Mein Unialltag – Zwischen Blut und Schädeln

BLOG: Bierologie

Weissbier & Wissenschaft
Bierologie

Im Rahmen meines Studiengangs Evolution und Ökologie Belege ich gerade das Modul „Evolution der Säugetiere und Paläoanthropologie ” und wer meinen Twitter-Stream verfolgt, der wird momentan ja in regelmäßigen Abständen mit den Fotos von Skeletten, verschiedenen Präparationen und Co konfrontiert. Dieser Blogpost wird da auch keine Ausnahme sein, wer sich also vor toten Tieren und präparierten Homo sapiens ekelt, der sollte dieses Posting einfach lieber überspringen.

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Während ich sonst in der Uni und bei meiner Arbeit an Instituten ja mehr in molekularbiologischen Laboren, oder direkt nur am Rechner mit molekularbiologischen Daten, gearbeitet habe, hat es mich jetzt mal wieder in einen Zweig verschlagen, der vor allem viel mit dem anfassen und anschauen von nicht-digitalen Objekten zu tun hat. Und dazu hat es unseren Kurs unter anderem in die Ausstellung und Sammlung des Senckenberg Museums sowie die Sammlung der Dr. Senckenbergischen Anatomie verschlagen.

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Das heisst, dass wir uns nicht nur den ganzen Tag lang spannende Exponate anschauen sondern auch anfassen und dabei viel über die charakteristische Morphologie von verschiedenen Arten, Namen von Knochen, Zahntypen und was nicht noch alles lernen. Und so etwas geht natürlich besser, wenn man nicht nur stumpf auswendig lernt, sondern auch selbst anfassen, präparieren und ausmalen kann (siehe das wundervolle Buch aus dem ersten Bild). Und so haben wir dann in dieser Woche auch mal wieder selbst das Skalpell in die Hand genommen und angefangen zu präparieren. Vor allem um die Kaumuskeln und wie sie funktionieren zu lernen. Mein Versuchsobjekt war dabei ein kleiner Frischling, also ein junges Wildschwein.

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Nachdem das Fell dann erstmal runter war, ging es an die Kaumuskulatur. Nachdem die frei präpariert war, war es das für uns im Kurs und für den Tag auch schon. Aber irgendwie ist es eigentlich zu schade, die Überreste dann einfach komplett wegzuwerfen. Immerhin kann man auch sonst noch viel an so einem Skelett und Körper lernen. Und deshalb hab ich mich dann entschlossen zumindest den Schädel mitzunehmen und die Knochen fertig zu präparieren. Ist ja nicht nur lehrreich, sondern macht sich unter Umständen auch noch ganz gut auf dem Schreibtisch oder in der Vitrine.

Erfreulicherweise hat sich der Präparator, der unseren Kurs mit betreut, ganz aufgeschlossen gezeigt und mir ein paar Tipps gegeben, wie man dafür sorgt, dass der Schädel auch längere Zeit noch hübsch bleibt. Und die Teile ich auch gerne mit euch. Falls ihr also auch mal über ein paar Knochen stolpert, die ihr aufbewahren sollt: Jetzt aufmerksam lesen. Aber: Ich mache das auch zum ersten Mal, ich übernehme also keine Garantie, dass das alles gut funktioniert und freue mich, wenn ihr noch gute Tipps habt.

Bevor man mit den Knochen wirklich weiterarbeiten kann muss natürlich erst einmal das restliche Gewebe davon runter. Dazu kratzt und pult man erstmal so viel Gewebe runter wie möglich ist. Außerdem sollte man auch jetzt schon das Gehirn entfernen (Was gerade bei kleinen Tieren, mit verwinkelten Kopfhöhlen, eine echt doofe Arbeit ist). Wenn man so weit ist, dann sollte man den Schädel mit möglichst wenig Restgewebe über Nacht in kaltem Wasser ziehen lassen.

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Damit kriegt man das Blut aus den Knochen gezogen, welches sonst dafür sorgen würde, dass die Knochen fleckig werden würden. Danach kann man sich mit seinen Knochen an den Herd wagen. Denn das ist eine ganz gute Methode, um das restliche Gewebe relativ einfach von den Knochen zu entfernen. Also den Schädel mit etwas Spülmittel in den Topf und ab auf den Herd und köcheln lassen. Dabei solltet ihr allerdings neben dem Topf stehen bleiben und aufpassen, was im Wasser passiert.

Denn der Schädel besteht ja nicht nur aus einem Knochen, sondern aus ganz vielen. Und die sind über Knorpel verbunden. Wenn ihr das nun zu lange köcheln lasst, dann habt ihr irgendwann im Topf ein Knochenpuzzle schwimmen. Falls ihr diese Hürde genommen habt, dann ab unter kaltes Wasser mit dem Schädel und dann kann weiter gepult werden. Aber jetzt gehen die Gewebe-Teile viel einfacher ab.

Wer sich jetzt fragt, wieso man dann vorher überhaupt pult: Damit man mit dem kalten Wasserbad über Nacht vorher das Blut rausziehen kann, das klappt nicht, wenn der Schädel noch komplett mit Gewebe überzogen ist.

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Euer Ergebnis könnte dann auch irgendwie so aussehen. In einem nächsten Schritt entfettet man die Knochen dann, nachdem der Knochen auch wirklich gut getrocknet ist. Und das ist auch der Punkt, an dem mein Frischling-Schädel gerade steht. Dazu besorgt man sich aus der Apotheke (oder vom Online-Versand des Vertrauens) eine ausreichende Menge Aceton und versenkt den Schädel da drin. Und lässt ihn darin jetzt erst einmal für 6-8 Wochen liegen. Danach geht es dann noch ans Bleichen mit Wasserstoffperoxid, aber davon dann mehr, wenn es so weit ist und ich auch sagen kann ob und wie gut es so weit funktioniert hat.

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Und bis dahin kann ich mich auf jeden Fall nicht beschweren, dass mein Studium langweilig wäre.

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Veröffentlicht von

Bastian hat seinen Bachelor in Biologie in nur 8 statt 6 Semestern abgeschlossen. Nach einem kurzen Informatik-Studiums-Intermezzo an der TU Dortmund hat es ihn eigentlich nur für ein Stipendium nach Frankfurt am Main verschlagen. Dort gestrandet studiert er dort nun im Master-Programm Ökologie und Evolution. Zumindest wenn er nicht gerade in die Lebensweise der Hessen eingeführt wird. Neben seinen Studiengebieten bloggt er über die Themen, die gerade in Paperform hochgespült werden und spannend klingen.

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