Sternwartenfest auf der Sternwarte Peterberg

BLOG: Astronomers do it at Night

…und auch tagsüber
Astronomers do it at Night

Als Astrophysikerin bin ich schon viel herumgekommen: Ich war auf internationalen Workshops und Fachkonferenzen, habe Kollegen von anderen Instituten besucht mit denen ich zusammenarbeite oder bin zum Beobachten an eines der großen Observatorien gefahren. Manchmal wird man auch eingeladen anderswo einen Vortrag über seine Arbeit zu halten – in dieser Mission war ich am vergangenen Samstag dem 5. September auf dem Sternwartenfest der Sternwarte Peterberg im Saarland.

Vorträge über meine Arbeit habe ich schon so einige gehalten, die meisten allerdings vor Fachpublikum, ziemlich speziell und auf Englisch. Aber auch "ganz normale" Leute interessieren sich dafür, wie der Alltag eines Berufsastronomen aussieht und worüber genau man forscht. Schon 2002 habe ich das erste Mal in einem öffentlichen Vortrag darüber berichtet. Damals war ich erst Studentin im zweiten Studienjahr und hatte seit einem Jahr einen Job als studentische Hilfskraft an der Hamburger Sternwarte. Ich hatte damals also erst kurz in das Wissenschaftlerleben hineinschnuppern können, konnte aber trotzdem meinen Zuhörern schon die Unterschiede zwischen Amateur- und Profiastronomie schildern. Bei solchen Gelegenheiten zeigt sich dann, daß sich viele Menschen die Tätigkeit eines Berufsastronomen noch immer so vorstellen, wie sie es vor vielleicht 100 Jahren oder noch früher mal gewesen ist: des Nachts in der kalten Kuppel am Teleskop sitzend anstatt tagsüber vor dem Computer.

Besucher tummeln sich am Sternwartenfest um die Sternwarte Peterberg

Seit drei Jahren kann ich meine Schilderungen über das Astrophysikerdasein mit Erfahrungsberichten über meine Besuche beim Very Large Telescope der ESO in Chile würzen. Zweimal war ich inzwischen als Gastbeobachter dort, zuerst im Mai 2006 und dann nochmal im März diesen Jahres. Dienstreise hin oder her, eine solche Tour macht man natürlich nicht ohne die Teleskope und den ganzen Rest mit der Kamera einzufangen. Mein reich bebilderter Erlebnisbericht über Flares auf aktiven M-Sternen, meine Beobachtungen am Paranal und was wir daraus über diese teils gigantischen Helligkeitsausbrüche gelernt haben, zieht inzwischen langsam von Lübeck und Hamburg mit mir in die weite Welt hinaus. Und so wunderte es mich nicht wirklich, daß man sich nach meiner Einladung an die Sternwarte Peterberg für eben dieses Thema aus meinem Vortragsrepertoire entschied. Geehrt fühlte ich mich dann aber doch, als sich herausstellte, daß es nicht nur ein einfacher Vortragsabend werden sollte, sondern der Festvortrag des jährlichen Sternwartenfestes. Die "Tagesordnung" las sich wie eine Mischung aus Galaveranstaltung und Vereinsfest, mit mehreren Vorträgen und Beobachtungsmöglichkeit, dazu Speis und Trank vom Schwenkgrill und einer reich bestückten Kuchentheke. Geladen waren nicht nur die Mitglieder des Vereins der Amateurastronomen des Saarlandes (VAS) e.V., die die Sternwarte betreiben, sondern auch die breite Öffentlichkeit.

Jedes Jahr kommen mehrere Tausend Besucher zu der 1997 fertiggestellten Sternwarte auf dem gleichnamigen Berg im saarländischen Teil des Hunsrücks, und das obwohl die nächsten größeren Orte wie Trier, Kaiserslautern und Saarbrücken allesamt ein ganz schönes Stück entfernt liegen. Die Sternwarte selber kann sich sehen lassen: zwei Kuppeln, ein Vortragsraum und eine Beobachtungsplattform für mobile Geräte. Das C14 auf der schweren Knopf-Montierung in der Hauptkuppel würden die VASler allerdings gerne gegen ein neues Teleskop der Halbmeterklasse austauschen, das photographisch besser nutzbar ist. Deshalb ist man auf der Suche nach Spiegelpaten zur Finanzierung des Projektes, mit Sicherheit der Hauptgrund die Öffentlichkeit zum Sternwartenfest zu laden. Auch eine Landespolitikerin ließ sich am Nachmittag kurz blicken um sich die Sternwarte anzuschauen.

Peter Lukas versucht mit dem Hα-Teleskop die Sonne in den Wolkenlücken zu erwischen

Mein Bekannter Peter Lukas führte mich und meine Freundin und Kollegin Natalia Lewandowski natürlich ebenfalls herum und baute dann seinen selbstgebauten 16" Dobson auf der Plattform auf. Unsereiner machte in der Zwischenzeit Bekanntschaft mit den Saarländern. Den Sonnenbeobachtern machte das Wetter leider einen Strich durch die Rechnung, nur selten kam unser Tagesgestirn am Nachmittag zwischen den Wolken hervor. Zeitweilig mußten die Kuppeln sogar wegen Nieselregen geschlossen werden. Mein Part begann abends um 20 Uhr. Der Vortragsraum platzte aus allen Nähten, und das obwohl die Vereinsmitglieder selber schon vorsorglich draußen geblieben waren. Nach einer guten Stunde konnte ich mein begeistertes Publikum nach draußen entlassen, wo es inzwischen dämmerte. Problemlos fanden sich nocheinmal genug Zuhörer, um den Vortragsraum ein zweites Mal zu füllen. Das erinnerte mich an alte Zeiten an der Hamburger Sternwarte, wo ich meine Kindervorträge teilweise dreimal hintereinander gehalten habe und die Besucher trotzdem noch auf dem Waschbecken in der Ecke nach Sitzplätzen suchten. Nach Vortrag Nummer zwei konnte ich die Gäste bedenkenlos diesesmal an die Teleskope entlassen. Der Himmel war aufgeklart, Mond und Jupiter standen gut sichtbar am Himmel und luden zum Beobachten ein. Ein schöner Abschluß für diesen Tag.

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Astronomin in vielerlei Hinsicht, so könnte man mich mit wenigen Worten beschreiben. Da ist zunächst einmal die Astrophysikerin, die an der Hamburger Sternwarte über die Aktivität von Sternen promoviert und dabei hauptsächlich mit den Röntgensatelliten Chandra und XMM-Newton gearbeitet hat, aber auch schon am Very Large Telescope in Chile beobachten durfte. Auslöser ihres beruflichen Werdegangs war ein engagierter Lehrer, dessen Astronomie-AG sie ab der 7. Klasse besuchte. Ungefähr zur selben Zeit erwachte auch die Hobbyastronomin, die anläßlich des Einschlags des Kometen Shoemaker-Levi 9 auf den Jupiter begann, mit einem russischen Feldstecher vom Flohmarkt den Tanz der Jupitermonde zu verfolgen. Heutzutage freut sie sich über jede Gelegenheit, mit ihrem 16-zölligen Dobson tief im Odenwald fernab der Lichter der Rheinebene auf die Jagd nach Deep-Sky-Objekten zu gehen. Und da Amateurastronomen gesellige Wesen sind, treffe ich mich gerne mit Gleichgesinnten, zum Beispiel zum gemeinsamen Beobachten. Auch nach meinem Umzug von der Großstadt Hamburg in das schöne Universitätsstädtchen Heidelberg halte ich engen Kontakt zu meinen Vereinskameraden von der Hamburger Gesellschaft für volkstümliche Astronomie und dem Astronomieverein meiner Jugend, dem Arbeitskreis Sternfreunde Lübeck. Seit einigen Jahren bin ich außerdem in dem Internetforum Astrotreff aktiv, wo ich Teil des Moderatorenteams bin. Um meine Faszination an der Astronomie an andere weitergeben zu können, besonders an Kinder und Jugendliche, habe ich mich seit Jahren in der Öffentlichkeitsarbeit engagiert, habe populärwissenschaftliche Vorträge gehalten und Schülergruppen betreut, die in Hamburg das Institut besucht haben. Diese Leidenschaft habe ich nun zu meinem Beruf gemacht. Hier in Heidelberg arbeite ich in einem kleinen aber feinen Team am Haus der Astronomie. Hiermit lade ich Sie ein, lieber Leser, an all diesen Facetten meines Astronomendaseins teilzuhaben. Mal witzig, mal spannend oder nachdenklich, manchmal auch persönlich oder mit Aha-Effekt. Carolin Liefke

1 Kommentar

  1. Ein toller Bericht

    Eine Berichterstattung in dieser Art lässt sich prima lesen, der Schreibstil lässt einen förmlich am Sternwartenfest teilhaben.

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