Jähn, Nespoli & Co in Meckpomm
BLOG: Astra's Spacelog
Ich hab eine schlechte Nachricht für Sie: Sie haben die 30. Raumfahrttage in Neubrandenburg verpasst. Das ist echt bitter. Rekapitulieren wir mal kurz im Überblick, was Sie da versäumt haben. Und außerdem noch gleich zur Einleitung: Das Ereignis „Raumfahrttage Neubrandenburg“ schließt automatisch auch immer die Orte Neustrelitz und Peenemünde mit ein. Alles im schönen MeckPomm gelegen. In der Nordostecke der Republik.
Am Donnerstag, dem 13. November fand im School-Lab des DLR in Neustrelitz der traditionelle Jugendtag der Raumfahrttage am dortigen DLR-Standort statt. Trotz des Mottos “Jugendtag”: Erwachsene durften sich da durchaus auch blicken lassen und fanden spannende Experimente der Nachwuchswissenschaftler vor. Hauptperson dort war neben dem ESA-Astronauten Paolo Nespoli vor allem Barbara Zelon, die Kommunikationsdirektorin des Orion-Programms der NASA. Die beiden ließen sich von den jungen Experimentatoren deren Arbeiten präsentieren und erzählten über ihre Projekte.
Am Freitag gab es erstmals – anlässlich des 30. Jubiläums der Raumfahrttage – zwei parallele Veranstaltungen. Eine in Peenemünde, die andere in Neubrandenburg. In Peenemünde konnten die Besucher an einer der sehr seltenen Führungen im Gelände des ehemaligen Prüfstandes VII teilnehmen. Ein historischer Ort, denn von hier aus gelang am 3. Oktober 1942 der erste erfolgreiche Start einer A4, der damals in eine Höhe von über 84 Kilometer führte. Später wurden dort bei Versuchsflügen Höhen bis in 175 Kilometer Höhe erzielt.
Ebenfalls erstmals (und vielleicht auch schon wieder das letzte Mal) gab es auch eine Führung über das Gelände des Prüfstandes VIII. Von dort aus wurden während des Krieges die Versuche für die Flugabwehrrakete Wasserfall durchgeführt. Das etwas eigenwillige museumspädagogische Konzept in Peenemünde ist daraufhin ausgerichtet, die Prüfstände verfallen zu lassen und sie schließlich der Natur zu übergeben. Zum Entsetzen ausnahmslos aller ausländischen Gäste, die dort mitten im wuchernden Wald etwas hilflos nach optischen Anhaltspunkten des Geburtsort der weltweiten Raumfahrt suchen. Schon in wenigen Jahren wird hier nichts mehr von dem zu sehen sein, was sich hier einst abspielte. Eine Restaurierung der Anlage ist weder vorgesehen noch gewollt.
Im Museum in Peenemünde, im alten Kraftwerksbau des Versuchsgeländes, hielt dann die deutsche Raumfahrtlegende Siegmund Jähn einen Vortrag vor etwa 200 Besuchern einen Vortrag zum Thema „Deutsche Beiträge zu Raketenentwicklung und bemannter Raumfahrt“.
Wer sich weniger für die Vergangenheit, sondern eher für die ferne Zukunft der Raumfahrt interessierte, für den gab es an diesem Freitag im 80 Kilometer entfernten Neubrandenburg das „Forum Space 3000“. Für die Lust am wilden Spekulieren sorgten Vorträge wie „Höchste Zeit für die Zukunft – Technologie im 26. Jahrhundert und wo stehen wir heute“ vom DLR Programm-Manager Volker Schmidt, oder „Antimaterie – Eine Bestandsaufnahme“ von Professor Dr. Dieter Herrmann von der Leibnitz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin.
Mit dem gegenwärtigen Stand der Raumfahrttechnik und dem Blick in die unmittelbare Zukunft beschäftigte sich die „Klassik-Veranstaltung“ in Neubrandenburg am Samstag und am Sonntag. Besonderes Interesse fand dabei die Präsentation von Barbara Zelon, zum Stand des Orion-Programms, das über den cislunaren Raum zu Asteroiden und letztlich auch zum Mars führen soll. Aber auch deutsche Industrievertreter von OHB, Astrium und den Mittelständlern präsentierten Meinungen, Visionen und Aktualitäten. Am Sonntag stand Rosetta im Mittelpunkt des Interesses. Ulrich Köhler vom Institut für Planetenforschung des DLR Berlin berichtete über „Die ESA-Mission Rosetta – eine unglaubliche Reise zum Kometen 67P”. Köhler feilte bis zur letzten Sekunden an seinem Vortrag, so brandaktuell war die Story. Auch die Ausführungen zu TerraSarX von Egbert Schwarz vom DLR Neustrelitz, die Entwicklungsaktivitäten der DGLR-Nachwuchsgruppen und das Neueste zum Stand der Raumfahrt in China fanden großes Interesse. Der Saal platzte aus allen Nähten, und die Veranstalter hatten zu tun, um zusätzliche Stühle herbeizuschaffen.
Sie sehen: Ein Besuch der Neubrandenburger Raumfahrttage lohnt sich immer, egal ob man „Profi“ oder interessierter Laie ist. Es gibt nicht sehr viele Veranstaltungen die nach dem Prinzip der offenen Konferenz gestaltet, und gleichzeitig extrem hochkarätig besetzt sind. Dieses Konzept gibt den Besuchern die Möglichkeit, mit Raumfahrern, Projektleitern, Wissenschaftlern und Gleichgesinnten zu reden und Persönlichkeiten der internationalen Raumfahrt, die man sonst nur aus den Medien kennt, persönlich zu begegnen.
Und nun die gute Nachricht: Wer die 30. Raumfahrttage versäumt hat, bekommt im Herbstnächsten Jahres eine neue Chance. Die 31. Raumfahrttage werden am dritten Novemberwochenende 2015 stattfinden. Halten Sie sich dieses Datum schon mal frei.