ITV – Internationales Teleskoptreffen Vogelsberg

BLOG: Astronomers do it at Night

…und auch tagsüber
Astronomers do it at Night

Wenn jemand in die Amateurastronomenszene hineinschnuppern möchte, dann bieten sich zwei Dinge an: 1. Man nehme Kontakt zu lokalen Astronomievereinen, Sternwarten und Planetarien auf. 2. Man besuche ein Teleskoptreffen. Bei letzteren kommen Hobbyastronomen für mehrere Tage mit ihren Teleskopen zum gemeinsamen Beobachten zusammen. Solche Treffen finden üblicherweise an Neumondwochenenden statt, und zwar nur selten in der für Camping ungeeigneten kalten Jahreszeit. Auch die kurzen Sommernächte werden oft ausgespart. 

Panoramaaufnahme des Campingplatzes am Gederner See. Am Ufer ist der unterste Bereich des ITV-Geländes zu sehen, der Großteil des Areas befindet sich hinter den Bäumen

Der reisefreudige Amateurastronom kann heutzutage aus mehreren Dutzend solcher Veranstaltungen im deutschsprachigen Raum diejenigen auswählen, die er besuchen möchte. Viele der Treffen, die sich erst in den letzten Jahren etabliert haben, sind klein und haben hauptsächlich regionalen Charakter. Andere, besonders die "alteingesessenen" Treffen die es teilweise schon seit Jahrzehnten gibt, ziehen oft mehrere hundert Teilnehmer aus Deutschland und seinen Nachbarländern an.

Das größte Teleskop am Platz: der 30"-Dobson von Raffael Benner

Das Internationale Teleskoptreffen Vogelsberg, kurz ITV, existiert seit 1991 und findet immer in der Himmelfahrtswoche statt. Viel hat sich getan seit dem ersten ITV. Das Treffen wuchs, zu Hochzeiten, bei der "Schönwetterkatastrophe" im Jahr 2001, fanden sich über 1000 Sternfreunde im hessischen Stumpertenrod ein, das damals Veranstaltungsort des ITVs war. Danach wurde es wieder kleiner, und zwischenzeitlich ist Deutschlands größtes Teleskoptreffen umgezogen, ca. 50 km südlich in das kleine Städtchen Gedern.

Chefredakteur Uwe Reichert höchstpersönlich verstritt Sterne und Weltraum und den Spektrum Verlag

Noch immer zieht die zentrale Lage des Treffens innerhalb Deutschlands in Verbindung mit vergleichsweise guten Beobachtungsbedingungen jährlich über 500 Teilnehmer an. Sicher, wer wirklich guten Sternhimmel haben möchte, der besucht kein Treffen in knapp 50 km Luftlinie zu Frankfurt am Main. Aber eigentlich geht es bei einem Teleskoptreffen nicht primär um das Beobachten sondern um die soziale Komponente: den Austausch unter Gleichgesinnten, das Wiedersehen alter Bekannter und das Schließen neuer Freundschaften.

Meine Wohnstätte mitsamt Teleskop

Teleskoptreffen sind in gewisser Weise wie Familientreffen. Auch für große Treffen wie das ITV gilt: Man kennt sich oft seit vielen Jahren. Besonders wenn man frühzeitig anreist – lange vor dem offiziellen Beginn, so wie ich es seit einiger Zeit handhabe – trifft man auf ITV-Urgesteine, die nicht selten schon länger dabei sind als ich. Aber auch Neulinge werden schnell und unkompliziert in den erlauchten Kreis aufgenommen und zählen dann im nächsten Jahr zu den Bekannten.

Walter Kutschera, ehemaliger Mitveranstalter des ITV beim Beobachten der Hα-Sonne.
 

Das diesjährige ITV sollte das 18. seiner Art werden, und dabei mein zehntes. 1999 habe ich das Treffen das erste Mal besucht, und habe seitdem nur eins verpaßt: 2006 war ich zur fraglichen Zeit beruflich am Very Large Telescope in Chile.

Spiegelschleif-Guru Stathis Kafalis bei der Arbeit

Ich hatte ganze zehn Tage Aufenthalt auf dem Campingplatz am Gederner See eingeplant, einschließlich des eintägigen Ausflugs zum ATT und dem Besuch des Tags der offenen Tür am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg.

Termine, Schnäppchen… Apfelwein

Als ich am Donnerstag vor Himmelfahrt mit einer Freundin und Kollegin auf dem ITV-Gelände eintraf, waren erst eine Handvoll Leute dort zu denen wir uns gesellen konnten. Schnell sollte sich der Platz aber im Laufe der nächsten Tage mit Wohnmobilen und Zelten aller Größe füllen.

Schwere Selbstbaumontierung mit kleinem Gerät

Der Bereich des Campingplatzes auf dem sich die Amateurastronomen während des Treffens tummeln sollen, ist in kleinere Abschnitte unterteilt, so können sich auch größere Gruppen zusammenfinden. Ein erster Abschnitt befindet sich direkt am Seeufer. Hier hat man es relativ ruhig, die unmittelbare Nähe des Wassers führt aber zu schnellerem Zutauen der Teleskopoptiken. Der obere Bereich ich durch Hecken nochmal unterteilt, die erste Fläche auf der dem Seeufer zugewandten Seite ist reserviert für die Händler. Auf der hintersten Fläche ist keine Stromversorgung nicht mehr möglich, was diese Ecke ideal für Dobson-Besitzer macht, während Wohnmobile und Astrophotographen auf den vorderen Flächen besser aufgehoben sind. In jedem Jahr bringen dann auch fleißige Astrophotographen ihre Aufnahmen vom Treffen mit nach Hause.

Sommermilchstraße

Der kleine Gederner See hatte in diesem Jahr gewisse Ähnlichkeit mit einer Wattlandschaft. Der Wasserstand war stark abgesunken und zahlreiche Wasservögel konnten beim Staksen durch den Uferschlamm beobachtet werden. Warum der See derart wenig Wasser enthielt ist unklar, aber ein Verdacht drängt sich auf: Im letzten Jahr kam es zu einem Konflikt zwischen dem Eigentümer des Sees und dem Betreiber des Campingplatzes wegen einer Erhöhung der Pacht für den See, so daß das Baden für die Camper nicht mehr gestattet war. Inzwischen hat die Gemeinde aber eine Vorschrift erlassen, die das Baden unabhängig von der Pacht gestattet, so daß die Vermutung naheliegt, der Besitzer des Sees möchte den Campern und Tagesgästen so das Baden verleiden.

Der Okularkoffer von Veranstalter Martin Birkmaier. Da fehlt doch nicht etwa noch ein Ethos?

So manches Mal war mir durchaus nach einem Bad im See zumute: Besonders in den letzten Tagen des Treffens wurde es sehr warm und die Sonne lockte. Wie es sich gehört habe ich übrigens deshalb auch einen Sonnenband vom ITV mit nach Hause gebracht. Da ich meinen Tag üblicherweise im Büro und nicht draußen an der frischen Luft verbringe – in Kombination mit der Tatsache daß man sich im Vogelsberggebirge doch ein paar hundert Höhenmeter höher befindet als die effektive Meereshöhe daheim in Hamburg – handle ich mir auf dem ITV regelmäßig zuviel Sonne ein, egal wie dick ich mich mit Sonnencreme einschmiere und wie häufig (oder selten) die Sonne scheint.

Einer der Gewinner der Preisverleihung: Selbstkonstruierte Hufeisenmontierung mit Teilkreisen für einen 12" Lightbridge 

Tatsächlich gab es in diesem Jahr zwar durchaus viele schöne Tage, einige Regengüsse und ein schwereres Gewitter mußten die ITVler aber auch über sich ergehen lassen. Es gab auch nur wenig Möglichkeit zum Beobachten: Innerhalb der offiziellen Zeit war gerade Mal die Nacht von Freitag auf Samstag gut brauchbar, die restlichen Nächte konnten nur stundenweise genutzt werden.

AstroTrac-Alternative

Umso mehr Zeit hat man dann tagsüber, um sich die vielen Selbstbauten anzusehen, die die Teilnehmer mitgebracht hatten. Passend dazu findet traditionell am Samstag außerdem eine Preisverleihung statt, bei der die innovativsten Ideen prämiert werden.

Sudan Jackson und sein Fahrradfelgen-Dobson 

 Der Samstag ist außerdem der Tag für den großen Flohmarkt, bei dem alle Teilnehmer ihr nicht mehr benötigtes Equipment verkaufen können. Passend dazu sind auch immer einige Händler vor Ort, bei denen man gleichzeitig auch Neuware einkaufen kann, oft zu Messepreisen wie auf dem ATT. Gegenüber dem sonst üblichen Bestellen über die Online-Shops der Händler hat man auf Teleskoptreffen aber natürlich den Vorteil, daß man das Objekt der Begierde vor dem Kauf in Augenschein nehmen und vor Ort testen kann.

Ebenfalls prämiert: Okularschlitten am 20"-Dobson von Peter Wickelmaier, der bino- und monokulares Beobachten ermöglicht
 
Außerdem gibt es ein Vortragsprogramm, zu dem jeder beitragen kann. Ich selber habe dort vor 2007 über meinen Besuch beim Very Large Telescope im Jahr zuvor berichtet. Zusätzlich zum astronomischen Teil des Treffens gibt es auch immer eine gesellige Komponente.
Flohmarkt nach der Preisverleihung

Egal ob man sich nun bei den Kollegen vom Mobilen Astronomischen Sommerhäuschen (MASH) aus dem Ruhrpott zum gemütlichen "Kinoabend" mit Beamer und Leinwand trifft oder den Tag mit einem herzhaften Stück Fleisch vom Grill und Bratkartoffeln aus der Paella-Pfanne ausklingen läßt um dann zu späterer Stunde zu einem Gläschen Wein oder höherprozentigeren Getränken überzugehen, Teleskoptreffen wie das ITV bieten auch immer die Möglichkeit, mit der Nacht etwas anzufangen, wenn der Sternhimmel sich mal wieder partout hinter den Wolken verstecken will. Nicht umsonst hat man die Abkürzung ITV ja auch schon zu Immer Total Verregnet umgedeutet…

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Astronomin in vielerlei Hinsicht, so könnte man mich mit wenigen Worten beschreiben. Da ist zunächst einmal die Astrophysikerin, die an der Hamburger Sternwarte über die Aktivität von Sternen promoviert und dabei hauptsächlich mit den Röntgensatelliten Chandra und XMM-Newton gearbeitet hat, aber auch schon am Very Large Telescope in Chile beobachten durfte. Auslöser ihres beruflichen Werdegangs war ein engagierter Lehrer, dessen Astronomie-AG sie ab der 7. Klasse besuchte. Ungefähr zur selben Zeit erwachte auch die Hobbyastronomin, die anläßlich des Einschlags des Kometen Shoemaker-Levi 9 auf den Jupiter begann, mit einem russischen Feldstecher vom Flohmarkt den Tanz der Jupitermonde zu verfolgen. Heutzutage freut sie sich über jede Gelegenheit, mit ihrem 16-zölligen Dobson tief im Odenwald fernab der Lichter der Rheinebene auf die Jagd nach Deep-Sky-Objekten zu gehen. Und da Amateurastronomen gesellige Wesen sind, treffe ich mich gerne mit Gleichgesinnten, zum Beispiel zum gemeinsamen Beobachten. Auch nach meinem Umzug von der Großstadt Hamburg in das schöne Universitätsstädtchen Heidelberg halte ich engen Kontakt zu meinen Vereinskameraden von der Hamburger Gesellschaft für volkstümliche Astronomie und dem Astronomieverein meiner Jugend, dem Arbeitskreis Sternfreunde Lübeck. Seit einigen Jahren bin ich außerdem in dem Internetforum Astrotreff aktiv, wo ich Teil des Moderatorenteams bin. Um meine Faszination an der Astronomie an andere weitergeben zu können, besonders an Kinder und Jugendliche, habe ich mich seit Jahren in der Öffentlichkeitsarbeit engagiert, habe populärwissenschaftliche Vorträge gehalten und Schülergruppen betreut, die in Hamburg das Institut besucht haben. Diese Leidenschaft habe ich nun zu meinem Beruf gemacht. Hier in Heidelberg arbeite ich in einem kleinen aber feinen Team am Haus der Astronomie. Hiermit lade ich Sie ein, lieber Leser, an all diesen Facetten meines Astronomendaseins teilzuhaben. Mal witzig, mal spannend oder nachdenklich, manchmal auch persönlich oder mit Aha-Effekt. Carolin Liefke

2 Kommentare

  1. @Peter

    Hallo Peter,

    there there is more to come – hoffentlich. Es gibt ja doch so einiges an Teleskoptreffen und anderen Gelegenheiten, wo sich Amateurastronomen tummeln. Wo auch immer es mich noch da in nächster Zeit hinverschlagen wird, ich werde hier berichten.

    Viele Grüße,
    Caro

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