Radioteleskop Effelsberg: Ein Blick hinter die Kulissen
BLOG: Astronomers do it at Night
Über die Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft in Bonn hat Jan Hattenbach ja schon berichtet und auch Florian Freistetter hat fleißig live Bericht erstattet. Ich war ebenfalls dort – so wie mehr als 350 andere Wissenschaftler auch – habe aber während der Konferenz nicht so recht die Zeit gefunden zu bloggen. Aber das läßt sich ja nachholen, und beginnen möchte ich mit dem Beginn der Konferenz, oder besser gesagt eigentlich sogar davor. Am Montag hatten die Konferenzteilnehmer nämlich die Gelegenheit, das Radioteleskop Effelsberg zu besichtigen, das das Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn 40km südlich der Stadt in der Eifel betreibt.
Das stattliche, strahlend weiß gehaltene Teleskop mit seinen 100m Durchmesser – bis vor wenigen Jahren war es das größte bewegliche Radioteleskop der Welt – ist mit Sicherheit in der Öffentlichkeit Deutschlands bekanntestes astronomisches Observatorium. Das ist umso erstaunlicher wenn man bedenkt, daß der Standort ja doch recht abgelegen ist – und das Teleskop selber für "normale" Besucher gar nicht zugänglich ist. Dennoch finden täglich oft sogar mehrere Gruppen dorthin, von Schulklassen bis hin zum Betriebsausflug oder Rentnerkaffeefahrten.
Der Weg, wahlweise als kurzer Planetenweg vom zentralen Parkplatz, als längerer Milchstraßenwanderweg oder als Galaxienwanderweg aus einem der Nachbarorte ausgeführt, endet für sie an einem Besucherzentrum, dessen Äußeres wirkt, als wäre es aus Teilen errichtet worden, die beim Bau des Teleskops 1968 bis 1971 übriggeblieben sind. Dort wartet meist Norbert Junkes vom MPIfR, der in einem Vortrag ausführlich und mit viel Humor über die Geschichte des Teleskops und über Radioastronomie allgemein berichten kann.
Die Aussicht auf das Teleskop von dem Platz am Besucherzentrum macht Lust auf mehr, doch schon nach wenigen 100 Metern steht man vor einem verschlossenen Tor. Wir dagegen durften hindurch und passierten zunächst die beiden im Vergleich zu dem imposanten Teleskop selber etwas merkwürdig anmutenden Antennenfelder des Low Frequency Arrays LOFAR. LOFAR ist ein astronmisches Radiointerferometer mit Stationen in mehreren europäischen Ländern, konzentriert auf die Niederlande. Es mißt in den Frequenzbereichen 20-80 und 110-240 MHz, in unmittelbarer Nähe des UKW-Bereichs. Das große Teleskop selber, das inzwischen in unmittelbare Nähe gerückt ist, arbeitet bei höheren Frequenzen bis in den Gigahertzbereich.
Am Fuße des Teleskopes angekommen, wird auch einsichtig warum Besuchern der Zugang verwehrt wird, ist hier doch schließlich auch tagsüber Betrieb. Zwar verharrt das Teleskop meist im Ruhezustand, solange die Sonne über dem Horizont ist, aber es werden dauerhaft Routinemessungen, Tests und Reparaturarbeiten vorgenommen. Ähnlich wie der Eiffelturm oder die Golden Gate Bridge muß das Teleskop jährlich auch in Teilen neu gestrichen werden: Die weiße Farbe dient vornehmlich der Unterdrückung von Störstrahlung durch Aufheizung.
Um eben möglichst wenig von (oft künstlichen) terrestrischen Radioquellen beeinflußt zu werden, befindet sich das Teleskop auch genau dort wo es ist, nämlich eingebettet in ein tiefes Tal, aber mit freier Südsicht. Gedreht wird der gut 3200 Tonnen schwere Koloß in Azimut auf einer großen Schiene, die Höhenverstellung befindet sich in luftiger Höhe von gut 20m über dem Erdboden. Von der Plattform aus schaut man direkt auf das Gebäude des Kontrollzentrums am Hang des Berges gegenüber.
In das Innere der sich nocheinmal 30m höher befindlichen Radioschüssel hat man auch unsere Gruppe nicht hineingelassen, dafür aber in den Unterbau des Teleskops, wo alle Daten- und Steuerungskabel zusammenlaufen. Zum Abschluß ging es in den Kontrollraum, wo man das Teleskop und die Empfänger für die verschiedenen Frequenzbereiche ansteuert und die Beobachtungen mit anderen Radioteleskopen weltweit koordiniert. Das Effelsberger Teleskop ist nämlich Bestandteil des "Very Long Baseline Interferometry"-Netzwerks VLBI, bei dem man wenn nötig Radioteleskope über den ganzen Erdball verteilt zu einem großen Interferometer zusammenschalten, oder besser gesagt die Daten, die die einzelnen Teleskope aufnehmen, miteinander korrelieren kann.
Wer sich selbst einmal Teleskop und Steuerungszentrale aus nächster Nähe anschauen möchte, dem sei empfohlen, einen der alle paar Jahre stattfindenden Tage der offenen Tür abzupassen – oder Radioastronom zu werden 🙂
Weitere Bilder gibt es bei Facebook.
Gliese 581
Nur so ne Idee…
Wahrscheinlich geht so was im Rauschen unter…
Aber wenn es dort eine Atmosphere gibt dann gibt es sicher auch Gewitter und ein Blitz ist ein relativ starker Sender der mit Radioteleskopen empfangbar sein könnte… Anhand der Signatur des Blitzes könnte man auf die Atmosphere schließen denn verschiedene Gase erzeugen eigene signaturen bis in den Gigahertz-Bereich hinein…
MfG
Radiosignaturen von Sternen und Planeten
Die Idee ist gar nicht so verkehrt. In unserem Sonnensystem sind die großen Gasplaneten Jupiter und Saturn altbekannte Radioquellen, und das nicht zu knapp. Die Radiostrahlung wird dabei aber hauptsächlich durch Teilchen verursacht, die an den Feldlinien der starken Magnetfelder entlangspiralen, bis sie auf die Planeten selbertreffen. Es gibt dort auch richtige “Radiostürme”, die meist mit Polarlichtern einhergehen, ähnlich wie auf der Erde auch.
Einziges Problem bei der Sache ist natürlich, daß wir gar nicht sagen können, woher genau die Radiostrahlung denn käme, wenn man aus der Richtung von Gliese 581 etwas messen würde. Es gibt ja insgesamt (mindestens) sechs Planeten – und dann ist da ja auch noch der Stern selber. Unsere Teleskope sind nicht in der Lage, die Planeten direkt zu sehen und aufzulösen, weder im sichtbaren Licht, noch im Radiobereich. Gliese 581 selber ist ein M-Zwerg, ein inaktiver zwar, trotzdem kann auch er selbst Radiostrahlung aussenden. Sterne können Radiostrahlung aussenden, die um ein vielfaches stärker kann als die Signale die wir von Planeten bekommen. Selbst wenn wir von dort ein Signal messen würden, könnten wir also nicht sagen, ob es ein Ausbruch auf dem Stern oder ein atmosphärisches Ereignis auf einem der Planeten ist. Am wahrscheinlichsten wäre es jedenfalls, daß ein solches Signal vom Stern selber stammt.
Ausweg: Nulling-Interferometrie
Um dieses Problem anzugehen, wurde die Satellitenmission “Darwin” vorgeschlagen, die mittels Nullimg-Interferometrie quasi das Licht des Sterns “ausknipst”, sodass man das viel schwächere Licht selbst tellurischer Planeten übrigbehält und spektroskopisch untersuchen kann. Dazu müsste man eine Anzahl von IR-Teleskopen in genau deginierten Abständen voneinander im Weltall positionieren und steuern. Das hat jetzt nichts mit Blitzen zu tun, aber damit koennte man viel fundamentalere Fragen beantworten: a.) Hat ein gefundener tellurischer Exoplanet eine Atmosphäre und b.) woraus besteht sie?
Die Mission Darwin ist aber nach ersten Vorstudien mausetot:
http://www.esa.int/esaSC/120382_index_0_m.html
@Michael Khan: Nulling Interferometrie
Nulling Interferometrie ähnliche Resultate scheinen bald schon mit modifizierten Koronographen möglich zu sein, der das störende Diffraktionsmuster (Ringe) um den abgedeckten Stern unterdrückt. Damit kann man auch terrestrische Teleskope ausrüsten (siehe http://www.suite101.com/…rasolar-planets-a226210).
@Martin Holzherr
Diese Technik wird an bodengebundenen optischen Teleskopen bereits angewandt – zum Beispiel am Very Large Teleskope der ESO oder am Keck-Teleskop auf Hawaii. Gleiches gilt für das Hubble-Weltraumteleskop.
Planeten hat man damit auch schon erfolgreich entdeckt, zum Beispiel um Fomalhaut (http://hubblesite.org/…archive/releases/2008/39/), HR 8799 (http://keckobservatory.org/…overed_solar_system/) und beta Pictoris (http://www.eso.org/public/news/eso0842/).
All diese Planeten haben aber recht lange Umlaufdauern und sind weit von ihren Sternen entfernt. Bei einem System wie Gliese 581 sind die Planeten so nahe am Stern daß auch Nulling Interferometrie irgendwann nicht mehr weiterkommt, weil das Telekop so kleine Winkelabstände einfach nicht mehr auflösen kann.