Eine Schulsternwarte für Tornesch

BLOG: Astronomers do it at Night

…und auch tagsüber
Astronomers do it at Night

Was in der DDR früher die Regel war, ist heute eine Seltenheit, besonders in den alten Bundesländern: die klassische Schulsternwarte. Umso unglaublicher klingt dagegen die folgende Geschichte aus Tornesch in Schleswig-Holstein: Den Neubau der Klaus-Groth-Schule ziert eine Kuppel, die ein C14 auf einer Astro Physics 1200 GTO beherbergt. Zur feierlichen Einweihung der Sternwarte am 26. Januar war ich geladen worden ein Grußwort zu sprechen.

Wie so häufig begann auch die Geschichte der Regionalen Volks- und Schulsternwarte Tornesch (RVST) mit einem Kreis Astronomiebegeisterter, die ihre Aktivitäten gern auf Öffentlichkeits- und Jugendarbeit ausweiten wollten. Und davon gab und gibt es auch im Hamburger Umland jede Menge. Aus einem Stammtisch und einer Interessengemeinschaft bildete sich ein Verein, der nach langjährigen Bemühungen seine Chance gekommen sah, als die örtliche Klaus-Groth-Realschule zur Gesamtschule ausgebaut werden sollte.

Und tatsächlich waren die Schulleitung und der Bürgermeister der Stadt von der Idee hellauf begeistert. Mit so viel Rückenwind von den entscheidenden Stellen konnte eigentlich nichts mehr schief gehen. Im Zuge des Investitionsprogramms "Zukunft Bildung und Betreuung" wurde nicht nur der Neu- und Umbau der Schule durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert, sondern auch die Sternwarte, deren Räumlichkeiten anstelle eines dritten Physikraumes entstanden. Zusätzliche Sponsorengelder ermöglichten es dann schließlich und endlich auch, die Kuppel mit einem modernen Teleskop zu bestücken.

Von Anfang an miteingeplant ist der astronomische Nachwuchs. Schon jetzt betreuen die Vereinsmitglieder eine Jugendgruppe, und auch die Lehrer der Klaus-Groth-Schule freuen sich schon darauf, die Schulsternwarte in ihren Unterricht einzubinden. In Tornesch werden sich also die Schüler mit Sicherheit viel mehr als üblich mit astronomischen Themen beschäftigen. Um Schülern und Lehrern den Einstieg in die Himmelskunde tagsüber im Rahmen des Unterrichts zu erleichtern, hält der Verein derzeit Ausschau nach weiteren Sponsoren zur Finanzierung einer Ausrüstung für die Sonnenbeobachtung in Hα.

Meinereiner mit Dirk Eckhoff von der Hamburger Gesellschaft für volkstümliche Astronomie in der Kuppel der RVST

Die Erfolgsgeschichte der RVST hat mich ungemein beeindruckt, ist es doch heutzutage alles andere als leicht Gelder für den Neubau einer Volkssternwarte bewilligt zu bekommen oder gar die Einrichtung und den Betrieb einer Schulsternwarte zu ermöglichen. Als ich mir überlegte was ich anläßlich der Einweihung den geladenen Gästen sagen wollte, erinnerte ich mich an meine eigene Schulzeit. Die Lauenburgische Gelehrtenschule Ratzeburg, die ich besucht habe, ist ähnlich groß wie die Klaus-Groth-Schule, eine Schulsternwarte gab es aber nicht. Ein klappriger kleiner Refraktor stand in der Physiksammlung der Schule, wurde aber eigentlich nie benutzt. Mit viel Herzblut und Engagement ist es dem Lehrer, der dort die Astronomie AG leitete, dennoch gelungen in Generationen von Schülern die Faszination sowohl an Astronomie als Hobby als auch als Naturwissenschaft zu wecken.

Alle zwei Jahre findet am 27. Dezember in den Räumlichkeiten der Lauenburgischen Gelehrtenschule ein Ehemaligentreffen statt, zu dem Schüler aller Abschlußjahrgänge und Lehrer zusammenkommen. Bei dem Treffen vor einem Monat hieß es für die Anwesenden Abschied nehmen von den altbekannten Schulgebäuden. Neubauten ersetzen schon seit einigen Monaten den Großteil der alten Klassenzimmer. Auch das alte Hauptgebäude mit den Fachräumen mußte inzwischen weichen. Mit einigen Kameraden aus meinem Jahrgang bin ich noch wehmütig durch die bereits leergeräumten Stockwerke gezogen. Eine Schulsternwarte wird meine ehemalige Schule aber nicht bekommen.

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Astronomin in vielerlei Hinsicht, so könnte man mich mit wenigen Worten beschreiben. Da ist zunächst einmal die Astrophysikerin, die an der Hamburger Sternwarte über die Aktivität von Sternen promoviert und dabei hauptsächlich mit den Röntgensatelliten Chandra und XMM-Newton gearbeitet hat, aber auch schon am Very Large Telescope in Chile beobachten durfte. Auslöser ihres beruflichen Werdegangs war ein engagierter Lehrer, dessen Astronomie-AG sie ab der 7. Klasse besuchte. Ungefähr zur selben Zeit erwachte auch die Hobbyastronomin, die anläßlich des Einschlags des Kometen Shoemaker-Levi 9 auf den Jupiter begann, mit einem russischen Feldstecher vom Flohmarkt den Tanz der Jupitermonde zu verfolgen. Heutzutage freut sie sich über jede Gelegenheit, mit ihrem 16-zölligen Dobson tief im Odenwald fernab der Lichter der Rheinebene auf die Jagd nach Deep-Sky-Objekten zu gehen. Und da Amateurastronomen gesellige Wesen sind, treffe ich mich gerne mit Gleichgesinnten, zum Beispiel zum gemeinsamen Beobachten. Auch nach meinem Umzug von der Großstadt Hamburg in das schöne Universitätsstädtchen Heidelberg halte ich engen Kontakt zu meinen Vereinskameraden von der Hamburger Gesellschaft für volkstümliche Astronomie und dem Astronomieverein meiner Jugend, dem Arbeitskreis Sternfreunde Lübeck. Seit einigen Jahren bin ich außerdem in dem Internetforum Astrotreff aktiv, wo ich Teil des Moderatorenteams bin. Um meine Faszination an der Astronomie an andere weitergeben zu können, besonders an Kinder und Jugendliche, habe ich mich seit Jahren in der Öffentlichkeitsarbeit engagiert, habe populärwissenschaftliche Vorträge gehalten und Schülergruppen betreut, die in Hamburg das Institut besucht haben. Diese Leidenschaft habe ich nun zu meinem Beruf gemacht. Hier in Heidelberg arbeite ich in einem kleinen aber feinen Team am Haus der Astronomie. Hiermit lade ich Sie ein, lieber Leser, an all diesen Facetten meines Astronomendaseins teilzuhaben. Mal witzig, mal spannend oder nachdenklich, manchmal auch persönlich oder mit Aha-Effekt. Carolin Liefke

4 Kommentare

  1. Was in der DDR früher die Regel war, ist heute eine Seltenheit, besonders in den alten Bundesländern: die klassische Schulsternwarte.

    Hallo Carolin

    Hatte die Astronomie ganz allgemein im Bildungssystem der DDR einen höheren Stellenwert als in der BRD ?
    Ich weiss nicht, wie es in der BRD ist, aber in der Schweiz gibt es meines Wissens so gut wie keine Schulsternwarten. Erstaunt mich, diese Aussage über die DDR.

    Den Neubau der Klaus-Groth-Schule ziert eine Kuppel, die ein C14 auf einer Astro Physics 1200 GTO beherbergt.

    Also für eine Schulsternwarte ist das wirklich ein tolles Gerät.

    Noch eine Frage zu den Schulsternwarten in der DDR. Was war denn da so die “Standardausrüstung” ? Teleskope aus russischer Produktion ?

    Gruss Peter

  2. Schulsternwarten in der DDR

    Hallo Peter,

    es wäre sicherlich übertrieben zu sagen, daß jede Schule in der DDR eine Schulsternwarte hatte. Aber es waren nicht wenige. In der DDR war Astronomie ein reguläres Schulfach, das in der 10. Klasse zweistündig unterrichtet wurde. Einige der neuen Bundesländer führen diese Praxis bis heute fort, andere haben sie abgeschafft.

    Fernrohre aus russischer Produktion brauchte es in er DDR nicht. Immerhin hatte man einen der renommiertesten Teleskopproduzenten im Lande: Carl Zeiss Jena. Das klassische Schulfernrohr war der kleine Telementor. In Kuppeln wurde aber auch gerne ein größerer Zeiss-Refraktor untergebracht.

    Viele der alten Schulsternwarten wurden inzwischen aufgegeben, trotzdem gibt es in den neuen Bundesländern aber wahrscheinlich bis heute deutlich mehr Schulen, die mit Kuppeldächern ausgestattet sind als in den alten Bundesländern.

  3. Geplante Schulsternwarte LGL Lampertheim

    Hallo,
    ich bin erst jetzt auf diesen Artikel gestoßen. Das Lessing-Gymnasium-Lampertheim (LGL http://www.lgl.de)) plant eine Schulsternwarte. Im Zuge der Kooperation zwischen LGL und der Starkenburg-Sternwarte e.V. Heppenheim (www.starkenburg-sternwarte.de) leisten wir von der Starkenburg-Sternwarte beratend Hilfe.

    Einerseits machen die Schulbehörden dem LGL in dieser Sache das Leben schwer und andererseits findet sich keine Firma die dieses Projekt durchzieht. Um möglichst vielen Schülern das gleichzeitige Arbeiten auf der Sternwarte zu ermöglichen soll es auch keine herkömmliche Kuppel mit Spalt sein. Das Ganze gestaltet sich schwierig und langsam macht sich Frust breit.

    Über Rat und Tat von Profiseite wären wir alle sehr dankbar. Kann jemand helfen?

    MfG
    Albert Heller

  4. Aller Anfang ist schwer

    Ein Projekt wie eine Schulsternwarte durchzuziehen, braucht viel Engagement, Zeit und Durchhaltevermögen. Und je besser die Unterstützung von Behörden, Sponsoren und Verantwortlichen ist, desto hilfreicher.

    Insofern finde ich es schonmal schade zu hören, daß sich hier anscheinend die Schulbehörde querstellt. Ähnliche Probleme kann es auch noch mal mit Bauverordnungen und wegen Sicherheitsaspekten geben.

    Ein weiterer Punkt ist natürlich die Finanzierung. Gute Kandidaten für Sponsoren sind größere ortsansässige Firmen und die Sparkasse. Oft helfen auch kleinere Firmen, insbesondere Handwerksbetriebe, gerne mal mit Baumaterialien und tatkräftiger Unterstützung aus.

    All das greift natürlich auch ineinander. Sponsoren lassen sich nur gewinnen, wenn das Projekt Aussicht auf Erfolg hat. Dazu braucht es am Anfang zum einen einen konkreten Plan, was an Geräten angeschafft und an Bauten errichtet werden soll, zum anderen aber auch klare Ideen, was mit der fertigen Sternwarte erreicht werden soll. Sobald Unterstützer gefunden sind und die Finanzierung gesichtert ist, lassen sich die Entscheidungsträger in den Behörden auch leicht für das Vorhaben gewinnen. Gibt es wiederum grünes Licht, sehen sich auch die Sponsoren bestätigt.

    Als Initiator eines solchen Projektes muß man wohl auch mal den einen oder anderen Rückschlag einstecken können. Und weiter am Ball bleiben. In Tornesch hat es auch ein Weilchen gedauert von der ersten Idee bis zur fertig ausgestatteten Kuppel.

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