Verschränkung – Von einem bizarren und lange unverstandenen Quantenphänomen zu einer Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts

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Grenzgänge in den heutigen Wissenschaften
Beobachtungen der Wissenschaft

Im Jahr 1981 hielt der berühmte theoretische Physiker Richard Feynman eine vielbeachtete Rede, in der er einen Gedanken entwickelte, der Physiker und Ingenieure bis heute in Atem hält. Er entwarf die Vision einer ganz neuen Art von Computer, der heutige Hochleistungs-Computer aussehen lassen würde wie einen Commodore 64 aus den frühen 1980er Jahren: ein „Quantencomputer“. Grundlage eines solchen Computers ist das wohl ominöseste Phänomene in der Quantenwelt, das bereits den Gründungsvätern der Quantentheorie viel Kopfzerbrechen bereitete: die Verschränkung von Quantenteilchen.

Damals nur ein verwegener Gedanke eines einzelnen visionär denkenden Physikers treibt die Idee Feynmans heute eine ganze Schar von Physikern und Ingenieuren an, und mit ihnen milliardenschwere Investoren, die bereits die nächste technologische Revolution mitsamt beträchtlichem Gewinnpotential wittern. Sie alle wissen: Quantencomputer, einmal aus den Kinderschuhen erwachsen, werden ein neues Zeitalter in der Datenverarbeitung einleiten. Sie könnten das 21. Jahrhundert ähnlich prägen, wie die Entwicklung digitaler Schaltkreise das 20. Jahrhundert. Aber es ist nicht nur der Quantencomputer, der seit einigen Jahren die Herzen der Physiker höher schlagen lässt. Seit Beginn der 2000er-Jahre zeichnet sich eine breite neue Quantenrevolution ab. Sie hat auch bereits einen Namen: Quantum 2.0.

Ohne Zweifel ist die Quantentheorie die einflussreichste Theorie des 20. Jahrhunderts. Zahlreiche auf Quantenphysik beruhende Technologien sind nicht mehr aus unserem heutigen Alltag wegzudenken: Elektronische Bauteile und integrierte Schaltungen auf Halbleiterchips, Laser, Elektronenmikroskop, LED-Licht, spezielle Festkörper-Eigenschaften wie die Supraleitung, besondere chemische Verbindungen oder auch die Magnetresonanztomografie. Und nicht zuletzt beruhen die Nukleartechnologien auf den Gesetzen in der Quantenwelt. So war die allererste technische Anwendung der Quantentheorie die furchtbarste Waffe, die jemals militärisch eingesetzt wurde: die Atombombe.

Alle heutigen Quantentechnologien besitzen eine Gemeinsamkeit: Sie beruhen auf den Eigenschaften großer Ensembles von Quantenteilchen und der Möglichkeiten ihrer Kontrolle: der Steuerung des Flusses vieler Elektronen, der gezielten Anregung einer großen Anzahl von Photonen, der Messung des Kernspins massenhafter Atomen. Beispiele sind der Tunneleffekt beim Transistor, die Kohärenz von Photonen beim Laser, die Spin-Eigenschafen vieler Atome bei der Magnetresonanztomographie oder die Quantensprünge in einer Atomuhr. An die damit verbundenen bizarren Quanteneffekte wie Quantentunneln oder der Wellencharakter von Materie haben sich die Physiker längst gewöhnt. Denn das statistische Verhalten eines Ensembles von vielen Quantenteilchen lässt sich mit der seit nun 90 Jahre etablierten Quantentheorie (der Schrödinger-Gleichung) sehr gut erfassen, und die darin ablaufenden Prozesse sind noch einigermaßen anschaulich beschreibbar.

Bei der sich abzeichnenden zweiten Generation von Quantentechnologien steht dagegen etwas ganz Neues im Vordergrund: die gezielte Präparation, Kontrolle, Manipulation und nachfolgende Auslese der Zustände einzelner Quantenteilchen und ihre Wechselwirkungen miteinander. Hier rückt mit der Verschränkung genau jene Eigenschaft der Quantenwelt ins Zentrum, die die frühen Quantentheoretiker um Einstein Bohr und Co so sehr verwirrte und deren fundamentale Bedeutung die Physiker erst viele Jahre nach der ersten Formulierung der Quantentheorie vollständig erkannten. Sie beschreibt, wie sich eine beschränkte Anzahl von Quantenteilchen in einem Zustand befinden kann, in denen diese sich so verhalten, als wären sie mit einer Geisterhand aneinandergekoppelt, auch wenn sie räumlich weit voneinander entfernt sind. Jedes Teilchen „weiss“ dann sozusagen, was die anderen gerade treiben. Sie gehören allesamt einer gemeinsamen physikalischen Entität (die Physiker sagen: einer einzigen „Wellenfunktion“) an. Zwischen den Teilchen besteht dann eine Korrelation, die eine instantane (d.h. ohne jegliche Zeitverzögerung) Vorhersage darüber erlaubt, welcher Zustand für ein Teilchen realisiert ist, wenn man gerade ein anderes gemessen hat, auch dann, wenn viele Kilometer zwischen ihnen liegen. Es ist so, als wenn jemand in Deutschland instantan spüren würde, was seinem Zwilling in Australien gerade passiert. Es sollte fast 50 Jahre dauern, bis die Physiker dieses merkwürdige Phänomen der Quantenwelt so richtig verstanden hatten, und noch heute kommt es vielen von ihnen als Magie vor. Nicht weniger magisch erscheinen die mit ihm möglich werdenden Technologien.

So sind in den letzten Jahren weltweit zahlreiche Forschungszentrum für neue Quantentechnologien entstanden, und zahlreiche staatliche Förderprojekte wurden ausgerufen mit Zuwendungen in Milliardenhöhe. Beispiele sind das kanadische Institute for Quantum Computing mit einer Anlauffinanzierung von rund 300 Millionen Dollar, das Centre for Quantum Technologies in Singapur, das Joint Quantum Institute in den USA, das Engineering and Physical Sciences Research Council in Großbritannien, und das QuTech in den Niederlanden. Und auch die Europäer sind unterdessen aktiv geworden: Im Jahr 2016 unterzeichneten 3.400 Wissenschaftler das Quantum Manifesto, einen Aufruf zur Förderung der Koordination zwischen Hochschulen und Industrie zwecks der Erforschung und Entwicklung von neuen Quantentechnologien in Europa. Darin heisst es:

„Europa braucht jetzt strategische Investition, um die zweite Quantenrevolution anzuführen. Auf seiner wissenschaftlichen Exzellenz aufbauend hat Europa die Gelegenheit, eine wettbewerbsfähige Industrie für langfristigen Wohlstand und Sicherheit zu schaffen.“

Diesen Ansatz hat schliesslich auch die Politik aufgegriffen: So beschloss die EU-Kommission, ein Flagship-Projekt für die Forschung an Quantentechnologien in den kommenden zehn Jahren mit einer Milliarde Euro zu fördern. Das ist eine Menge Geld für die chronisch schwachen Haushalte der europäischen Länder. Das Projekt konzentriert sich auf vier Quantentechnologien: Kommunikation, Computing, Sensoren und Simulationen. Konkrete neue Technologien, die daraus entstehen könnten, sind:

  • Sichere Kommunikation durch die Quantenkryptologie: Die Eigenschaften verschränkter Quantenteilchen ermöglichen es, absolut sichere Verschlüsselungen zu produzieren.
  • Quanteninformationsübertragung: Dies umfasst die Möglichkeit, Quanteninformation (Qubits) über große räumliche Distanzen zu transportieren, was oft als „Quantenteleportation“ bezeichnet wird. Dies könnte den Weg zu einem Quanteninternet ebnen.
  • Hochempfindliche Quantensensoren: Verschränkte Quantenzustände erlauben vielfach genauere Messungen diverser physikalischer Variablen wie Zeit, Gravitationskräfte oder elektromagnetische Felder. Grundlage dafür ist die extreme Empfindlichkeit der Verschränkung gegenüber äußeren Einwirkungen.
  • Nachbau biologischer Systeme, etwa bei der Herstellung eines künstlichen Blattes zur Energieumwandlung durch Photosynthese, bei der Quanteneffekte eine bedeutende Rolle spielen
  • Und schliesslich das ultimative Ziel: Eine neue Ära des Rechnens mit der Entwicklung eines Quantencomputers.

Auch die Industrie ist längst auf die neuen Möglichkeiten der Quantentechnologien aufmerksam geworden. Firmen wie IBM, Google und Microsoft erkennen in ihnen neue Milliardengeschäfte und investieren massiv in die Forschung darüber, wie sich verschränkte Quantenzustände technologisch ausnutzen lassen. Beispiele dafür sind Partnerschaften von Google mit zahlreichen akademischen Forschungsgruppen, das kanadische Unternehmen D-Wave Systems Quantum Computing und die Investitionen vieler britischer Unternehmen im UK National Quantum Technologies Programme.

Regierung und Unternehmen haben längst verstanden: Die Quantentechnologien 2.0 sind Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Das Verständnis des bizarren und lange unverstanden gebliebenen Phänomens der Verschränkung eröffnet uns zuletzt also einen Blick in eine scheinbar weit entfernte technologische Zukunft, die uns mit Sicherheit aber schon bald bevorsteht.

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www.larsjaeger.ch

Jahrgang 1969 habe ich in den 1990er Jahren Physik und Philosophie an der Universität Bonn und der École Polytechnique in Paris studiert, bevor ich am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden im Bereich theoretischer Physik promoviert und dort auch im Rahmen von Post-Doc-Studien weiter auf dem Gebiet der nichtlinearen Dynamik geforscht habe. Vorher hatte ich auch auf dem Gebiet der Quantenfeldtheorien und Teilchenphysik gearbeitet. Unterdessen lebe ich seit nahezu 20 Jahren in der Schweiz. Seit zahlreichen Jahren beschäftigte ich mich mit Grenzfragen der modernen (sowie historischen) Wissenschaften. In meinen Büchern, Blogs und Artikeln konzentriere ich mich auf die Themen Naturwissenschaft, Philosophie und Spiritualität, insbesondere auf die Geschichte der Naturwissenschaft, ihrem Verhältnis zu spirituellen Traditionen und ihrem Einfluss auf die moderne Gesellschaft. In der Vergangenheit habe ich zudem zu Investment-Themen (Alternative Investments) geschrieben. Meine beiden Bücher „Naturwissenschaft: Eine Biographie“ und „Wissenschaft und Spiritualität“ erschienen im Springer Spektrum Verlag 2015 und 2016. Meinen Blog führe ich seit 2014 auch unter www.larsjaeger.ch.

83 Kommentare

  1. Ja, auch Quantentheorie-basierte -Messungen (quantum Meteorology), – Sensoren, – Datenübertragungen gehören zu den Technologien der 2. Quantenrevolution, nicht nur die vielbeschworenen Quantencomputer – wobei gerade diese Quantencomputer jetzt kurz vor 2020 grosse Fortschritte machen. Feynman dachte erstmals an den Sinn von Quantencomputern als er den exponentiell zunehmenden Rechenaufwand für die Berechnung von immer grösseren Molekülen erkannte, denn die Elektronen, welche die chemischen Bindungen bilden, sind alle verschränkt und je mehr Komponenten verschränkt sind, desto grösser wird der Rechenaufwand für einen konventionellen Computer – nicht aber für einen Quantencomputer. Quantencomputer können bei vielen Optimierungsproblemen wie sie etwa in der Künstlichen Intelligenz auftauchen auftrumpfen, ja bei entsprechender Anzahl QBits des Quantencomputers das Optimierungsproblem überhaupt erst lösbar machen. Doch bis zu solchen Quantencomputern mit vielen QBits und mit Fehlerkorrektur ist es noch ein weiter Weg, denn die dafür nötigen völlig nach aussen isolierten, mit nichts anderem interagierenden Systeme, verlangen eine Präzision, die selbst diejenige, die im Halbleitersektor üblich ist, deutlich übersteigen. Anders als bei den Technologien des 19. und 20. Jahrhunderts ist hier mit Entwicklungszeiten von vielen Jahrzehnten zu rechnen. Erst heute haben wir das Wissen und Vertrauen in die dahintersteckende WIssenschaft und Technologie um solche langfristigen Ziele verfolgen zu können.

  2. Die Kommunikation mit verschränkten Photonenpaaren kann prinzipiell nicht abgehört werden.
    Das gilt für die Anordnung Sender-Lichtleiter-Empfänger.
    Wenn der Abhörende aber noch eine Empfänger-Draht-Sender-Gruppe einbaut, dann funktioniert das Abhören wieder.
    Das sieht dann so aus:
    Sender-Lichtleiter-Empfänger-Draht-Sender-Lichtleiter-Empfänger.
    Es handelt sich dann dabei um zwei von einander unabhängige im einzelnen nicht abhörbare Verbindungen.
    Das Abhören oder Verfälschen kann dann an der elektrischen Verbindung zwischen Empfänger und Sender stattfinden.
    Falls jemand die Laufzeiten zwischen Sender und Empfänger überprüft, dann kann man die fehlende Länge des Lichtleiters durch eine Spule von Lichtleiterfasern ergänzen.
    Der Sender kommuniziert ja nur mit dem Abhörenden.

      • Hallo Herr Senf,
        das funktioniert, weil die Zustände gar nicht geklont werden müssen.
        Der Sender kommuniziert nur mit dem Abhörenden.
        Der Abhörende kommuniziert nur mit dem Empfänger.
        Der Sender hat keinerlei Kontakt mit dem Empfänger.
        Mit freundlichen Grüßen, Karl Bednarik.

    • Die Kommunikation mit verschränkten Photonenpaaren kann prinzipiell nicht abgehört werden.

      Irgendwo hat der Schreiber dieser Zeilen gelesen, dass es auch dann -theoretisch!- möglich wäre parallel zur Verbindung stehende Gerätschaft aufzubauen, die n sogenannten Quantenkanälen, äußerlich, sozusagen mitschwingt und in der Lage ist die Daten zu kopieren, vglw. auch hiermit :

      -> https://en.wikipedia.org/wiki/Quantum_key_distribution#Attacks_and_security_proofs

      Zeilinger bspw. ist insofern auch ein wenig vorsichtig und konnte wie folgt feststellen :

      -> http://www.salzburg24.at/abhoersichere-interkontinentale-quantenkommunikation-getestet/5100616 (Zitat : ‘Sie war dadurch eine Million Mal sicherer gegen Abhören als alles was sonst derzeit möglich ist’ + ‘ Für Zeilinger ist das “der Schritt in ein zukünftiges Quanteninternet, wo man wirklich sicher sein kann, dass das, was man ins Netz schickt, oder das was von dort zurückkommt, sicher ist”.’ – also ist keine absolute Abhörsicherheit feststellbar)

      Philosophisch angemerkt kann verschlüsselter und somit i.p. Information stattfindender Austausch zwischen A und B nur stattfinden, wenn die Kodierungsvorschriften nur zwischen A und B geteilt bleiben.

      MFG
      Dr. Webbaer

      • *
        die [i]n sogenannten Quantenkanälen

        **
        ‘Sie war dadurch eine Million Mal sicherer gegen Abhören als alles was sonst derzeit möglich ist’ [Zeilinger] – hier gilt es aufzuhorchen, i.p. Mengenangabe, Zeilinger ist stets “diplomatisch”.

    • Nicht die Kommunikation läuft über verschränkte Paare, sondern lediglich der Schlüsselaustausch. Direkt über verschränkte Paare zu kommunizieren, funktioniert beweisbar nicht (vgl. Bellsches Telefon).

      • Der Abhörende empfängt die verschränkten Photonen vom Absender mit dem Schlüssel.
        Der Abhörende sendet völlig andere verschränkte Photonen mit einem anderen Schlüssel an den Empfänger.
        Der Abhörende decodiert die konventionell übermittelte Nachricht vom Absender, und kodiert sie für den Empfänger neu ein.
        Der Abhörende ist im Besitz des Klartextes der Nachricht, und kann diesen auch verändern.

        • Karl Bednarik schreibt:
          — Zitat Anfang —
          Der Abhörende empfängt die verschränkten Photonen vom Absender mit dem Schlüssel.
          Der Abhörende sendet völlig andere verschränkte Photonen mit einem anderen Schlüssel an den Empfänger.
          Der Abhörende decodiert die konventionell übermittelte Nachricht vom Absender, und kodiert sie für den Empfänger neu ein.
          Der Abhörende ist im Besitz des Klartextes der Nachricht, und kann diesen auch verändern.
          — Zitat Ende —

          Das ist ein klassischer “man-in-the-middle”-Angriff. Dieser ist in der Tat grundsätzlich auch gegen Quantenkryptographie denkbar. Er lässt sich aber verhindern: Sender und Empfänger müssen über den Quantenkanal dazu nicht nur einen geheimen Schlüssel vereinbaren, sondern zusätzlich eine gewisse Anzahl weiterer Bits austauschen. Diese zusätzlichen Prüfbits können sie dann zum Teil auf einem öffentlichen ungesicherten Kanal gegeneinander prüfen und zum Teil per Steganographie in die Nachricht einfügen und so beim Empfänger prüfen, ob bei der Schlüsselerzeugung alles koscher war oder nicht.

          Die Quantenkryptographie sollte es prinzipiell auch ermöglichen, verbesserte Algorithmen zur Verifikation der Identität von Sender und Empfänger bereitzustellen, die über das hinausgehen, was RSA heute kann.

          Aber ja, Sie haben recht, auch ein Quantenkryptosystem muss aufmerksam designed werden, wenn es sicher sein soll.

  3. Lesenswert ist das Interview mit Professor Martinis im Spektrum 2/18 (das aktuelle), in dem er über eine 49 QBit-Computer berichtet, den er gerade für Google aufbaut (Frühling/Sommer 2018 als Zieldatum). Die Fehlerrate für eine QBit-Operation dieses Google-Quantencomputers beträgt 0.5%, womit ihr Quantencomputer sehr viel mehr Quantenoperationen hintereinander ausführen kann, ohne die Kohärenz zu verlieren als etwa der geplante IBM-Quantencomputer mit einer Fehlerrate von 5% pro Operation. Mit 50 QBits und einer genügend langen Sequenz von Quantenoperationen sei theoretisch bereits Quantum-Supremacy (Überlegenheit über konv.Computer) möglich, denn ein auf einem konventionellen Computer laufendes Quantensimulationsprogramm scheitere am mit der Anzahl der Operationen zunehmenden Speicherbedarf.

  4. Hochaktuell ist die Satelliten-Quantenkommunikation über ultralange Distanzen über die im arxiv-Artikel Satellite-relayed intercontinental quantum network berichtet wird. In der Kurzzusammenfassung liest man (übersetzt von DeepL):

    Wir führen eine Quantenschlüsselverteilung zwischen einem Satelliten mit niedriger Erdumlaufbahn und mehreren Bodenstationen in Xinglong, Nanshan und Graz durch, die sichere Schlüssel mit einer Frequenz von ~kHz pro Durchgang des Satelliten Micius über eine Bodenstation herstellen. Der Satellit stellt damit einen sicheren Schlüssel zwischen sich selbst und z.B. Xinglong und einen weiteren Schlüssel zwischen sich und z.B. Graz her. Dann, auf Anfrage des Bodenbefehls, fungiert Micius als vertrauenswürdiges Relais. Es führt bitweise exklusive ODER-Operationen zwischen den beiden Schlüsseln durch und leitet das Ergebnis an eine der Bodenstationen weiter. Auf diese Weise entsteht ein geheimer Schlüssel zwischen China und Europa an Orten, die durch 7600 km auf der Erde getrennt sind. Diese Schlüssel werden dann für die interkontinentale quantengesicherte Kommunikation verwendet. Dies war zum einen die Übertragung von Bildern in einer einmaligen Pad-Konfiguration von China nach Österreich sowie von Österreich nach China. Außerdem wurde eine Videokonferenz zwischen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften durchgeführt, die auch eine 280 km lange optische Bodenverbindung zwischen Xinglong und Peking beinhaltete. Unsere Arbeit zielt darauf ab, eine effiziente Lösung für ein globales Quantennetzwerk mit ultralangen Entfernungen zu finden, die den Grundstein für ein zukünftiges Quanteninternet legt.

  5. Viele Quantenteilchen im Gleichtakt (im gleichen Quantenzustand) ermöglichen überhaupt erst die heutige 2. Quantenrevolution wie Lars Jaeger oben schreibt (Zitat):
    Alle heutigen Quantentechnologien besitzen eine Gemeinsamkeit: Sie beruhen auf den Eigenschaften großer Ensembles von Quantenteilchen und der Möglichkeiten ihrer Kontrolle: der Steuerung des Flusses vieler Elektronen, der gezielten Anregung einer großen Anzahl von Photonen, der Messung des Kernspins massenhafter Atomen
    Eine grosse Anzahl gleichgeschalteter Quantenteilchen machen aus der Quantentheorie, die man früher für allem für Phänomene auf der atomaren- und subatomaren Ebene verantwortlich machte, eine Theorie auch für Phänomene, die so gross sind, dass man sie direkt mit blossem Auge beobachten kann wie etwa eine ganze Gaswolke, in der alle Atome sich im gleichen Quantenzustand befinden, etwas was man ein Bose-Einstein-Kondensat nennt. Allerdings sind solche makroskopischen Quantenobjekte nur unter Extrembedinungen “haltbar”, sie überleben nur dann Sekunden, wenn sie von der Umgebung völlig isoliert und meist auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt gekühlt sind. Auch für die Quantencomputer von Proffessor John Martinis, der für Google arbeitet, gilt das. Sie werden in einem Kryostaten bei 1 Tausendstel Kelvin, also einem Tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt betrieben. Das bedeutet natürlich auch, dass es nie Quantencomputer geben wird, die als Chip in unseren Smartphones eingebaut sein werden. Quantencomputer werden immer in einer Umgebung arbeiten, die eher an den Weltraum als an eine irdische Umgebung erinnern. Trotzdem können später einmal alle Quantencomputerleistungen beanspruchen, indem sie sie über das Internet, die Cloud in Anspruch nehmen.

  6. Warum wirklich leistungsfähige Quantencomputer noch viele Jahre der Entwicklung brauchen zeigt der Quanta-Artikel The Era of Quantum Computing Is Here. Outlook: Cloudy
    Der wichtigste Grund sind die unvermeidlichen Fehler beim Quantencomputing. Diese können mit KorrekturQBits aufgefangen werden, wobei es typischerweise ein Vielfaches von KorrekturQBits braucht als es “Arbeits-“QBits hat.
    Die Quantencomputer, die jetzt bald zur Verfügung stehen, haben noch keine solchen Fehlerkorrekturen eingebaut und lieferen deshalb oft fehlerhafte Resultate. Indem man die gleiche Quantenberechnung mehrmals wiederholt kann man aber das Vertrauen in die Korrektheit des Resultats erhöhen.

  7. New algorithm for simulating the structure of quantum systems on a quantum photonic chip berichtet über einen Quantenalgorithmus für die Berechnung/Simulation der Energiestruktur von Quantensystemen (Grund- und angeregte Zustände) womit chemische und physikalische Systeme untersucht werden können. Zitat (übersetzt von DeepL):

    Es wird erwartet, dass große Quantencomputer in der Lage sein werden, komplexe chemische Systeme zu simulieren, eine Aufgabe, die für klassische Computer unmöglich ist, und die unser Wissen über Physik und Chemie erweitert.

    Zu den Zeitperspektiven sagt der Artikel (übersetzt von DeepL):

    Es wird erwartet, dass große Quantencomputer in der Lage sein werden, komplexe chemische Systeme zu simulieren, eine Aufgabe, die für klassische Computer unmöglich ist, und die unser Wissen über Physik und Chemie erweitert.
    Fortschrittliche Quantencomputer werden leistungsfähige Anwendungen ermöglichen, und dies wird voraussichtlich in den nächsten Jahrzehnten möglich sein, wenn Quantencomputer mit etwa 200 Qubits verfügbar sein werden.

    Fazit: Die meisten Forscher erwarten, dass Quantencomputer mit 200 Arbeits-Qubits, zu denen viele tausende Korrektur-QBits gehören, erst in Jahrzehnten bereit sein werden. Immerhin: Zukünftige Physikstudenten müssen wohl nicht um eine Arbeitsstelle fürchten. Wobei Quantencomputing nur eine von vielen “Beschäftigungsmöglichkeiten” von Physikern sein werden.

  8. Hallo Herr Jäger,

    der Titel Ihres Betrages suggeriert, daß die Quantenverschränkung lange nicht verstanden wurde, aber nun irgendwie verstanden sei. Das ist nicht richtig. Sie ist genauso unverstanden wie früher.

    Das hindert allerdings nicht an Ihrer Nutzung, die wie beschrieben im Gange ist.

    Grüße Fossilium

    • Ja, da stimme ich ihnen für einmal zu, denn die Mathematik, die die Quantenverschränkung (unter anderem) beschreibt hat sich seit den 1930er Jahren meines Wissens nicht geändert. Es sind höchstens ein paar Interpretationen dazugekommen. Doch Interpretationen (was bedeutet das, was die Mathematik beschreibt) ändern in der Physik nicht allzuviel – zumal Interpretationen ja keine neuen Physikphänomene hervorbringen.
      Was dann hat sich geändert, dass es erst jetzt zur zweiten Quantenrevolution gekommen ist? Ich vermute: Hier sind (für einmal) die Experimentalphysiker verantwortlich. Sie haben die Quantentheorie ( die erste Quantenrevolution) schlicht verschlafen und erst sehr spät Experimente entwickelt, die die Quantenverschränkung auf den Prüfstand gestellt haben, indem beispielsweise Alain Aspect 1982 ( erst 1982) in Experimenten nachwies, dass bei der Quantenverschränkung die Bellschen Ungleichungen verletzt werden, womit er zeigte, dass die Quantenverschränkung sich einer lokal realistischen Interpretation entzieht, was nichts anderes hiess, als dass Einstein und Podolsky falsch lagen und die Verrückheiten (quantum weirdness) , die das Einstein-Podolsky-Paradoxon beschreibt („spooky action at a distance“) , entweder tatsächlich auftreten oder aber nach einer radikalen Revision des lokalrealistischen Weltbildes verlangten. Doch selbst die Experimente von 1982 boten noch nicht die Basis für die zweite Quantenrevolution, denn sie eröffneten noch nicht die nötige Manipulierbarkeit von Quantenensemblen. Das änderte sich erst mit der Schaffung von Bose-Einstein Kondensaten im Juni und September 1995 – also quasi gestern. Dabei wurden Bose-Einstein Kondensate schon 1924 von Einstein vorausgesagt. Wiederum haben die Experimentalphysiker geschlafen – oder aber sie waren bis 1995 nicht in der Lage, die Laborbedingungen für so etwas wie Bose-Einstein Kondensate zu schaffen.

  9. Eine der ersten Anwendungen von Quantencomputern ist die Künstliche Intelligenz, sind tiefe neuronale Netze, denn die dort auftauchenden Optimierungsprobleme können nicht selten von Quantencomputern gelöst werden, teilweise sogar von adiabatischen Quantencomputern wie die von DWave, die keine allgemeine Quantenrechnungen durchführen können, sondern die nur in der Lage sind, das Optimum (Minimum) eines Optimierungsproblems zu lösen. Darüber berichtet der Quanta-Artikel Job One for Quantum Computers: Boost Artificial Intelligence

  10. Beispiele sind der Tunneleffekt beim Transistor,

    Gibt es in einem pnp oder npn Transistor oder gar im MOSFET einen Tunneleffekt? In einem pnp oder npn Transistor ist die Basis zwar dünn, aber es tritt noch kein Tunneleffekt auf. Erst recht gilt dies für FET und MOSFET. Es gibt zwar die Tunneldiode mit einer sehr dünnen Sperrschicht, bei der der Tunneleffekt auftritt. Aber meines Wissens nicht im gewöhnlichen Transistor.

    • @Rudi Knoth: Anstatt Beispiele sind der Tunneleffekt beim Transistor müsste es wohl heissen Beispiele sind der Tunneleffekt beim Tunneleffekt-Transistor oder vielleicht sogar Beispiele sind der Tunneleffekt bei der Josephson junction (The Josephson effect is an example of a macroscopic quantum phenomenon (tunneling of superconducting Cooper pairs.))

      • Das kommt wohl eher hin. Danke nochmal. Den Josephson-Effekt hatte ich im Experimentalphysikpraktikum dann aber eher mit einer Simulation mit PLL-Schaltkreisen untersucht. Es gibt noch einen Tunneleffekt, in dem die supraleitenden Materialien verschieden sind.

  11. fossilum schrieb (29. Januar 2018 @ 20:05):
    > daß die Quantenverschränkung lange nicht verstanden wurde, aber nun irgendwie verstanden sei […] ist nicht richtig.
    > Sie ist genauso unverstanden wie früher.

    Seit Malus “sein Gesetz” aufstellte kann die Quantenverschränkung allerdings als verstanden gelten:

    Winkel α zwischen
    Analysator (a_oder_nicht-a) und Analysator (b_oder_nicht-b),
    für eine bestimmte in Betracht stehende Menge von Versuchen”

    =(ist-definiert-als)=:

    ArcSin[
    (Anzahl_der_Versuche_mit_a_und_b +
    Anzahl_der_Versuche_mit_nicht-a_und_nicht-b –
    Anzahl_der_Versuche_mit_nicht-a_und-b –
    Anzahl_der_Versuche_mit_a_und_nicht-b)
    /
    (Gesamte_Anzahl_der_Versuche)
    ].

  12. Guten Tag Herr Jaeger,

    wie Sie wissen ist man als Wissenschaftler vorsichtig, wenn es darum geht ein Forschung zu bewerten. Man sollte dabei nicht nur den Inhalt einer Publikation begutachten, sondern sich auch fragen weshalb ein Autor eine gewisse Position vertreten könnte.

    Im Bereich der Quanteninformation haben üppige Geldquellen zu einem Regelrechten Hype in der Forschung geführt. Sehr viele Wissenschaftler sitzen auf
    kurzzeitigen Verträgen und suchen nach einer Festanstellung. Die Institutsleiter unterstützen natürlich aus Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern diese Suche.

    Als jemand der an Top-Universitäten in diesem Feld gearbeitet hat, möchte ich erwähnen, dass nicht alle Wissenschaftler von einem praktisch nützlichen Quantencomputer überzeugt sind. Es gibt berechtigte Kritik und die Tatsache, dass sie so selten ausgesprochen wird, liegt meiner Meinung am obigen Umstand. Würde eine Leitperson zugeben, dass Quantencomputer nicht praktikabel oder zwecklos sind, was denken Sie was die Folgen für die Mitarbeiter wären?

    Sie schreiben, dass “Firmen wie IBM, Google und Microsoft erkennen (…) neue Milliardengeschäfte und investieren massiv in die Forschung darüber, wie sich verschränkte Quantenzustände technologisch ausnutzen lassen”. Dieses Argument hört man sehr oft. Doch waren sie wirklich bei Google oder IBM und haben sie nachgefragt, wieviel Geld investiert wird?? Waren die Unternehmen so freizügig mit Informationen zu ihren Forschungsbudgets??… …
    Zu beachten ist auch, dass ein Technologiegigant recht viel Geld in ein Projekt investieren kann, ohne dass dieses Projekt eine besondere Priorität genießen würde…. ganz im Gegenteil zu dem, was Ihr Artikel oben suggeriert.

  13. Merkwürdig: Der Autor will Philosoph sein, und schreibt so merkwürdiges Zeug, in dem begriffe wie “verstanden” und “vollständig” für ein weitgehend unverstandenes, weil nichtverstehbares (weil paradoxes) Phänomen auftauchen. Dazu gebraucht “Teilchen” ohne Anführungsstriche (immerhin bei der “Wellenfunktion” finden sich welche.

    Mein Eindruck vom Topos: es riecht ein bisschen nach Schwarzer Materie und Kernfusionsreaktor: Anwendungen seit 50 jahren immer in etwa 50 Jahren.

    Auch erinnere ich mich an den Artikel eines Quanten-Krypto-Spezialisten, der ziemlich überzeugend darlegte, dass der QC-Hypewahrscheinlich initiiert und gesteuert wurde, um die wenigen echten Krypto-Koryphäen (wieviel mögen es sein? wahrscheinlich einige 100 weltweit) von der klassischen Kryprografie ins Quantenfach zu locken, und zwar mit dem Ziel, die Entwicklung *praktisch* sehr, sehr sicherer klassischer und damit auch anwendbarer Verfahren zu verhindern.

  14. Hallo Herr Holzherr,

    wenn Quantenverschränkung genauso unverstanden ist wie früher, die Nutzung aber ungehindert ist – was läßt sich daraus schließen ?

    Vielleicht sind so manche, vielleicht sehr viele physikalische Beobachtungen und Theorien unverstanden, die Tatsache, daß wir Anwendungen haben ist wohl kein Kriterium des Verständnisses. Sind vielleicht auch die Phänomene und die Theorie des Lichtes, des Magnetismus, ja gar der Gravitation in Wirklichkeit gar nicht verstanden, ob wohl die Technik unserer Zivilisation darauf beruht ?

    Ja welches ist denn das Kriterium, daß etwas wirklich verstanden ist ? Die Vorhersage des richtigen Ereignisses kann es ja nicht sein, die der Quantenverschränkung werden von der Quantentheorie alle richtig vorhergesagt. Wann kann sich ein Physiker hinstellen und sagen: das ist eine Erkenntnis, an der kommt niemand – auch kein Philosoph – vorbei ? Mit welchen Erkenntnissen der Physik darf ein Philosoph unbedingt nicht in Widerspruch geraten, wenn er philosophisch, metaphysisch argumentiert ? Vielleicht darf er das mit allen, weil die ja allesamt gar nicht oder nicht richtig verstanden sind.

    Somit philosophisch gesehen belanglos ?

    Grüße
    Fossilium

    Grüße
    Fossilium

    • @Fossilium: Ja, was bedeutet überhaupt verstehen? Vielleicht gibt es verschiedene Tiefen des Verstehens. Die Gesetzmässigkeiten eines Phänomens (z.b. die Netwon’sche Gravitationsformel) zu kennen ist noch eine recht oberflächliche Art des Verstehen, zumal dann, wenn die Gesetzmässigkeiten scheinbar in Konflikt mit anderen schon bekannten Gesetzmässigkeiten geraten, wobei hier das Wort “scheinbar” wichtig ist, denn natürlich darf es keine wirklichen logischen Konflikte von neuen mit bekannten Gesetzmässigkeiten geben. Offensichtlich suchen einige Physiker gerade bei der Quantenverschränkung nach einer tieferen Art des Verstehens. Jüngstes Beispiel dafür ist Malcadenas/Susskinds neue Erklärung der Quantenverschränkung als Wurmlochverbindung der beiden verschränkten Entitäten oder in einer mehr theoretischen Formulierung: ER=EPR (Zitat, übersetzt von DeepL):ER=EPR ist eine Vermutung in der Physik, die besagt, dass verschränkte Teilchen durch ein Wurmloch (oder eine Einstein-Rosen-Brücke) verbunden sind[1][2] und eine Grundlage für die Vereinigung von allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik in einer Theorie von allem sein können.[1]
      Diese Erklärung Malcadenas/Susskinds der Quantenverschränkung ist gerade in mehrfacher Hinsicht tief:
      1) ER=EPR erklärt die Quantenverschränkung mit einer räumlichen Nähe der beiden verschränkten Entitäten über eine Wurmlochverbindung, womit er das scheinbare Paradox, dass Information augenblicklich von Entität a zu Entität b fliesst, elegant auflöst.
      2) ER=EPR bringt die Quanten- und Einsteins Gravitationstheorie (allgemeine Relativitätstheorie) in engen Zusammenhang zueinander und bietet damit die Chance zwei vorher inkompatible oder mindestens lose nebeneinander stehende Welt-Erklärungen zusammenzubringen, zu “harmonisieren”.

      • Hallo Herr Holzherr,

        es kommt nicht darauf an, wie der begriff “verstehen” zu verstehen ist. Dieser Begriff ist in der Erkenntnistheorie längst unter verschiedenen Aspekten definiert worden. Das ist nicht der Punkt.

        Der Punkt ist, daß das Phänomen der Verschränkung widerspruchslos und konsistent nicht erklärt werden kann. Das beginnt schon damit, daß der Begriff selbst schon in mehrfacher Bedeutung verwendet wird, denn man spricht von verschränkten Teilchen vor der Messung (nur eine Wellenfunktion) und nach der Messung (Korrelation, 2 Wellenfunktionen). Außerdem soll Verschränkung ein Beispiel für Nicht-Lokalität sein, was soviel besagt, daß es nicht-kausal verursachte Korrelationen gibt. Also ein Wunder, weil akausal.

        Man kann da nicht drangehen und sagen: ja was ist schon “verstehen” ?

        Ich frage ja nur: vielleicht ist anderes auch nicht verstanden, z.B. der Feldbegriff, der ja nur eine mathematische Konstruktion ist, aber angeblich als solche auch eine physikalische reale Entität sein soll. Oder der Teilchenbegriff, das ausdehnungslose Quant, das es nach der Heisenbergschen Unschärfe Relation – wie andere Punktteilchen auch – gar nicht geben kann.

        Was macht die Physik da ? Bildet sie unscharfe Begriffe (um das Wort unverstanden zu vermeiden) ? Hat sie Ihre Begriffe zugeschnitten auf das Praktikable, so daß man damit arbeiten kann – aber verabsäumt, diese Begriffe nach den üblichen Regeln einer in sich schlüssigen und logisch widerspruchslosen Weise zu definieren ?

        Versteht sie die Phänomene in ihren Experimentierkästen deshalb nicht, weil sie gerade da logisch und konsistent beschreiben muß, was darin passiert, aber dafür keine Begriffe hat, die dazu taugen ?

        Tja, die Begriffsschlamperei in der Physik rächt sich. Irgendwann kann ich nichts mehr beschreiben, weil ich das, was ich da beschreiben soll, selbst nicht verstehe. Dann muß ich in den Glauben ausweichen, und Glaubenbekenntnisse verbreiten und einfordern. Passiert auch schon.

        Oder ? Einwand ? Lassen Sie hören !

        Grüße Fossilium

        • Anstatt die Quantenverschränkung als nicht lokales Phänomen aufzufassen, kann man sie auch als Phänomen auffassen, dass den klassischen Realitätsbegriff verletzt. Für mich spricht alles dafür, dass die Quantentheorie und in noch grösserem Mass die Quantenfeldtheorie nicht die Realität wiederspiegeln, sondern nur Wahrscheinlichkeiten. Die Realität beginnt für mich dort, wo man etwas misst, wo etwas interagiert.

        • @fossilium: So interpretiere ich folgendes (Zitat von oben):

          Ich frage ja nur: vielleicht ist anderes auch nicht verstanden, z.B. der Feldbegriff, der ja nur eine mathematische Konstruktion ist, aber angeblich als solche auch eine physikalische reale Entität sein soll. Oder der Teilchenbegriff, das ausdehnungslose Quant, das es nach der Heisenbergschen Unschärfe Relation – wie andere Punktteilchen auch – gar nicht geben kann.


          Zur Realität eines physikalischen, beispielsweise elektrischen Feldes: Ein klassisches Feld kann man ausmessen und erhält als Messwerte an jedem Punkt des Feldes die Feldstärke.
          Zur Realität von Teilchen, Quanten: Die Heisenbergsche Unschärfe Relation sagt nach meiner Auffassung nichts über die Realität an und für sich aus, sondern nur über die Messbarkeit von Grössen (Zitat: zwei komplementäre Eigenschaften eines Teilchens [sind] nicht gleichzeitig beliebig genau bestimmbar sind. Das bekannteste Beispiel für ein Paar solcher Eigenschaften sind Ort und Impuls. ) Für die Ausdehnung von Teilchen und Quanten gilt dementsprechend, dass das Reale an ihnen sich in Messungen zeigt. Dass ein Teilchen sich in seiner Ausdehnung auf einen mathematisch singulären Punkt beschränke, ist nun aber messtechnisch unmöglich, denn man kann keine Messung und keine Serie von Messungen durchführen, die das Teilchen auf einen Punkt “festnagelt”.
          Meiner Meinung nach ist das was man nicht messen kann, schlicht unbekannt oder gar unbestimmt. Das Quadrat der Wellenfunktion eines Teilchens oder Systems von verschränkten Teilchens gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass man das Teilchen an einem bestimmten Punkt zur Zeit t findet. Die Wellenfunktion selbst sagt nichts über die Realität aus, weil es auf dieser Ebene (der Ebene der Wellenfunktion) gar keine Realität, sondern nur Wahrscheinlichkeiten, gibt.

          • >>> Die Wellenfunktion selbst sagt nichts über die Realität aus, weil es auf dieser Ebene (der Ebene der Wellenfunktion) gar keine Realität, sondern nur Wahrscheinlichkeiten, gibt.

            Naja, ob es auf dieser Ebene (oder welcher auch immer oder überhaupt) Realität gibt und was diese Aussage dann bedeutet, ist ja die große Frage (u.a. der QPhysik). Deshalb ist ja auch die Formulierung des “Zusammenbruchs der Wellenfunktion” so unsinnig.
            Und deshalb versuchte man (u.a. Bohm) sich an nichtlokalen und/oder “verborgenen Variablen” – was auch nur der Versuch war, ein philosophisches Problem mathematisch anzugehen…

            Deshalb ist es auch nicht angebracht, so verächtlich auf die Esoterik herabschauen. Die stellt das zwar gewöhnlich tatsächlich falsch dar und vielfach wird die Problematik auch tatsächlich nicht verstanden. Doch die Physik *versteht* eben auch nichts wirklich. Das heißt, der eine Blinde sollte den anderen in seinem Nichtsehen lieber in Ruhe lassen.

          • @Anton B (Zitat von mir): >> Die Wellenfunktion selbst sagt nichts über die Realität aus, weil es auf dieser Ebene (der Ebene der Wellenfunktion) gar keine Realität, sondern nur Wahrscheinlichkeiten, gibt.
            Ihre Antwort: Naja, ob es auf dieser Ebene (oder welcher auch immer oder überhaupt) Realität gibt und was diese Aussage dann bedeutet, ist ja die große Frage (u.a. der QPhysik). Deshalb ist ja auch die Formulierung des “Zusammenbruchs der Wellenfunktion” so unsinnig.
            Und deshalb versuchte man (u.a. Bohm) sich an nichtlokalen und/oder “verborgenen Variablen” – was auch nur der Versuch war, ein philosophisches Problem mathematisch anzugehen…

            Nein, verborgene Variablen und Bohms Pilotenwellen sind falsche Erklärungen von Quantenphänomenen und -verschränkungen. Das zeigt sowohl die seit den 1930er Jahren nicht mehr veränderte Mathematik, die Verschränkungsphänomene erfasst, als auch Experimente (diese zeigen Verletzungen der Bell’schen Ungleichungen was darauf herausläuft, dass verborgene Variablen keine Rolle spielen können).

            Vieles spricht heute dafür, dass die Quantenwelt selbst nicht in dem Sinne existiert wie etwa die Münze in ihrem Portemonnaie, sondern dass die Quantenwelt eine Welt unvollständiger Information ist, eine unbestimmte Welt ist, die sich erst durch Interaktionen mit der Umwelt (im Phänomen der Dekohärenz) festlegt. Das war übrigens schon die Ansicht der Physiker, die die Quantentheorie selber formuliert haben und jetzt hat sich mit dem Quanten Bayesianismus noch einmal eine Gruppe von Physikern gefunden, die das noch deutlicher so sieht. In dieser Ansicht beschreibt die Wellentheorie nicht eine Quantenrealität sondern lediglich unvollständiges Wissen über eine noch unbestimmte Welt, die sich erst im Akt der Interaktion festlegt.

  15. Frank Wappler schrieb:
    > Seit Malus “sein Gesetz” aufstellte
    Analogon: welche Sicht führt zum Verständnis der Gravitation?
    Newton, mit dem man das gravitative “Gesetz” formulieren konnte oder
    Einstein, mit dem man die Krümmung der Raum-Zeit als Grund ausmachen konnte oder
    die noch Unbekannten, mit denen man die Gründe für das beobachtbare Zusammen- und Fernwirken von Masse, Raum und Zeit festmachen wird können.

  16. Bitte Vorsicht mit Formulierungen wie “Es ist so, als wenn jemand in Deutschland instantan spüren würde, was seinem Zwilling in Australien gerade passiert”!

    Das ruft die Quantenheiler, Quantenmystiker, und sonstigen Scharlatane auf den Plan die ihren ahnungslosen Kunden allerhand Unsinn aufschwatzen und dies mit solchen Sätzen begründen.

    Dass dies nur für Teilchen und nicht für Menschen gilt (Ich habe einen Quantenheiler getroffen der einen solchen Vergleich von Zeilinger missverstanden/missbraucht hat), dass die Messung eines Teilchens die Verschränkung zerstört und dass es eben nicht möglich ist Information mit unendlicher Geschwindigkeit zu transportieren muss unbedingt dazugesagt und betont werden.

    Danke.

  17. Mjoelk schrieb (31. Januar 2018 @ 01:54):
    > Frank Wappler schrieb: [(30. Januar 2018 @ 16:32):]
    > > [… ist-definiert-als …]

    > Analogon: welche Sicht führt zum Verständnis der Gravitation?

    Dass die (entsprechend Variationsrechnungs-Ansatz wahrscheinlichste) Verteilung von “Masse/Energie/Impuls/Spannung, T_{μν}[ x_{ρ} ]” (jeweils) durch bestimmte geometrische Messgrößen definiert ist;

    z.B. entsprechend der Definition von Einstein/Hilbert als

    T_{μν}[ x_{ρ} ] := 1/κ G_{μν}[ x_{ρ} ],

    oder z.B. entsprechend der Definition von Weyl/Mannheim als

    T_{μν}[ x_{ρ} ] := 4 α_g W_{μν}[ x_{ρ} ].

    > […] Krümmung der Raum-Zeit als Grund ausmachen

    Das trifft wohl auf beide genannten Gravitations-Varianten zu …

  18. Martin Piehslinger schrieb (31. Januar 2018 @ 09:26):
    > Bitte Vorsicht mit Formulierungen wie “Es ist so, als wenn jemand in Deutschland instantan spüren würde, was seinem Zwilling in Australien gerade passiert”!

    Sehr richtig!

    > Das ruft […] Scharlatane auf den Plan […]

    Sicher.
    Mit etwas weniger Nachsicht gegenüber dem Autor des obigen SciLog-Beitrags wäre festzustellen:
    Die zitierte Formulierung, ohne Erläuterung, was stattdessen zutrifft, wäre an sich ein Ausdruck von Scharlatanerie.

    > […] dass die Messung eines Teilchens die Verschränkung zerstört

    Wieso “zerstört“?
    Die Verschränkung, also die Zuschreibung und Ermittlung eines (bis auf statistische Unbestimmtheit) bestimmten Wertes des “Orientierungswinkels α” zweier Analysatoren gegenüber einander,
    beruht doch im Gegenteil gerade darauf, dass Teilchen-Paare vom betreffenden Analysator-Paar jeweils registriert und analysiert wurden …

    > und dass es eben nicht möglich ist Information mit unendlicher Geschwindigkeit zu transportieren muss unbedingt dazugesagt und betont werden.

    Das vor allem;
    aber stets unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden relevanten Definition der Messgröße “Geschwindigkeit“,
    und dabei der besonderen Bedeutung der jeweiligen Signalfront.

  19. Frank Wappler schrieb am 31. Januar 2018 @ 16:27

    Wieso “zerstört“?
    Die Verschränkung, also die Zuschreibung und Ermittlung eines (bis auf statistische Unbestimmtheit) bestimmten Wertes des “Orientierungswinkels α” zweier Analysatoren gegenüber einander,
    beruht doch im Gegenteil gerade darauf, dass Teilchen-Paare vom betreffenden Analysator-Paar jeweils registriert und analysiert wurden …

    Wenn mindestens eines der verschränkten Teilchen gemessen ist, sind sie nicht mehr verschränkt (soweit ich es verstanden habe). Wird an dem einen Teilchen nach der Messung etwas verändert, beeinflusst es das/die andere/n nicht mehr – das meine ich mit “zerstört”.

    Esoterische Ansichten gründen sich darauf dass die Teilchen (Menschen, Tiere, Lottozahlen, Verstorbene, Engel, Lichtwesen, ….) durch die “spukhafte Fernwirkung” verbunden seien. Sie seien durch den Urknall verschränkt, und das bis in alle Ewigkeiten. Was irgendwo passiert sollen entsprechend begabte Menschen sofort mittels Quantenverschränkung erfahren. Der Heiler verschränkt sein Bewusstsein mit der höheren Intelligenz des Universums, gegen Geld natürlich – äh, Verzeihung, Energieausgleich meine ich. Alles durch Quantenphysik bewiesen….

  20. Optimierungsprobleme, Datenanalyse und Simulation von Quantensystemen (z.B: von Molekülen) werden das Haupteinsatz von Quantencomputern sein.
    Ein Beispiel dafür ist das im arxiv-Artikel beschriebene topologische Problem Demonstration of Topological Data Analysis on a Quantum Processor (Zitat, übersetzt von DeepL): Die topologische Datenanalyse bietet eine robuste Möglichkeit, nützliche Informationen aus verrauschten, unstrukturierten Daten zu extrahieren, indem die zugrunde liegende Struktur identifiziert wird. Vor kurzem wurde ein effizienter Quantenalgorithmus zur Berechnung der Betti-Zahlen von Datenpunkten vorgeschlagen – topologische Merkmale, die die Anzahl der topologischen Löcher verschiedener Dimensionen in einem Scatterplot zählen. Hier implementieren wir eine Proof-of-Prinzip-Demonstration dieses Quantenalgorithmus, indem wir einen Sechs-Photonen-Quantenprozessor einsetzen, um die topologischen Eigenschaften der Betti-Zahlen eines Netzwerks mit drei Datenpunkten erfolgreich zu analysieren, was neue Einblicke in die Datenanalyse in der Ära des Quantencomputings ermöglicht.

    Der hier verwendete Quantenalgorithmus löst das topologische Problem für n Datenpunkte mit dem Rechenaufwand O(n^5/δ), während ein klassischer Computer einen exponentiellen Aufwand für n Datenpunkte treiben muss. Ein bereits existierender 6 Photonen Quantenprozessor zeigte, dass es funktioniert. Wenn irgendwann Quantencomputer mit hunderten bis tausenden Qubits existieren, dann werden Quantencomputer mit recht grosser Sicherheit weite Verbreitung finden, denn dann gibt es ganze Problemklassen, die nur sie lösen können – wie eben das hier erwähnte topologische Problem. Doch von Quantenprozessen mit solch vielen Qubits und der Möglichkeit genügend Quantenregisteroperationen ohne Fehler durchzuführen zu können sind wir noch Jahre entfernt.

  21. Hallo Herr Holzherr,

    Sie schreiben:
    „Die Realität beginnt für mich dort, wo man etwas misst, wo etwas interagiert.“

    Ja, aber das ist etwas was völlig Verschiedenes !

    Es gibt Orte, da messen Sie garnichts, gerade weil etwas interagiert – z.B. da, wo sich die Kräfte gegenseitig aufheben, z.B. im Orbit messen Sie keine Gravitation, aber da ist Wirkung, und zwar riesige, sonst würden Sie in den Tiefen den Alls spurlos verschwinden. Also wenn Sie nichts messen, was dann ? Keine Realität ? Wenn Sie das elektrische Feld nicht messen – ist es dann nicht da ? Oder doch noch da ? Ist die Frage sinnlos ? Sie haben da einen Magneten liegen, es wird nichts gemessen. Was ist um ihn herum ? Induziert er etwas in das Vakuum ? Ist das eine sinnlose Frage ? ja was induziert er ? Oder ist da nichts – kein Feld , etwas garnichts ? Ja genau das ist die Frage: was ist da, wenn nichts gemessen wird ? Keine Kraft ? Jetzt bringen Sie in die Umgebung eines Magneten ein Stückchen Eisen – ja und dann, wie aus dem nichts, entsteht Kraftwirkung ?

    Also Herr Holzherr: so geht es nicht.

    Der Feldbegriff ist ein physikalischer Begriff. Die Physik hat ihn definiert – nur sie kann es, eben weil es ein physikalischer Begriff ist. Kein Philosoph kann den Begriff „Feld“ interpretieren, definieren, oder kritisieren: es ist ein physikalischer Begriff. Und im Kontext eines physikalischen Sachverhalts ist diese Definition sehr klar und präzise, sie lautet schlicht und ergreifend: ein Feld ist eine mathematische Zuordnung. Jedem Punkt des Raumes wird eine Zahl, oder ein Zahlentuppel, zugeordnet. Die Menge aller Zuordnungen ist das Feld: eine Manigfaltigkeit an Zuordnungen ! Das genau ist die Definition, nicht mehr und nicht weniger. Finden Sie im Internet eine andere – sie läßt sich darauf zurückführen.

    Ein Kraftfeld ist zum Beispiel eine Zuordnung von Kraftvektoren an jeden Raumpunkt. Länge und Richtung der Kraft gibt die lokale Kraftwirkung an (lokale Feldstärke). Wenn Sie jetzt in die Umgebung eines Magneten ein Eisenspänchen denken, dann wirkt diese Kraft auf das Spänchen. Die Auslenkung des Spänchens (oder des Spins im Tomographen) können Sie messen, direkt oder indirekt. Sie messen also gar kein Feld, sondern die Veränderung, die ein Probekörper auf Grund der Kraftwirkung erfährt, die sie jedem Raumpunkt zugeordnet haben. Wo haben Sie den Text her: “das Feld könnte man ausmessen ?” Das ist die übliche Verbalschlamperei der Physiker, ein Feld kann man nicht messen, allenfalls die Kraftwirkung auf einen Gegenstand im Feld ! Diese Schlamperei hat sich ja eingebürgert, man denke nur an das „sichtbare“ Licht, und die doppelte Bedeutung von Verschränkung.

    Wenn man es also genau nimmt, dann gilt:
    – das Feld ist eine mathematische Konstruktion, die jedem Raumpunkt einen Kraftvektor zuordnet.
    – Die Veränderung, die ein Probekörper durch die an jeden Raumpunkt hineingedachten oder hineingezauberten Kraftwirkungen erfährt, sind meßbar (falls es ein Kraftfeld ist)

    Mit dieser Vorstellung, diesem Modell, kann die Physik gut leben. Das Wort Realität kommt nämlich bis jetzt gar nicht vor.

    Erst wenn sie ein Experiment beschreiben will, dann kriegt sie ein Problem: was ist da in der Stern- Gerlach Apparatur ? Ist da heißt: da in der Realität, oder ist die Apparatur keine Realität ? Ich schalte den Magneten ein, der Elektronenstrahl ist noch nicht da. Was habe ich jetzt im Inneren der Apparatur ? Ein Feld ? Ja was denn, eine mathematische Konstruktion ? Jetzt ist Schluß mit Gedankenspielerei und Modellen, jetzt geht es um die Wirklichkeit. Was ist da ? Hat da eine metaphysische Zauberei die modellhafte mathematische Figur – jetzt, in der Apparatur – auf spukhafte Weise zu einer Realität gemacht, zu Kraftvektoren, zu einem Ding an sich, das nicht erkannt werden kann, außer ich lasse es wirken – ja blitzschnell sind plötzlich Kräfte da, vielleicht instantan hineingeflossen oder von außerhalb von Raum und Zeit kommend, Kraftpfeile in der Apparatur aufbauend, sobald sich das erste kleine Punktteilchen in das Feld hineinbegibt. Ja sind dann die Kraftpfeile nur am Ort des Teilchens, und woanders nicht, und entsteht beim Durcheilen der Bahn (die das Punktteilchen ja angeblich nicht hat) in jedem durcheilten Raumpunkt schnell der Kraftpfeil, um dahinter wieder zu verschwinden ?

    Oder sind die Kraftpfeile immer da ? Also doch Kraft ohne Probeteilchen, nur nicht meßbar – nicht meßbare Kräfte ? Seit wann gibt es so was ?

    Auf so dumme Fragen weiß der Physiker natürlich eine Antwort: es ist das Feld da, ein Feld, ja das Feld, das ist da, und damit ist alles erklärt !

    Also Sie müssen zugeben: In dieser so beschrieben Situation ist die Antwort noch dümmer als die Fragen – nur es ist die Standardantwort. Lesen Sie mal nach, wie Zeilinger seine Versuchsaufbauten und die Durchführung seiner Experimente beschreibt. Er behauptet über die Theorie das eine, bezgl. Apparatur behauptet er dann was anderes, am Schluß schließt er auf ein Drittes. Dabei ist dieser Mann ein genialer Experimentaphysiker ! Nur beschreiben kann er seine Experimente nicht – nicht weil er zu blöd ist, sondern wegen der Natur der Sache, seine Begriffe taugen nicht und andere hat er nicht !

    Das ist ja alles längst bekannt, alles lässt sich begründen, und über alles kann man reden. Man braucht auch nicht alles zu wissen, wer will das schon, nur beschreiben, und erkennen kann man schon lange nicht alles. Letztlich haben wir nun mal epistemische Beschränkungen egal in welcher Form, mindestens seitdem wir aus dem Paradies geflogen sind, oder aus evolutionären Gründen.

    Wogegen ich mich wehre ist, daß jemand mit leuchtenden Augen und dem Physikbuch in der Hand behauptet, es sei alles klar: Die Physik liefert die Erkenntnisse über uns und das Universum, in so wunderbarer Weise, daß man vor lauter Bewunderung mit offenem Mund zur Salzsäule erstarren muß. Lesen Sie mal die Texte dies hiesigen Beitragschreibers.

    Die Physik liefert wunderbare Erkenntnisse für die Ingenieure, für die Philosophen liefert sie ziemlich wirres Zeug, wenn man dem auf den Zahn fühlt, dann oh Gott stellt man fest, daß die Physiker nicht wissen, wovon sie reden, und das meine ich wörtlich, sie wissen es nicht, Sie wissen nicht wovon sie reden, wenn Sie das Magnetfeld in der Stern Gerlach Apparatur beschreiben, ihre Ontologie ist gelinde und zahm gesagt unklar, genauso unklar wie unsere Vorstellungen über alles andere.

    Hab bißchen überspitzt geschrieben, aber Sie kennen mich ja.

    Ich hoffe Sie haben Einwände.

    Grüße Fossilium

    • @Fossilium: Anstatt Messen hätte ich von Interaktionen sprechen müssen, denn diese umfassen weit mehr als nur menschengemachte Messungen. Sie schreiben: Wenn Sie das elektrische Feld nicht messen – ist es dann nicht da ? Oder doch noch da ? Es ist da, wenn sie es messen könnten oder wenn es sich in irgend einer Form bemerkbar macht. Genau das macht ja den Unterschied zur “Quantenwelt” aus. Dort können sie nicht einmal theoretisch messen, denn damit würden sie etwas erzwingen, etwas hinzufügen, das vorher nicht da war. Sobald sie ein Quantenphänomen messen, verändern sie diese auf radikale Art und Weise.
      Kommen wir noch zum Feldbegriff. Das ist für mich eine Abstraktion die für klassiche Felder nur darum Sinn macht, weil man dieses Feld auch ausmessen kann. Eine Feldbeschreibung ist letztlich immer eine Idealisierung, ein mathematisches Modell.
      Es ist falsch, sich ein Feld so vorzustellen, dass nun wirklich an jedem Raumpunkt eine Grösse oder gar ein Vektor befestigt ist, denn damit macht man ein Modell zur Realität und gerade die Quantentheorie zeigt ja, dass es auf der untersten Ebene eigentlich keine Realität mehr gibt (in der Auffassung des Quanten Bayesinamismus mindestens, die antirealistisch ist ).

      • Hallo Herr Holzherr,
        Sie wollen der Realität nicht ins Auge sehen.
        Sie wissen auch nicht, was sich in der Stern Gerlach Apparatur befindet.
        So wenig wie ich.
        Sind wir uns in unserem Nichtwissen einig.
        Wenigstens ein Ergebnis.
        Grüße Fossilium

        • @Fossilium (Zitat):

          Sie [die Physiker] wissen nicht wovon sie reden, wenn Sie das Magnetfeld in der Stern Gerlach Apparatur beschreiben

          Ich denke einige Physiker würden sagen: Niemand, nicht einmal die “Natur”, kennt die Realität (davon, wovon sie reden) des Magnetfeldes in der Stern Gerlach Apparatur.
          Es gibt aber eine sinnvolle Art über das Magnetfeld in der Stern Gerlach Apparatur zu sprechen und zwar in Form von Interaktionen mit dem Magnetfeld. Die Frage, wie interagiert dies und das Beispielobjekt mit dem Magnetfeld ist eine sinnvole Art darüber zu sprechen.

          • Wie Recht Sie haben !

            sinnvoll über etwas sprechen wollen. Das geht.

            Bedingung:
            1. Ich darf anderen nichts vormachen, daß ich alles weiß.
            2. Ich muß überlegen, warum ich so wenig weiß.
            3. Ich muß kooperieren mit Leuten, die vom Beschreiben was verstehen, nämlich den Philosophen.

            Ich muß einfach bescheiden sein.

            Eine Aufforderung an den hiesigen Blogschreiber.

            Grüße
            Fossilium

  22. Physiker sind sehr geschickt: vielfach umgehen sie die Realität, indem sie garnicht beschreiben, was in der Apparatur abgeht, sondern nur den Aufbau, die Theorie und die Ergebnisse. Reicht ja auch. Das geht bei Quantenexperimenten nicht so richtig, deshalb wursteln sie an der Interpretation ihrer Theorien herum. Müßten ihre Begriffe mal hinterfragen, machen sie aber nicht.

  23. Die Welt zu beschreiben ist möglich, die Welt zu erklären ist viel schwieriger.
    Ein Beispiel:
    Die Festigkeit von Holz stammt hauptsächlich von Cellulosefasern.
    Die Cellulosefasern bestehen aus Glucosemolekülen.
    Die Glucosemoleküle bestehen aus Kohlenstoff-, Sauerstoff-, und
    Wasserstoff-Atomen.
    Die Atome bestehen aus Elektronen und Atomkernen.
    Die Atomkerne bestehen aus Protonen und Neutronen.
    Die Protonen und Neutronen bestehen aus up- und down-Quarks.
    Na, ja, die Elektronen und die up- und down-Quarks, die sind dann
    eben einfach da.
    —–
    Das elektromagnetische Feld wird von den virtuellen Photonen vermittelt.
    Die Reichweite virtueller Photonen in Bezug auf ihre Wellenlänge.
    Text als Bild, wegen der vielen Sonderzeichen:
    http://members.chello.at/karl.bednarik/VIRTPHOT.PNG
    Dieses Ergebnis passt leider nicht sehr gut zum Casimir-Effekt, weil dieser von den vollen Wellenlängen der virtuellen Photonen abhängt.

    • @Karl Bednarik (Zitat): Na, ja, die Elektronen und die up- und down-Quarks, die sind dann eben einfach da. Das ist eine Vereinfachung. Die up- und down-Quarks innerhalb von Neutronen und Protonen existieren selber in einem See von virtuellen Quarks und nehmen an Reaktionen mit ihnen teil und es ist fragwürdig ob man von den up- und down-Quarks im gleichen Sinn sprechen kann wie von Sandkörnern. Sandkörner sind etwas sehr viel realeres und konkreteres als up- und down-Quarks.

        • … die Aussage “die Gebilde sind einfach da” ist unvollständig und damit in dem Sinne falsch, als sie das, was man hilfsweise Realität nennt, nicht vollständig beschreibt.
          1. stellt sich die Frage, was das für “Gebilde” sind. Also woraus sind sie gebildet? Welches Bild vermitteln sie usw…
          2. was heißt “da”? Wo? Nehmen sie einen definierten Ort in einem 3-D-Koordinatensystem ein?

          Ich stimme Herr Holzherr weitgehend zu (Danke übrigens für den Hinweis auf den Baysianamismus) es geht um Information, und das immer mehr. Was ja jüngst auch Bekenstein hier bei Spektrum in seinem Artikel über das Holo-Universum darlegte.

          @ Hr. Holzherr
          >>>diese zeigen Verletzungen der Bell’schen Ungleichungen was darauf herausläuft, dass verborgene Variablen keine Rolle spielen können

          Ja, aber Bell und Bohm hatten meines (rudimentären) Wissens immer Lokalität als Prämisse. Die Frage ist nun, ob dass zulässig ist bzw. ob man nicht ein universales, also nichtlokales Prinzip sinnvoll in die Physik integrieren kann, oder ob sich daraus (wieder) Selbstwidersprüche ergeben.

          Das korrespondiert ein bisschen mit Ihrer Aussage, dass realität durch Wechselwirkung entsteht (der Zusammenbruch der WF). Wenn man das so formuliert, also sozusagen aus dem Blickwinkel unbestimmter, verschränkter Syteme, dann muss man auch fragen, wo die erste Wechselwirkung herkam, denn um Realität via “Zusammenbruch der WF” zu erschaffen, muss es ja schon “Realität” als “Wechselwirkungspol” gegeben haben.
          Und da sind wir wieder beim Urknall, dem Informationsbegriff, Gott usw…
          Und in gewisser Hinsicht auch beim Sinn-Begriff, der m.M.n. im Physik-Kontext durch “Funktionalität” ersetzt werden sollte (welcher Fragestellung dient welcher Begriff), weil “Sinn” etwas anderes ist als “Zweck” meint (was, wäre zu diskutieren); die Begriffe “SInn” und “sinnvoll(es)” Sprechen sind sozusagen hier dysfunktional…

    • Aus einer esoterischen Veranstaltung:

      Mein Handy sendet Wellen aus.
      Virtuelle Photonen schwirren durch die Luft zu meiner Gesprächspartnerin.
      Sie schickt mir virtuelle Photonen zurück.
      Wie mich das glücklich macht.

  24. Liebes Fossilium,

    Sie müssen einfach akzeptieren, dass (auch) Ihre Erkenntnisfähigkeit aus evolutionären Gründen begrenzt ist. Da hilft kein Jammern und kein Klagen, der Mensch ist schlicht nicht dafür ausgerüstet, die wahre Wirklichkeit der physikalischen Welt so zu erfahren und beschreiben zu können, dass alle Fragen geklärt sind. Die meisten Physiker wissen das (und können gut damit leben).

    • Hi Balanus,

      der Mensch ist aber damit ausgerüstet, sich mit schlechten Beschreibungen, unlogischen Behauptungen und inkonsistenten Erklärungen nicht zufrieden zu geben, auch wenn sie ex kathedra mit der Autorität der Wissenschaft verkündet daherkommen, zumal diese Mängel im interdisziplinären Dialog zur Disposition erstellt werden müßten, und sich dann beseitigen ließen.

      Ihre Resignation teile ich nicht.

      Grüße

  25. Martin Piehslinger schrieb (1. Februar 2018 @ 15:23):
    > Wenn mindestens eines der verschränkten Teilchen gemessen ist, sind sie nicht mehr verschränkt (soweit ich es verstanden habe).

    Dann bleibt mir wohl nur ein Hinweis auf meine obigen, hoffentlich noch verständlicheren Darlegungen (30. Januar 2018 @ 16:32)

  26. @fossilium;
    Mit Resignation hat die Aussage von @Balanus nichts zu tun. Es gibt Grenzen der empirischen Erkenntnis, die nicht nur in den Gegebenheiten der Evolution liegen, sondern grundsätzlicher und physikalischer Natur sind. Mit einem Metermaß kann man nicht Zentimeter messen.

    Da wir aus derselben Materie sind wie die Welt, unterliegt unsere Innenwelt denselben Wechselwirkungen wie den Wechselwirkungen mit der Außenwelt. Das ist einerseits die Voraussetzung für die Erkenntnis der Welt überhaupt, andererseits bedeutet es auch Einschränkungen. Die Signale der Außenwelt müssen transformiert werden in Signale des biologischen Organismus. Dabei geht Energie und Information verloren. Insbesondere kann von den biologischen Signalen nicht rückwärts auf die physikalischen Signale der Außenwelt geschlossen werden. Das physikalische Licht hat keine Farben!

  27. @ Balanus

    “wahre Wirklichkeit der physikalischen Welt”

    Wahrheit, Wirklichkeit, Welt (WWW) – auch da scheint mir (eine andere Art) Verschränkung gegeben zu sein.

    @ anton reutlinger

    “Mit einem Metermaß kann man nicht Zentimeter messen.”

    Der Duden sagt, man könne mit einem Metermaß sogar Millimeter messen.

    “Die Signale der Außenwelt müssen transformiert werden in Signale des biologischen Organismus. Dabei geht Energie und Information verloren. […] Das physikalische Licht hat keine Farben!”

    1.) Energie geht nicht verloren.
    2.) Wenn das physikalische Licht keine Farben hat, man solches aber wahrnimmt, könnte man zum Schluss kommen, dass beim Transformieren Information nicht verloren geht, sondern erst entsteht.

    • Wenn man Millimeter messen kann, dann ist es ein Millimetermaß. Dass ein herkömmlicher Zollstock auch eine Millimetereinteilung hat (aber keine Zoll!), ändert nichts an der Gültigkeit meiner Aussage. Um ein Atom zu erkennen, sind sehr viele subatomare Teilchen als Messgerät notwendig.

      Bei einer Transformation kann keine Information hinzukommen, nur verloren gehen. Energie geht ebenfalls verloren, jedenfalls nutzbare Energie, denn eine Transformation benötigt immer Energie. Dass Energie an sich nicht verloren geht, das ist wohl trivial.

  28. Anton Reutlinger,
    Die Grenzen empirischer Erkenntnis sind erreicht, wenn das zugrunde liegende theoretische Gebäude unzureichend ist.
    Noch kein Mensch hat einen Atomkern gesehen und wir reden über ihn , wie über einen Tennisball.
    Noch kein Mensch hat ein Lichtquant gesehen und wir sind sicher, dass es sie gibt.
    Wir haben den Begriff Verschränkung, aber wir wissen nicht, wie sie zu erklären ist.

    Was wir haben sind mathematische Beschreibungen, die stimmen und mit denen sich die Physiker zufrieden geben. Die Öffentlichkeit aber nicht, denn die muss ja die Wissenschaft tragen und bezahlen.

    Wo ist der Ausweg? Der Ausweg ist die Flucht in den Sensationsjournalismus, der großmundig von Anwendungen spricht, die noch nicht einmal ansatzweise möglich sind.
    Quantencomputer, Higgs-Feld, Schwarze Materie? Das ist alles hart an der Grenze zur Spekulation.
    Ich finde es bezeichnend, dass in diesem blog nicht sachlich über die Quantenverschränkung dikutiert wird, noch wird sie erklärt. Stattdessen diskutiert man darüber , ob man mit einem Metermaß Millimeter messen könnte.

  29. Hallo Herr Reutlinger,

    ich wünsche mir ja sehr, daß Sie mal meinen Argumenten widersprechen würden.

    Stattdessen antworten Sie – und Balanus – immer auf Fragen, die ich nicht gestellt habe und Aussagen, die ich nicht gemacht habe. Was ist denn so schön daran, aneinander vorbeizureden ?

    Es geht doch hier nicht um die Erkenntnisfähigkeit des Menschen an sich, über irgend eine Realität an sich, und die Gegenstände darin an sich.

    Es geht darum, ob die Physik in der Lage ist, eine gute und in sich widerspruchsfreie Beschreibung (nicht Erklärung !) ihrer Experimente vorzunehmen. Ich behaupte, die Physik kann kein einziges Quantenexperiment und kein einziges Experiment zur Verschränkung von Teilchen widerspruchsfrei und konsistent beschreiben (ohne die Existenz vieler Welten anzunehmen). Und das liegt nicht daran, daß die Physiker blöd sind, sondern ihre Begriffe sind auf eine modellhafte Beschreibung der Wirklichkeit zugeschnitten, und zwar aus praktischen Gründe, und das ist einerseits gut so, andererseits schlecht, und ich habe mir oben die Mühe gemacht, das detailliert am Beispiel des Feldbegriffs zu begründen

    Mit ihren physikalischen Begriffen kann sie bei der Beschreibung ihrer Experimente nicht operieren, ohne sich in Widersprüche zu verhaspeln. Und darüber müßte sie mal nachdenken. Das ist eine rein methodische, allerdings sehr grundsätzliche Frage, die die Physik nicht angehen will. Oder kennen Sie eine Arbeitsgruppe irgendwo, die das getan hätte ?

    Meinetwegen soll sie es auch bleiben lassen.

    Aber dann sollten Autoren wie dieser und andere Blogschreiber nicht so tun, als hätten die Physiker den heiligen Gral aller Weisheit erschlossen, und die Physik würde als Krone der Wissenschaften von unwiderlegbaren Erkenntnissen über die Welt getragen von Erfolg zu Erfolg eilen.

    Wenn Sie anderer Meinung sind, dann sagen Sie es – und bitte kommen Sie nicht mit der Frage, was ist Realität – und läßt sie sich erkennen – oder ähnlichem wissenschaftstheoretischem Brimborium. Das steht hier nicht zur Debatte. Zur Debatte steht der metaphysische Dilettantismus der Physik, den sie pflegt, als würde ihr dies höhere Weihen schaffen, dabei merkt sie nicht, in welche Sackgassen sie gerät und schon ist.

    Grüße
    Fossilium

  30. Die Wirkung von Kräften der Physik zeigt sich allermeist in Bewegung. Kann man Bewegung beobachten? Nein, das kann man nicht. Bewegung ist ein abstrakter Begriff, der an sich nichts erklärt und nichts beschreibt, sondern als Symbol für gewisse Beobachtungen und Erfahrungen steht. In Wirklichkeit beobachten wir nicht Bewegung, sondern Lichtreflexionen auf unserer Netzhaut, die durch Veränderungen der Winkel in Blickrichtung hervorgerufen werden und dadurch Bewegung vortäuschen.

    Die fundamentale Kritik an Begriffen der Physik kann ich nicht nachvollziehen. Alle Begriffe sind stellvertretende Symbole für unser Verständnis der Welt. Wir lernen die Begriffe und ihre Bedeutung, oder ihre Zuordnung zu Objekten der Welt, in der Kindheit und in der Schule bzw. im Studium. Begriffe können nie eine Realität beschreiben. Dass manche Begriffe besser oder schlechter sind, ist eine andere Sache. Man kann neue Begriffe erfinden, aber damit entkommt man nicht dem grundlegenden Dilemma zwischen einer fiktiven Realität und der menschlichen Welterkenntnis.

    Was liegt zwischen den Quanten der Physik? Unsere Phantasie reicht einfach nicht aus, uns die Welt-an-sich vorzustellen. Teilchen und Welle dienen als Modelle für Objekte der Welt, aber mein Verdacht ist, dass beide nicht wirklich zutreffend sind.

  31. Anton Reutlinger
    “Die fundamentale Kritik an Begriffen der Physik kann ich nicht nachvollziehen”

    Nicht die Begriffe werden kritisiert, sondern ihr Ausschließlichkeitsanspruch und die Leute, die sie als Weisheit letzter Schluss hinstellen.
    Was der Wissenschaft gut anstände, wären Alternativtheorien, die dem Leser die Möglichkeit bieten, sich selbst ein Bild zu machen.
    Schon der Begriff “Schlüsseltechnologie ” in der Überschrift suggeriert, dass das Wohl und Wehe der Physik von der Quantentheorie abhängt. Tut es das? Die Technik interessiert es wenig, wie das Licht verschränkt ist.

    • Sorry, aber Ihre Forderung nach Alternativtheorien ist schlicht Unsinn. Wer soll denn entscheiden, welche Theorie die bessere oder vernünftigere ist, nach welchen Kriterien? Obendrein gibt es schon Alternativtheorien, z.B. die klassische Physik und die Quantenphysik, oder das Wellen- und das Teilchenmodell. Generell werden ältere von neueren Theorien abgelöst, oder spezifische Theorien gehen in allgemeineren Theorien auf.

      Eine Schlüsseltechnologie bezieht sich auf Technologien, nicht auf Theorien und nicht auf die Physik. Auch diese Behauptung von Ihnen ist Unsinn. Aus Theorien können sich neue Technologien ergeben, z.B. Quantencomputer. Der Computer auf Basis der Halbleiterphysik (eine Anwendung der Quantenphysik!) ist schon jetzt die Schlüsseltechnologie überhaupt. Andere Technologien, wie die Kommunikationstechnik, sind ohne Computer kaum mehr vorstellbar.

  32. Anton Reutlinger,
    da haben Sie mich gründlich missverstanden.
    Ich möchte keine 2. Physik, sondern Phantasie in der Physik.
    Vor einigen Jahrzehnten gab es in den USA einen Versuch, Physik und Phantasie zu verbinden.
    https://www.zvab.com/buch-suchen/titel/…ideen/…/good-irving-john-bergtold-fritz/
    Und wenn es gelingt, auch ungaren Ideen Anerkennung zu zollen, dann wird auch die Schulphysik davon profitieren.

    • Um das beurteilen zu können, fehlen Ihnen jegliche Fachkenntnisse. Phantasie ist schön und gut, das gibt es auch in der Physik, siehe Stringtheorie, siehe Dunkle Materie und Energie. Aber Phantasie allein reicht nicht aus. Man muss die Phantasien auch überprüfen und empirisch oder logisch bestätigen können. Ihre Vorschläge und Vorstellungen sind abenteuerlich und irrational.

      Die Naturwissenschaft gibt es nicht auf Speisekarte zur Auswahl nach persönlichem Geschmack. Es reicht, dass es Götter zur Auswahl gibt, mit der Folge fanatischer Glaubenskriege!

  33. Hallo Herr Reutlinger,

    Sie schreiben:
    “Die fundamentale Kritik an Begriffen der Physik kann ich nicht nachvollziehen. ”

    Das ist für mich deprimierend. Weil Sie meine Ausführungen zum Feldbegriff nicht verstanden haben. Was habe ich da falsch gemacht ? Das ist eine wichtige Frage für mich und es würde mir helfen, wenn Sie mir sagen, was daran nicht zu verstehen ist.

    Was ich auch nicht verstehe ist Ihr Satz: “Begriffe können nie eine Realität beschreiben ?”

    Nun ja irgendwie müssen wir ja die Realität beschreiben. Mindestens die im Alltag.
    Und für Physiker spielt sich der Alltag im Labor ab. Da macht er Experimente. Da hat er eine Apparatur und darin spielen sich Vorgänge ab. Also wenn Begriffe keine Realität beschreiben, wie beschreibt er dann die Vorgänge in der Apparatur – mit welchen Begriffen ? Alle unscharf, alle unklar, ja vielleicht kann er gar nichts beschreiben und tut nur so ? Das könnte durchaus hin und wieder der Fall sein.

    Um es ganz einfach zu sagen: ich meine, es gibt gute Beschreibungen und schlechte Beschreibungen. Gute Beschreibungen egal von was, egal mit welchen Begriffen, halten sich an die Regeln der Logik und Widerspruchsfreiheit im beschreibenden Text. Schlechte tun das nicht. ich denke, da stimmen Sie mit mir überein.
    Ist es dann nicht nachvollziehbar, daß die Beschreibung des Phänomens der Verschränkung dann schlecht ist, wenn man den Begriff Verschränkung widersprüchlich verwendet ? Wenn einer sagt – das lesen Sie überall – zwei verschränkte Teilchen fliegen in zwei verschiedenen Richtungen davon, dann ist das gegen die Regeln – weil, sie, wenn sie sich verschränkt haben, nur noch ein einziges Teilchen existiert ! Es gibt nur noch eine Einteilchen-Wellenfunktion, die repräsentiert e i n Objekt. Wie soll das eine Objekt in der Apparatur in verschiedene Richtungen davonfliegen. Das ist auch nicht besser, als wenn ich sage: in meiner Apparatur fliegt ein virtuelles Teilchen von links nach rechts. Nun ja, der heilige Geist vollbringt Wunder jeden Tag.

    Man kann das doch besser machen ! Es gibt bessere Beschreibungen. Die sind metaphysisch anspruchsvoller, die lassen Fragen offen ! Die behaupten nichts, sondern stellen etwas zur Disposition. Das ist üblich in der Philosophie. Darum geht es, eine bessere Beschreibung zu finden. Das ist eine berechtigte Forderung. Warum geben Sie sich mit der widersprüchlichen Welterklärung der Physiker zufrieden ? Weil diese mit wissenschaftlicher Autorität vorgebracht werden ? Diese Autorität beruht auf dem Erfolg in der Anwendung. Die hat aber mit der metaphysischen Welterklärung nichts zu tun. Auf dem Gebiet ist die Autorität nahe Null, jedenfalls bei denen die sich professionell mit Weltbeschreibung befassen, nämlich den Philosophen.

    Ich kann Ihnen nur sagen: Autoritäten, die wirklich Autoritäten sind, verlangen den Widerspruch. Wer nur seinen Senf verteidigt, den können sie abhaken.

    Grüße
    Fossilium

    • Zwei Teilchen bleiben 2 Teilchen, zumal wenn sie örtlich weit voneinander weg sind.
      Sie haben lediglich keine unabhängigen Zustände, sondern bestimmte gemeinsam,
      und das müssen nicht alle Eigenschaften der Teilchen sein, sondern nur ausgewählte.

  34. Hallo Herr Reutlinger,

    “Teilchen und Welle dienen als Modelle für Objekte der Welt, aber mein Verdacht ist, dass beide nicht wirklich zutreffend sind”

    Genau ! Den Verdacht habe ich auch. Also arbeitet die Physik bei ihrer Welterklärung mit Begriffen, die nicht so recht passen. Zu Welle und Teilchen muß man noch Feld, Quant und Verschränkung hinzufügen. Passt alles nicht so wirklich – wirklich nicht.

    So und was machen wir jetzt ?

    Hören Sie den Physikern, wenn sie von Feldern, Quanten und Verschränkungen erzählen, weiter zu und nicken ? Fragen Sie doch einfach mal, was die denn damit meinen. Ob es denn sinnvoll ist, mit diesen fraglichen Begriffen das ganze Universum zu erklären.

    Sie erfahren dabei viel über die Physik als Wissenschaft und die antwortende Person.
    Danach erst ist Respekt angebracht oder nicht.

    Auf diese Weise kommen wir echt weiter.

    Grüße Fossilium

    • Wollen Sie andere Begriffe einführen? Das würde am Problem nichts ändern. Aus diesem Dilemma gibt es kein Entrinnen. Begriffe stehen aber nie allein, sondern sind in ein Netzwerk von Aussagen oder Sätzen eingebettet. Begriffe müssen näher erläutert werden. Aber dazu benutzt man wieder andere Begriffe mit demselben Problem!

      Zwischen “Realität” und Sprache gibt es keine intrinsische Brücke, nur das beständig wachsende Netzwerk der wissenschaftlichen Kultur. Begriffe können nicht widersprüchlich sein, nur Relationen zu anderen Begriffen als Aussagen können das sein.

      Die Verschränkung haben Sie offenbar falsch verstanden. Richtig ist, dass die verschränkten Teilchen ein Ganzes bilden. Falsch ist aber, dass sie nicht in verschiedene Richtungen “fliegen” können. Wie anders sollten sie an verschiedene Orte gelangen? Das ist kein Widerspruch und gerade das, die Nichtlokalität, ist das Wesentliche, das Rätselhafte und Faszinierende daran. Unsere Phantasie oder Vorstellungskraft reicht zur Erklärung dieses Phänomens eben nicht aus.

      Ein mit Hilfe impliziter Definition geschaffenes Gefüge von Wahrheiten ruht nirgends auf dem Grunde der Wirklichkeit, sondern schwebt gleichsam frei, wie das Sonnensystem die Gewähr seiner Stabilität in sich selber tragend. Keiner der darin auftretenden Begriffe bezeichnet in der Theorie ein Wirkliches, sondern sie bezeichnen sich gegenseitig in der Weise, dass die Bedeutung des einen Begriffs in einer bestimmten Konstellation einer Anzahl der übrigen besteht.

      Moritz Schlick (1882-1936), Allgemeine Erkenntnislehre

      • @anton reutlinger / 4. Februar 2018 @ 20:34

        »Falsch ist aber, dass sie nicht in verschiedene Richtungen “fliegen” können. Wie anders sollten sie an verschiedene Orte gelangen?

        Ein verschränktes Teilchenpaar ist prinzipiell als ein quantisiertes Feld mit Partikelzahl 2 zu denken. Die beiden Partikel sind dann überall dort, wo das Feld ist; insbesondere werden sie dabei nicht voneinander separiert und erhalten weder eine bestimmte Position noch eine Richtung, sodass sich tatsächlich nicht sinnvoll sagen lässt, sie würden “in verschiedene Richtungen davonfliegen”. Dieses Feld ist jedoch keine “Einteilchen-Wellenfunktion”, wie @fossilium irrtümlich meint.

    • Man kann sich’s an einem simplifizierten Beispiel vorstellen – verschränkte Photonen:
      die muß man erst mal herstellen, man nimmt ein blaues und ein “Spezialkristall”.
      2*blau kann man aus 1*blau nicht machen, aber 1 grünes und 1 rotes, die sind
      also echt unterschiedlich, ihre Polarisation ist aber verschränkt, also unbestimmt.
      Die schicke ich in unterschiedliche Richtungen, mit den roten beleuchte ich eine
      Katze, die den “versteckten” Fotoapparat nicht sieht. Die grünen schicke ich zum
      Fotoapparat, der die Katze nicht sieht und vorsorglich noch einen Rotfilter hat.
      Es gibt keine Abbildung der Katze, aber zwei Interferenzbilder wegen Superposition.
      Wenn ich das Positiv und das Negativ übereinanderlege, ist die Katze wieder weg.
      Entscheidend ist, daß die Wegeinformation der roten Strahlen gelöscht ist/wird.

        • Ja, man braucht noch einen zweiten blauen Strahl, der die optische Anordnung komplett
          umgeht, ohne daß die Katze es mitkriegt, wegen Löschung des Weges und Interferenz.

  35. @ anton reutlinger

    “Wenn man Millimeter messen kann, dann ist es ein Millimetermaß.”

    Sagt wer? Ist das Ihre persönliche Maßtheorie oder eine “implizite Definition”?

    “Um ein Atom zu erkennen, sind sehr viele subatomare Teilchen als Messgerät notwendig ”

    Man braucht, analaog dazu, sehr viele Submeter (Millimeter) um ein Meter zu erkennen, oder Millimetermaße um ein Metermaß zu erkennen?

    “subatomare Teilchen als Messgerät”

    Was könnte man wohl zurecht als ein Messgerät bezeichnen? Wer könnte denn schon subatomare Teilchen ablesen, wenn er nicht mal ein Atom erkennen kann?

    “In Wirklichkeit beobachten wir nicht Bewegung, sondern Lichtreflexionen auf unserer Netzhaut”

    Was ist denn eine Beobachtung? Ich zumindest habe noch nie eine Lichtreflexion auf meiner Netzhaut beobachtet, wie wäre das auch möglich? Hinschauen kann ich nicht – und laute Geräusche macht eine solche Reflexion ja wohl ebenfalls nicht.

    “Wir lernen die Begriffe und ihre Bedeutung, oder ihre Zuordnung zu Objekten der Welt, in der Kindheit und in der Schule bzw. im Studium.”

    Daher bitte ich Sie, Begriffe auch einfach ihrer Bedeutung entsprechend zu benutzen (dazu gehören Metermaß, Messgerät, Erkennen und Beobachtung). Dann wäre eine inhaltliche Diskussion mit Ihnen nicht immer so mühsam, bzw. könnte eigentlich dann erst richtig stattfinden.

    Was braucht man, um den Zustand eines Quantenteilchens im Quantencomputer zu erkennen, Subquanten? Oder gibt es, um entsprechende Beobachtungen zu ermöglichen, andere Messgeräte?

    Sie brauchen nicht antworten, reflektieren würde reichen. Der nächste Artikel ist schon veröffentlicht.

    • @ Kommentatorenkollege ‘joker’ :

      Der nächste Artikel ist schon veröffentlicht.

      Von Ihnen und in diesem WebLog-Verbund?


      Ansonsten, in der Naturwissenschaft ist es so, dass erkennende Subjekte ausschnittsartig, näherungsweise und an eigene (!) Interessen gebunden Phänomene der Welt erfassen, eine vorangegangene Messtheorie meinend und eine insgesamt ausschnittsartig, näherungsweise und an eigene (!) Interessen gebundene Naturtheorie benötigend, um eben wie beschrieben erfassen zu können.

      Insofern sieht, die jeweiligen Schichten meinend, Dr. Webbaer keine Widersprüche Aussagen von Ihnen, Herrn Reutlinger und vom lieben Fossilium meinend, wohlwollend betrachtet und Konsens herstellend bemüht.

      MFG + schöne Woche,
      Dr. Webbaer

  36. Lieber Herr Reutlinger,

    “Begriffe können nicht widersprüchlich sein.”

    Nein das “Punktteilchen” ist kein widersprüchlicher Begriff ?

    “Richtig ist, dass die verschränkten Teilchen ein Ganzes bilden. Falsch ist aber, dass sie nicht in verschiedene Richtungen “fliegen” können. (nein nein, nicht falsch !) Wie anders sollten sie an verschiedene Orte gelangen? Das ist kein Widerspruch (nein ?) und gerade das, die Nichtlokalität, ist das Wesentliche, das Rätselhafte und Faszinierende daran.

    Also kein Widerspruch ? Aber rätselhaft ? warum rätselhaft, wenn kein Widerspruch ?

    Ich gebs auf. Ich glaube, Sie scheuen die Anstrengung, ein Problem als ein Problem zu benennen und dann anzupacken.

    Sie sind tatsächlich mit allen Widersprüchen im Reinen ! Nicht zu fassen.

    Dann müssen Sie das Nachdenken und Streiten sein lassen. Gehen Sie in Rente und fahren Sie mit Kreuzfahrtschiff herum. Reden Sie – statt mit mir zu streiten – lieber mit alten Autoritäten über deren frühere Heldentaten und über ihre Krankheiten. Oder über das was so im Mainstream los ist, der neuste Quantencomputer oder die neuste Flamme von Justin Timberlake.

    Sie sind dann kurz vor dem geistigen Stillstand, lieber Herr Reutlinger, und das sollte nicht sein. Vielleicht geben Sie sich einen Ruck, und nennen die Dinge einfach mal beim Namen. Das befreit ! Das gibt power ! Sie kriegen den Testosteron-Boost. Probieren Sie das mal. Würde Ihrer Seele gut tun.

    In alter Kommentatoren-Freundschaft
    Fossilium

  37. War jetzt mal wieder wieder zienmlich von oben herab !
    So bin ich aber nicht.
    Es ärgert mich jetzt, ich schreibe schnell und spontan.
    ist ein Fehler von mir.
    Bitte nehmen Sie es mir nicht übel.
    ich glaube nicht, daß ich immer Recht habe, ich tu nur so.
    Grüße
    Gossilum

  38. Die Bedeutung von Begriffen hängt auch von dem Fachgebiet ab. in dem sie verwendet werden.
    Zum Beispiel bedeuten die Begriffe “Substrat” und “Plasma” in der Technik etwas ganz anderes als in der Biologie.
    Wenn man mit einem elektrostatisch aufgeladenen Kamm Papierschnipsel hochheben kann, dann nenn man das “elektrostatisches Kraftfeld”.
    Natürlich hat der Begriff “Kraftfeld” nichts mit Arnold Schwarzenegger und Weizenfeldern zu tun.
    Man könnte auch jede andere Formulierung dafür verwenden, aber das ändert nichts an dem Vorgang selbst.
    —–
    Der Quantenradierer, selbst gemacht:
    http://sammlung.physik.rwth-aachen.de/Versuche/Quantenphysik/Quantenradierer/Anleitungen/Quantenradierer_sdw_2007_7_S68.pdf
    —–
    Die relativ komplizierten Tetraphenylporphyrin-Moleküle, in denen jedes Atom fest auf seinen Platz sitzt, können als Welle gleichzeitig durch zwei verschiedene, relativ zum Moleküldurchmesser weit voneinander entfernte, Spalten fliegen, und dann auch noch mit sich selbst interferieren:
    https://www.univie.ac.at/qfp/research/matterwave/TPPC60F48/index.html

  39. Hi Chrys,

    ich weiß, daß alle möglichen Zustände verschränkt sein können, meine Darstellung ist dahingehend auch mißverständlich, also nennen wir die Wellenfunktion eine Einzustands-Wellenfunktion, statt Einteilchenzustandsfunktion. Das ändert aber nichts an der Frage, was ist das für eine Beschreibung: das Feld mit Teilchenzahl.

    Wenn sich in der Apparatur ein verschränktes Feld mit der Partikelzahl 2 befindet, ist das nur modellhaft beschrieben. Oder sind Sie etwa der Meinung, in der Apparatur wäre tatsächlich genau das Feld mit Teilchenzahl 2 als physikalischer Gegenstand vorhanden ? Als wirkmächtiger Gegenstand ?

    Sie wissen doch genau, daß die Übertragung solcher Modellvorstellungen in die Realität des Labors eine Metapher, eine Krücke, eine semantische Notgeburt ist.

    Gerade Sie haben doch immer gefordert, daß die Physik sich hier mal ein bißchen für was Besseres anstrengen soll. Ich denke, um ihre metaphysisch verwaschenen Begriffe zu vermeiden, muß sie allerdings ins Eingemachte gehen.

    Da könnten Sie mich eigentlich mehr unterstützen, Lieber Chrys, ich bin der einsame Rufer in der Wüste, und Sie verhüllen sich – obwohl einer Meinung mit mir – im Schweigen.

    Grüße Fossilium

  40. Chrys schrieb (6. Februar 2018 @ 00:47):
    > Ein verschränktes Teilchenpaar ist prinzipiell als ein quantisiertes Feld mit Partikelzahl 2 zu denken.

    Diese Formulierung behandelt das Analysatorenpaar (und dessen geometrische Beziehung zueinander) aber äußerst … stiefmütterlich,
    von dem das in Betracht stehende Teilchenpaar wahrgenommen wurde (oder vielleicht auch erst noch würde ? (oder sogar nicht einmal unbedingt noch wahrgenommen werden würde ??)).

    > Dieses Feld ist jedoch keine “Einteilchen-Wellenfunktion”

    Richtig: sicherlich wäre das entsprechende Feld eine (bestimmte ?) (geeignet normalisierte ?) Linearkombination aus (mindestens zwei verschiedenen) Elementen des Tensorprodukt-Raumes zweier (geeigneter ?) Einteilchen-Hilberträume (der sehr abstrakt z.B. als “ℋ_A ⊗ ℋ_B” bezeichnet werden könnte);

    wobei diese Tabelle ggf. solche entsprechenden geeigneten Einteilchen-Zuständen präsentiert, jeweils paarweise bzgl. einer Auswahl von bestimmten [[Basen]]. (In der Tabelle tauchen Bezeichnungen mit Buchstaben wie z.B. “H”, “V”, “R”, “L” auf …)

    Wäre es für die Identifizierung jeweils einer bestimmten derartigen Linearkombination wichtig zu wissen, in welcher [[Transformations]]-Beziehung zumindest eine bestimmte mögliche Basis des Einteilchen-Hilbertraums “ℋ_A” zu mindestens einer bestimmten möglichen Basis des Einteilchen-Hilbertraums “ℋ_B” stünde ??

    Und (Preisfrage):
    Wie ließe sich derlei Wissen erlangen ?
    (Doch wohl kaum allein durch “Anpassen der Buchstaben” ? …)

  41. @fossilium, Frank Wappler

    Das stimmt schon, die Parole von den verschränkten und in verschiedene Richtungen davoneilenden Teilchen wird oft und gerne bedenkenlos ausgegeben. Doch manifestiert sich darin weniger eine Widersprüchlichkeit der Theorie als vielmehr eine Schwierigkeit mancher Theoretiker, ihre Theorie korrekt zu verstehen oder zumindest angemessen zu vermitteln. Immerhin, ein Anton Zeilinger scheint mir davon nicht betroffen. In dem von ihm mitverfassten Review Paper Happy centenary, photon (2005) kann man beispielsweise lesen:

    When analysing quantum interference we can fall into all kinds of traps. The general conceptual problem is that we tend to reify — to take too realistically — concepts like wave and particle. Indeed if we consider the quantum state representing the wave simply as a calculational tool, problems do not arise. In this case, […] the quantum state is simply a tool to calculate probabilities. Probabilities of the photon being somewhere? No, we should be even more cautious and only talk about probabilities of a photon detector firing if it is placed somewhere. One might be tempted, as was Einstein, to consider the photon as being localized at some place with us just not knowing that place. But, whenever we talk about a particle, or more specifically a photon, we should only mean that which a ‘click in the detector’ refers to.


    Besseres als modellhafte Beschreibungen von Phänomenen unter Verwendung theoret. Begriffe, die wir uns als epistemologisches Werkzeug selbst geschaffen haben, darf man sich von der Physik (wie auch anderen empirischen Wissenschaften) meines Erachtens allerdings nicht erhoffen. Wie sonst, wenn nicht vermittels unserer Begriffsbildungen, sollten wir zu Konstatierungen mit intersubjektivem Geltungsanspruch über physikal. Objekte gelangen können? Dazu nier noch ein Zitat von W.V.O. Quine, aus Two dogmas of empiricism (1951):

    As an empiricist I continue to think of the conceptual scheme of science as a tool, ultimately, for predicting future experience in the light of past experience. Physical objects are conceptually imported into the situation as convenient intermediaries—not by definition in terms of experience, but simply as irreducible posits comparable, epistemologically, to the gods of Homer. […] Both sorts of entities enter our conception only as cultural posits. The myth of physical objects is epistemologically superior to most in that it has proved more efficacious than other myths as a device for working a manageable structure into the flux of experience.


    Das hätte eigentlich Heinz von Foerster fast genauso sagen können, sodass sich zwischen dem epistemischen Naturalismus des einen und dem Konstruktivismus des anderen hier praktisch nicht mehr unterscheiden lässt.

  42. Chrys schrieb (11. Februar 2018 @ 13:02):
    > […] Anton Zeilinger [schrieb] (2005) :
    > > […] whenever we talk about a particle, or more specifically a photon, we should only mean that which a ‘click in the detector’ refers to.

    Damit ist zwar nicht gesagt, was ein “detecor” sein soll, und in wie fern ein solcher aus “particles” bestehen könnte, oder sogar müsste.
    Trotzdem bleibt es spannend zu erfahren, ob sich Zeilinger in ähnlicher Weise über Verschränkungen geäußert hat. Auf die Formulierung:

    “Whenever we talk about entanglement of particles or photons, we should only mean that which correlation between ‘clicks in the detectors’ refers to; in the simplest case evaluated as ‘orientation angle between detector channels’.”

    scheint er selbst offenbar noch nicht gekommen zu sein. …

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