Das Gehirn auf der Couch … Fernsehtipp

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auf der Frequenz von Geist und Gehirn
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Hier ein Nachschlagstipp zur letzten Episode: Am Donnerstag, dem 24., also morgen, läuft in der Sendung Scobel auf 3Sat der Mitschnitt des NeuroForums der Hertiestiftung zum Thema Das Gehirn auf der Couch, unter anderem mit einem wunderbaren Eric Kandel und einem immer sehenswerten Wolf Singer. Das Ganze ist äusserst interessant und sei hiermit schwer empfohlen!

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Veröffentlicht von

www.nurindeinemkopf.de

Nach diversen Artikeln und zwei Büchern zwischen Geist und Gehirn hier der Podcast. Wichtigster Punkt: die Übersetzung der aktuellen Erkenntnisse in verständliche Sprache, praktischen Alltag und guten Humor.

23 Kommentare

  1. Dialog Psychoanalyse und Hirnforschung

    Jupp. Das ist das Thema. Kandel, Singer und Marianne Leuzinger-Bohleber (Sigmund-Freud-Institut) diskutieren unter Leitung von Gert Scobel. Gerhard Roth wird “eingespielt” in einem Beitrag über Depressionsforschung, ein aktuelles Forschungsprojekt am Hanse-Kolleg.

  2. Offline

    Stimmt – das ist es – danke Carsten! Ich war offline, sprich, sah hier nur den Code, konnte aber nichts sonst eingeben … kennt das jemand?

    Ausserdem ist Kandel einfach ein Vergnügen – eine spannende Mischung aus gedanklicher Schärfe und Charme.

  3. Ich geb´s ja zu …

    … ich war zu schnell – aber immerhin, der Link war drin. Und der sagt:

    24. April 2008, 21 Uhr
    Wiederholung:
    25. April 2008, 6.30 Uhr

    Die Wiederholung ist also keinesfalls arbeitnehmerfreundlich 🙂

  4. 3Sat Mediathek

    Hallo,

    in der Mediathek von 3sat (direkt über die Scobel-Seite aufzurufen) sind anschließend das Interview und die Gespräche online (arbeitnehmerfreundlich rund um die Uhr) anzusehen. 🙂

    Viele Grüße
    Sterne

  5. Gut dass ich reinschaue, die Sendung beginnt ja in einer halben Stunde! Werde also heute Abend den Fernseher einschalten. Grüße.

  6. Naja. Schon auch ein ärgerlicher Beitrag. Da wird so getan, als seien die gezeigten Bildgebungsstudien tatsächlich Psychotherapie- oder gar Psychotherapieprozessforschung. Dass die Liäson zwischen PSA und Neurobiologie zu einem großen Teil auch politisch motiviert ist, kommt sowieso zu kurz.

  7. Bildgebungsstudien @Wölfelschneider

    Empirische Daten sind wichtig, denn “nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen war.” Doch machen sie eben nur den einen Teil der Erkenntnis aus. (->Kant) Die Schwierigkeit wurde benannt: ist es die Depression, die das Hirn verändert oder “antwortet” das Hirn auf die Depression? Wie werte ich also die empirischen Daten aus? Kurz: mit welcher Philosophie trete ich an das Hirn heran? Oder anders ausgedrückt: mit welchem Hirn trete ich an ein anderes Hirn heran?

  8. „Neuropsychotherapie“ = Science Fiction

    Die Veranstaltung wurde angekündigt mit dem Statement „Zwei Forschungsrichtungen standen sich bisher unversöhnlich gegenüber: Psychoanalyse und Neurowissenschaften. Nun wachsen sie zur Neuropsychotherapie zusammen.“
    Leider ist das reine Zukunftsmusik, von der Seite der Psychanalyse her absolutes Wunschdenken. Wolf Singer, von der Gegenseite, hielt sich mit entsprechenden Äußerungen zurück, ihm war das Ganze sicher nicht geheuer. Seine Körpersprache – er saß außen, in oft abgewandter Haltung – zeigte das auch. Die Gegenstände sind doch – jedenfalls zur Zeit noch – völlig inkompatibel: Die Hirnforschung lehnt nicht nur den Begriff „Seele“, den Hauptinhalt der Psychologie, ab, sondern kann auch das Ich bisher weder verorten noch erklären, ganz zu schweigen etwa von Freuds Über-Ich oder anderen Komplexitäten.
    So sehr ich Gerd Scobel mag, mit dem Thema lag er diesmal daneben, und leider hat er auch bis zum Schluß nicht versucht, von sich aus etwas Neutrales zu der Situation zu sagen bzw. zur Klärung der Fronten beizutragen.

  9. @Hilsebein & Hardt

    Eben, eben. Die Frage nach Henne und Ei ist dabei ja noch der allergeringste Anspruch. Die aus der Bildgebung gewonnen Kenntnisse sind interessant und natürlich von Relevanz für die Psychotherapie. Aber Psychoanalyse und Psychotherapie befinden sich auf dem Holzweg, wenn sie die Heilserwartung haben, dass die Neurobiologie endlich zeigen kann, dass bei PT “wirklich” etwas passiert. Funktionelle Bildgebung ist sowohl empirisch bzw. methodisch als auch in den epistemologischen Grundannahmen hochproblematisch, wenn wir z.B. Erfolg von Behandlungen davon abhängig machen. Das fängt bei den winzigen Stichproben an, geht über die Frage nach der Validität der Ergebnisse (ist der regionale Blutfuss wirklich ein Indikator für die Aktivität im entsprechenden Kortexgebiet? Bedenken wir, dass wir alles “Rauschen” statistisch herausrechnen und das, was wir da so hübsch visualisieren extrem extrapoliert ist usw.) und endet dabei, dass wir ein Primat des Biologischen implizieren, in dem das organische System als das “wirkliche”, das aussagekräftigere Kriterium gilt, auf das man nun endlich direkt zugreifen kann. Ich halte die gezeigten Befunde für höchstens gleichberechtigt zu der simplen Frage an den Patienten: “Wie hat ihnen den die Therapie geholfen? Was hat sich gebessert?”. Die Neurobiologie kann diese Frage auf Basis eines alternativen Kriteriums auf interessante Weise ergänzen. Es kann sie aber nicht ersetzen oder gar über Abrechnungsmodalitäten usw. entscheiden. Biologisches und psychisches System bilden füreinander Umwelten. Wir sehen in den fMRI-Bildern nicht so etwas wie das “eigentliche Substrat” des Psychischen.

    Der folgende Text wurde von Prof. Manfred Beutel, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und
    Psychotherapie am Universitätsklinikum Mainz zitiert, als er den Vortrag “Ab wann kann Psychotherapie etwas von funktioneller Bildgebung lernen?“ an unserem Zentrum für Psychosoziale Medizin hielt. Es handelt sich um Auszüge aus einem Artikel von Prof. Klaus Grawe zum Thema “Neuropsychotherapy”.

    [Zitat]
    Let’s imagine a therapy situation in which a therapist faces a depressive female patient, Ms. B. As in every therapy session, Ms. B. sits in her chair with a sad, fatigued facial expression, as if paralyzed, making no effort whatsoever to take initiative. Instead, she waits for the therapist’s action. The therapist engages with her in a friendly and caring manner, asking her how she feels and if she is able to have the therapy session today. She responds with a bitter, muted tone of voice, stating that she obviously doesn’t have a choice, that nothing would change anyway,and that there is no point to begin with. Similar exchanges have occurred in previous sessions; they are typical for this patient. They are also typical in interactions occurring outside of therapy. The therapist might relatively quickly have arrived at a conceptualization of this recurring interaction pattern. He considers whether he should try to help the patient realize how her behavior repeatedly triggers disappointing experiences by making her interaction partners feel helpless and, ultimately, angry towards her. He considers whether he should attempt to clarify the fears and wishes that give rise to this self-damaging interactional pattern, and which strategies he could use to alleviate her fears […]

    A neuropsychotherapist would also consider all of these possibilities. However, other considerations would be in the forefront.
    Our neuropsychotherapist would think of Ms. B.’s enlarged and overactivated amygdala, which selectively and overly sensitively responds to negative situations. He would consider that the amygdala has particularly well developed connections to the ventromedial parts of the right prefrontal cortex, whose activation is linked with negative emotional states. He knows about the wealth of firmly established projections between this area and the dorsolateral regions of the prefrontal cortex, which is critically involved in the activation of avoidance goals. In addition, he would realize how impoverished the corresponding areas in the left hemisphere are, due to their insufficient activation – areas that play an important role in positive emotions and the pursuit of approach goals. The therapist would envision a wealth of elaborately developed synapses connecting the projection areas for the activation of avoidance goals with those responsible for the production and maintenance of negative emotions. These connecting areas might be envisioned by the therapist as «brain swellings» because of their rich and elaborate development […][/Zitat]

    Ich bezweifle, dass das Herrn Grawes Absicht war, aber hier wird deutlich, wie – verzeihung – absurd die Diskussion stellenweise wird. Das die Psychoanalyse, die fürchten muss, dass man ihr in der medizinischen Versorgungslandschaft den Geldhahn abdreht, sich freut, dass man nun endlich “wirklich” zeigen kann, das ihre therapeutische Technik funktioniert, überrascht dabei kaum. Aber mal ehrlich: Die Psychoanalyse hätte viele Jahre zuvor mit wissenschaftlicher Überprüfung ihrer Hypothesen und Behandlungsverläufe beginnen sollen (auch ohne Bildgebung), dann hätten sie diese Probleme heute vermutlich nicht.

  10. “Eben, eben. Die Frage nach Henne und Ei ist dabei ja noch der allergeringste Anspruch.”

    Es ist nicht die Frage nach Henne oder Ei. Um es mit Helmut Wicht zu sagen: “Hemisphären sind dermassen unbalanciert” (unter Fundgrube -Göldner-Kopfweh)
    Gesetzt, wir wollten dieser These folgen, so müßte das Hirn erst ausbalanciert sein, um am Hirn forschen, bzw., die richtigen Schlüsse ziehen zu können.

  11. Macy Konferenzen und Kybernetik

    Viel weiter ging man schon bei den sogenannten Macy Konferenzen, welche zwischen 1946 und 1953 in Amerika stattfanden. Hier trafen sich Elite-Wissenschaftler aus den Disziplinen Anthropologie, Elektrotechnik, Biophysik, Neurophysiologie, Psychologie, Psychiatrie, Soziologie, Mathematik und Physiologie. Daraus entstand die “Metadisziplin” Kybernetik.

    In den 1970er Jahren entwickelte Humberto Maturana in Zusammenarbeit mit Francisco J. Varela ein neues Bild des Geistes. Im Vorwort Ihres gemeinsamen Buches -Der Baum der Erkenntnis – liest man: “Mittlerweile ist durch die zunehmende Bekanntheit der um die Jahrhundertwende entstandenen “Neuen Physik” und der Schriften von Vordenkern wie dem Biologen Gregory Bateson, den Physikern Erich Jantsch und Fritjof Capra und dem Soziologen Niklas Luhmann ein Schock noch kaum zu erwarten. Dennoch wird sich der Leser, der hier mit dem Denken der Autoren erste Bekanntschaft macht und zugleich ihrer Ermutigung folgt, nicht nur zu “lesen”, sondern mit dem Buch in rekursive, das heißt, auf ihn selbst zurückwirkende Interaktion zu treten, dazu veranlasst sehen, manchen Denksprung zu leisten, bevor er sich bei der Lektüre wohlfühlt und nicht mehr unter dem Eindruck schwindelerregender Kreisläufigkeit (Zirkularität) leidet. Humberto Maturana erzählt hierzu gern, daß er selbst um 1960 beim Herangehen an die Folgen der grundsätzlichen Rekursivität (Rückbezüglichkeit) allen Erkennens derart den Boden unter den Füßen verlor, das er an der Normalität seines Geistes gezweifelt hat.”

  12. @Wald

    Die Metapher des Nicht-aus-dem-Kreis-treten-Könnens ist von Maturana. Gut, dass Sie die Zusammenhänge hier nochmal ausführlicher zitieren. Sie sind im Hinblick auf die Beurteilung des ggw. Bildgebungs-Hypes praktisch nicht zu überschätzen.

  13. @Wölfelschneider

    Vielleicht können Sie mich ja mal aufklären warum man in dem jetzigen “Geist & Gehirn” Hype so tut, als ob es was ganz neues sei, wenn Hirnforscher, Psychologen, Soziologen u.s.w zusammen denken?

  14. Ich denke, dass es um Förderungsgelder geht. Anträge zu Neurobio-Studien sind einfach mit höherer Wahrscheinlichkeit durchzukriegen. Wenn man es dann noch mit (scheinbar) verorgungsrelevanten klinischen Fragestellungen verknüpft, sitzt das Geld der Drittmittelgeber lockerer. Und: Impact!

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