Geblitzdingst – Einschlag auf dem Jupiter reloaded
BLOG: Astronomers do it at Night
Knapp ein Jahr ist es nun her, da gelang dem australischen Amateurastronomen Anthony Wesley eine außergewöhnliche Entdeckung. Am 19. Juli 2009 sichtete er als erster einen dunklen Fleck auf dem Jupiter, der den Einschlagstellen der Fragmente des Kometen Shoemaker Levi 9 verdächtig ähnlich sah, die exakt 15 Jahre zuvor auf den Jupiter gestürzt waren. Jetzt ist es wieder passiert, und wieder ist es Anthony Wesley, der die Beobachtung machte. Diesmal hat er sogar das Impaktereignis selbst live gesehen, oder besser noch: in einem Film dokumentieren können.
Jeder Himmelskörper in unserem Sonnensystem wurde schonmal das Opfer eines kosmischen Bombardements. Das beste Beispiel dafür ist der Mond, dessen Oberfläche sich schon mit dem Fernglas oder im kleinen Teleskop deutlich als von Kratern übersät zeigt. Auch auf der Erde finden sich Einschlagspuren, und das obwohl Wind und Wetter und dazu noch Vegetation fleißig dabei sind, sie wieder zu verwischen. Auf dem Mond dagegen bleiben ja bekanntlich mangels Witterung auch die Fußspuren der Astronauten auf ewig erhalten – und der überwiegende Teil der Mondkrater hat eine solche Ewigkeit bereits auf dem Buckel. Vor gut drei Milliarden Jahren endete die Zeit, in der unzählige Asteroiden unser Sonnensystem durchstreiften, denn irgendwann war für die meisten von ihnen der Zeitpunkt einer unsanften Begegnung mit einem anderen Himmelskörper gekommen – zum Beispiel mit einem größeren Mond oder einem der Planeten selbst. Übrig blieb dann meist nur ein Krater, je größer desto größer der einschlagende Körper mal war.
Jupiter, der große Gasriese, war bei der Asteroiden-Aufräumaktion der Hauptverantwortliche. Durch seine enorme Schwerkraft lenkte er die kleinen Störenfriede auf Bahnen, die sie entweder aus unserem Sonnensystem hinauskatapultierten – oder auf Kollisionskurs mit einem anderen Körper brachten, nicht selten mit dem Jupiter selber. Zwar treiben sich in unserem Sonnensystem noch immer jede Menge Asteroiden rum – an die 500000 sind zur Zeit bekannt, die "Dunkelziffer" liegt nochmal um einiges höher. Trotzdem sind Einschlagsereignisse selten geworden.
Der Fall Shoemaker-Levi 9 vor nunmehr 16 Jahren war ein bis dato noch nie dagewesenes Ereignis und vor allem eine Sternstunde der Himmelsmechanik. Erst präzise Berechnungen der Umlaufbahn des eingefangenen Kometen haben Astronomen – Amateure wie Profis – weltweit auf das bevorstehende Ereignis aufmerksam gemacht. Was beim Einschlag selber dagegen passieren würde, wußten sie nicht im voraus, aber auch hier wurden die Erwartungen aller bei weitem übertroffen. Und direkt beobachten konnten sie es auch nicht, denn die Treffer fanden allesamt auf der erdabgewandten Seite statt. Wie Pockennarben zierten dann aber dunkle Flecken das zuvor noch makellose Antlitz des Planeten, nachdem die Einschlagstellen ins Visier der Beobachter rotiert waren.
Das Ereignis im letzten Jahr kam überraschend, wenn auch nicht unerwartet. Denn daß solche Einschläge immer wieder stattfinden können und müssen, ist eigentlich klar. Nicht nur Amateurastronomen sondern auch Planetologen widmeten sich dann in den darauffolgenden Wochen der Beobachtung des größten Planeten in unserem Sonnensystem. Große Teleskope, unter anderem Hubble, mischten mit. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe wissenschaftlicher Veröffentlichungen, die sich mit dem "Wesley-Impact" auseinandersetzen.
Sieht man mal von der Raumsonde Galileo ab, die 1994 kurz vor ihrer Ankunft am Jupiter einen besseren Blick auf die Shoemaker-Levi 9 Einschläge hatte, ist noch nie wirklich gelungen, das Auftreffen eines Himmelskörpers auf einen anderen zu dokumentieren. Zwar kennt man die sogenannten Lunar Transient Phenomena, bei denen unter anderem auch ein Aufblitzen auf der Oberfläche des Mondes beobachtet werden kann, was ein guter Hinweis auf einen Einschlag ist. Kaum eine dieser Beobachtungen ist aber wirklich eindeutig. Insbesondere ist auf der inzwischen doch recht gut kartographierten Mondoberfläche noch nie ein neuer Krater sichtbar geworden.
Bei dem Ereignis, das nicht nur Wesley sondern auch der philippinische Amateur Christopher Go dokumentiert haben, kann das anders sein. Wie? Wissen wir noch nicht! Es ist aber nicht ganz unwahrscheinlich, daß sich wieder eine schwarze Impaktwolke auf dem Jupiter ausbreitet. Beobachter weltweit machen sich bereit, zu verfolgen was passieren wird, Amateure tauschen sich in Foren und Mailinglisten aus, Profis versuchen Beobachtungszeit an den großen Teleskopen zu ergattern. Und auch wenn Jan schneller war, so doch auch von mir der heiße Tip an alle: Auf die Lauer legen, wenn der Jupiter in den nächsten Tagen in den frühen Morgenstunden im Osten aufgeht und uns die richtige Seite zuweist.
Gespanntes Ausschauhalten
(Amateur)astronomen weltweit haben in den letzten Tagen gespannt Ausschau nach möglichen Impaktspuren auf dem Jupiter gehalten – und bislang nichts gesehen.
War der Impaktor zu klein um sichtbare Spuren zu hinterlassen (die Beobachtungsbedingungen für den Jupiter sind derzeit nicht die besten)? Hat dasselbe Phänomen, was für das derzeitige geheimnisvolle Verblassen des südlichen Äquatorialbands (SEB) verantwortlich ist, auch den Impakt gleich mit “verschluckt”? Oder war der Impaktblitz “nur” ein Wetterphänomen in der Jupiteratmosphäre?
Fragen über Fragen…
Auch Hubble hat nix gesehen…
Frisch aus der Zeitungspresse:
http://www.spacetelescope.org/news/heic1010/
Auch mit Hubble hat man also den Spuren des (Impakt?)blitzes nachgespürt – aber keine Spur eines Einschlags feststellen können. Vermutet wird nun eine Art Meteor, also das vollständige Verglühen des einschlagenden Körpers, bevor es auf tiefere Schichten der Jupiteratmosphäre trifft.
Sehr schön läßt sich in den Hubble-Bildern auch das Verblassen des Südlichen Äquatorislbandes untersuchen.