hirnhälfte stattfindet, ist bekannt. Weiterhin völlig unverständlich bleibt mir aber die These, warum alleine das Fehlen von Schriftsymbolen für Vokale gleich einen derartigen Einfluss auf die Sprachverarbeitung haben soll.

  29. Überprüfung /@Michael Blume

    Es gibt ja bereits eine Menge Forschung auf dem Gebiet der Neurolinguistik. Und auch einige zu den Unterschieden zwischen den Sprachen.

    Schicken Sie doch einfach mal ‘ne Email an den Neurolinguisten Zohar Eviatar von der Universität Haifa und fragen ihn nach seiner Meinung zu Linkes Theorie.

    (Diese wurde übrigens von Christian Weber auf sueddeutsche.de (29.11.2009) als “wildeste Theorie über den Einfluss der Hemisphärentrennung auf die Kultur” bezeichnet… 😉

  30. Zweifel

    Mir erschließt sich der Sinn dieser These nicht.

    Wieso soll es sinnvoll sein, die am Lesen beteiligten Hirnareale (Wernicke, Brocca, Area 4, Gyrus angularis, etc.) zu linker vs. rechter Hemisphäre zusammenzufassen? Immerhin kooperieren diese Areale beim Lesen bilateral (mit insgesamt linkshemisphärischer Dominanz).

    Wieso führt das rechte Auge, wenn man von links nach rechts liest? Man hat nicht nur eine dominante Hand sondern auch ein dominantes Auge, gewöhnlich auf derselben Seite. Ich würde annehmen, daß grundsätzlich das dominante Auge führt, egal in welche Richtung man liest.

    Wieso bedient das rechte Auge die linke Hemisphäre? Mein Kenntnisstand ist, daß die Verhältnisse so sind, wie es die Abbildung zeigt: beide Augen projizieren primär jeweils halb in beide Kortizes. Und danach arbeiten beide Hemisphären ohnehin zusammen, außer bei Splitbrain-Patienten.

    Ehrlich gesagt, wenn ich nicht 1989 meinen Zivildienst in der Bonner Uniklinik (wo Linke arbeitete) absolviert und die hohe Qualität der interdisziplinären Diagnostik der dortigen Neurologie und Neurochirurgie kennengelernt hätte, würde ich mir keine Gedanken über diese These machen. Aber auch so neige ich stark dazu, dem von Balanus zitierten Christian Weber zuzustimmen.

  31. Rege Resonanz!

    Wow, was für eine rege, kritisch-konstruktive Resonanz!

    Zwei Fragen dazu in die Runde: Soll ich öfter auch mal Thesen anderer Wissenschaftler vorstellen? Interessiert Hirnforschung besonders?

    @Balanus: Eine gute Anregung, die ich gerne aufnehme! Ich hoffe, in den kommenden Wochen den o.g. Post mal für den englischen Scilog übersetzen zu können und würde dann den Kollegen in Israel eine Benachrichtigung übersenden. Vielleicht weiss man dort ja tatsächlich schon etwas dazu zu sagen.

  32. Frage zur Hirnforschung @Michael Blume

    Ja, Hirnforschung interessiert mich, vor allem weil es da momentan auch viel Neues gibt. In diesem Zusammenhang hätte ich auch gleich eine Frage: Widerlegt sich hier (siehe Link) Prof. Detlef Linke nicht selbst, indem er die neusten Erkenntnisse der Hirnforschung bestätigt und mit dem Dogma der traditionellen Hemisphärenasymmetrie aufräumt. Da er die Hypothese, über die wir hier sprechen, schon 1995 vorgestellt hat könnte sie demnach veraltet sein.

    Zitat (auf Seite drei): “Die Beziehung zwischen den beiden Hirnhälften gestaltet sich sehr dynamisch. In den achtziger Jahren glaubte man noch an einen übersichtlichen Dualismus, indem man die Sprache der linken und das Bild der rechten Hirnhälfte zuordnete. Mittlerweile müssen wir das etwas komplexer sehen.

    So kann das Sprachzentrum bunte Variationen und Verteilungsmuster aufweisen. Bei unseren Untersuchungen stießen wir auf geradezu bizarre Lokalisationsmuster der Sprachzentren und der Gedächtnisfunktionen. Wir sahen Fälle, in denen sogar Rechtshänder ihr Sprachzentrum in der rechten Hirnhälfte hatten, also eine gekreuzte Lokalisation des Sprachzentrums aufwiesen.

    Damit fällt die klassische Vorstellung, daß nur die dominante Hirnhälfte eine sprachliche Leistung vollbringen würde. Es gibt auch Fälle, in denen die Sprache auf beide Hirnhälften verteilt und sprachliche Leistungen nur dann vollzogen werden können, wenn beide Hirnhälften aktiviert werden. Das heißt, dieses “Ich denke, also bin ich” könnte im Prinzip in beiden Hirnhälften unabhängig voneinander stattfinden.” (Linke, 1996, 28)
    Quelle: http://zif.spz.tu-darmstadt.de/…trag/goetze1.htm

  33. Blogeinträge zu Hirnforschung

    Moin moin!
    Mich würden einige Themen aus der Hirnforschung auch sehr interessieren! 🙂
    Nachdem ich in “Gott, Gene und Gehirn” vom Motorradhelm vom Herrn Persinger gelesen habe, fragte ich mich, wie eine solche Hirnregion, die religiöse Visionen verursachen soll, in evolutionärem Licht zu sehen ist: Eine Hirnregion, die scheinbar bei allen/den meisten vorhanden ist (da die religiösen Visionen bei den meisten Probanden vorkamen), aber im Normalfall nur bei sehr wenigen Personen jemals “zum Einsatz” kommt. Also gäbe es bei einem für die historische Entwicklung von Religionen so wichtigen Hirnareal kaum einen Angriffspunkt für die Selektion, wenn ich das richtig verstehe… das mag ja auch möglich sein, aber scheint mir gerade deswegen auch sehr interessant…
    Naja, bei der Suche nach einem Blogartikel zu eben diesem Thema bin ich hier dann auch fündig geworden und hab herausgefunden, dass das Ganze doch noch sehr viel kritischer zu sehen ist und wohl sehr wahrscheinlich mehrere Hirnregionen an solchen Visionen beteiligt sind (neben weiteren kritischen Einwänden zu diesem Experiment).
    Verallgemeinernd würde mich aber noch mal interessieren, wie eng der Zusammenhang zwischen Evolution und Gehirntätigkeiten ist. Läuft das auf einen Vergleich von biologischer und kultureller Evolution hinaus?
    Dabei natürlich mit besonderem Schwerpunkt auf Religiosität als vererbtes Merkmal in Wechselwirkung zur Religion als kulturell vermitteltes Merkmal ( Gene Gehirn (?) Inwiefern sind Areale im Gehirn eigentlich vererbt? Gibt es im religiösen Kontext quasi vererbte, “unfertige” Hirnregionen, die dann auf die von den Eltern vermittelte Religion geprägt wird, ähnlich wie Entenküken das Programm zum Folgen einer Mutterfigur vererbt bekommen, die konkrete individuelle Mutter aber erst nach der Geburt eingeprägt wird? Wäre das eine mögiche Erklärung für die festgestellten “intuitiven Glaubenssätze” bei Pascal Boyer? Also dass die Glaubenssätze auf die vorhandenen/vererbten Gehirnstrukturen als Prägung passen oder nicht…).
    Jetzt bin ich vor lauter Fragen ein wenig abgedriftet und vielleicht ist das auch teilweise ziemlicher Unsinn, aber dafür sind Sie alle ja offenbar sehr kompetent 😉
    Möglicherweise mache ich da auch ein viel zu großes und ungeklärtes Fass auf, aber vielleicht gibts da ja schon einige Ergebnisse… 🙂
    Schöne Grüße!

  34. Die Linkesche These /@Michael Blume

    Hier ergänzend in aller Kürze Linkes These, wie sie Wolfgang Reinhard in seinem Buch “Lebensformen Europas: eine historische Kulturanthropologie” (2006) vorstellt:

    » So hat der nicht ganz unbekannte Hirnforscher Detlef B. Linke kürzlich die “neuro-theologische” These aufgestellt, dass Jesus Christus als Korrekturphänomen der Schriftgeschichte zu verstehen ist. Denn nicht-vokalisierte Schriften wie die hebräische beschäftigen nachweislich beide Hirnhälften, während vokalisierte wie die griechische überwiegend nur die linke benötigen. Das Vordringen des Griechischen habe daher eine neue religiöse Totalaktivierung des Menschen nötig gemacht. Zu diesem Zweck habe als starker Attraktor der rechten Hälfte die Personalität gedient, vor allem dank Identifikation mit dem Gottessohn. «

    “Religiöse Totalaktivierung”, diese schöne Formulierung stammt sicherlich von Reinhard selbst, oder?

    (Hirnforschungs-Themen sind immer willkommen, wenn sie so anregend sind wie die von Detlef B. Linke 🙂

  35. @Mona

    Also, abgemacht – dann werde ich also schauen, hier immer mal wieder auch Aspekte der Hirnforschung vorzustellen. Nach einer Promotion hält man das jeweilige Thema ja meist erst einmal für ausgelutscht, aber ich merke auch, dass es inzwischen wieder Spass und Freude macht und habe ja auch z.B. für die ZEIT schon wieder gerne darüber geschrieben.
    http://www.zeit.de/2010/07/Forschung-Gehirn

    Linke hat Unmengen veröffentlicht, darunte einige gewagte Thesen und von vielen seiner Hypothesen – etwa einer Vermutung, wonach Linkshändigkeit und Terrorismus verbunden sein könnten – halte ich wenig bis nichts. Aber das ändert nichts daran, dass seine Gehirn-Alphabet-These erstaunlich gut zu vielen religionshistorischen Befunden passt. Sein Lebenswerk verdient Beachtung und ggf. auch Überprüfung und die Zukunft wird zeigen, ob er hier auf wissenschaftliches Gold gestossen ist…

  36. @Sebastian

    Vielen Dank für das Interesse! Und, ja, gerade (aber nicht nur) im Gehirn interagieren biologische Grundlagen und kulturelle Impulse zu immer neuen Möglichkeiten. Und in der Evolutionsforschung wird diese Wechselwirkung als biokulturelle Evolution oder Gen-Kultur-Koevolution erkundet, vgl.
    http://www.chronologs.de/…iokulturelle-evolution

    Auch in unserem Buchtitel “Gott, Gene und Gehirn” haben wir entsprechend den Schwerpunkt auf den Brückenbau zwischen den Perspektiven gelegt und sind über die erfreuliche Resonanz sehr froh:
    http://www.chronologs.de/…shop.de/artikel/969531

    Schauen Sie ruhig öfter vorbei, debattieren und forschen Sie mit!

  37. @Balanus: Religiöse Totalaktivierung 🙂

    Lieber @Balanus,

    Sie haben da Recht: diese Formulierung stammt nicht von Linke, das wäre mir aufgefallen… 😉

    Aber es ist doch schön zu sehen, dass sein Gedanke und seine These nicht in Vergessenheit geraten, da trage ich auch weiterhin gerne meinen Teil dazu bei. In der Hoffnung, dass in Zukunft einmal eine empirische Überprüfung gelingt…

    Und gerne nehme ich hin und wieder mal Hirnforschungen ins Blog-Programm. Stay tuned! 🙂

  38. Passende These /@Michael Blume

    » Aber das ändert nichts daran, dass seine Gehirn-Alphabet-These erstaunlich gut zu vielen religionshistorischen Befunden passt. «

    Wie sieht es denn mit den Ureinwohnern Nordamerikas aus? Die hatten bzw. haben doch relativ vokalreiche Sprachen und dennoch keine Bilder für Manitu, soweit ich weiß.

  39. @Balanus

    “Wie sieht es denn mit den Ureinwohnern Nordamerikas aus? Die hatten bzw. haben doch relativ vokalreiche Sprachen und dennoch keine Bilder für Manitu, soweit ich weiß.”

    Hier sind Sie m.E. einem allgemeinen Irrtum aufgesessen. “Manitu”, oder bei anderen Indianervölkern auch “Orenda”, “Wakonda” oder “Xupa” genannt, ist keine Gottheit oder Person, sondern der “große Geist”, der unsichtbar in allen Dingen wohnt. Zugang zu dieser Geisteskraft hatte man nur über Träume und Visionen.

  40. Vokalreiche Sprachen …

    Kann mich mal einer aufklären wann eine Sprache Vokalreich ist und wann nicht?
    Ohne Vokale kommt schliesslich kein Ton, oder?

  41. @Sascha Bohnenkamp: Vokalarmut

    Im Ursprungsbeitrag stand “vokalarme Alphabete”. D.h. es geht in der These um Schriftsprache, nicht um gesprochene. Soweit ich weiß, werden im Arabischen Vokale nicht geschrieben und müssen vom Leser sinnvoll ergänzt werden.

    Dieser Prozeß des Einfügens soll Ressourcen beanspruchen, die dann für bildhafte Vorstellungen während des Lesens nicht verfügbar sind. Und überdies eventuell die prosodischen und rhythmischen Elemente der Sprache stärker in den Vordergrund treten lassen.

    Soweit mein Verständnis mit Halbbildung in Neurophysiologie der Sprache und gar keiner in Arabisch. Vielleicht hilft es Ihnen trotzdem erstmal weiter.

  42. @Mona

    » Hier sind Sie m.E. einem allgemeinen Irrtum aufgesessen. «

    Keineswegs. Ich hatte Linkes These nicht so verstanden, dass sie nur für personale Gottesvorstellungen gilt, sondern dass es bei vokalreichen Sprachen sozusagen eine “Leerstelle” in der rechten Hirnhälfte gibt, die für das tiefe religiöse Erleben mit Bildern gefüllt wird bzw. werden muss.

    Aber geirrt habe ich mich trotzdem: Nicht auf die Sprache kommt es an, sondern auf die dazugehörige Schrift. Jürgen Bolt hat es bereits erklärt, wie ich jetzt sehe, besten Dank, Herr Bolt!

  43. @Balanus: Revanche

    Es freut mich, Herr Balanus, daß ich mich endlich einmal bei Ihnen für alle Ihre wertvollen Hinweise und Berichtigungen revanchieren konnte. Die Dankbarkeit liegt ganz bei mir.

  44. @Michael Blume

    Danke für die Links!
    Ich werde mich auf jeden Fall weiter bemühen neben meinem Studium hier mitzulesen (genauso wie ich weiter Bücher zu dem Thema lesen werde) und vielleicht kann ich dann ja auch was zur Diskussion beitragen… wir werden sehen! 😉

  45. Bilderverbot?

    Nach langer, berufsbedingter Pause (in der ich hier wohl eine Menge verpasst habe) möchte ich mich wieder zurück melden.

    Und das – wie gewohnt – mit kritischen Einwänden zum aktuellen Thema. 😉

    Verbote werden immer dann ausgesprochen, wenn eine menschliche Verhaltensweise nicht den Wünschen einer Gruppe von (zumeist herrschenden) Menschen entspricht. Dies betrifft auch das “Bilderverbot” – die Nicht-Priester sollen sich kein Bild machen von ihrem Gott, Herrscher etc. Denn wer sich ein Bild von etwas macht, setzt sich damit auseinander, macht sich Gedanken über das Wesen dessen, was er/sie darstellt. Das hat häufig den Nebeneffekt, dass man hinter die Kulissen schaut und womöglich die Fäden in den Händen des Marionettenspielers entdeckt. Und rebelliert.

    Wenn man den Begriff “Bilderverbot” durch eine Suchmaschine schickt oder etwa auf islam.de nachschaut, erfährt man auch recht schnell mehr Fakten dazu. Unter anderem die, dass es kein generelles Bilderverbot gibt. Sowieso sind entsprechende Stellen in Koran und Hadith – wie so oft – Auslegungssache.

    Auch kann von einer Bilderfeindlichkeit im orientalischen Raum keine Rede sein. Im Gegenteil – auch wenn Porträts nahezu abergläubisch gemieden werden, hat doch gerade die arabische und islamische bildende Kunst sowie das Kunsthandwerk unglaubliche Meisterwerke hervorgebracht, die man bei jedem Museumsbesuch mit einem solchen Schwerpunkt bestaunen kann.

    Außerdem beachte man die Allgegenwärtigkeit von Musik im orientalischen Raum, auch im arabischen. Man dort nahezu permanent mit alter und neuer Musik beschallt. Der begleitete Gesangsvortrag eines kurzen, vertonten Liebes-Gedichtes zum Beispiel setzt ganze Hörerscharen in wahre Verzückung. Gute Vortragende sind dort viel mehr Popstar als etwa hierzulande.

    Auch erinnert mich die Versuch, Bezüge von Links-Rechts/vokalarm-reich/Bildarmut-reichtum etc. doch ein wenig an kabbalistische Zahlenspielereien. Das macht zwar viel Spaß und stellt ne Menge Bezüge her – wie vielleicht beim “Glasperlenspiel”, beweist aber letzten Endes nichts.

  46. @ Jürgen Bolt

    Wie schön, Herr Bolt, dass ich Ihnen eine kleine Freude bereiten konnte. Dann war es ja doch noch zu etwas nütze, dass ich ausnahmsweise mal neben der Spur war 😉

    @ all

    Andererseits, die Verwechslung von vokalarmer Schrift mit ebensolcher Sprache kommt ja nicht von ungefähr. Ich darf mal Prof. Horst G. Klein von der Goetheuniversität über die Entwicklung der europäischen Alphabete zitieren:

    Aus der Tradition des Alten Orients und Ägyptens lassen sich die phönizischen Zeichen ableiten, die Vorbild für die europäischen Schriftsysteme der Gegenwart sind, für die griechische, lateinische und kyrillische Schrift. Das Phönizische war zunächst eine Konsonantenschrift, die für jeden Konsonanten ein eigenes Symbol kannte. In den semitischen Sprachen, zu denen das Phönikische gehörte, konnte man die Vokale vernachlässigen, da in den ohnehin vokalarmen semitischen Sprachen das konsonantische Gerüst eines Wortes Träger der Wortbedeutung war. Das moderne arabische Schriftsystem von heute ist ebenfalls eine Konsonantenschrift, die vokalische Zeichen nur bei Bedarf darstellt.

    (Quelle: http://www.hgklein.de/…utikum/seite1/seite16.htm)

    Diese Ausführungen machen es m.E. auch sehr fraglich, dass semitische Muttersprachler beim Lesen religiöser Texte in der rechten Hirnhälfte keinen Platz mehr für bildliche Vorstellungen haben sollen.

  47. @ Ralph Würfel: Bilderverbot

    Wurde das Bilderverbot bei den Juden nicht in Abgrenzung zu den benachbarten polytheistischen Religionen mit einer reichen Mythologie und einer praktizierten Statuen-/Götzenverehrung (insofern bilderreich) ausgesprochen, die nicht zu dem im Judentum verehrten transzendenten Gott passte? Mit der theologischen Begründung, dass wir einen solchen transzendenten Gott mit unserem Vorstellungsvermögen nie erfassen können…

  48. @Ralph Würfel

    Schön, dass Sie wieder da sind und uns einige neue Einsichten mitgebracht haben ;-). Michael Blume wird wahrscheinlich sehr enttäuscht sein, dass die Linkesche These hier durch die Bank auf Ablehnung stößt, aber ich kann mich mit solchen Thesen nur sehr schwer anfreunden, da sie die Menschen unnötig auseinander dividieren. Auch glaube ich nicht, dass Hirnforscher kulturelle Entwicklungen so ohne weiteres im menschlichen Hirn ablesen können.

    Wie ich weiter oben schon schrieb ist das menschliche Denken von bildlichen Vorstellungen gar nicht zu trennen. Der Japaner Teruaki Takahashi sagt hier (Link) in einem Interview: “Es lag an dem wachsenden Einfluss der Europäer, die eine klare Trennlinie zwischen Bild und Schrift zogen. Für die Japaner war das damals etwas ganz Neues, und sie importierten diese Denkweise.” Na, also…
    http://www.humboldt-foundation.de/web/2878.html

  49. @Mona

    Danke für die herzliche Neu-Begrüßung – vor allem aber für die interessante Info, die mir völlig neu war. Sehr spannend!

  50. @Mona & all

    Bin leider unterwegs und kann nur teilweise antworten. Aber klare Ansage: Finde es Klasse, dass die Linkesche These solche Debatten und vor allem Recherchen ausloest! Ob sie richtig ist, wird ja irgendwann die empirische Ueberpruefung erweisen. 🙂

    Ein Hinweis noch zum Verbot der Gottesbilder: Dieses wurde gegen die Tempelpriester errungen, die auch in Israel die bildhaften Kultstaetten verteidigten. Erst im babylonischen Exil furchte die Schrift in den Mittelpunkt – und die Schriftkundigen setzten religioese Bilderverbote durch. Lesenswert: Assmann (s. oben)

  51. Idee

    Sollten wir den benachbarten Theologen Hermann Aichele um einen Blogpost zur historischen Entwicklung des Bilderverbotes bitten? Waere doch interessant und interdisziplinär, oder?

  52. Thesen anderer Wissenschaftler…

    “Soll ich öfter auch mal Thesen anderer Wissenschaftler vorstellen?”

    Nur, wenn Sie sich in dem jeweiligen Fachgebiet auskennen, möchte ich Ihnen hier – zugegeben etwas undezent – vorschlagen.

  53. Blogpost zur Entwicklung des Bilderverbots

    Ja, so ein Blogpost wär durchaus interessant! Ich bin mir bei “meiner” Begründung des Bilderverbots auch nicht ganz sicher, aber das war jedenfalls die Begründung, die ich bisher immer gehört hatte (und diese scheint mir auch sinnvoller als die Annahme, dass die Priester das Volk damals mehrheitlich manipulieren wollten, damit dieses nicht “hinter die Kulissen” blickt… außerdem gilt das Bilderverbot ja auch insbesondere für die Priester; in Erinnering daran, dass auch sie Gott nicht wirklich erfassen können).
    Auf jeden Fall könnte ein Artikel von einem Fachmann ein wenig mehr Licht ins Dunkel bringen 🙂

  54. @Mona

    Vielen Dank für diesen zusammenfassenden Artikel, der ja auch eine ansehnliche Literaturliste aufweist.

    Interessant in diesem Kontext ist die Einschätzung von DuRoy im Band “Völker des alten Orient” der Reihe “Kunst im Bild” (NaturalisVerlag o.J.),wo es auf Seite 229 heißt, dass

    “der fortwährende Kampf gegen Nachbarvölker oder fremde Herrschaft … die Entwicklung der Kunst (in Israel) nicht gefördert (habe). Abgesehen von den Produkten der Elfenbeinwerkstätten in Meggido, die besonders von den Assyrern geschätzt wurden, gab es in der Zeit von Salomo bis zu den Römern wenig, womit die Israeliten auf dem internationalen Kunstmarkt des Nahen Ostens hervortraten, mit Ausnahme vielleicht ihres Schrifttums.”

  55. @bolt Vokale

    “Im Ursprungsbeitrag stand “vokalarme Alphabete”. D.h. es geht in der These um Schriftsprache, nicht um gesprochene. Soweit ich weiß, werden im Arabischen Vokale nicht geschrieben und müssen vom Leser sinnvoll ergänzt werden. “

    Und wie ist das mit Schriftsprachen, die nicht “phonetisch” sind? Wie z.B. die (alte) Sumerische Keilschrift?

  56. @Sascha B.: Keilschriften

    Linke formulierte seine These spezifisch auf Alphabetschriften, auf Hebraeisch und Griechisch. Sollten sich seine Beobachtungen jedoch empirisch erhärten, so waere natürlich zu erkunden, inwiefern auch andere Schriftsysteme spezifische Lese-Erfahrungen begünstigen. Dass verschiedene Schriftsysteme auch verschieden bearbeitet werden, erscheint mir schlüssig und spannend.

  57. @Mona

    Klasse, danke! Und man beachte, wie auch hier die Verdrängung der Bilder gegen die Tempelkulte mit Betonungen des Buches (z.B. Josua) und aus schriftkundigen Kreisen (“Beamtenschaft”) beobachtet wird. Auch dem Zitat von @Ralph Würfel kann ich da nur zustimmen, die Puzzleteile passen erstaunlich gut…

  58. @michael

    “Linke formulierte seine These spezifisch auf Alphabetschriften …so waere natürlich zu erkunden, inwiefern auch andere Schriftsysteme spezifische Lese-Erfahrungen begünstigen. Dass verschiedene Schriftsysteme auch verschieden bearbeitet werden, erscheint mir schlüssig und spannend.”
    Das mag durchaus sein, ich dachte da hätte es ggf. schon etwas in diese Richtung gegeben, immerhin war das der “Anfang” der Schrift. Genauso wären natürlih auch Bildschriften u.ä. interessant etc.

  59. @Sascha

    Da stimme ich zu! Linke formuliert die These, dass unterschiedliche Schriftsysteme unterschiedlich bearbeitet und erfahren werden, am speziellen Fall der Alphabete. Aber wenn sich das bewahrheiten sollte, wuerden natürlich die Wirkungen auch anderer Schriften (z.B. Keilschriften, Bildschriften etc.) zu erkunden sein. Schriften waeren dann nicht nur neutrale Informationstraeger, sondern wuerden spezifische Erfahrungsraeume konstituieren. Ich halte das für wahrscheinlich und bin entsprechend gespannt…

  60. @ Mona

    Auch von mir vielen Dank für den Link!
    Ich fand den Artikel ehrlich gesagt anspruchsvoll zu lesen, weil ich mich mit den ganzen verschiedenen Namen/Gruppen und was sonst noch erwähnt wurde, nicht besonders gut auskenne, aber ich denke, ich habe doch ein wenig davon mitgenommen 🙂

  61. Anmerkungen zur Kulturgeschichte der Schrift ff

    Ja, ich möchte mich auch mal wieder in die Diskussion einmischen. Ich war die letzten Wochen ganz von anderem absorbiert, jetzt nur noch teilweise. Also, zu einem eigenen Blogpost zu der Frage reicht es jetzt nicht – nicht jetzt. Schon an der Datierung des biblischen Bilderverbots merkte ich, dass ich zuerst meinen Kenntnisstand updaten müsste. Dass es erst mit dem babylonischen Exil entstanden sei, überrascht mich zwar nicht; aber das müsste ich genauer verfolgen. Bislang hätte ich es – ohne damit eine Datierung behaupten zu wollen, auf Wüsten-Erfahrungen (Nomaden-Kultur gegen die Kultur sesshafter Bauern) zurückgeführt. Ich teile es in zwei Kommentare auf.

    Jetzt hier einfach ein paar Anmerkungen zum Thema meinerseits, ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne die Unterstellung, bisher hier nicht genannte Gesichtspunkte erstmals aufzubringen. Und auf neurowissenschaftliche Thesen verstehe ich mich nicht so gut, dass ich die unter die Lupe nehmen könnte. Aber als erstes zur allgemeinen Entwicklung der Schriftkultur.
    Linksläufigkeit scheint wirklich für Rechtshänder geeigneter zu sein, sowohl bei gemeißelten Inschriften in Stein als auch beim Ritzen in Tontafeln. Zum Problem wird es erst auf weichem Ton, auf Papier und auf Schiefer. Die linksläufige hebräische Schrift hat ihre Wurzeln ja in der phönizischen Schrift, die eben an den alten Materialien entstanden ist. Und ich unterstelle, dass die meisten Schriften, die aus derselben Wurzel kommen, im Prinzip ebenfalls ursprünglich linksläufig waren. Die hebräische Schrift – da gibt es ja auch Datierungsfragen – entstand doch relativ nahe zu diesem Ursprung. Im Vorderen Orient war und ist man nicht nur dem Wortlaut eines Textes sehr konservativ treu – macht selbst bei Unklarheiten keine eigenmächtigen Konjekturen, höchstens zusätzliche Anmerkungen; und überliefert dann selbst (so erst Entstandenes) Widersprüchliches buchstabengetreu weiter. Man wird auch aus dieser konservativen Grundhaltung der Schrift-Richtung treu geblieben sein, als sich eine Änderung vom Schreibmaterial hätte nahelegen können.
    Die griechische, dann lateinische, kyrillische Schrift konnte diese Linksläufigkeit aufgeben – waren ja auch Jahrhunderte, gar Jahrtausende weg vom Ursprung. Und geographisch auch weit.
    Es gibt außer dem Hebräischen – Arabischen auch noch einige andere Restbestände linksläufiger Schriften . Wäre interessant, wann und auf welchen Materialien entstanden und ob (ursprünglich) reine Konsonantenschrift.
    So ganz bilderfeindlich ist auch die reine Konsonantenschrift nicht: Sie ist zumeist aus Bildern entstanden: Man kann es bis in unsere lateinische Schrift sehen, dass A= hebr. Alef = hebr. Aluf = Rind kommt; ähnlich M= hebr. Mem = hebr. Maim = Wasser. Und vokalarm muss die Sprache deshalb noch lange nicht sein: Halleluja, mit betontem Schluss-A! Kompliziert wird es bei Diphthongen. Schon da helfen oft weiche Konsonanten aus; und auch sonst wird die Konsonantenschrift immer wieder aufgeweicht: Im Hebräischen kann w auch u bedeuten.

    Und ganz wichtig: In der Entstehungszeit der alten Schriften gibt es kein Leseerlebnis, das breitenwirksam hätte bewusstseinsbildend sein können. Schrift wurde ja wohl zunächst aus Gründen der Lagerhaltung, Arbeitsorganisation ff eingeführt, von wenigen Spezialisten ausgeübt. Zu poetischen, erzählerischen Zwecken wohl erst später. Und das beschränkte sich auch auf wenige Spezialisten: Hofschreiber, Tempelschreiber, die umlaufende Geschichten zu konservieren hatten. Den meisten Erzählern/Rezitatoren/Hörern/Tänzern alter Texte war es ursprünglich sicher nicht wichtig, wie diese dann aufgeschrieben wurden (und von wenigen gelesen). Das auswendige Rezitieren war kulturprägend.
    Lesen von Büchern war bis zu Gutenberg ein seltenes Vergnügen. Und noch bis vor 100 Jahren waren gedruckte Bücher ein Luxus, den sich die meisten nicht leisten konnten. Ähnliches gilt für Bilder: In der Antike konnte sich der Normalverbraucher kein Bild leisten – Abbildungen von Menschen/Portraits ff kamen bis ins Mittelalter höchstens dem Hochadel zu; erst ab der Neuzeit auch den reicheren Bürgern. Und als die Fotografie erfunden war, hat man bis vor 100 Jahren sich nur zu ganz besonderen, einmaligen Gelegenheiten abbilden lassen. Protest gegen Bilder hatte bis in die neueste Neuzeit auch einen sozialen Touch und entspricht vielleicht, wenigstens teilweise, auch dem, wie Nomaden die Sitten der Sesshaften kritisierten.

  62. Zum biblischen Bilderverbot – Theologie

    Jetzt als Theologe: Es ist dem Wortlaut im Dekalog nach kein Bilderverbot sondern ein Verbot von Kultbildern: Kein Gottesbild machen, um vor ihm niederzuknien und es anzubeten. Dass es in Israel (und im Islam) zeitenweise zum absoluten Bilderverbot kam – das ist erst eine spätere Ausweitung. Ähnlich wie die völlige Vermeidung des Gottesnamens und die Umschreibung des Wortes „Gott“ bzw. dessen Ersatz durch andere Ausdrücke – nachdem im entsprechenden Gebot doch eigentlich nur der Missbrauch des Namens Gottes genannt wird. Wenn man diese Parallele sieht, wird man die Ausweitung des Bilderverbots nicht etwa auf eine Ausweitung einer linksläufigen Literatur zurückführen müssen.

    Das Verbot wohl zuerst deshalb, weil die durch Menschenhand gefertigten Kultbilder keine Gottheiten sind – gibt ja in der Bibel merkwürdige Spottgeschichten gegen die Anbetung von geschnitztem Holz (Jesaja 44) oder darüber wie ein Kultbild kaputt geht (1.Sam 5). Man kann natürlich fragen, ob „heidnische“ Religionen wirklich so primitiv sich ihre Gottheiten vorgestellt haben. In dem von Mona erwähnten Artikel steht auch dazu einiges.
    Damit wird in einem zweiten Schritt auch erklärt, dass Gott ungreifbar ist. Das wird auch in sonstigen erzählerischen Zusammenhängen festgehalten – etwa dass und wie Gott nicht gesehen wird, oder ersetzt wird durch Engel ff, oder wie sein Name lieber doch nicht ausgesprochen wird… Das bedeutet aber nicht unbedingt Unbegreifbarkeit/Transzendenz im metaphysischen Sinn; denn es gibt gerade in der hebräischen Bibel eine Unzahl an sprachlichen Bildern zu Gott. Die wechseln sich ab, gelten dadurch nie absolut; und sie sind offen für neue Entwicklungen/Gestaltwandlungen Gottes, anders als Statuen es könnten.
    Jedenfalls erscheint das Widerfahrnis einer Beauftragung durch Gott wichtiger als ihn dinglich festzumachen. So entsteht lebendige Geschichte, während sie sonst durch Bilder festgeschrieben und auf bestimmte Lokalitäten verankert wird (wie ähnlich auch in der Dogmatisierung der alten Geschichten zu zeitlosen Sätzen). Und es wird festgehalten, dass nichts Geschaffenem absoluter Respekt zu zollen ist; und man vor keinem Menschen in die Knie gehen soll (1.Gebot). Kritische Distanz zu Herrschaftsansprüchen wird damit signalisiert.
    Was ist Priester-Interesse und was entsprechende Unterwürfigkeit Priestern gegenüber oder was Protest gegen sie?
    Man könnte in mindestens zwei Richtungen polemisieren: Bilderverbot, weil Gottes-Gelehrsamkeit besser als bildloses Herrschafts-Wissen zu verwalten ist, das der Bevölkerung vorenthalten wird. Oder leichtere Verführung eben durch Bilder (und das abstraktere Herrschaftswissen wird hinter der Bilderwand verhandelt). Beide Kritik-Richtungen können auf Beispiele verweisen. Ich finde es interessant, dass im Alten Testament die Kritik gegen Priester noch viel breiter aufgefächert ist UND nicht durch Priester wegzensiert sondern aufbewahrt wurde. Wenn heutige Kritik am Bilderverbot allerdings durch die Brille gegenwärtiger Erfahrungen gefiltert wird, dient sie der Wahrheitsfindung nicht so besonders.

  63. @Sebastian

    Wie es scheint ist das Bilderverbot eine recht komplizierte Materie, über dessen Motive man sich letztlich noch nicht ganz im Klaren ist. Sogar @H.Aichele schreibt hier: ” Man könnte in mindestens zwei Richtungen polemisieren…”. Letzteres muss ich mir aber nochmal durch den Kopf gehen lassen.

  64. Unterschiedliche Interessen – verzwickte Abfolge…

    @Mona. Mit meinem „man könnte in mindestens zwei Richtungen polemisieren“ meinte ich jedenfalls nicht eigene Polemik. Sondern einerseits: falls da jemand aus antikirchlichem Interesse Lust haben wollte, das alttestamentliche Bilderverbot für heutige Polemik zu gebrauchen. Man könnte nämlich ebenso auch die Freude an Bildern dafür gebrauchen. Und beides gab es auch schon längst im Konfessionsstreit evangelisch-katholisch.
    Andererseits meinte ich die verzwickte Lage in der Zeit des Alten Testaments. Es gab eben sehr unterschiedliche Motive und nicht nur ein Motiv, das nur klar genug herausgearbeitet werden müsste. Ich habe jetzt im Internet Bemerkungen gelesen (und suche den Beleg jetzt nicht heraus), die mehr städtische Priesterschaft eines Zentralheiligtums habe schon den Landbauern ihre (kanaanäischen) Kultbilder wegnehmen wollen. Und die gegenläufigen Bemerkungen, für die sich auch biblische Belege finden lassen: Gerade in den reich geschmückten Tempeln (dem Jerusalems) seien Bilder gewesen, die wiederum der Landbevölkerung und den antipriesterlichen Propheten (als ihren Anwälten) Anlass zur Polemik gaben. Ich sehe dahinter Gegensätze unterschiedlicher Gesellschaftsschichten.
    Weiter: Es gibt ja auch Hinweise, dass im sog. Nordreich (Samaria) Kultbilder standen, die für das Südreich (Jerusalem) Anlass zur Polemik waren: Jahwe als Stier (vgl „Goldenes Kalb“). Und weil Letzteres 100 Jahre länger überlebte, konnte man dort auch die Verletzung des Bilderverbots im Norden als Begründung für dessen Vernichtung benutzen.
    Also, so viel unterstelle ich, wurde das Bilderverbot als polemisches Argument schon in vorexilischer Zeit hin- und hergeschossen – auch wenn es erst ab der Exilszeit schriftlich fixiert war. Aber wie gesagt, so genau kenne ich mich in der Geschichte des Bilderverbots nicht aus.
    Nicht nur ein „Charakterbild schwankt in der Geschichte“ (Schiller); sicher auch das biblische Bilderverbot.

  65. @H.Aichele: Ein Gott – kein Bild?

    Sicher fällt es hier niemanden ein, “das alttestamentliche Bilderverbot für heutige Polemik zu gebrauchen”. Wobei ich mir allerdings nicht sicher bin was Linke mit seiner These wirklich erreichen wollte. Wie es aussieht war und ist es in den drei monotheistische Religionen durchaus auch ein Streitthema. Man mutmaßt sogar, “ob sich die Bildtheologien der drei abrahamitischen Religionen nicht genau in der Auseinandersetzung miteinander etabliert haben – und eben nicht allein essentialistisch aus “eigenen Quellen” zu erklären sind”.
    Zitat von hier: http://www.eikones.ch/…=109&cHash=edd10ca751

  66. Englische Übersetzung

    So, auf Anregung von @Balanus habe ich nun einen halben Urlaubstag geopfert und die Präsentation der Linkeschen These einmal für den englischen Scilog übersetzt.

    M.W. ist sie bislang noch nie im Englischen vorgestellt worden. Im Deutschen hatte ich sie ja schon verschiedentlich vorgetragen, publiziert und diskutiert. Daher meine Bitte an die deutschsprachigen Leserinnen und Leser: Bitte weisen Sie englischsprachige Kontakte doch ggf. einfach neutral darauf hin und lassen Sie uns mal zwei, drei Wochen abwarten, ob und welche Resonanz die Linkesche These im englischen Sprachraum findet. Bin gespannt…

    Hier der Link:
    http://www.scilogs.eu/…d-god.-the-linkean-thesis

  67. @Michael Blume: Verschlunzt

    Ich hab es ein bißchen verschlunzt, aber, durch die Übersetzung jetzt erinnert: besser spät als nie. Ein Teil meiner Kritik an Linke beruht, glaube ich, auf einem einfachen Fehler in Ihrem Text, den ich zunächst nicht durchschaut habe.

    “Unser Lesen werde bei Rechtshändern überwiegend in der linken Hemisphäre bearbeitet, die zuerst vom rechten Auge über Kreuz bedient wird.
    Entsprechend tendieren wir, so Linke, Schrift von links nach rechts zu erfassen.”

    Wenn ‘Auge’ durch ‘Sehfeld’ ersetzt wird, stimmt der Text (und ein Teil meiner Kritik ist hinfällig).

  68. @Jürgen Bolt

    Für Sie suche ich gerne nochmal die Originalquelle heraus, die den Sachverhalt im unverkennbaren Linke-Sound so beschreibt:

    S. 74, Kap. II.1: “Rechte Hemisphäre, Vokalisation und Schriftrichtung”

    “Es läßt sich also das hirntheoretische Modell erstellen, dem zufolge vokalisierte Schriften eine Lateralisierung zur linken Hirnhälfte befördern, zwar nicht als allgemeine neurologische Dominanz, wohl aber spezifisch für die Schriftverwendung in der Rezeption. Die neurowissenschaftliche Bekräftigung derartiger Überlegungen findet sich in der Tatsache, daß eine Schrift im allgemeinen mit der Vokalisation auch die Richtung ändert und rechtsläufig wird.”

    Allerdings findet sich später auch nochmal eine Stelle, an der er die Folgen der griechischen Vokalisierung des Phönizischen beschreibt und Ihrem Formulierungsvorschlag (“Sehfeld”) deutlich näherkommt (S. 77):

    “Bei dieser Lateralisierung in die linke Hirnhälfte und damit in das rechte Gesichtsfeld ergab sich die Möglichkeit, in der rechten Hirnhälfte und damit im linken Gesichtsfeld differenzierter mit bildlichem Material umzugehen, was zur Umkehrung der Profilrichtung bei Zeichnungen (Münzen) mit der Ausrichtung des Profils zur linken Seite (also ins linke Gesichtsfeld und die rechte Hirnhälfte) führte.”

    Sie haben also Recht, Seh- bzw. Gesichtsfeld wäre hier der noch passendere Ausdruck. Danke, die Anregung nehme ich gerne auf.

  69. Chinesisch, Japanisch und Alphabetisierungsgrad

    Zusammengefasst ist also die Linkesche These: Starke Assioziationstätigkeit beim Lesen -> linksläufige Schriftrichtung, Ablehnung von Illustrationen. Dagegen assioziationsarmes Lesen -> rechtsläufige Schrift, Bedürfnis nach Illustrationen, richtig?
    Das Chinesische mit seinen sehr komplexes Zeichen wurde klassisch auch dem entsprechend linksläufig bzw. senkrecht geschrieben. Zusätzlich wird es mit musikalischem Akzent gesprochen und sollte daher extrem assoziativ sein. Die japanischen Kana sind dagegen eine volle Silbenschrift und wenig assoziativ. Dass sie ebenfalls senkrecht geschrieben wurden, wird am Vorbild des Chinesischen liegen. Heute werden beide Schriften rechtsläufig geschrieben. Das mag zum Charakter der Kana passen, kann aber auch wie beim modernen Chinesischen einfach eine Anpassung an die Moderne sein.
    In China gab es aber auch, v.A. in der buddhistischen Tradition, viele Bilder (wenn auch separat vom Text) und sogar stark bildorientierte religiöse Techniken, was nicht zur Linke-These passt. Ein Aspekt, den ich noch nicht in der Diskussion gefunden habe, betrifft daher den Alphabetisierungsgrad: In China war Schrift Herrschaftswissen, das Volk konnte man über die Schrift nicht erreichen. Ähnlich war es im europäischen Mittelalter und wird es vielleicht auch in der Antike gewesen sein. In der jüdischen Kultur war, vermute ich, der Alphabetisierungsgrad von jeher höher.
    Gegen-Hypothese also: Die Beliebtheit von Illustrationen hängt weniger von der Eingängigkeit der Schrift als von der Schriftkundigkeit der Gläubigen ab.

  70. @Kai Hiltmann

    Ganz herzlichen Dank für Ihren Kommentar! Und, ja, ich denke auch, dass sich da ggf. viel auch zu Sprachen wie des Chinesischen, Japanischen o.ä. entdecken ließe. So ehrgeizig war Linke zunächst noch gar nicht, sondern verglich “nur” je die hebräische und griechische Alphabetschrift. M.E. wäre es sinnvoll, seine und weitere (z.B. Ihre) Hypothesen empirisch (ggf. auch experimentell) zu testen und sich damit vor zu arbeiten. Möglicherweise liegen hier Schätze zum Verständnis von Kulturgeschichte(n) und -gegenwart(en) verborgen!

  71. Gehirn und Alphabete – Die Linkesche These

    Was ist mit Hanzi und Hanja? Wie passen Kanji, Hiragana und Katakana in diese These?

  72. @Dr. Loth

    Nun, Linke – der ja Neurologe war – hatte seine Hypothese nur im Bezug auf Hebräisch und Griechisch formuliert. Und bislang ist noch nicht einmal das interdisziplinär diskutiert und empirisch getestet worden!

    Wenn an seiner These etwas dran sein sollte, dann wäre der nächste Schritt sicher die Übertragung auf andere Schriftarten. In den Recherchen damals bin ich bis zu den indischen Silbenalphabeten gegangen, die ja auch vokalisiert und rechtsläufig gestaltet sind – und mit deren Ausbreitung sinnigerweise ein Mehr an bildhaften Darstellungen (z.B. auch des Buddha) einhergegangen zu sein scheint.

  73. Gehirn und Alphabete – Die Linkesche These

    Kanji sind weder vokalisierte Zeichen noch rechtsläufig, sondern Phonogramme, die oft aus einem Radikal für den Sinn und einem Zeichen für die Aussprache zusammengesetzt sind. Dabei muss zwischen On- und Kun-Lesung unterschieden werden, also zwischen sinojapanischer und reinjapanischer Aussprache.
    Kanji in Verbindung mit den Silbenalphabeten Hiragana und Katakana wird noch immer in Zeitungen, Zeitschriften, Belletristik und religiöser Literatur traditionell senkrecht in von rechts nach links verlaufenden Spalten geschrieben. Ausnahmen bestätigen die Regel.
    Jeder, der Japanisch lernt oder gelernt hat, weiß zudem, dass er hier auf eine echte Herausforderung trifft, gilt doch die Herkunft der Sprache auch aus linguistischer Sicht als noch nicht geklärt.
    Die Linkesche These würde m. E. nur dann Sinn machen, wenn Neurobiologen die Mitarbeit von Linguisten gewinnen könnten.

  74. @Dr. Loth: Zustimmung!

    Ja, das sehe ich ganz genau so! Die Linkesche These ist ein Paradebeispiel für einen Ansatz, der nur interdisziplinär sinnvoll zu überprüfen und zu vertiefen wäre!

    Daher schrieb ich ja oben auch: Ich hoffe sehr, dass wir in den kommenden Jahrzehnten zu einer interdisziplinären Überprüfung kommen und also darauf eine Antwort bekommen werden – und möchte auch weiterhin das Meine dazu tun, an die spannenden, interdisziplinären Forschungen des originellen Hirnforschers zu erinnern.

    Er selbst hat ja m.E. auch richtig gehandelt: Er hat seine Hypothese zunächst auf ein konkretes Beispiel (Hebräisch zu Griechisch) beschränkt und sie auf einer Tagung vor Kultur- und Geisteswissenschaftlern vorgetragen. Nur leider wurde – und wird – sie seitdem kaum aufgegriffen, auch ich hatte sie ja nur durch Zufall entdeckt. Und da sie außerhalb meiner direkten Kompetenzschwerpunkte liegt, musste ich mich darauf beschränken, sie vor zu stellen und ggf. zu hoffen, dass sie eines Tages endlich aufgegriffen und (interdisziplinär) getestet wird.

  75. Fragwürdig

    Interessant und nachvollziehbar; jedoch sehr verklärend und fragwürdig.

    Denn ob das Christentum tatsächlich aus dem Judentum entsprungen ist, stellt lediglich ein Dogma unserer Zeit dar.
    Ich persönlich bin der Meinung, dass das “Urchristentum” eine rein keltisch- germanisch- slawische Religion war und Jesus definitiv nicht in einer staubigen Wüste als Jude bzw. Semit geboren ist. Zahlreiche Mythen und Überlieferungen, beispielsweise die des keltischen “Esus”, sowie die altertümlichen Darstellungen eines *blonden, blauäugigen “Messisas”, in der Kulisse von üppiger typisch-west-mitteleuropäischer Landschaft vermitteln ein gänzlich anderes Bild.
    Zumal die Beschreibung der biblischen Orte nicht aufs heutige Palästina passt,…
    und die Bibel als stark verfälschtes Machwerk zugleich angesehen werden muss, dessen wortgetreue Auslegung nur von Dumm- bzw. Ahnungslosigkeit zeugt.
    Man sollte sich auch von solchen naiven Vorstellungen losreißen, dass unsere heutige “moderne Zivilisationen” die erste und “wahrhaftige” auf dieser Welt sei,…
    Die Herkunft bzw. der Bau der Pyramiden oder von Stonehenge stellen ein technisches Rätsel nach wie vor dar!
    Insofern sind die heutigen Weltreligionen auch nur ein Produkt aus fragmentierten Überlieferungen Jahrtausende alter Kulturen.

  76. Experiment

    Man könnte die Plastizität des Gehirns für ein Experiment nutzen und die Vokalzeichen einer landessprachlichen Bibel einfach weglassen. Nach nur wenigen Stunden oder Tagen der Übung kann man einen solchen Text recht flüssig laut vorlesen. Ob sich die beschriebenen Wirkungen beim Vorleser dann bemerkbar machen?

  77. @HF

    Das ist ein exzellenter Vorschlag, vielen Dank! Ich bin kein Experte für kognitive Sprachverarbeitung, aber ich werde mich mal bei den Kolleginnen und Kollegen umhören, ob das ein Weg sein könnte, die Linkesche These (an-)zutesten. Danke fürs Mitdenken!

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