Wenn es Nacht wird auf dem Königstuhl

BLOG: Astronomers do it at Night

…und auch tagsüber
Astronomers do it at Night

… dann öffnen sich auf der Landessternwarte und im Elsässer-Labor des benachbarten Max-Planck-Instituts für Astronomie die Kuppeln und die Wissenschaftler beginnen mit ihren Beobachtungen. Naja, nicht ganz, aber so stellt sich so mancher den Alltag eines Astronomen vor. Die Wirklichkeit sieht allerdings ein klein wenig anders aus. Lassen wir es also dunkel werden über Heidelberg, und schauen wir mal, was so passiert.

Ein letzter Sonnenstrahl am Westhorizont

Tatsächlich arbeiten viele Astronomen bis in die späten Abendstunden hinein, aber ihr Arbeitsplatz ist meist ein Schreibtisch mit einem Computer darauf, das ganze in einem besonders zu dieser Jahreszeit gemütlich warm beheizten Büro und nicht in einer kalten Kuppel. Und irgendwann hat auch der hartnäckigste Langschläfer, der vormittags erst gegen 10 oder 11 Uhr kommt, Feierabend und geht heim. Astronomie, so kann man dennoch guten Gewissens sagen, ist heutzutage ein Job mit ganz normalen Arbeitszeiten. Wer nicht gerade ausschließlich mit theoretischen Modellrechnungen beschäftigt ist, dessen Arbeit basiert zwar noch immer auf Beobachtungen des Himmels, aber sogar wenn man seine Beobachtungsdaten selbst aufgenommen hat, dann nehmen die Beobachtungen nur einen kleinen Teil der Arbeitszeit ein. Viel, viel länger ist man häufig mit der Auswertung der Daten beschäftigt. Um Bilder vom Rohzustand in eine vorzeigbare Form bringen oder grafische Darstellungen von Spektren und Lichtkurven zu erzeugen (die sogenannte Datenreduktion), muß man eben nicht nachts arbeiten – genausowenig wie für deren Analyse.

Kaum ist die Sonne weg, gehen die Lichter an

Hinzu kommt: Astronomische Daten werden heutzutage an Observatorien aufgenommen, die weit weg sind, zum großen Teil sogar aus dem Weltraum, wie zum Beispiel mit dem Hubble Space Telescope. Deutschland als Standort für astronomische Beobachtungen hat ausgedient, aus mehreren Gründen: Da ist zum einen das Wetter, der Großteil der Nächte ist hierzulande eben doch bewölkt. Zum anderen ist da die Lichtverschmutzung. Weite Teile Europas sind durch das Meer von Leuchtreklamen und Flutlichtanlagen der Städte für wissenschaftlich nutzbare Himmelsbeobachtungen unbrauchbar geworden. Amateurastronomen fahren mit ihren transportablen Fernrohren oft Dutzende Kilometer weit, um den Lichtglocken der Städte zu entkommen. Sternwarten stehen aber nunmal dort wo sie sind und können nicht in dunkle Gegenden ausweichen. Wissenschaftliche Einrichtungen mit einer über 100 Jahre währenden Historie wie die Landessternwarte sind oft zu Zeiten errichtet worden, in denen man nie damit gerechnet hätte, daß die Beleuchtungssituation derart ausarten würde.

Schon in der Dämmerung hell erleuchtet: Heidelberg und das im Hintergrund liegende Mannheim

Von der Aussichtsplattform des Max-Planck-Instituts sieht man leicht das ganze Ausmaß der Lichtverschmutzung. Die gesamte Rheinebene ist des nachts ein einziges Lichtermeer, daß den Himmel hoch über den Horizont aufhellt. Gestern Abend habe ich mich mal mit Kamera und Stativ bei starkem Wind dort oben plaziert um mal zu dokumentieren wie es nach Sonnenuntergang dunkel und gleichzeitig wieder hell wird.

Die Lichtglocke von Mannheim erhellt den Himmel weithin sichtbar

Tatsächlich war es in der vergangenen Nacht aber auch klar, und so habe ich nicht nur meine Fotoausrüstung mitgebracht, sondern auch ein Teleskop. Allerdings weder meinen großen Dobson noch meine beiden Refraktoren, sondern eines der 15 transportablen Geräte, die das Haus der Astronomie dank der Unterstützung der Wilhelm und Else Heraeus Stiftung für Schülergruppen zur Verfügung hat. Tatsächlich hat es auch der aufgehellte Westhimmel nicht geschafft, mir die Freude beim Anblick des Orionnebels in dem feinen parallaktisch montierten Vierzöller zu verleiden. Mars stand hoch am Himmel, und auch wenn er durch seine große Oppositionsentfernung derzeit kein besonders dankbares Beobachtungsobjekt ist, kann man in den Momenten ruhiger Luft doch das eine oder andere Detail ausmachen.

Den Orion fest im Blick: Sterne im Lichtsmog

Teleskope wie dieses sind es, mit denen am Haus der Astronomie Schüler und Lehrer auf Entdeckungsreise am Sternhimmel gehen werden – zusammen mit den größeren Geräten in den Kuppeln von Landessternwarte und Max-Planck-Institut. Und zu entdecken gibt es dort oben am Himmel immernoch einiges, nicht nur tagsüber für die Astrophysiker mit ihren Computern.

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Astronomin in vielerlei Hinsicht, so könnte man mich mit wenigen Worten beschreiben. Da ist zunächst einmal die Astrophysikerin, die an der Hamburger Sternwarte über die Aktivität von Sternen promoviert und dabei hauptsächlich mit den Röntgensatelliten Chandra und XMM-Newton gearbeitet hat, aber auch schon am Very Large Telescope in Chile beobachten durfte. Auslöser ihres beruflichen Werdegangs war ein engagierter Lehrer, dessen Astronomie-AG sie ab der 7. Klasse besuchte. Ungefähr zur selben Zeit erwachte auch die Hobbyastronomin, die anläßlich des Einschlags des Kometen Shoemaker-Levi 9 auf den Jupiter begann, mit einem russischen Feldstecher vom Flohmarkt den Tanz der Jupitermonde zu verfolgen. Heutzutage freut sie sich über jede Gelegenheit, mit ihrem 16-zölligen Dobson tief im Odenwald fernab der Lichter der Rheinebene auf die Jagd nach Deep-Sky-Objekten zu gehen. Und da Amateurastronomen gesellige Wesen sind, treffe ich mich gerne mit Gleichgesinnten, zum Beispiel zum gemeinsamen Beobachten. Auch nach meinem Umzug von der Großstadt Hamburg in das schöne Universitätsstädtchen Heidelberg halte ich engen Kontakt zu meinen Vereinskameraden von der Hamburger Gesellschaft für volkstümliche Astronomie und dem Astronomieverein meiner Jugend, dem Arbeitskreis Sternfreunde Lübeck. Seit einigen Jahren bin ich außerdem in dem Internetforum Astrotreff aktiv, wo ich Teil des Moderatorenteams bin. Um meine Faszination an der Astronomie an andere weitergeben zu können, besonders an Kinder und Jugendliche, habe ich mich seit Jahren in der Öffentlichkeitsarbeit engagiert, habe populärwissenschaftliche Vorträge gehalten und Schülergruppen betreut, die in Hamburg das Institut besucht haben. Diese Leidenschaft habe ich nun zu meinem Beruf gemacht. Hier in Heidelberg arbeite ich in einem kleinen aber feinen Team am Haus der Astronomie. Hiermit lade ich Sie ein, lieber Leser, an all diesen Facetten meines Astronomendaseins teilzuhaben. Mal witzig, mal spannend oder nachdenklich, manchmal auch persönlich oder mit Aha-Effekt. Carolin Liefke

10 Kommentare

  1. Lichtverschmutzung im Bilde festhalten

    Hallo Stefan,

    wann wird Licht zuviel Licht und damit zur Lichtverschmutzung? Astronomen sind auf das Thema natürlich sensibilisiert, Tierschützer auch. Hinzu kommen Psychologen und Mediziner, die die Auswirkungen von 24-Stunden-Dauerlichteinwirkung auf den Menschen untersuchen. Aber wie ist es mit dem ganz normalen Stadtbewohner, der sich nunmal auf dem Nachhauseweg sicherer fühlt, egal ob die Starßenlaterne in den Himmel statt nach unten leuchtet. Er erfreut sich an beleuchteten Kirchen und Burgruinen, daß die Beleuchtung nachts um 3 Uhr von niemandem mehr registiert wird, daran denkt er nicht.

    Es geht ja auch nicht darum, das Anschalten jeder Lampe unter Strafe zu stellen, sondern einfach, sich zu fragen ob ein bestimmter Flutlichtscheinwerfer oder eine Leuchtreklame wirklich Sinn macht, auch vom energietechnischen Sinne. Es ist wohl so ähnlich wie mit den Benzinpreisen, sie steigen und steigen und trotzdem denkt kaum ein Autofahrer daran ob man nicht sparsamer damit umgehen könnte. Tatsächlich wird im Falle von Beleuchtung durch Energiesparlampen und LED-Technik sogar noch gegenteiliges vorgegaukelt.

    Insofern sind solche Fotos der Lichter einer Stadt bei Nacht tatsächlich zum einen schön anzusehen, zum anderen zeigen sie uns, wo man noch etwas tun kann.

    Noch ist Zeit, beim Umweltdialog des Bundesministeriums für Umwelt und Naturschutz mitzumachen, auf den ja auch Jan Hattenbach schon hingewiesen hat:
    http://mitreden-u.de/node/471

  2. Bei uns in Printen-City werden natürlich auch historische Gebäude beleuchtet, meist von unten nach oben, was auf Lichtverschmutzungstechnischer Sicht nicht optimal ist. Aber erstens geschieht das relativ dezent, zweitens werden die meisten(?) dieser Beleuchtungen zu späterer Stunde abgeschaltet. Ich finde das eine gute Kompromisslösung. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Problem Lichtverschmutzung auch bei denen bekannt ist, die solche Beleuchtungen planen. Denn diese könnten auch ein Vorbild für die vielen, vielen privaten Beleuchter sein… Leider ist es damit noch nicht besonders weit.

    Insofern ist die Sensibilisierung von Politik und Öffentlichkeit so enorm wichtig. Hier können (Hobby UND Profi-)Astronomen und Astronomie-Kommunikatoren 😉 eine Menge tun.

    Die BMU-Aktion ist eine gute Gelegenheit dazu. Wer noch nicht mitgemacht hat, der hat nur noch bis zum 17.3. Zeit!

  3. Lichtverschmutzung

    Aus eigener Erfahrung empfehle ich den Umzug nach Namibia, in die Wüste Namib. Keine Leuchtreklamen weit und breit 🙂
    Ist auch für denjenigen eine Reise wert, der sich nicht sonderlich für Astronomie interessiert.

  4. Danke.

    Liebe Carolin

    Das sind in der Tat schaurig-schöne Bilder. Sie illustrieren sehr gut am “lebenden Objekt”, was Lichtverschmutzung ist und wohin das noch führen kann.

    In der Münchner Innenstadt sieht man noch weniger…

    Um den Blick beneide ich Dich dennoch – habe ihn Jahre lang genossen und vermisse ihn.

    Beste Grüße,
    Andreas

  5. kalt

    Kann man den klaren Sternenhimmel bei dieser Kälte eigentlich genießen? Oder wird Dir bei diesem Anblick so warm ums Herz?

  6. windig

    Als (Amateur)astronom ist man entweder von Natur aus abgehärtet gegen Kälte oder man gewöhnt sich daran. Bei Führungen an der Hamburger Sternwarte war mir nie kalt, während ich genau wußte, daß ich Besucher im Winter besser nicht länger als eine halbe Stunde an den Teleskopen frieren lasse.

    Wenn ich mit meinem eigenen Teleskop unterwegs bin, dann darf sich so eine Beobachtungsnacht auf bei tiefen Minusgraden auch mal gerne über mehrere Stunden hinziehen. Trotzdem genieße ich es natürlich auch danach wieder ins Warme zu kommen.

    Als ich die Fotos gemacht habe, war das Problem übrigens weniger die Kälte sondern der heftige Wind auf der Dachterasse. Trotz Stativ sind viele der langbelichteten Aufnahmen einfach verwackelt, und unangenehm war es auch.

  7. Kälteresistente Astronomen?

    >Als (Amateur)astronom ist man entweder
    >von Natur aus abgehärtet gegen Kälte oder
    >man gewöhnt sich daran.

    *Grins* Na, dann war der Astronom, den ich in Deidesheim getroffen hab, die berühmte Ausnahme von der Regel. 🙂

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