Grüner Tee gegen HIV?

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Bevor jetzt alle Leser hier ihre Kondome in den Müll wandern lassen und dafür Palettenweise Tee kaufen gehen: Nein, damit kann man sich noch nicht abschliessend vor HIV schützen. Tut mir leid euch enttäuschen zu müssen. Doch der Stoff Epigallocatechingallat, kurz EGCG, der ein Hauptbestandteil von grünem Tee ist, wirkt hemmend auf HIV-Infektionen die über menschliches Sperma erzeugt werden. Einen Mechanismus wie das funktioniert haben Ilona Hauber und Kollegen von der Uni Heidelberg in einem in PNAS erschienenen Paper aufgezeigt.

Bereits vor deren Veröffentlichung war bekannt dass sich im menschlichen Sperma die sogenannte “Prostataspezifische saure Phosphatase” (PAP) befindet welche, oh Wunder, in der Prostata produziert wird und normalerweise als Indikatorprotein bei der Bekämpfung von Prostatakrebs verwendet wird (und wenn ich noch ein paar mal Prostata in diesem Satz erwähne bekomme ich dafür bestimmt einen Preis).

Auf jeden Fall kann diese PAP Fibrillen ausbilden die HIV bei der Infektion von Menschen unterstützen. Der genaue Mechanismus wie dies geschieht ist noch nicht wirklich erforscht. Jedoch geht man davon aus dass diese Fibrillen, auch als “semen-derived enhancer of virus infection” – kurz SEVI – bekannt, die Viren einfangen und an die Zielzellen anhäften und somit HIV dabei helfen in diese Zellen einzudringen.

Daher wäre eine Möglichkeit die HIV-Übertragung beim Sex zu verhindern diese SEVIs zu inaktivieren so dass die Viren nicht so leichtes Spiel haben. Und aus Studien an Alzheimer und Parkinsons wusste man bereits dass EGCG, aus dem grünen Tee, dort auch die Ausbildung von Fibrillen hemmt.

Als ersten Test haben sie daher geschaut wie PAP Fibrillen ausbildet, jeweils in Anwesenheit und Abwesenheit von EGCG. Dort zeigte sich dass diese Fibrillen, in Abhängigkeit der Dosierung von EGCG, weniger ausgebildet werden. Bei hohen Konzentrationen von EGCG wurden die SEVIs gar nicht mehr ausgebildet. Danach schaute das Team was mit bereits fertig zusammengebastelten Fibrillen passiert wenn man EGCG zu diesen hinzugibt. Dabei zeigte sich dass sich die Fibrillen, durch das EGCG ausgelöst, aufzulösen beginnen.

So weit schonmal sehr schöne Effekte, wenn auch rein in vitro getestet. Deshalb haben die Forscher das Ganze auch mal mit menschlichem Sperma getestet und geschaut wie die Infektionsraten dort mit und ohne EGCG aussehen. Dort zeigte sich ebenfalls dass die Infektionsraten mit EGCG zurückgingen.

Und obwohl der Stoff ja aus dem Grünen Tee kommt kann man ja nicht ausschliessen dass es Nebenwirkungen gibt. Deshalb haben die Forscher dazu noch ein paar Tests dazu durchgeführt ob EGCG in größeren Mengen unerwünschte Nebenwirkungen für den Menschen hat. Und auch das kann verneint werden, so weit konnten keine Nebenwirkungen festgestellt werden.

So weit also schonmal sehr vielversprechend. Daher könnte man schauen ob es möglich ist diesen Stoff, eventuell als Zusatz zu antiretroviralen Mikrobiziden, zur oberflächlichen Anwendung zu benutzen. Dafür spricht auch dass EGCG im sauren Milieu der Vagina sehr stabil ist.

Also reines abwarten und (grünen) Tee trinken mag nicht vor HIV schützen. Aber vielleicht kann man sich irgendwann dank des Wirkstoffes aus dem Tee vor HIV schützen. Mehr Optionen im Kampf gegen HIV zu haben kann sicher nicht schaden.


Hauber, I., Hohenberg, H., Holstermann, B., Hunstein, W., & Hauber, J. (2009). The main green tea polyphenol epigallocatechin-3-gallate counteracts semen-mediated enhancement of HIV infection Proceedings of the National Academy of Sciences DOI: 10.1073/pnas.0811827106

Veröffentlicht von

Bastian hat seinen Bachelor in Biologie in nur 8 statt 6 Semestern abgeschlossen. Nach einem kurzen Informatik-Studiums-Intermezzo an der TU Dortmund hat es ihn eigentlich nur für ein Stipendium nach Frankfurt am Main verschlagen. Dort gestrandet studiert er dort nun im Master-Programm Ökologie und Evolution. Zumindest wenn er nicht gerade in die Lebensweise der Hessen eingeführt wird. Neben seinen Studiengebieten bloggt er über die Themen, die gerade in Paperform hochgespült werden und spannend klingen.

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