Letzte Landung für Atlantis?

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Offiziell war dies die letzte Landung für die US-Raumfähre Atlantis. Doch gibt es seit kurzem Rumor bei der US-Raumfahrtbehörde, dass dieser Orbiter im nächsten Sommer noch einen allerletzten Einsatz fliegen soll. Das dazu nötige Gerät wäre mehrfach vorhanden: Es gibt noch zwei vollständige Sätze von Feststoffboostern und zwei fertig montierte Außentanks. Je ein Satz Booster und ein weiterer Tank könnten aus vorhandenen Einzelteilen zusammengesetzt werden. Um auch das nötige Personal für solch einen allerletzten Shuttle-Flug zusammenzuhalten, müsste die NASA aber schnell entscheiden.

 

Doch wie gesagt: Offiziell aber war es das, an diesem Vormittag um 8:48 Uhr US-Ostküstenzeit am 26. Mai 2010: Der "erste letzte" Flug der drei US-Raumfähren. Je einen werden nun auch die Discovery und die Endeavour noch absolvieren, dann ist das Shuttle-Programm Geschichte.

Der Erstflug der Atlantis liegt schon fast ein Vierteljahrhundert zurück: er erfolgte im Oktober 1985. Keine Raumfähre flog soviele militärische Missionen wie sie: nämlich genau fünf. Sie unternahm sieben Einsätze zur russischen Raumstation Mir und elf zur Internationalen Raumstation.  Sie brachte zwei Planetensonden in den Weltraum: Magellan, die zur Venus entsandt wurde und die Raumsonde Galileo zum Jupiter. Und sie trug das erste der großen NASA-Teleskope in den Weltraum: das Compton Gamma Ray Observatory. Im letzten Jahr wurde mit der Atlantis auch die letzte Überholung des Hubble-Weltraumteleskops durchgeführt.

Die Landung verlief planmäßig und problemfrei wie alle Landungen im Shuttle-Programm. Wie alle, bis auf die Landung der Columbia bei der Mission STS 107 vor sieben Jahren, als diese erste Einsatzraumfähre der USA über Mexiko wie ein Meteor verglühte. Ein Schaden an einer Hitzeschutzkachel an der Flügelvorderkante hatte ihr Ende verursacht und kostete der Besatzung das Leben.

Um13:45 Uhr, eine gute Stunde vor dem "Touchdown" in Florida, hatte der so genannte Deorbit-Burn stattgefunden. Dabei wurde die Geschwindigkeit der Fähre um 360 Kilometer pro Stunde reduziert. Genug, um das Perigäum der Bahn in die obersten Schichten der Erdatmosphäre abzusenken. Der Abstieg zur Erde war damit eingeleitet.

Sekunden vor dem Aufsetzen betätigte Pilot Toni Antonelli den Schalter, der die Fahrwerksluken aufsprengte. Das Fahrwerk fällt danach nach unten und wird durch den Fahrtwind nach hinten gedrückt, bis es einrastet. Um 14:48:11 Uhr war die Shuttle-Mission STS 132 Geschichte, nachdem Commander Kenneth Ham die Fähre perfekt aufgesetzt hatte. Der Orbiter wog bei der Landung 94.900 Kilogramm, 24.300 Kilogramm weniger als beim Start.

Die Mission hatte, vom Moment der Zündung der Feststoffbooster bis zum Stillstand der Fähre nach der Landung genau 11 Tage, 18 Stunden und 28 Minuten gedauert. In dieser Zeit hatte die Atlantis die Erde 186 Mal umkreist und dabei eine Strecke von 7,85 Millionen Kilometer zurückgelegt.

Es war dies die 75. Shuttle-Landung am Kennedy Space Center. 56mal sind die Shuttles in Kalifornien am Testflugzentrum der NASA in Edwards gelandet. Eine Landung – bei der Mission STS 3, durchgeführt von der Columbia – erfolgte auf der Naturbahn von White Sands in New Mexico.

Der Anflug erfolgte diesmal auf die Runway 33. Dies bedeutet, dass der Shuttle die einzige Bahn der Kennedy Space Center Landing Facility vom Südosten her ansteuerte. Dafür musste die Atlantis über dem Kennedy Space Center nahezu einen vollen Kreis fliegen, um sich exakt auf die Bahn auszurichten: 320 Grad um genau zu sein. Die Piste der Shuttle Landing Facility wurde im Jahre 1975 errichtet. Ihre Betonbahn ist 90 Meter breit, 4.800 Meter lang und hat zusätzlich eine jeweils 300 Meter lange Überrollzone an jedem Ende. Sie liegt fünf Kilometer nordwestlich des Vehicle Assembly Buildings.

Die Geschwindigkeit der Raumfähre betrug im Moment der Bodenberührung des Hauptfahrwerks noch 370 Kilometer pro Stunde. Der Aufsetzpunkt lag 750 Meter hinter der Landebahnschwelle.

Insgesamt hat die Atlantis in ihrer Einsatzgeschichte 294 Tage im Weltraum verbracht, bei ihren 32 Flügen 4.648-mal die Erde umkreist und dabei über 190 Millionen Kilometer zurückgelegt.

Obwohl dies offiziell ihr letzter Flug war, wird die Atlantis nach dieser Mission der gleichen Prozedur unterzogen, wie nach jedem Flug: Das heißt, sie wird auf eine nächste Mission vorbereitet, die es vielleicht gar nicht mehr geben wird. Sie steht – für den Fall der Fälle – zunächst als Rettungsfahrzeug für die Raumfähren Discovery (deren Start momentan für September oder Oktober geplant ist) und Endeavour, die möglicherweise erst Anfang des kommenden Jahres fliegen wird, zur Verfügung.

Die NASA-Manager hoffen jedoch, dass Präsident Obama noch die eingangs erwähnte allerletzte Mission genehmigt, die dann im Sommer 2011 anzusetzen wäre. Diese Mission müsste ohne einen Rettungsshuttle im Standby-Modus stattfinden, denn zu diesem Zeitpunkt werden die Discovery und die Endeavour schon im Museum stehen. Für den Fall, dass die Hitzeschutzkacheln beim Start einen schweren Schaden erleiden, müsste die Atlantis aufgegeben werden. In diesem Fall würde ihre Besatzung mit Sojus-Raumfahrzeugen zur Erde zurückkehren. Aus diesem Grund würde die Atlantis diese nun wirklich allerletzte Reise mit einer reduzierten Crew von nur vier Astronauten durchführen.

 

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Ich bin Raumfahrt-Fan seit frühester Kindheit. Mein Schlüsselerlebnis ereignete sich 1963. Ich lag mit Masern im Bett. Und im Fernsehen kam eine Sendung über Scott Carpenters Mercury-Raumflug. Dazu der Kommentar von Wolf Mittler, dem Stammvater der TV-Raumfahrt-Berichterstattung. Heute bin ich im "Brotberuf" bei Airbus Safran Launchers in München im Bereich Träger- und Satellitenantriebe an einer Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Technik tätig. Daneben schreibe ich für Print- und Onlinemedien und vor allem für mein eigenes Portal, "Der Orion", das ich zusammen mit meinen Freundinnen Maria Pflug-Hofmayr und Monika Fischer betreibe. Ich trete in Rundfunk und Fernsehen auf, bin Verfasser und Mitherausgeber des seit 2003 erscheinenden Raumfahrt-Jahrbuches des Vereins zur Förderung der Raumfahrt (VFR). Aktuell erschien in diesen Tagen beim Motorbuch-Verlag "Interkontinentalraketen". Bei diesem Verlag sind in der Zwischenzeit insgesamt 16 Bücher von mir erschienen, drei davon werden inzwischen auch in den USA verlegt. Daneben halte ich etwa 15-20 mal im Jahr Vorträge bei den verschiedensten Institutionen im In- und Ausland. Mein Leitmotiv stammt von Antoine de Saint Exupery: Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge zu verteilen und Arbeit zu vergeben, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten unendlichen Meer. In diesem Sinne: Ad Astra

3 Kommentare

  1. Landung Space Shuttle Atlantis

    Wie soll es eigentlich mit der bemannten Raumfahrt der Amerikaner nach den Space Shuttles weitergehen? Gibt es schon konkrete Pläne? Ich höre immer nur von Plänen, die von Präsident Obama aus finanziellen Gründen wieder gestrichen werden.
    Ich habe auf meiner Homepage jeweils einen YouTube-Link über den Start und die Landung von Atlantis gesetzt (die letzten 10 Minuten). Wer Interesse hat, einfach mal vorbeischaun.

  2. Nachfolger in Sicht?

    Eine gute und berechtigte Frage, von der man annehmen sollte, dass sie sich die US-Regierung vor vielen Jahren schon gestellt haben sollte. Vernünftigerweise hätte der designierte Nachfolger des Shuttles seinen Erstflug vor fünf bis sieben Jahren gehabt. Vernünftigerweise hätte er seitdem seine ersten 12-15 Flüge absolviert und in dieser Zeit die mit Sicherheit auftretenden Kinderkrankheiten jedes neuen Systems auskuriert. Vernünftigerweise wäre dieses Nachfolgesystem schon seit einigen Jahren parallel mit dem abzulösenden System in Betrieb gewesen und könnte nun, nachdem der Shuttle seinen Betrieb einstellt, den Transportdienst übernehmen. So würde es laufen, wenn vernünftig geplant worden wäre, und wenn man die notwendigen Mittel zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung gestellt hätte. Nichts davon ist passiert. Das designierte Nachfolgesystem, ohnehin schon viel zu spät und katastrophal unterfinanziert angesetzt, wurde auch noch gestrichen. Nun herrscht eine Art konfuser Ratlosigkeit. Die Katastrophe könnte kaum größer sein. Die US-Regierung setzt auf die private Raumfahrt und hofft, dass daraus schon irgendwie ein Nachfolgesystem für den Shuttle erwachsen wird. Vielleicht wird es das tatsächlich. Aber bis dahin werden viele Jahre vergehen. Was sich hier ereignet ist ein planungstechnisches Pearl Harbour und eine Schande für eine Nation wie die USA.

  3. @Volker Hoff

    Pläne werden zuhauf geschmiedet. Die sehen in etwa so aus: “Wenn wir eine Schwerlastrakete hätten, dann koennten wir ein bemanntes Raumschiff zu Asteroiden, den Lagrangepunkten oder den Marsmonden schicken – wenn wir ein Raumschiff hätten.”

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