Ökosystem mit nur einer Spezies entdeckt

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Diese Woche ist in der Science ein Paper von Dylan Chivian & Kollegen vom Lawrence Berkley National Laboratory erschienen das genau diesen Fall beschreibt, ein Ökosystem in dem nur eine Spezies lebt was schon etwas besonderes ist, denn es ist das erste mal das so etwas nachgewiesen wurde.

Ihren Sonderfall fanden die Forscher in einem Wasserreservoir knapp 3 km unter der Erdoberfläche unter einer Goldmine in Südafrika und in diesem Wasser fanden sie nur ein Bakterium.
Die Forscher nannten es treffenderweise Desulforudis audaxviator, wobei der Speziesname eine Anspielung auf Jules Vernes „Reise zum Mittelpunkt der Erde“ ist, in dem die Protagonisten eben jenen lateinischen Ausspruch audax viator – Kühne Reisende – in einer Aufzeichnung finden die sie zum Eingang zum Mittelpunkt der Erde führt.

Doch zurück zu dem Bakterium, es ist ein sporenbildender, sulfatreduzierender, chemoautotropher Thermophile der dort ausgesprochen gut zurecht kommt. Er wurde bereits vor dieser Untersuchung anhand seiner 16S rRNA aus Proben dieser Mine charakterisiert, jedoch war da noch nicht klar, dass er dort alleine lebt.

Nun wurden jedoch 5600 Liter Wasser aus diesem Reservoir gepumpt und gefiltert und dieses Filtrat per Enviromental Genomics – einer Methode mit der man aus dem DNA-Mix der verschiedenen Organismen auf eben diese schliessen kann – untersucht. Zur Überraschung der Forscher fanden sie dabei fast nur ein Genom und zwar zu 99,9% (das 0,1% kann man da mehr oder weniger vernachlässigen, denn Kontaminationen sind bei der Verarbeitung von solchen Mengen eben nie 100%ig auszuschliessen) das Genom von Desulfudis audaxviator.

Noch ein paar Eckdaten zu dem kleinen Einzelgänger: Sein Genom ist mit gut 2,5 Millionen Basenpaaren etwas kleiner als das seiner nächsten Verwandten, dafür befinden sich auf dem Genom jedoch vermutlich 2200 proteincodierende Gene was etwas mehr als üblich sind, was man wohl darauf zurückführen kann, dass der kleine Racker wirklich alles selber erledigen muss. So kann er alle Aminosäuren selbst synthetisieren und per horizontalem Gentransfer hat er ein paar besonders Robuste Proteine von Archeen übernommen (z.B. eine Nitrogenase und eine Sulfat-Adenylyltransferase). Wege zum Schutz vor Sauerstoffradikalen fehlen dem Bakterium übrigens völlig, was ein gutes Anzeichen dafür ist, dass er da unten schon etwas länger Hausen dürfte.

Doch nicht nur das Bakterium selbst ist damit sehr spannend, sondern auch der damit geführte Proof Of Principle, denn wie schon gesagt konnte man bislang kein Ökosystem finden das nur von genau einer Spezies bevölkert wird und ganz auf Interaktion mit anderen Lebewesen verzichtet.


Dylan Chivian, Eoin L. Brodie, Eric J. Alm, David E. Culley, Paramvir S. Dehal, Todd Z. DeSantis, Thomas M. Gihring, Alla Lapidus, Li-Hung Lin, Stephen R. Lowry, Duane P. Moser, Paul M. Richardson, Gordon Southam, Greg Wanger, Lisa M. Pratt, Gary L. Andersen, Terry C. Hazen, Fred J. Brockman, Adam P. Arkin, Tullis C. Onstott (2008). Enviromental Genomics Reveals a Single-Species Ecosystem Deep Within Earth Science, 322, 275-278 DOI: 10.1126/science.1155495

Veröffentlicht von

Bastian hat seinen Bachelor in Biologie in nur 8 statt 6 Semestern abgeschlossen. Nach einem kurzen Informatik-Studiums-Intermezzo an der TU Dortmund hat es ihn eigentlich nur für ein Stipendium nach Frankfurt am Main verschlagen. Dort gestrandet studiert er dort nun im Master-Programm Ökologie und Evolution. Zumindest wenn er nicht gerade in die Lebensweise der Hessen eingeführt wird. Neben seinen Studiengebieten bloggt er über die Themen, die gerade in Paperform hochgespült werden und spannend klingen.

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