50 Jahre bemannte Raumfahrt – so what?

BLOG: Astronomers do it at Night

…und auch tagsüber
Astronomers do it at Night

Yuri’s Night aller Orten: Überall auf der Welt wird derzeit der 50. Jahrestag des ersten bemannten Raumflugs gefeiert. Ein gutes Dutzend Einladungen zu den verschiedensten Veranstaltungen habe ich alleine für den heutigen Abend bekommen, leider kann ich nicht an allen gleichzeitig teilnehmen.


Yuri’s Night: Seit nunmehr 10 Jahren begeht man den 12. April unter diesem Motto. So richtig bewußt geworden ist mir das aber erst in den letzten zwei oder drei Jahren mit dem vermehrten Aufkommen von immer mehr Aktivitäten an diesem Datum. Woran das liegt? Ich muß zugeben, im Vergleich zur Astronomie führt die Raumfahrt bei meinen Interessen ein eher stiefmütterliches Dasein. Mehr noch, an der Raumfahrt reizen mich weniger die bemannten Flüge als die technisch ausgefeilten und ferngesteuerten unbemannten Sonden, die viel weiter in unser Sonnensystem (und darüber hinaus!) vorgedrungen sind als der Mensch selber.

Nicht daß ich die bemannte Raumfahrt ablehnen würde, ganz im Gegenteil. Sie ist meiner Meinung nach das beste Beispiel für eine ganz fundamentale Eigenschaft der Menschheit, nämlich Neues entdecken und erforschen zu wollen. Trotzdem war Raumfahrt für mich nie etwas besonderes. Sie war einfach – schon immer da, etwas ganz Normales also. Hinzu kommt, daß ich persönlich das Gefühl habe, als hätte sich auf dem Gebiet nicht viel ereignet soweit ich zurückdenken kann.

Dazu muß man wissen: Ich bin vor wenigen Wochen 30 Jahre alt geworden, also geboren worden kurz vor dem Start des ersten Space Shuttle, ein Ereignis dessen Jubiläum ja ebenfalls auf den heutigen Tag fällt. Anfang der 80er Jahre war die Raumfahrt zu einem Routinegeschäft geworden: Regelmäßig flogen Menschen ins All, sowohl auf amerikanischer als auch auf sowjetischer Seite. In den 70er Jahren befanden sich mit Skylab und den Saljut-Stationen immer wieder Raumstationen im Erdorbit, zu denen Astronauten und Kosmonauten flogen und von denen sie wieder zurückkehrten.

Mit der Challenger-Katastrophe wurde 1986 zu einem Schicksalsjahr der Raumfahrt. Ich erinnere mich nicht daran von der Explosion des Shuttles bewußt erfahren zu haben, ich war damals knapp fünf Jahre alt. Die nukleare Katastrophe von Tschernobyl, und besonders natürlich ihre Auswirkungen auf den Alltag erinnere ich dagegen sehr wohl, plötzlich war der Sandkasten im Garten tabu.

Für meine Eltern war das anders. Wie versteinert hätte sie vor dem Fernseher gesessen, als in den Nachrichten über die Challenger-Katastrophe berichtet wurde, erzählt meine Mutter. Ähnlich ging es mir am 11. September 2001 und erst kürzlich wieder bei den Explosionen in den Reaktoren von Fukushima.

Dennoch, in meiner Kindheit spielte die Raumfahrt keine besondere Rolle, ich habe mich einfach nicht dafür interessiert. Für die Astronomie aber auch nicht – das kam erst als Jugendliche. Sicher, der Sputnik, Hündin Laika, Yuri Gagarin als erster Mensch im All und Neil Armstrong als erster Mensch auf dem Mond, all das waren Gegebenheiten, von denen ich irgendwann wußte, woher genau und seit wann weiß ich allerdings nicht mehr. Es waren damals aber dennoch irgendwie nur Zahlen und Fakten, und die wahre Schönheit und die Bedeutung der Bilder der Erde aus dem Weltraum oder der Fußspuren auf der Mondoberfläche – und vor allem die technische Meisterleistung, die dahintersteckt, daß es sie überhaupt gibt – sollte mir erst später klar werden.

Für meine Eltern dagegen gehörten Astronauten zu den Helden ihrer Jugend. Meine Mutter wird in diesem Jahr 60 Jahre alt, mein Vater ist zwei Jahre älter. Vor 50 Jahren waren sie also 10 und 12 Jahre alt. Zum Kosmonauten Gagarin fehlt ihnen dennoch ein wenig der Bezug, während sie die amerikanische Mondlandung 10 Jahre später gebannt vor dem Fernseher verfolgten. Auch hier wieder wichtig: Beide sind in der Bundesrepublik aufgewachsen, und die stand bekanntermaßen seit 1957 mit dem Rest der westlichen Welt unter dem Sputnik-Schock. Obwohl Gagarin nach seinem Flug von der ganzen Welt als Held gefeiert wurde, war er daher doch irgendwie ein Fremder, unterschwellig vielleicht sogar der Feind. Es herrschte immerhin Kalter Krieg. Man bedenke, daß nur wenige Wochen nach Gagarins Erdumkreisung mit dem Bau der Mauer begonnen wurde. Die Heimat meiner Eltern liegt nur wenige Kilometer von der damaligen innerdeutschen Grenze entfernt.

Meine Großeltern leben nicht mehr, mit welchen Empfindungen sie auf den Vorstoß der Menschheit ins All reagiert haben, darüber kann ich nur spekulieren. Ich habe nie mit ihnen darüber gesprochen. Väterlicherseits stammten beide aus Pommern – und zählen damit zu den Vertriebenen, die in der Britischen Besatzungszone eine neue Heimat gefunden haben. Mein Großvater mütterlicherseits schwärmte von der Schönheit der Krim zu seiner Zeit als junger Soldat an der Ostfront. Wie sie zu den sowjetischen Erfolgen der Raumfahrt standen und was sie ihren Kindern dazu vermittelten, sei dahingestellt. Sowohl für die Bauernfamilie auf dem Dorf als auch für den Eisenbahner mit Frau und zwei Kindern in der Kleinstadt war Raumfahrt ansich vom alltäglichen Leben weit entfernt.

In meiner Kindheit und Jugend sah die Welt ganz anders aus. Nach dem Fall der Mauer wurde für mich aus jenem seltsamen Land am anderen Ufer des Sees plötzlich eines, in das man am Wochenende auch mal mit dem Fahrrad zum Eisessen fahren konnte. Genauso wurde auch die russische Raumstation Mir mehr und mehr nicht nur von Kosmonauten sondern auch von Astronauten bevölkert. Mit einem gewissen Abstand und auch immer wieder mit einem Kopfschütteln verfolgte ich, wie die alternde Station später immer wieder durch Pannen und Defekte Schlagzeilen machte, während sich der Bau der Internationalen Raumstation ISS immer wieder verzögerte und verteuerte.

Viel scheint also wirklich nicht passiert zu sein in den letzten 20 Jahren Raumfahrt. Wo ist also der Pioniergeist aus den Zeiten Gagarins hin? Immerhin hätten wir laut den Zukunftsvisionen der 50er und 60er Jahre inzwischen nicht nur den Mond sondern auch den Mars besiedelt haben sollen. Mit dem Abklingen des Kalten Krieges büßte auch der Wettbewerbscharakter der Raumfahrt einiges an Schwung ein, die finanziellen Mittel fließen schon lange nicht mehr so üppig wie damals. Mit China und Indien stehen inzwischen neue Raumfahrernationen mit ehrgeizigen Plänen in den Startlöchern. Lassen wir uns von ihnen mitreißen!

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Astronomin in vielerlei Hinsicht, so könnte man mich mit wenigen Worten beschreiben. Da ist zunächst einmal die Astrophysikerin, die an der Hamburger Sternwarte über die Aktivität von Sternen promoviert und dabei hauptsächlich mit den Röntgensatelliten Chandra und XMM-Newton gearbeitet hat, aber auch schon am Very Large Telescope in Chile beobachten durfte. Auslöser ihres beruflichen Werdegangs war ein engagierter Lehrer, dessen Astronomie-AG sie ab der 7. Klasse besuchte. Ungefähr zur selben Zeit erwachte auch die Hobbyastronomin, die anläßlich des Einschlags des Kometen Shoemaker-Levi 9 auf den Jupiter begann, mit einem russischen Feldstecher vom Flohmarkt den Tanz der Jupitermonde zu verfolgen. Heutzutage freut sie sich über jede Gelegenheit, mit ihrem 16-zölligen Dobson tief im Odenwald fernab der Lichter der Rheinebene auf die Jagd nach Deep-Sky-Objekten zu gehen. Und da Amateurastronomen gesellige Wesen sind, treffe ich mich gerne mit Gleichgesinnten, zum Beispiel zum gemeinsamen Beobachten. Auch nach meinem Umzug von der Großstadt Hamburg in das schöne Universitätsstädtchen Heidelberg halte ich engen Kontakt zu meinen Vereinskameraden von der Hamburger Gesellschaft für volkstümliche Astronomie und dem Astronomieverein meiner Jugend, dem Arbeitskreis Sternfreunde Lübeck. Seit einigen Jahren bin ich außerdem in dem Internetforum Astrotreff aktiv, wo ich Teil des Moderatorenteams bin. Um meine Faszination an der Astronomie an andere weitergeben zu können, besonders an Kinder und Jugendliche, habe ich mich seit Jahren in der Öffentlichkeitsarbeit engagiert, habe populärwissenschaftliche Vorträge gehalten und Schülergruppen betreut, die in Hamburg das Institut besucht haben. Diese Leidenschaft habe ich nun zu meinem Beruf gemacht. Hier in Heidelberg arbeite ich in einem kleinen aber feinen Team am Haus der Astronomie. Hiermit lade ich Sie ein, lieber Leser, an all diesen Facetten meines Astronomendaseins teilzuhaben. Mal witzig, mal spannend oder nachdenklich, manchmal auch persönlich oder mit Aha-Effekt. Carolin Liefke

14 Kommentare

  1. Noch 18 Jahre bis Apophis!

    Ich hoffe, wir werden in absehbarer Zukunft bemannte Missionen zum Mond und zu erdnahen Asteroiden sehen. Solche zu erdnahen Asteroiden sind in vieler Hinsicht (bis auf die dauer) sogar einfacher als Mondmissionen.

    Übrigens, heute ist der 13. April 2011 – das bedeutet: Es sind noch genau 18 Jahre bis zum 13. April 2029 (Freitag), an dem uns der Asteroid Apophis in einer Begegnung von rund 30000 km begegnen wird.

    http://www.kosmologs.de/…ein/2007-11-30/apophis1

  2. Finanzierung

    Ich frage mich nur, wie zukünftige bemannte Missionen finanziert werden sollen. Im Moment scheint Grundlagenforschung in der öffentlichen Meinung einen schlechten Stand zu haben. Reine Kulturprojekte erst recht. Wie bringt man also Politikern und dann den Wählern nahe, dass bemannte Raumfahrt es wert ist, gefördert zu werden.

    Oder sollte man besser auf private Finanzierung solcher Projekte setzen?

  3. @ Joachim

    Als ich bei den KosmoLogs das erste Mal las, daß wir auf den Mond müßten, habe ich mir ein wenig an den Kopf gefaßt. Wozu? Da waren doch schon andere. Das ist doch nur eine kostspielige Beschäftigungstherapie. Aber dann habe ich gute Argumente darüber gelesen. Besonders Michael Khan hat gute Argumente. Und die müßten weiter in die Öffentlichkeit verbreitet werden. Ohne diese guten Gründe ist es in der Tat schwer einsehbar, warum wir bei diesen vielen Problemen zum Mond fliegen sollten.

  4. Das Zwischending

    Oft hört man das Argument, dass nur Menschen echte Forschung im Neuland betreiben können, aber nicht Roboter.

    Nun gibt es aber ein Zwischending zwischen Mensch und Roboter, den mehr oder weniger synchronen Telemanipulator.

    Ein entfernt menschenähnlich aussehender Roboter wird von einem Menschen auf der Erde gesteuert.

    Dazu benötigt man farbige Stereosicht und taktile Rückkopplung der Greiforgane.

    Ein Problem bei der Anwendung im Weltraum ist die verzögerte Rückmeldung durch die Lichtlaufzeit.

    In den niedrigen Erdumlaufbahnen ist die Verzögerung praktisch nicht störend (2*450km/300000km/s=0,003s).

    Das bedeutet, dass man den gesamten Betrieb der ISS auf Telemanipulatoren umstellen könnte, ohne Zeitverluste bei den Experimenten hinnehmen zu müssen.

    Die Kosten für die Telemanipulatoren wären mit Sicherheit geringer, als die Kosten für das Lebenserhaltungssystem und die Lebensversicherungen für die Astronauten.

    Im geostationären Orbit wäre die Zeitverzögerung nur leicht hinderlich (2*40000km/300000km/s=0,27s).

    Auf dem Mond müsste man den Telemanipulatoren eine gewisse Selbständigkeit einprogrammieren, sodass sie während der Verzögerungszeit keine schweren Schäden verursachen können (2*385000km/300000km/s=2,57s).

    Das führt auch dazu, dass man die Anweisungen von der Erde für die nächsten Sekunden etwas abstrakter und allgemeiner gestalten muss.

    Eine taktile Rückkopplung wäre für die Erde-Mond-Distanz nur noch störend.

    Aus den dadurch gewonnen Erfahrungen kann man dann die Programmierung für Telemanipulatoren auf dem Mars entwickeln.

    Bei Verzögerungszeiten von etwa einer halben Stunde oder mehr, müssen diese Telemanipulatoren eine hohe Selbständigkeit aufweisen, und Arbeitsaufträge für die nächste Stunde ausführen können.

    Der Telemanipulator braucht aber immer noch nur eine sehr geringe künstliche Intelligenz zu haben, die Kreativität und die Neugier wird von der Erde aus nachgeliefert.

    Es ist übrigens kein Problem, das alles auf der Erde zu testen, man braucht ja nur in die Informationsübertragung eine Verzögerungszeit einzubauen.

  5. Hallo Caro,
    ein schöner, sehr persönlicher Text, den Du hier geschrieben hast. Du hast ganz recht, wenn Du die bemannte Raumfahrt derart hinterfragst.
    Die Leistungen der bemannten Raumfahrt der letzten 50 Jahre in der Tat eher bescheiden aus, wenn man sie mit den Leistungen der Robotmissionen vergleicht. Menschen sind bislang nur mit großer Anstrengung nur zum Mond gekommen. Und die heutige Raumfahrt gleicht eher einem kleinen Hüpfer. Die Entwicklung des Space Shuttles habe ich dank meinem astronomischen Mentor voll mitbekommen. Wirklich spannend fand ich aber die Leistungen der Viking-Sonden, der Voyager und vor allem der Giotto-Sonde. An letzte habe ich eine besondere Erinnerung, da sie an meinem Geburtstag 1986 ganz nah an den Kern des Kometen Halley heranflog. Die Bilder dieser weit entfernten Himmelskörper zu sehen, die im Teleskop so klein aussehen war für mich damals atemberauben.

    Ich glaube die eigentlich bedeutende Leistung der bemannten Raumfahrt und des Fluges von Yuri Gagarin und der Mondlandungen liegt darin, was sie alles möglich machten, vor allem auch für die Astronomie und Weltraumforschung. Die unzähligen Raumsonden und Instrumententräger, wie sie Prof. Heinz Haber in seiner Sendereihe “Was sucht der Mensch im Weltraum” bezeichnete wären sicher nicht ohne den Pioniergeist von Koroljow, von Braun und deren Visionen der bemannten Raumfahrt nicht so schnell gekommen. Es ist schon faszinierend in welch einer spannenden Zeit wir leben und wie sich unser Wissen von unserem Sonnensystem und dem Kosmos in den letzten 50 Jahren potenziert hat. Dies ist auch der bemannten Raumfahrt zu verdanken.

  6. Kommentar eines russischen Freundes

    Der Kommentar eines russischen Freundes, der zwar 1961 noch so klein war, dass er nicht allzuviel mitkriegte, aber viel mit sinen Eltern und denen seiner Frau darüber geredet hat. Ich gebe hier den Wortlaut unseres Telefongesprächs von heute wieder:

    Er:

    Damals war es dem normalen Sowjetbürger eher egal, wer da nun was im Weltraum gemacht hatte. Die Versorgungslage im Land war lausig – es war 14 Jahre nach einem Krieg, der in der UdSSR mehr als 20 Millionen Menschenleben gefordert und weite Landstriche verwüstet hatte, und 8 Jahre nach dem Tod eines der schlimmsten Diktatoren der Weltgeschichte. Da kann man nicht erwarten, dass so etwas jemanden juckt. Betriebe, Schulen, Einheiten, alles wurde hinausbeordert und hatte zu jubeln. Wenigstens die Propagandamaschine war immer gut geöt. Ich bin jetzt einigermaßen verwundert, die damalige kommunistische Jubel-Hysterie nun hier in Deutschland abgebildet zu sehen, wenn auch abgeschwächt, wenn auch unkritisch.

    Ich erwiderte ihm:

    Aber findest du es nicht wenigstens gut, dass die Leute ausnahmsweise mal eine Leistung aus dem technischen Bereich feiern, anstatt wie sonst solche Sachen wie DSDS. Eurovision oder Fußball?

    Er:

    Ja doch, das natürlich schon.

    Ich muss hinzufügen, dass die meisten Russen, die ich so sonst kenne, insbesondere die, die nicht im Westen leben, Gagarin sehr positiv sehen und auch die sowjetischen Erfolge in der Weltraumfahrt.

    O-Ton von anderer russischer Seite:

    Unser Land hat im Krieg so gelitten wie sonst keins, und wir haben trotzdem nicht kapituliert. Kein anderes Volk hätte das erduldet, was wir durchmachten. Und keine 15 Jahre später waren wir die ersten im Weltraum. Dafür steht Gagarin, für die kollektive Leistung des russischen Volks.

    Ab hier wird’s dann meist sehr patriotisch. Das kann man nüchtern schwer ertragen, deswegen erspare ich es Ihnen.

    Aber eine kleine persönliche Meinung habe ich doch zum Thema:

    Ich meine, die sowjetische Führung hätte die Begeisterung etwas weniger orchestrieren und gängeln sollen. Dann wäre sie vielleicht weniger geordnet, aber dafür ehrlicher, und sogar überzeugender gewesen.

    Ohne dieses ganze Brimborium war es einfach so, dass Yuri Gagarin ein sympathischer junger Mann von großem Mut, Fleiß und Einsatzbereitschaft war. So einer kommt bei den Leuten einfach gut an. Er wäre so oder so eine Identifikatonsfigur geworden, trotz, oder gerade wegen seiner menschlichen Schwächen. Das muss man gar nicht verordnen.

    Weniger wäre hier mehr gewesen, und auch im Sinne Gagarins selbst, denn für den war die ständige Vereinnahmung und Ausnutzung durch die Staatsorgane eine schwere psychische Belastung. So behandelt man keinen Helden.

    Aber natürlich kommt in einer Diktatur niemand darauf, dass es auch ohne Druck und Anordnungen gehen könnte.

  7. Politisches Marketing

    “”Wie bringt man also Politikern und dann den Wählern nahe, dass bemannte Raumfahrt es wert ist, gefördert zu werden.””

    So wie es Politiker machen: den Wähler in Angst und Schrecken versetzen, die Gefahren, d.h die Wahrscheinlichkeit eines Asteroiden- oder Kometeneinschlags dramatisieren.
    Sobald dies als reale existenzielle Bedrohung wahrgenommen wird fliessen die Gelder.

  8. @Peter

    So einfach ist das glaube ich auch nicht. Die Bedrohung der Erde durch Asteroideneinschläge ist eine reale (wenn auch mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit behaftete) Gefahr, der sich auch entsprechende Kreise in der Politik durchaus bewußt sind, siehe dazu auch http://www.kosmologs.de/…ch-asteroideneinschl-ge

    Das heißt dann aber noch lange nicht, daß auch entsprechende Geldsummen fließen, wie sie in die bemannte Raumfahrt investiert werden. Es ist nämlich so, daß Konzepte zur Asteroidenabwehr auf Robotermissionen und damit unbemannte Raumfahrttechnik setzen. Damit wiederum wird eine solche Mission auch gleich um einiges kostengünstiger.

  9. @Caroline

    “”So einfach ist das glaube ich auch nicht. Die Bedrohung der Erde durch Asteroideneinschläge ist eine reale (wenn auch mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit behaftete) Gefahr””

    Real in dem Sinne, dass ein Einschlag kein unmögliches Ereignis ist. Das gilt aber auch für das Ereignis “dreimal hintereinander 6 Richtige im Lotto”. So ungefähr wird die Bedrohung bei den meisten Menschen wohl eingestuft, wenn sie denn diese Gefahr überhaupt als reale wahrnehmen: Hypothetische Wahrscheinlichkeit, die so gering ist, dass der Gefahrenabwehr wenig bis keine Bedeutung beigemessen wird, aber immerhin eine gute Story für Hollywoods Filmemacher liefert.

    Natürlich ist mein Vorschlag zynisch und nicht ganz ernst gemeint. So wird aber tatsächlich in der Politik mit einigem Erfolg operiert. Grundsätzlich würde das auch bezüglich Raumfahrt funktionieren. Der Asteroid Aphobis würde sich als “Angstmacher” eignen. Aber moralisch wäre das natürlich nicht.

    Ich sehe zwei langfristige Projekte, mit denen die Raumfahrt “verkauft” werden kann: die Suche nach ausserirdischem Leben (Missionen zum Mars und zu den Monden des Jupiter und Saturn) sowie die Abwehr möglicher Einschläge.

    Besser wäre es, wenn wieder Begeisterung für die bemannte und unbemannte Raumfahrt entfacht werden könnte, so wie das in den 60-er-Jahren für kurze Zeit der Fall war. Da bin ich aber eher pessimistisch. Vorläufig werden die spektakulären Missionen wohl unbemannte Raumflüge sein. Die Kosten für einen bemannten Flug zum Mars sind einfach gigantisch.

    Es ist einfach zu wenig Begeisterung für die Raumfahrt vorhanden. Das zeigt allein schon die geringe Aufmerksamkeit, welche die Messenger-Sonde in den Medien erhält.

    Warum gibt es kein professionell gemachtes Space-TV? Die Raumfahrt wird schlecht vermarktet.

  10. @Peter

    Hast du dir den Beitrag zur Asteroidenabwehr angeschaut und die Seiten Beteiligten besucht? Das Thema wird von den Raumfahrtorganisationen ernst genommen und ist auch in der Politik angekommen. Sicher, weder bei Angela Merkel noch bei Barak Obama liegt es ganz oben auf dem “Dringend”-Stapel auf dem Schreibtisch, ich gestehe ihnen allerdings auch zu, daß beide derzeit wichtigere Dinge zu erledigen haben.

    Wenn man sich mal die Frage stellt, woher die Raumfahrtbegeisterung der 60er Jahre gekommen ist, dann sehe ich schwarz. Wenn man mal vom politischen Hintergrund des Kalten Krieges und seinem Wettbewerbscharakter in der Raumfahrt absieht, muß man sich vor allem die Mentalität der Leute anschauen. Die Nachkriegszeit der 50er Jahre waren eine Zeit die durch Aufbruchstimmung und Vertrauen in Technologie und Fortschritt geprägt war. Dementsprechend boomte auch die Science Fiction. Diese Einstellung hat sich ins Gegenteil verkehrt. Wir leben heute in einer Konsumgesellschaft, in der einem alles schon vorgekaut serviert wird. Besonders Deutschland hat eine ausgeprägte Wissenschafts- und Technikfeindlichkeit entwickelt, die Prominente hofiert, die öffentlich von sich geben, daß sie in Mathe schon immer schlecht waren. Naturwissenschaftler und Ingenieure gelten als abgrundtief böse, schließlich bauen sie Atomkraftwerke oder verwandeln die Erde am LHC in ein Schwarzes Loch. Da machen zwei Zahlendreher in einem 1000-Seiten-Bericht mal eben die Bemühungen von Jahrzehnten im Klimaschutz zunichte, so daß dank einiger Lobbyisten mit genügend Kleingeld in der Hinterhand nun signifikante Teile der Bevölkerung glauben, die menschengemachte globale Erwärmung wäre eine Lüge. Und auch anderswo verdienen jede Menge Scharlatane Unsummen mit der Angst der Leute vor der Forschung. Dieses gesellschaftliche Grundproblem gilt es zu lösen, nicht nur im Sinne der Raumfahrt sondern der Wissenschaft allgemein.

    Nichtsdestotrotz. Auch ich halte es nicht für sinnvoll, zum Beispiel zum Mars zu fliegen nur “um mal da gewesen zu sein”. Die Raumfahrt muß Mittel zum Zweck für die Weltraumforschung sein, als solche aber auch sinnvoll und effektiv eingesetzt werden. Und da führen die beiden Beispiele Asteroidenabwehr und Suche nach Leben eher zu einer weiteren Abkehr von der bemannten Raumfahrt, denn beides läßt sich systematischer und natürlich auch kostengünstiger von Raumsonden und Robotermissionen durchführen. Die bemannte Raumfahrt braucht also ein Ziel. Ein wichtiges, ein vernünftiges, und vor allem auch ein machbares.

    PS. Bitte ohne e 😉

  11. Ich sags nicht gern.

    Aber bemannte Raumfahrt ist ein einzig Resourcenverschwendung.

    Viel besser wäre es mehr Sonden und Teleskope ins Sonnensystem zu schicken und Seti mal vernünftig zu finanzieren.

  12. It’s time for a revolution

    Für mich hat die Mondlandung gewisse Ähnlichkeiten mit der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus. Allerdings gibt es markante Unterschiede. Kolumbus Schiff war ähnlich gebaut wie viele andere dazumal und es erreichte Amerika von den Kanaren aus in 6 Wochen. Es war ein leichtes es ihm nachzutun. Dennoch dauerte es lange bis zu ersten permanenten Siedlungen in Amerika.Doch dazumal dauerte alles viel länger. Heutzutage wo sich – um ein Beispiel für die Beschleunigung zu geben – die Mobilfunktechnologie innert einem Jahrzehnt um den ganzen Globus ausgebreitet hat, sollte man eigentlich erwarten, dass auch der Mond immer häufiger besucht wird und bald schon eine permanente Kolonie eingerichtet wird. Doch wir sind – 40 Jahre nach dem ersten Mondflug – weit entfernt davon. Der Grund ist offensichtlich: Die Reise zum Mond ist ein viel zu teures und exklusives Unternehmen als dass es eine Breitenwirkung entfalten könnte. Und das liegt an der rückständigen Technologie. Die Weltraumfahrt findet immer noch mit den gleichen Raketen und den gleichen Antrieben statt wie vor 40 Jahren. Das Space-Shuttle-Programm hat die Raumfahrt etwas telegener gemacht aber sonst gar nichts zum Fortschritt beigetragen.

    Wahrscheinlich braucht es zuerst neue Antriebstechnologien oder andere Wege schnell und günstig ins All zu kommen um eine neue Ära zu begründen: Die Ära, in der die menschliche Zivilisation nicht mehr auf einen einzigen Planeten beschränkt ist.

    Denkbar ist auch, dass zunehmend intelligente Roboter Missionen selbtständig durchführen und sogar eine permanente Station auf dem Mond oder Mars betreiben und sie soweit vorbereiten, dass auch menschlicher Besuch möglich wird.

  13. @A. Debus: SETI und Grundlagenforschung

    Über den Nutzen der bemannten Raumfahrt läßt sich prinzipiell unendlich lange debattieren. Irgendwann wird man bei so einer Diskussion zu einem ähnlichen Ergebnis kommen wie bei der Frage nach dem Sinn der Grundlagenforschung: Deren Arbeitsgebiete sind größtenteils weit von unserem alltäglichen Leben entfernt, ein unmittelbarer Nutzen sowohl im materiellen Sinne als auch in Bezug auf den Erkenntnisgewinn läßt sich nur selten absehen. Oft dauert es Jahre oder gar Jahrzehnte bis entsprechende Anstrengungen Früchte tragen, und auf dem Weg dahin gilt es viele Sackgassen hinter sich zu lassen. Was bleibt ist der menschliche Forscherdrang, der ebenso wissen will was die Welt im Innersten zusammenhält wie auch was sich in den Weiten des Kosmos verbirgt. Es ist dennoch aber natürlich unsere Aufgabe dafür zu sorgen, das mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen mit Augenmaß umgegangen wird. Und das kann und wird tatsächlich oft bedeuten, das die bemannte Raumfahrt gegenüber der unbemannten zurückstecken muß.

    Welche Projekte es allerdings wert sind, entsprechend gefördert zu werden, steht auf einem ganz anderen Blatt. Über den Sinn von SETI läßt sich angesichts minimaler Erfolgsaussichten genauso debattieren – denn selbst wenn die Suche erfolgreich sein sollte, ist keinerlei Nutzen absehbar. Ich persönlich halte SETI für wesentlich weniger sinnvoll als so manch Projekt der bemannten Raumfahrt. Die öffentliche Hand scheint das ebenso zu sehen und hat sich deshalb aus der finanziell aus SETI zurückgezogen.

  14. @Martin Holzherr: Das Henne-Ei-Problem

    Die Stagnation in der Entwicklung der Raumfahrt kann tatsächlich kaum bestritten werden (auch wenn natürlich durchaus auch Fortschritte gemacht wurden, wenngleich sie relativ klein ausfallen gegenüber dem was in der Anfangszeit erreicht wurde), nur hat man es hier mit einer klassischen Abwärtsspirale zu tun: Um die angesprochene Breitenwirkung zu erzielen, müßten nicht nur neue, kosteneffiziente Technologien bereit stehen. Zunächst einmal müßten die notwendigen Impulse für die Entwicklung eben dieser vorhanden sein. Das wiederum erfordert aber ein allgemein höheres Interesse an der Sache selber, das man aber im Allgemeinen nur dann steigern kann, wenn man Fortschritte vorzuweisen hat. Insofern hat sich dieser Kreislauf ganz offenbar verlangsamt, und gesucht ist ein beliebiger Ansatzpunkt irgendwo in dem gesamten System, an dem es sich wieder beschleunigen läßt, bis selbsttätig eine Aufwärtsspirale daraus wird.

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