Mäuse als Modell für die Evolution der menschlichen Sprache?

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researchblogging Philipp sagt Philipp sagt:
Foxp2 ist ein Gen, welches von vielen Wissenschaftlern als grundlegend für die Entwicklung der Sprache des Menschen eingestuft wird. Nein, es ist nicht “Das Gen für Sprache”, wie es die Medien gerne hätten; genausowenig, wie es “Das Gen für Fettleibigkeit” oder “Das Gen für Schokoladensucht” gibt.
Gene bzw. Proteine interagieren miteinander in einem solch hochgradig komplexen Muster, dass es noch lange dauern wird, bis genau bekannt wird, wie sich die Sprache genau entwickelt.

Foxp2 stelle ich mir als großes Zahnrad vor, dass allerdings von vielen anderen, kleineren Zahnrädern gedreht wird, und viele andere, kleinere Zahnräder werden wiederum von Foxp2 gedreht. Zum Beispiel sind verkürzte Versionen von Foxp2 für Sprachdefizite verantwortlich (MacDermot et al., 2005).

In der Veröffentlichung “A Humanized Version of Foxp2 Affects Cortico-Basal Ganglia Circuits in Mice” untersuchten ein Team internationaler Wissenschaftler, inwiefern Mäuse dazu dienen könnten, die Evolution der menschlichen Sprache zu untersuchen. Dazu glichen sie die Foxp2-Version der Maus der des Menschen an, indem sie zwei Aminosäuren austauschten.

Natürlich kam kein “Ey Alter” aus den Mäusekäfigen geschallt, jedoch stellten sich interessante Änderungen in den Gehirnen der veränderten Mäuse ein:
So war das Dopamin- und Serotoninlevel in den Mäusen mit der menschlichen Version von Foxp2 wesentlich geringer als in Wildtyp-Mäusen (so nennen wir bekloppten Kittelträger normale Mäuse). Desweiteren waren bei den veränderten Mäusen die Dendriten, die Ausläufer der Nervenzellen, wesentlich verlängert. Außerdem änderten sich die Rufe junger Mäuse, die man außerhalb ihres Nestes platzierte – jedoch nur wenig, und vielleicht gehört diese Änderung zur normalen Variation innerhalb von Individuen.

Die Humanversion von Foxp2 funktioniert also in Mäusen – wenn auch nur unter Einschränkungen, aber wenigstens ist bewiesen, dass es funktioniert.
Mit dieser Veröffentlichung wurde der Grundbaustein für weitere Forschung zur Evolution der menschlichen Sprache gelegt. Mäuse werden uns helfen, die Entstehung der menschlichen Sprache zu verstehen. Krankheiten oder Mutationen, die sich auf die Sprache auswirken, werden so eines Tages verstanden und geheilt werden können.


Enard, W., Gehre, S., Hammerschmidt, K., Hölter, S., Blass, T., Somel, M., Brückner, M., Schreiweis, C., Winter, C., & Sohr, R. (2009). A Humanized Version of Foxp2 Affects Cortico-Basal Ganglia Circuits in Mice Cell, 137 (5), 961-971 DOI: 10.1016/j.cell.2009.03.041

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Philipp hat einen Bachelor in Biologie, ein Graduate Certificate in IT und studiert momentan für seinen Master in IT in einem übertrieben großen Land voller Spinnen und Schafe. Für die Bierologie schreibt er zumeist über Biologie, Evolution und allem was an den Rändern der Gebiete noch so angeschwemmt wird.

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