Unsterblichkeit – Kommt der menschliche Sieg über den Tod?

BLOG: Beobachtungen der Wissenschaft

Grenzgänge in den heutigen Wissenschaften
Beobachtungen der Wissenschaft

Blog im Rahmen des scilogs-Bloggewitters

(Ergänzter Auszug aus: Lars Jaeger, “Supermacht Wissenschaft – Unsere Zukunft zwischen Himmel und Hölle”, 2017)

Sie lebt im Mittelmeer, trägt den Namen Turritopsis nutricula, ist nicht viel mehr als eine schwebende Glibberscheibe im Wasser. Doch sie hat eine erstaunliche Eigenschaft: Sie ist (solange sie nicht gefressen wird) unsterblich. Denn diese besondere Qualle besitzt ein Zellprogramm, das die übliche  Umwandlung von jungen in differenzierte Zellen wieder umkehrt. Sie „verjüngt“ also ihre Zellen permanent.

Auch so manche Einzeller wie das Pantoffeltierchen haben die Chance, Milliarden Jahre zu leben, weil sie sich immer wieder teilen. Viele Lebewesen sind also potenziell unsterblich. Der Mensch jedoch altert, bis er schließlich stirbt, und dies spätestens mit etwas mehr als 120 Jahren. Doch können nicht vielleicht auch wir in der Zukunft unsterblich werden?

Höher als 64 Jahre und 9 Monate kann die Lebenserwartung des Menschen niemals werden – dies hatte der US-amerikanische Demograf und Statistiker der Versicherungsgesellschaft Metropolitan Life, Louis Dublin, Ende der 1920er-Jahre berechnet. Doch entgegen Dublins Vorhersage ist die durchschnittliche menschliche Lebensdauer in den meisten hoch entwickelten Ländern auf mehr als 80 Jahre angestiegen. Und mit 2,5 Jahren pro Jahrzehnt steigt sie munter weiter. Ihre Verdopplung in den letzten 150 Jahren ist nahezu ausschließlich auf Fortschritte unseres medizinisch-naturwissenschaftlichen Wissens zurückzuführen, worunter auch bessere Hygienestandards, angemessenere Ernährung und umfassendere medizinische Notversorgung zu zählen sind. Wie weit lässt sich die Lebensverlängerung beim Menschen treiben?

Doch warum werden wir überhaupt älter und sterben zwangsläufig irgendwann? Eine genaue Antwort auf diese Frage kann die Wissenschaft überraschenderweise noch immer nicht geben. Keine der verschiedenen Theorien des Alterns ist allgemein anerkannt. Vereinfacht ließe sich sagen, dass mit der Zeit unsere Zellen und Organe einfach ihre Funktionsfähigkeit verlieren. So mancher Genforscher geht heute davon aus, dass sich dieser Prozess aufhalten oder gar umkehren lässt.

Sie glauben, die Möglichkeiten genetischer Manipulationen könnte ein menschlicher Ur-Traum in Erfüllung gehen lassen: der Jungbrunnen ewigen Lebens. Bereits eine der ältesten Dichtungen der Menschheitsgeschichte beschäftigt sich mit dieser Hoffnung: das Gilgamesch-Epos aus dem 3. Jahrtausend v.u.Z. Darin macht sich der sumerische König Gilgamesch auf die Suche nach dem ewigen Leben. Er findet das Geheimnis der Unsterblichkeit schließlich in Form einer Pflanze, lässt sie sich aber, als er sich an einem Brunnen ausruht, im letzten Moment von einer Schlange stehlen. Bekommt der Mensch nun, 4500 Jahre später, diese Pflanze noch einmal in die Hände?

Viele Mediziner und Biologen sind der Auffassung, dass es keine unüberwindbare biologische Grenze für das menschliche Alters gibt. Denn das Altern ist zuletzt nichts anderes als die Folge von Fehlern bei der Zellteilung und -reparatur – verursacht durch mit zunehmendem Alter immer häufiger auftretende Kopierfehler in den Genen. Wenn sich die schadhaften Gene durch Geneditierung-Techniken wie CRISPR/Cas9 „heilen“ lassen, könnte das der entscheidende Durchbruch im menschlichen Kampf gegen das Altern oder gar den Tod sein. Der Internet-Gigant Google investiert bereits mehr als ein Drittel seines Investment-Budgets für Bio-Technologie („life science“) in verschiedene Firmen, die sich der Verlängerung der menschlichen Lebensspanne widmen.

Wie würde das genau funktionieren? Die wohl populärste Theorie des Alterns lautet, dass unser Älterwerden mit den Enden eines jeden DNA-Stranges zu tun hat. Diese Gen-Bereiche nennen Genetiker „Telomere“. Sie lassen sich mit den Kunststoffhülsen an Schnürsenkelenden vergleichen, die diese vor dem Ausfransen bewahren sollen. Biologen beobachten, dass sich die Telomere jedes Mal, wenn sich Zelle teilt, verkürzen. Dies geschieht so lange, bis eine Chromosomen- und damit Zellteilung nicht mehr möglich ist. Damit stirbt die Zelle. Verfügt die Zelle jedoch über ein bestimmtes Enzym, so verkürzen sich die Telomere nicht mehr. Für die Gerontologen (Wissenschaftler, die sich mit dem Prozess des biologischen Alterns beschäftigen) passt es wunderbar, dass sie mit CRISPR/Cas9 Gene wie Buchstabentexte in Word-Dokumenten editieren können. Das könnte die Zellen in die Lage versetzen, dieses besondere Enzym zu erzeugen und sich so beliebig weiter zu teilen.

Auch die Erforschung der Gerontogene (Gene, welche Alterungsprozesse steuern) hat das Ziel vor Augen, unser Leben zu verlängern. Die Genetiker kennen bereits einige Gene, die den Alterungsprozess bei niederen Organismen direkt steuern, wie beispielsweise das „age-1“, das „2daf-2“, das „bcat-1“ und das „clk-1“ Gen. Auch das in der Öffentlichkeit als Methusalem-Gen bekannte „FoxO3“-Gen gehört in diese Gruppe. Durch gezieltes Einfügen, Verändern oder Blockieren dieser Gene konnte die Lebensdauer von Tieren im Labor bereits massiv gesteigert werden.

Parallel zu den Forschungen auf Zellebene arbeiten Biologen und Mediziner auch daran, gleich ganze Ersatzorgane zu züchten. Sobald bestehende Organe in unserem Körper ihre Funktionsfähigkeit verlieren, könnten und entsprechende die Ersatzorgane implantiert werden. So ist das Kultivieren von Organen in Tieren ist längst auf der Agenda der Forscher. Bereits vor über hundert Jahren brachte der Zoologe Ross Harrison außerhalb des Körpers kultivierte Nervenzellen dazu, sich zu teilen. 1972 ließen Richard Knazek und sein Team Leberzellen von Mäusen auf Hohlfasern wachsen. Und nur zehn Jahre später wurde Brandopfern Haut transplantiert, die zuvor aus körpereigenen Zellen gezüchtet worden waren. Ein letztes Beispiel: Im Jahr 1999 gelang es dann das erste Mal, aus embryonalen Stammzellen von Mäusen Nervenzellen zu züchten. Als diese anderen Mäusen eingefügt wurden, die an einer Art Multipler Sklerose erkrankt waren, wurden die Tiere wieder gesund.

Auch können wir Organe bereits drucken. Dies geschieht auf der Grundlage einer kleinen Gewebeprobe und einer 3D-Aufnahme des entsprechenden Organs. Mit körpereigenen „Tinte-Zellen“, die aus Stammzellenkulturen produziert werden, wird das Organ schichtweise aufgebaut (in der 3D-Druck-Terminlogie spricht man auch vom „Rapid-Prototyping-Verfahren“). Bereits heute werden Hüftknochen- und Fußknochen-Transplantate in 3D-Druckern mit einer noch vor wenigen Jahren unvorstellbaren Detailtreue gedruckt.

Mit diesem „tissue engineering“ (Gewebe-Herstellung) steht den Medizinern eine weitere mächtige Methode zur Verfügung: Bisher wurden Spender-Organismen ausdifferenzierte Zellen entnommen und im Labor vermehrt, um damit krankes Gewebe bei einem anderen Patienten zu ersetzen. Das Problem waren bisher jedoch die unvermeidbar auftretenden Abstoßungsreaktionen. Hier kommen die Stammzellen ins Spiel. Ihr Vorteil: Mit ihnen gezüchtetes Gewebe wird vom Immunsystem des Patienten nicht als Fremdkörper eingestuft und daher nicht abgestoßen. Adulte Stammzellen sind multipotent, zum Beispiel kann eine adulte Stammzelle aus der Haut alle Zelltypen generieren, eine Leberzelle oder Blutzelle vermag dies nicht.

Die Kombination aus Gentechnologie, Stammzellenforschung und Nanotechnologie (3D-Druck) könnte unser physisches und mentales Wohlergehen und nicht zuletzt auch unsere Lebenserwartung in bislang unvorstellbare Dimensionen steigern. Wenn wir die Gene, die das Altern der Zellen steuern, gezielt editieren und programmieren, im Labor (oder in Tieren) Ersatz-Organe züchten oder Stammzellen zur Heilung krankhafter Zellen oder Organe einsetzen, so erscheint der Traum von einer weiteren Lebensverlängerung oder gar der Unsterblichkeit des Menschen gar nicht mehr so utopisch. Auch wenn wir die menschliche Unsterblichkeit wohl so bald noch nicht realisieren werden, so wird dieses Projekt sicher auf dem Radarschirm unserer wissenschaftlichen Bemühungen bleiben.

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www.larsjaeger.ch

Jahrgang 1969 habe ich in den 1990er Jahren Physik und Philosophie an der Universität Bonn und der École Polytechnique in Paris studiert, bevor ich am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden im Bereich theoretischer Physik promoviert und dort auch im Rahmen von Post-Doc-Studien weiter auf dem Gebiet der nichtlinearen Dynamik geforscht habe. Vorher hatte ich auch auf dem Gebiet der Quantenfeldtheorien und Teilchenphysik gearbeitet. Unterdessen lebe ich seit nahezu 20 Jahren in der Schweiz. Seit zahlreichen Jahren beschäftigte ich mich mit Grenzfragen der modernen (sowie historischen) Wissenschaften. In meinen Büchern, Blogs und Artikeln konzentriere ich mich auf die Themen Naturwissenschaft, Philosophie und Spiritualität, insbesondere auf die Geschichte der Naturwissenschaft, ihrem Verhältnis zu spirituellen Traditionen und ihrem Einfluss auf die moderne Gesellschaft. In der Vergangenheit habe ich zudem zu Investment-Themen (Alternative Investments) geschrieben. Meine beiden Bücher „Naturwissenschaft: Eine Biographie“ und „Wissenschaft und Spiritualität“ erschienen im Springer Spektrum Verlag 2015 und 2016. Meinen Blog führe ich seit 2014 auch unter www.larsjaeger.ch.

7 Kommentare

  1. Auch Einzeller wie das Pantoffeltierchen haben die Chance, Milliarden Jahre zu leben, weil sie sich immer wieder teilen. Viele Lebewesen sind also potenziell unsterblich.

    Jedes Lebewesen ist potentiell unsterblich.
    Hier muss auch gar nicht auf lebens-zähe sogenannte Grönland-Wale verwiesen werden oder auf Bäume oder andersweitige biologisch erkennbare Geflechte, sondern es darf auch auf reproduktives, sich replizierendes Leben verwiesen werden, das sich eben teilt und vermehrt.
    Die Potenz meint die (Denk-)Möglichkeit.

    Insofern, Nice1!, Zustimmung, abär was nicht geht ist der Eingriff in die Gen-Datenhaltung, ohne besondere Seiteneffekte (das Fachwort an dieser Stelle) in Kauf zu nehmen, denn die Gendatenhaltung hat unter anderem “wegen Komplexität” unverstanden zu bleiben – und diejenigen, denen i.p. sog. “CRISP” geholfen oder “geholfen” wird, werden einen unbekannten Preis zahlen, sofern sie erkennende Subjekte sind, und ansonsten als Abnehmer dieser Leistung.

    Wobei letztlich natürlich Kosten-Nutzen-Rechnungen oder die Risk-Reward-Ratio anzulegen sind.
    So richtig “happy” wird Dr. W an dieser Stelle nicht, auch deshalb nicht, weil es anzunehmenderweise versaut werden wird.
    “Contergan” sozusagen in jeder Beziehung übertreffend.

    Irgendwie ist Dr. W auch Kulturpessimist geworden, auch dank der hiesigen Arbeit im WebLog-Wesen,
    MFG + schöne Woche noch,
    Dr. Webbaer

  2. Ja, am Horizont erscheint plötzlich die Möglichkeit der totalen Macht über das Leben, denn (Zitat von oben): Wenn wir die Gene, die das Altern der Zellen steuern, gezielt editieren und programmieren, dann verstehen und beherrschen wir bald schon den ganzen genetischen Apparat und können dann nicht nur Kühe mit medikamentenhaltiger Milch erzeugen oder humanisierte Schweine für die Xenotransplantation, sondern auch Superviren verglichen mit denen die Pockenviren geradezu harmlos erscheinen. Wenn aber hunderttausende von Bioingenieuren dazu in der Lage sind, dann wird das auch passieren, dann werden einige von ihnen solche selbst fabrizierte, hochinfektiöse und tödliche Viren in Umlauf setzen – darauf können wir Gift nehmen.
    Es ist ganz einfach: Je mehr Einzelne allein mit ihrem Wissen und ihrer Schaffenskraft (Laborarbeit) Unheil, Tod und Zerstörung über die Menschheit bringen können, desto schneller und desto häufiger passiert das auch. In einem Interview mit der CRISPR-Erfinderin Jennifer Doudna sagte diese auf die Frage: Die Methode soll so einfach sein, dass man sie sogar in der Küche durchführen könnte. Doudna: Ja, im Prinzip könnte man das. Frage: Sie könnten es? Doudna: Ja, wahrscheinlich (lacht)
    Das Lachen wird uns mit Sicherheit vergehen, wenn genau das passiert – ausgeführt als Anschlag auf die ganze Menschheit (vielleicht sogar von einem Forscher der es gut meint mit der Erde und die Erde darum von ihren grössten Peinigern, den Menschen, befreien will).

    • Das grundsätzliche Problem mit dem “Genome Editing” besteht darin, dass nicht gewusst, was getan wird.
      An bspw. der Kartoffel kann sich derart noch vglw. locker versucht werden, oder am sogenannten Gen-Reis, Risk-Reward-Überlegungen sprechen eher dafür, aber am Menschen, auch am kranken, derart wahlfrei zu experimentieren, löst zumindest beim einen oder anderen Entsetzen aus.

      Das in diesem Zusammenhang zur Kenntnis genommene rein feminine Interview irritierte hier demzufolge eher, weil nicht auf die Grundsätzlichkeit derartigen Versuchs für die Abnehmerschaft, insbesondere auch auf die sozusagen unglaublichen Risiken desselben hingewiesen worden ist oder hingewiesen werden konnte, von Jennifer Doudna.

      Auch der hiesige dankenswerterweise bereit gestellte WebLog-Eintrag, vergleiche mit – ‘Die Kombination aus Gentechnologie, Stammzellenforschung und Nanotechnologie (3D-Druck) könnte unser physisches und mentales Wohlergehen und nicht zuletzt auch unsere Lebenserwartung in bislang unvorstellbare Dimensionen [Hervorhebung : Dr. Webbaer] steigern.’ – scheint von einer besonderen explizit nicht risiko-aversen Fröhlichkeit geprägt.

      MFG
      Dr. Webbaer

      • Ich sehe ein ganz anderes Problem: Nicht das fehlende Wissen über die Funktion der Gene und die mit diesem Unwissen verbundenen Gefahren, sind für die Menschheit das grösste Problem, sondern genau umgekehrt: Wenn wir immer mehr über die Funktionsweise der Gene wissen und irgendwann sogar alles und wenn wir dann zudem beliebige neue Gensequenzen an den gewünschten Stellen in ein Genom einfügen können, dann wird für uns die Biologie zum Spiel, das wir völlig beherrschen. Nur ist es eine ahistorische Annahme, das werde nur zum guten verwendet. Warum spricht man denn von biologischer Kriegsführung, wenn man nur annehmen müsste der Mensch würde sich im schlimmsten Fall mit genetischen Methoden auf ethisch fragwürdige Weise selbst optimieren. Als wäre das die grösste Gefahr. In Wirklichkeit ist etwas ganz anderes eine sehr grosse Gefahr: Dass einige Bösewichte Gen-Editing bewusst als Waffe einsetzen um 100ete von Millionen Menschen zu vernichten. Ich zweifle keine Sekunde daran, dass genau das passieren wird, wenn jeder der diese Technik beherrscht quasi in seiner Küche selbst ein neues Lebewesen kreiren kann.

        • Ergänzung: Man könnte den Titel dieses Beitrags auch ohne weiteres abändern auf: kommt der menschliche Sieg über das Leben.

        • Wenn wir immer mehr über die Funktionsweise der Gene wissen und irgendwann sogar alles und wenn wir dann zudem beliebige neue Gensequenzen an den gewünschten Stellen in ein Genom einfügen können, dann wird für uns die Biologie zum Spiel, das wir völlig beherrschen.

          Ja, ja, ja, hier wird es mythisch, alleine die Idee, dass ein erkennendes Subjekt, also ein Weltteilnehmer, ‘alles’ in einem bestimmten Zusammhang wissen könnte, ist der Fiktion zuzuordnen.
          KA, wie Ihnen, werter Herr Holzherr bestimmte Konzepte des Wissens (“Erkennens”) beigebracht werden könnte, auch im konstruktivistischen Sinne.
          Sie sind halt ebenso, wie der werte hiesige Inhaltegeber zumindest ansatzhalber, “fröhlich” (unberechtigterweise : optimistisch).
          Ihr Kommentatorenkollege kennt Sie ja bereits aus gefühlten Ur-Zeiten.

          Wobei Dr. W selbst als Sanguiniker nie das Verlangen spürte kultur-pessimistisch zu werden, die Zeiten haben sich geändert.

          Nicht soll medizinischer, sozusagen der Reparatur des hier gemeinten Primaten widersprochen werden, allerdings kann das Sein nicht sein Sein entscheidend beeinflussen, betrachten Sie, werter Herr Holzherr, diese Aussage gerne in ihrer Rekursion als definitorisch. [1]

          MFG
          Dr. Webbaer

          [1]
          Ansonsten würde es in Verfall und Wahnsinn enden.

  3. Ja, die Biologie in den Griff kriegen bedeutet das Alter in den Griff kriegen und letztlich den Tod besiegen, denn es sind biologische Programme, die Altern und Tod bestimmen. Allerdings dürfte es schwieriger sein, Menschen ein sehr langes Leben bei voller Gesundheit zu verleihen als etwa der Qualle Turritopsis nutricula, die sich unbegrenzt regenerieren und erneuern kann, denn hochdifferenzierte und stoffwechselarme Gewebe wie Knorpel, Zahnschmelz oder die Augenlinse (Organe, die es bei einer Qualle nicht gibt) regenerieren sich von Natur aus schlecht. 200 Jahre alt werden mit kaputten Hüft- und Kniegelenken und ohne Zähne ist nicht wirklich attraktiv. Nur schon gesund alt werden ist beim Menschen deshalb eine Herausforderung. Und da sind nicht nur die Abnützungserscheinungen. Es gibt auch noch das Problem der Neubildungen, der benignen und malignen Tumoren. Eine Heilungsmöglichkeit von degenerativen, entzündlichen und Neubildungskrankheiten würde das Leben vieler Menschen jedenfalls bereits stark verbessern und die Humanmedizin umwälzen. Und das ohne Konsequenzen für die gesamte menschliche Gesellschaft, die zu erwarten wären, wenn Menschen hunderte von Jahren alt würden.
    Gut am Beitrag von Lars Jaeger finde ich auch die Konzentration auf die Biologie, vor allem die körpereigene Biologie. Tatsächlich ist ein Organersatz mit einem tierischen oder menschlichen Organ wohl auf absehbare Zeit besser als ein Kunstorgan und am besten ist der Ersatz mit körpereigenem Gewebe, das etwa in einem Gastorganismus oder im Labor heranwächst oder dessen Zellen mit einem Biodrucker in die richtige Form gebracht werden.
    Dagegen erscheinen mir die oft gehörten Cyborg-Visionen, in denen wir Hybride von Biologie und Technik werden, weit weniger attraktiv. Biologie, vor allem körpereigene Biologie ist quasi die beste Technologie, die uns zur Verfügung steht. Implantierte Maschinenteile dagegen sind bis zu einem gewissen Grade immer inkompatibel. Sie müssen zudem gewartet und auch wieder ersetzt werden. Warum soll man sich das antun, wenn es auch rein biologisch und sogar nur mit körpereigenem Gewebe geht.

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