BinnenVersalien

BLOG: Labyrinth des Schreibens

Die Suche nach dem roten Faden
Labyrinth des Schreibens

BinnenVersalien sind Großbuchstaben innerhalb eines zusammengesetzten Hauptworts: zum Beispiel bei der “BinnenVersalie” selbst (ich schreibe das Wort jedenfalls gerne auf diese etwas auffälligere Weise).  

Einige bekannte Beispiele:

BahnCard der Bundesbahn
CinemaScope – seit Anfang der 1950er Jahre wurden die Kinoleinwände richtig brrrrrrrrreit mit Hilfe dieses Verfahrens.
DreamWorks – der Name von Steven Spielbergs Produktionsfirma (“Der gestiefelte Kater”)
YouTube (Broadcast Yourself – www.youtube.com – die Plattform bietet die Möglichkeit, Videos hochzuladen und zu bewerten)

Ein Beispiel, wie Unternehmen die Binnenversalie nützen, um ihren Internet-Auftritt zu präzieren:
WundZentrum München (www.wundzentrum-muenchen.de – Plakat mit Anzeige im U-Bahnhof Max-Weber-Platz am 02. Nov 2012)

Es gibt allerdings Leute, die solche seltsam hervorgehobenen Wörter* gar nicht mögen. So schnödete der Verfassers eines Streiflichts der Süddeutschen Zeitung wie mit einer Fanfare auf der Titelseite der Ausgabe vom 03. November 2007:

Die Binnensersalie, Tod und Verderben für sie!, gehört zu den ganz Großen unter den Globalisierungsgewinnern.

Bevor Blogger von SciLogs, die ebenfalls keine BinnenVersalien mögen, mich nun steinigen, sollen sie doch bitte folgende Altäre in unserer gemeinsamen Kirche zur Kenntnis nehmen: SciLogs hat eine BinnenVersalie – und jede einzelne der Blog-Familien außerdem: BrainLogs, ChronoLogs, KosmoLogs, WissensLogs.

Funktioniert doch bestens: Man schaut hin. Was ja die Funktion eines MindCatchers ist.

 

Zusammengesetzte HauptWörter

Meistens handelt es sich um zusammengesetzte Hauptwörter aus zwei im Grunde eigenständigen Begriffen – sogenannte Komposita. Wer schon mal gegooglet hat, oder einen eigenen Text mit Komposita bei Google nachprüfen wollte, wird gemerkt haben, dass die Suchmaschine Bindestrich-Wörter gerne ignoriert. Sie schreibt sie zusammen. Früher fand sie solche Komposita mit Bindestrich gar nicht, sondern zerlegte sie in die beiden Begriffe. Deshalb war die Verwendung von Binnenversalien eine Weile sehr wichtig, um das Kompositum zu erhalten.

Inzwischen hat der Suchalgorhythmus von Google allerdings dazugelernt. Aus einem “Hosen-Scheißer” (mit dem ich sie eben reinlegen wollte) macht sie brav einen “Hosenscheißer”.

Einen Kryptosingle finden Sie leicht – einen Krypto-Single verhackstückte die Maschine früher. Aber inzwischen hat sie offensichtlich wirklich ihre Fähigkeiten verbessert und verweist auf die richtigen Fundstellen.

Selbstgefühle _ Selbst-gefühle _ SelbstGefühle?

Als ich im August 2011 in eine kleinere Wohnung umzog, musste ich an die 3000 (dreitausend!) Bücher meiner Bibliothek weggeben. Zum Teil landeten sie sogar auf der Müllkippe, weil niemand sie haben wollte und der Verkauf über amazon oder e-Bay mir zu mühsam erschien (abgesehen davon, dass man pro Buch oft nur einen Cent erhalt). Eines der Bücher, die das “Autodafé der 3.000” überlebt haben, war Das Heilige von Rudolf Otto. Es überlebte aus Respekt vor meinem Psychoanalytiker und Mentor Ulrich Otto (die Namensgleichheit ist Zufall – er war nicht mit Rudolf Otto verwandt). Ich habe mit der Lektüre nur deshalb begonnen, weil er es mir vor vielen Jahren (während meines Psychologie-Studiums) sehr empfohlen hat. Aber ich bin heute, am 20. Januar 2013, noch immer nicht über S. 35 hinausgelangt. Das Buch nervt mich. Zum einen, weil  das Thema “Religion” und speziell das “Heilige” so gravitätisch und akademisch-fern bis pathetisch abgehandelt wird. Da ist aber zudem noch eine schreiberische resp. typographische Marotte des Verfassers:

Ihm wichtige zusammengesetzte Begriffe mit zwei Hauptwörtern schreibt er grundsätzlich mit Bindestrich und den zweiten Begriff (nicht nachvollziehbar, weshalb) klein. Damit will er sie hervorheben. Aber genau dies nervt. Beispiel (auf S. 13): “Selbst-gefühle”.

Rudolf Otto schreibt das zweite Substantiv wirklich immer klein. In diesem Falle wäre die BinnenVersalie die angenehmere Variante. Auch BinnenVersalien können nerven. Vor allem, wenn sie gehäuft auftreten. Aber wenn es sich beispielsweise um ein neu eingeführtes Wort (einen Neologismus) handelt und dieser wirklich neue Information transportiert – why not?

Ich verwende gerne Wörter mit BinnenVersalien. Habe selbst einige erfunden, die meines Erachtens wirklich auf Neues hinweisen: EntSchleunigung / KyrptoSingle / BrainSpotting / MindCatcher / BloXikon. HyperWriting habe ich zware als Begriff nicht erfunden (das kam im amerikanischen Internet schon früh auf: als Bezeichnung für Hyper-Texte). Aber in der Weise, wie ich den Begriff verwende, meint er sicher etwas Neues: nämlich die Kombination von Handwerk des Schreibens mit Selbsterfahrung und psychotherapeutischen Effekten (wie dem Abbau von Schreibblockaden), wozu noch das Konzept der Heldenreise kommt und die Gruppenarbeitsmethode der ThemenZentrierten Interaktion (TZI).

Zum MindCatcher habe ich im BloXikon dieses Blogs etwas notiert. Dorthin kopiere ich jetzt diesen Artikel. Da sind es nun schon zwei.

 

Allgegenwart des Labyrinth-Mythos

Es reizt mich jetzt, mit dem Begriff Labyrinth zu spielen und ihn mit einer BinnenVersalie zu versehen. Das wird dann ganz witzig zum LabyRinth. Ich habe dieses Wortspiel einmal in einem Gedicht verwendet und aus dem Labyrinth ein Laby-Rind gebastelt, das zum Laber-Rind mutierte. Mit Bindestrich geschrieben, ist das irgendwie platt. Aber wenn man die Binnenversalie einfügt, bleibt das Wort mythisch und gewinnt sogar einen zusätzlichen Sinn dazu. Jeder einigergemaßen gebildete Mensch erkennt im LabyRinth sofort das Rinth, das ein Rind sein kann. Und passt das Rind nicht zum Stier-Kult, der sicher eine der Wurzeln der kretischen Labyrinth-Überlieferung war? Ist nicht der Minotauros – der Stier (Tauros) der Königs Minos eben auch ein RindVieh? Und ist RindVieh uind irgendwie mythischer, wenn nicht eleganter als das platte Bindestrichwesen Rind-Vieh?

Der Zufall hat mir noch etwas echt Labyrinthisches zugespielt. In der Süddeutschen vom 13. Januar 2013 fand ich einen Bericht über die neuen €uro-Banknoten. Zur Verbesserung der Sicherheit wird dort in Zukunft neu die “Göttin Europa” eingefügt, erstmals ab Mai dieses Jahres auf dem Fünf-€uro-Schein. Interessant, dass aus der phönizischen Prinzessin inzwischen eine Göttin geworden ist – wusste ich noch gar nicht. Jedenfalls ist sie als Mutter des Königs und Labyrinth-Erbauers Minos (den sie nach ihrer Entführung und Schwängerung durch Zeus in Gestalt eines Stiers auf Kreta gebar) gewissermaßen die Urmutter aller Labyrinthe. Und die Urmutter Europas und des Abendlandes ist sie sowieso.

Bei genauem Hinsehen sind die Unterschiede zwischen neuem Schein […] und altem Schein zu erkennen. Insgesamt wirkt die neue Banknote bunter. Die Zahl „5″ ist von rechts in die Mitte gerückt. Unten links ist die Zahl jetzt grünlich, kippt man den Schein, wechselt die Farbe ins Blaue. An den Rändern rechts und links gibt es künftig fühlbare Streifen. Im Wasserzeichen unter Draghis Unterschrift, das man bei Gegenlicht prüfen kann, ist die Göttin Europa abgebildet (kleines Foto). Die Göttin findet sich künftig auch im Hologramm, dem Silberstreifen rechts. Bisher waren dort nur das Euro-Zeichen und die Zahl „5″ zu sehen. Der Fünf-Euro-Schein macht den Anfang, die weiteren Stückelungen bis hin zum500-Euro-Schein folgen. Bis alle Euros umgetauscht sind, können aber noch Jahre vergehen.


Quellen

Freiberger, Harald: „Das ist der neue Euro“. In: Südd. Zeitung Nr. 09 vom 11. Jan 2013, S. 19
Otto, Rudolf: Das Heilige. (1917) München 1979 / 41.-44. Tsd. (C.H. Beck)

Schauen Sie bitte gelegentlich auch mal in die früheren Beiträge dieses Blogs rein! Hilfreich sein könnten vor allem Willkommen im Labyrinth des Schreibens und die Zeittafel. Die wichtigsten Personen und Begriffe werden erläutert in Fünf Kreise von Figuren sowie im Register dieses Blogs

237 / #856 Jvs /1513 SciLogs  / Begonnen in der Virtuellen Schreib-Werkstatt #323 vom 19. Jan 2013 / v01-1

"Zwei Seelen wohnen a(u)ch in meiner Brust." Das Schreiben hat es mir schon in der Jugend angetan und ist seitdem Kern all meiner Tätigkeiten. Die andere „zweite Seele“ ist die praktische psychologische Arbeit plus wissenschaftlicher Verarbeitung. Nach dem Psychologiestudium seit 1971 eigene Praxis als Klinischer Psychologe. Zunächst waren es die Rauschdrogen, die mich als Wissenschaftler interessierten (Promotion 1976 mit der Dissertation "Der falsche Weg zum Selbst: Studien zur Drogenkarriere"). Seit den 1990er Jahren ist es das Thema „Hochbegabung“. Mein drittes Forschungsgebiet: Labyrinthe in allen Varianten. In der Themenzentrierten Interaktion (TZI) nach Ruth C. Cohn fand ich ein effektives Werkzeug, um mit Gruppen zu arbeiten und dort Schreiben und (Kreativitäts-)Psychologie in einer für mich akzeptablen Form zusammenzuführen. Ab 1978 Seminare zu Selbsterfahrung, Persönlichkeitsentwicklung und Creative Writing, gemeinsam mit meiner Frau Ruth Zenhäusern im von uns gegründeten "Institut für Angewandte Kreativitätspsychologie" (IAK). Als "dritte Seele" könnte ich das Thema "Entschleunigung" nennen: Es ist fundamentaler Bestandteil jeden Schreibens und jedes Ganges durch ein Labyrinth. Lieferbare Veröffentlichungen: "Kreatives schreiben - HyperWriting", "Kurzgeschichten schreiben", "Das Drama der Hochbegabten", "Zeittafel zur Psychologie von Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung", "Blues für Fagott und zersägte Jungfrau" (eigene Kurzgeschichten), "Geheimnis der Träume" (Neuausgabe in Vorbereitung). Dr. Jürgen vom Scheidt

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