Konvektion, Granulation, und mehr!
BLOG: Astronomers do it at Night
Was haben Wolken und die Oberfläche der Sonne gemeinsam? Eine ganze Menge sogar. Und man sieht es ihnen sogar an, man muß nur ersteinmal drauf kommen. Gut, natürlich gibt es an einer Wolke nichts was auch nur annähernd einem Sonnenfleck gleicht. Aber die Wolken selber haben es in sich…
Als ich letztens während des Fluges zur AME von meinem Fensterplatz aus einen Blick nach draußen warf, sah ich sie mal wieder – die Wolken. Nun sind Wolken für uns alle kein ungewohnter Anblick, und für Astronomen – egal ob nun Amateur oder Profi – meist auch ein leidiger. Aus einem Flugzeug heraus wirken Wolken aber ganz anders als vom Erdboden aus gesehen, wo man ja nur die Unterseite zu Gesicht bekommt. Aus der Höhe kommen sie dagegen meistens viel spektakulärer daher, die sich auftürmenden Massen erscheinen viel plastischer und Bewegungen in den Wolkenschichten sind deutlicher zu erkennen. Das wiederum liegt im wahrsten Sinne des Wortes im Auge des Betrachters: Beim Blick an den Himmel versagt irgendwann das dreidimensionale Sehen. Es fehlt ein Anhaltspunkt, daher verschätzt man sich auch häufig bei Entfernungen von Objekten wie Flugzeugen, Heißluftballons oder auch Meteoren.
Der Anblick der Wolkenschicht auf besagtem Flug war auf den ersten Blick eigentlich herzlich unspektakulär. Keine hohen Ambosswolken, keine deutlich begrenzte Wolkenfront, stattdessen eine geschlossene Wolkendecke, wie sie dort gemächlich über Mitteldeutschland lag. Bei näherem Hinsehen kam mir das Aussehen der Wolkenfläche dann aber doch irgendwie bekannt vor: Kleine unregelmäßig geformte helle Flecken, die sich wabenartig zusammenfügen, jeder einzelne davon umgeben von dunklen Rändern.
Genau dieses Bild bietet einem auch die Oberfläche der Sonne. Schon in kleinen Teleskopen erscheint sie (abgesehen von den sich derzeit ja ziemlich rarmachenden Sonnenflecken) nicht mehr glatt sondern körnig. Erst unter guten Beobachtungsbedingungen offenbaren höhere Vergrößerungen an größeren Geräten dann das apfelsinenschalenartige Muster der Granulation, denn einzelne Granulationszellen haben üblicherweise einen Durchmesser zwischen 0.5" und 2.5" im Durchmesser (das entspricht von der Größenordnung her etwa 1000 km auf der Sonnenoberfläche), so daß weniger das Auflösungsvermögen des Teleskops sondern hauptsächlich die Luftunruhe darüber entscheidet, ob man sie erkennen kann.
Die einzelnen Granulen scheinen in den dunkleren intergranularen Raum eingebettet zu sein. Innerhalb weniger Minuten wachsen sie, ändern ihre Form, teilen sich oder verschmelzen mit ihren Nachbarn. Die Granulation ist also sehr dynamisch und zeigt uns damit, daß sich die Oberfläche der Sonne laufend verändert.
Dabei ist die Granulation nichts anderes als das Abbild sogenannter thermischer Konvektion, bei der heißes Gas in den Granulen aufsteigt, sich abkühlt und dann im intergranularen Raum wieder absinkt. Die Sonne nutzt diese Materiebewegungen, um die in ihrem Inneren erzeugte Energie nach außen zu transportieren. Der Vergleich mit einem Topf mit kochendem Wasser auf der heißen Herdplatte bietet sich dabei an: Von unten wird kontinuierlich Wärme nachgeliefert, an der Oberfläche blubbert und brodelt es. Das wabenförmige Muster bildet sich dabei von ganz alleine.
Und mit den Wolken ist es eigentlich ganz ähnlich. Warme feuchte Luft steigt nach oben. Dort kondensiert das Wasser aus und es bilden schließlich Wolken aus kleinen Wassertröpfchen, die Luft kühlt sich ab und kann wieder nach unten sinken. Mithilfe von Zeitrafferaufnahmen kann man sehr gut erkennen, daß auch die Wolkenmassen ständig in Bewegung sind, sich verformen und durchmischt werden.
Schöner Beitrag
Selbstverständlich ist das ein schöner und kompetenter Beitrag.
Ich erinnere mich aber auch an die Pfanne mit Mais-Sirup, die über dem Feuer stand, und die ab und zu langsam “Blubb” gemacht hat.
Viskose Medien über einer Wärmequelle machen das eben ab und zu.
Was für eine Grenzfläche ist eigentlich die “Oberfläche”, die wir bei den Sonnengranulen sehen? Was genau ist da hell bzw. dunkel?
Die Oberfläche der Sonne
Die Granulation gehört zur Photosphäre, eben jener nur wenige 100 km dicken Atmosphärenschicht der Sonne, die wir mit dem Auge tatsächlich als “Oberfläche” empfinden. Aus der Photosphäre stammt das gesamte sichtbare Licht, das von der Sonne ausgesendet wird. Schon der direkt darunterliegende Teil der Konvektionszone ist unsichtbar, Licht das von weiter unten ausgesendet wird, wird wegabsorbiert und dringt nicht bis nach oben vor.
Ähnlich wie bei den Sonnenflecken ist das Hell-Dunkel von Granulen und intergranularem Raum ein Kontrasteffekt. Bei den hellen Granulationszellen sehen wir das aufsteigende heiße Material, das abgekühlte Gas, das zwischen den Zellen wieder absinkt, erscheint uns dunkel. Nun ist es nicht so, daß dieses Material überhaupt nicht leuchtet, aber alleine schon dadurch, daß es kühler ist, leuchtet es weniger stark als das heiße aufsteigende Material und erscheint uns deshalb dunkel. Der Termperaturunterschied ist allerdings bei der Granulation nicht ganz so groß wie bei den Sonnenflecken, wo die Differenz bis zu 2000 K beträgt. Die Auf- und Ab-Bewegung direkt an der Oberfläche läßt sich übrigens mithilfe des Dopplereffekts messen.