Das Ende der Psychologie

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Endlich ist es soweit: Die Psychologie ist am Ende! Nach einem zwanzigjährigen Verzweiflungskampf wurde sie nun endgültig von der Hirnforschung abgelöst. Über diese Entwicklung und erste Reaktionen aus der ganzen Welt berichtet jetzt MENSCHEN-BILDER exklusiv für die SciLogs.

Erst 2010 organisierte Lutz Jäncke, Professor für Neuropsychologie an der Universität Zürich, auf dem 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie ein Symposion zum Verhältnis von Biologie und Psychologie (Podcasts). Natürlich ging es dabei vor allem um den zunehmenden Einfluss der Hirnforschung sowohl in den Medien als auch an psychologischen Instituten weltweit. In dem Themenheft Wie viel Biologie braucht die Psychologie? der Psychologischen Rundschau antworteten zahlreiche Experten auf die neurowissenschaftliche Herausforderung der Psychologie. Genau vor einem Jahr hatten wir selbst noch eine internationale Tagung zu der Frage, wie weit wir nach zwanzig Jahren fMRT-Hirnforschung bei der beantwortung psychologischer Fragen gekommen sind (Imaging the Mind? Taking Stock a Decade After the Decade of the Brain)

Wer hätte sich träumen lassen, dass die Debatte so schnell wieder beendet wäre? Denn heute, am 1. April 2012, ist die Psychologie endgültig gestorben. Führende Experten weltweit haben endlich eingesehen, dass es keinen Sinn mehr hat, mit sorgfältigen Verhaltensuntersuchungen, langwierig entwickelten und getesteten Fragebögen oder vor dem Hintergrund in kleinen Schritten verbesserter Theorien zu forschen. Das alte, tragische Problem der Psychologie, ihre Forschungsgegenstände nicht direkt sehen zu können, sondern nur indirekt aus Erfahrungen, Beobachtungen und Berichten erschließen zu müssen, hat ihr nun den Todesstoß bereitet. „Unsichtbare Konstrukte“, haben Kritiker dies in jüngster Zeit abfällig genannt.

Insofern ist das heutige Ende der Psychologie rückblickend betrachtet wenig überraschend. Seit Jahrzehnten versuchen nämlich Kollegen aus dem Bereich der bildgebenden Hirnforschung, das Unsichtbare sichtbar zu machen; und mit ihren millionenteuren Apparaturen können Sie sogar einem toten Lachs wieder psychisches Leben einhauchen (Axel Lindner: Laxe Datenanalyse; Veronika Hackenbroch: Großhirn-Voodoo; Originalpublikation). Hier bei MENSCHEN-BILDER wurde bereits zuvor von ersten Erfolgen des Gehirn-Uploads berichtet. Kein Wunder, dass die inzwischen unter chronischer Geldknappheit leidenden Psychologen angesichts solcher bahnbrechender Erfolge hilflos die Waffen strecken müssen. Mögen sie schnell eine andere Anstellung finden und von Hartz-IV verschont bleiben.


Keine Chance für die Psychologie: Das Hinzufügen belangloser Neuro-Informationen hat die Glaubwürdigkeit wissenschaftlicher Erklärungen vor allem bei Studierenden der Kognitionswissenschaft um 16% erhöht. Meine Darstellung der Originaldaten von Deena Skolnick Weisberg und Kollegen (2008, Journal of Cognitive Neuroscience).

Auch die hartgesottensten aus der alten Garde haben nun das Handtuch geschmissen. Man denke an William Uttal, emeritierter Professor für Psychologie an der University of Michigan, der schon vor einer Dekade vor der „neuen Phrenologie“ warnte und in jüngster Zeit die Aussagekraft neurowissenschaftlicher Verfahren kritisch hinterfragte. Ja, selbst Max Coltheart, emeritierter Professor für Kognitionswissenschaft an der Macquarie University in Sidney und manchen als notorischer Troublemaker bekannt, macht es sich jetzt im Ruhestand bequem. Vor ein paar Jahren war er noch mit der These aufgetreten, die bildgebende Hirnforschung habe bisher wohl nichts zur Psychologie beigetragen. Nachdem er auf den alljährlichen Treffen der Human Brain Mapping Organization jeweils stundenlang öffentlich ausgelacht worden war, gab er am heutigen 1. April seinen Rückzug aus der Debatte stillschweigend bekannt.

„Alles Theoretiker“, könnte jemand erwidern, „der Psychologie bleiben doch die angewandten Bereiche, etwa die Klinische Psychologie.“ So einfach ist es jedoch nicht, wie ich mich vor kurzem auf der Tagung Neuroscience Explaining Away in Dialogue With Psychology and the Humanities an der Jacobs University Bremen belehren lassen musste. Dort trug Gerhard Roth, Professor für Neurobiologie an der Universität Bremen, die Ergebnisse einer Studie zu den neuronalen Begleitprozessen einer Psychotherapie vor. Für schlappe zwei Millionen Euro wurden dort zwanzig depressive Menschen mit dem Kernspintomographen verfolgt, während sie an einer tiefenpsychologischen Psychotherapie teilnahmen. Nach schwierigsten statistischen Berechnungen, die sich über etwa ein Jahr erstreckten, fanden sich in (gefühlt) vierzig Gehirnregionen statistische Unterschiede. Damit sind sowohl die Klinische Psychologie als auch die Psychotherapie ebenfalls am Ende. Denn den dazu passenden Apparat, der die Hirnfunktion in den vierzig Gebieten normalisiert, steht schon bereit: Mithilfe der neuartigen Supercraniellen Magnetstimulation (SMS), die sich sogar aus der Entfernung anwenden lässt, wurden zwei der Patienten sofort geheilt.


Auf der Suche nach dem Gehirn: Kollegen aus der bildgebenden Hirnforschen erkunden den Menschen. (Quelle: Siemens-Pressebild)

Das Ende der Psychologie hat auch bei uns in den Niederlanden bereits heftige Reaktionen ausgelöst. So kommentierte meine Chefin, Trudy Dehue, Leiterin der Abteilung für Theorie & Geschichte der Psychologie an der Universität Groningen, per Facebook-Chat: „Psychologie ist Geschichte!“ Desillusionierte Studierende versammelten sich daraufhin am Groninger See, um sich kollektiv ins kalte Wasser zu stürzen – sie wurden jedoch umgehend von eigens vom Präsidenten der Universität angeheuerten Rettungsschwimmern an Land gezogen. Die Sprecherin des Präsidialbüros begründete diese strenge Maßnahme damit, die Studierenden hätten noch nicht genügend Credit Points, um ihr Studium zu beenden.

Natürlich wird das Ende der Psychologie auch am Spektrum Verlag in Heidelberg, der unter anderem die Zeitschrift Gehirn&Geist herausgibt, nicht spurlos vorbeigehen. Dem Blatt wurde nun endgültig der Geist ausgetrieben. Zwar war der Chefredakteur Karsten Cönneker am heutigen Sonntag für keine Stellungnahme erreichbar. In Geheimdokumenten, die als Praktikanten getarnte V-Leute des Bundesnachrichtendiensts vom Computer des Redaktionsleiters Steve Ayan gestohlen haben, fanden sich jedoch erste Hinweise auf bevorstehende Umwälzungen: „Gehirn&Geist – Das Magazin für Psychologie und Hirnforschung“ soll demnächst in „iBrain – Ich bin mein Gehirn“ umbenannt werden. Die für die nun überflüssig gewordenen psychologischen Themen verantwortlichen MitarbeiterInnen sollen gemäß einem Sozialplan abwechselnd zum Blumengießen eingesetzt werden. Allerdings hat FDP-Chef Rösler bereits Widerstand gegen diese Rettungsmaßnahme angekündigt.

Insofern, lasst uns nun die Gläser heben und ein letztes Mal auf die Psychologie anstoßen: Es war schön mit dir, doch alles hat einmal ein Ende, und nach gut 130 Jahren warst du einfach nicht mehr zeitgemäß. Psychologie, verstorben am heutigen 1. April 2012, requiescat in pace, wir werden dich für alle Zeit in guter Erinnerung halten!

Lesen Sie mehr zu den sieben größten Irrtümern der Psychologie in der aktuellen Ausgabe von Gehirn&Geist iBrain.

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Die Diskussionen hier sind frei und werden grundsätzlich nicht moderiert. Gehen Sie respektvoll miteinander um, orientieren Sie sich am Thema der Blogbeiträge und vermeiden Sie Wiederholungen oder Monologe. Bei Zuwiderhandlung können Kommentare gekürzt, gelöscht und/oder die Diskussion gesperrt werden. Nähere Details finden Sie in "Über das Blog". Stephan Schleim ist studierter Philosoph und promovierter Kognitionswissenschaftler. Seit 2009 ist er an der Universität Groningen in den Niederlanden tätig, zurzeit als Assoziierter Professor für Theorie und Geschichte der Psychologie.

31 Kommentare

  1. Glaub ich!

    Mir wurde heute morgen schon erzählt, im heimatlichen Weimar läge Schnee. Hab ich auch geglaubt.

    Lass uns diese Woche über Irrtümer sprechen …

  2. Endlich! Die Seele ist am Ende! Nach einem zwanzigjährigen Verzweiflungskampf wurde sie nun endgültig von der Wissenschaft abgelöst. 😉

  3. Tja, so geht’s: Wenn man der Evolutionspsychologie den Geist austreibt, stirbt auch die übrige Psychologie. Friede ihrer Asche…

  4. Psychologie am Ende:wurde aber auch Zeit

    Jetzt gibt es also schon bald keine Psychotherapeuten mehr. Doch damit taucht ein weiteres, ein Folge-Problem auf: Kann man die alten Seelenklempner, die shrinks für all den Schaden, den sie angerichtet haben, weiterhin – auch nach dem Ende der Psychologie – noch haftbar machen.

    Damit will ich zu einem neuen Gesetz – oder gehört das gar in die Verfassung – anregen, das analog ist zu Bemühungen im Sexualstrafrecht: In der Schweiz will eine Initiative schweren sexuellen Missbrauch von Kindern unter 12 Jahren unverjährbar machen.
    Auch Beeinträchtigungen der Persönlichkeit von Patienten durch Psychotherapeuten sollten meiner Ansicht nach unverjährbar gemacht werden: Dafür spricht schon, dass der Schaden oft lebenslang anhält.

  5. Na endlich!

    Jubel! Patricia Churchland hat in ihrem Interview “Psychologie auf Neurowissenschaft zurückführen” hier also Recht gehabt – bemerkenswerter Weise nur nicht der sonst allwissende Gerhard Roth, wenn hier richtig berichtet wird, dass er in selten klarer und sachlicher Einschätzung der Verhältnisses von Psychologie und Hirnforschung 2005 auf einem Kongress in München “die Eigenständigkeit und Bedeutung von Psychologie und Psychiatrie gegenüber neurophysiologischer Forschung betonte.”

  6. Glückwunsch

    Das Siemens-Pressebild zeigt deutlich, wo bei manchem Mann das Gehirn zu suchen ist.
    Jahrelang hat man an der verkehrten Stelle gesucht – endlich hat man es gefunden.

  7. Die Rolle der Psychologie

    Ich galube, mit einem biologischen Ansatz lassen sich psychische Probleme und das menschliche Verhalten nicht erklären. Der wichtigste Beitrag der Psychologie ist der (oft gelungene) Versuch, psychische Störungen, (Fehl-)verhalten, etc. auf Erfahrungen des Individuums zurückzuführen.

  8. @KRichard: männliches Gehirn

    Gut aufgepasst – vielleicht ist es aber auch die Magengegend. Es geht um die Stelle, die genau in der Mitte liegt, wo das Magnetfeld am homogensten ist.

  9. Manchen rutschen Herzen bis in die Hose

    Andere haben die “hirnrissige” Vorstellung, das “Bauchhirn” sei eine Ergänzung, wenn nicht sogar Alternative zum Frontalhirn – das sie für diese Überlegung oder Behauptung nutzen – und könne “Bauchentscheidungen” nicht als hirn- bzw. gedankenloses Reagieren erscheinen lassen…

  10. @Holzherr: Psychiatrie

    Es gibt leider Menschen, die mit Psychiatern/in psychiatrischen Einrichtungen schlimme Erfahrungen machen. Man sollte aber auch nicht vergessen, dass viele dieser Menschen große Probleme haben und es andererseits auch Menschen gibt, denen dort geholfen wird. Man schaue sich einmal die historischen Alternativen zum Umgang mit psychisch Kranken an.

    Davon abgesehen verstehe ich aber nicht den Zusammenhang dieses ernsthaften Themas mit meinem Scherzartikel. Als ernsthafte Anlaufstelle dafür scheint mir etwa der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener geeignet.

  11. “Scherzartikel”?

    Aber Stephan, Deine Superidee, zum 1. April hier ein Manifest einzustellen, um Scherzbolde, die sich für wissenschaftlich Gebildete oder sogar für Wissenschaftler halten, humorvoll darauf hinzuweisen, wie wenig ihr Denken wissenschaftlich ist, ist doch so wenig ein “Scherzartikel” wie ein Spaßartikel, auch wenn es Dir offensichtlich eine diebische Freude gemacht hat, mal Tacheles schreiben zu können. BRAVO übrigens dafür! Und: “gut dass es Dich gibt” – zur Feier des Tages mal nicht als nett gemeinte Phrase!

  12. @Stephan Schleim: Wo Humor endet

    Ein Psychologe (?) scherzt und der Scherz betifft seine eigene Zunft und zeigt deutlich, dass er es eben doch sehr ernst meint, und dass er – wenn schon – einen Tod der Konkurrenzwisssenschaften zur Psychologie und nicht den Tod der Psychologie wünscht oder voraussieht.

    Die Ernsthaftigkeit des angeblichen Scherz-Beitrags zeigt sich auch im Kommentar
    Davon abgesehen verstehe ich aber nicht den Zusammenhang dieses ernsthaften Themas mit meinem Scherzartikel.

    Wenn man sich über Humoristen lustig macht, dann endet der Spass eben meist sehr schnell. Dann ist es nicht nur mehr versteckt ernst, sondern offen todernst.

  13. Humor

    Oh, Entschuldigung. Ich habe nicht gemerkt, dass dies ein “Scherzartikel” ist, vielleicht weil ich mich mit der Hirnforschung nicht so gut auskenne.

  14. @Holzherr: falsche Spur

    Sie dürfen sich gerne über mich lustig machen, nur verstehe ich überhaupt nicht, was das alles mit Psychiatrieerfahrungen zu tun hat.

    Dass ich anderen Wissenschaften eher den “Tod” wünsche als der Psychologie, das behaupten Sie einfach so, habe ich aber nicht geschrieben. Wenn Sie den verlinkten Artikeln in der Psychologischen Rundschau oder meinen eigenen publizierten (und noch zu publizierenden) Arbeiten nachgehen, dann werden Sie verstehen, dass es nicht so schlecht um die Psychologie bestellt ist – und verstehen vielleicht, dass es sich hier um einen Aprilscherz handelt.

    Inhaltlich rede ich hier als Theoretiker; und als diesem erscheint die Idee, die Hirnforschung könne die Psychologie ablösen, tatsächlich als Aprilscherz. Dass es jedoch praktisch-institutionelle Entwicklungen gibt, die tatsächlich ein Problem für die Psychologie (und andere Disziplinen) darstellen (bsp. Besetzung psychologischer Lehrstühle mit Nicht-Psychologen), darüber schreibe ich gelegentlich auch, nicht aber am 1. April.

  15. @Azadeh Sepehri: April, April

    Sie dachten wirklich, die Groninger Studierenden hätten sich ins Wasser gestürzt und Gehirn&Geist hieße jetzt iBrain?

    Nun, das will ich dann einen gelungenen Aprilscherz nennen. 🙂

  16. z.T. ja

    Das erstere muss ich wohl überflogen haben, da ich mich daran nicht erinnere, aber das letztere habe ich doch für wahr gehalten, obwohl es mir sehr komisch vorkam. Jetzt sollte ich wohl an meine Intelligenz zweifeln 🙂

  17. @Azadeh Sepehri

    Bitte zweifeln Sie nicht an Ihrer Intelligenz! Glauben Sie mir, ich bin schon auf viel dümmere Aprilscherze reingefallen. Da war vor ein paar Jahren beispielsweise so eine Geschichte von einem Pilz, der CDs und DVDs befällt… 🙂

    Gerade, wenn man nicht vom Fach ist und man weder die Leute, noch die Debatte kennt, kann einem die Geschichte wohl insbesondere am Anfang sehr realistisch vorkommen.

  18. @Stephan Schleim

    Danke für Ihre Solidarisierung 🙂

    Man liest ja so viele “ernste” Artikel, die einem wie ein Scherz vorkommen, da weiß man nicht mehr, was man für ernst oder Spaß halten soll.

    Vor Jahren habe ich in einem Arztpraxis einen “wissenschaftlichen” Stern-Artikel gelesen, in dem der Autor behauptete, Vergewaltigung der Frauen durch Männer sei etwas natürliches, da dies auch bei fast allen Tieren vorkomme.

  19. @ Schleim: das war kein Scherz!

    Das Anbaden am 1. April letzten Jahres hat tatsächlich stattgefunden – das war kein Aprilscherz! Es fanden sich bei ähnlichem Wetter wie Gestern 4 Wasserratten und weitere etwa 30 Schaulustige ein. Viel geschwommen wurde allerdings nicht, dafür war es einfach viel zu kalt.

  20. @Martin Wloszczynski: Baden im April

    Wieso denken Sie, ich hielte das für einen Aprilscherz?

    Für mich wäre das zwar eine Folter aber wenn sich jemand im April ins kalte Wasser stürzen möchte: bitteschön!

  21. wissenschaftliche Härten

    Die Psychologie ist am Ende! Nach einem zwanzigjährigen Verzweiflungskampf wurde sie nun endgültig von der Hirnforschung abgelöst.

    In der Tat scheint die Psychologie ein wenig weich. Wie hart ist aber die Hirnforschung?

    MFG
    Dr. Webbaer (der sich das Hirn u.a. als große Datenhaltung vorstellt, das nicht ohne weiteres erfasst wie verstanden werden kann – und ‘ohne weiteres’ war ein Euphemismus; die Psychologie taugt immerhin fürs Marketing 🙂

  22. 1. April

    Argh, schon verstanden!

    Dennoch darf die Frage nach der Härte der Hirnforschung beantwortet werden, aus Sicht des Informatikers kann hier kein Optimismus angebracht sein.

  23. @Webbaer: Hirnforschung ` Hirnforschung

    Mal davon abgesehen, dass man die Unterscheidung von “harter” und “weicher” Wissenschaft nicht überbewerten sollte – schließlich menschelt es bei jeder menschlichen Tätigkeit – gibt es eben ganz unterschiedliche Formen der Hirnforschung.

    So kann man ganz klar umrissene Fragen zu biochemischen Reaktionen bestimmter Neuronen unter bestimmten Bedingungen untersuchen (wobei “klar umrissen” nicht suggerieren soll, dass es einfach wäre, diese Prozesse zu untersuchen). Solche Fragen wie “das neuronale Korrelat des Bewusstseins” oder “neuronale Korrelate moralischer Entscheidungen” (damals mein Doktorarbeitsthema), die sind doch recht schwammig.

    Ein prinzipieller Unterschied ist vielleicht, dass man es in der Beforschung des Menschen mit einem Gegenstand zu tun hat, der Subjekt ist, der also seine eigenen Meinungen und Ansichten über das hat, was mit ihm/ihr passiert, und darauf in einer Art und Weise reagiert, wie es ein einzelnes Neuron oder ein Wasserstoffatom nicht kann.

  24. wissenschaftliche Härten

    Dr. W bucht das jetzt als ‘extra-weich’, was ja auch kein Wunder ist, wenn man Erkenntnissubjekt, Repräsentation (“Gehirn”, aber auch den gemeinen Organismus), Erfassung wie Verständnis der Organik betrachtet.

    MFG
    Dr. Webbaer (der das weiter oben womöglich “ein wenig” negativ Klingende keinesfalls persönlich meint – Ihre seinerzeitigen kommenatarischen Vorträge waren für ihn sehr angenehm)

  25. @Webbaer

    Nennen Sie es meinetwegen “extra weich” – in gewisser Weise ist es aber auch extra interessant.

    In der Überschrift oben sollte es übrigens “Hirnforschung ungleich Hirnforschung” heißen – das Ungleichzeichen wird aber leider nicht korrekt dargestellt.

  26. Hirnforschung

    @Stephan
    Jaja, sicher ist die Hirnforschung ein weites Feld…

    Der Webbaer hätte bei der Größe dieses Feldes längst Reißaus genommen, man stelle sich einen Informatiker vor, der eine ihm unbekannte CPU, die mehr als ein Kilogramm wiegt, mit der für seine Zeit typischen Gerätschaft belauscht und ausmisst.

    Was nicht heißen soll, dass hier diese Arbeit aus sich heraus kritisch gesehen wird.

    MFG
    Dr. Webbaer (der bei seiner Beforschung wissenschaftsnaher Inhaltsangebote auf überraschend viel Weichheit gestoßen ist)

  27. Fehler?

    Ich finde, dass man Psychologie nicht abschaffen sollte. Gehirnforschung kann etwas ziemlich riskantes sein. Ausserdem kann man mit Psychologie so tief in das Gehirn eindringen, dass man sogar ins Unterbewusstsein hineinblicken kann, was mit Gehirnforschung vielleicht niemals klappen wird.

  28. Etikettenschwindel

    Da ging sie also dahin, die Zunft – auch meine Zunft – der Psychologen. Was mich zu deren vitalen Zeiten mit am meisten verwunderte, war ihre Geschäftstüchtigkeit nicht zuletzt auf dem Gebiet des Marketing: Man hielt am Namen (Psychologie = Lehre von der menschlichen Seele) auch dann noch fest, also schon völlig klar war, dass die Existenz einer menschlichen Seele von hochoffizieller Stelle bestritten wird.

    Warum das? Um des magischen Effektes Willen, den der “Psychologe” auf Otto Normalverbraucher ausübt. “Oh, da ist einer, der mehr über mich weiß als ich selber!” Diesen Nimbus wollte man nicht preisgeben. Aber auch damit ist es, wie wir von Stephan Schleim augenzwinkernd erfahren, nun ein für allemal vorbei.

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