Werden biblische Personen in archäologischen Inschriften erwähnt?

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Peter van der VeenJa! Es gibt viele Inschriften, in denen biblische Personen erwähnt werden. Und da spreche ich noch gar nicht von den vielen Inschriften (Siegel, Siegelabdrucke, Stelenfragmente, usw.), die uns aus dem Antikenhandel bekannt sind (auch die sind zum Teil recht interessant und wichtig, aber 100%-ige Gewissheit, dass sie auch wirklich echt sind, haben wir nicht). Nein, gemeint sind die Inschriften, die tatsächlich während legalen Grabungen in situ gefunden wurden. Es gibt viele assyrische Keilschrifttexte, auf denen biblische Könige aus dem Alten Testament erwähnt werden, sowohl aus Israel als auch aus Juda, wie auch aus den benachbarten Gebieten. So erwähnt z.B. König Salmanaser III. auf der Kurchstele (heute im Britisch Museum in London) wie König Ahab im Jahr 853 v. Chr. mit seiner 2000 Streitwagen- und 10.000 Fußsoldaten starken Armee als Teil einer 12-er Koalition von levantinischen Staaten nach Nord-Syrien marschierte, um dort dem assyrischen Monarchen bei Qarqar die Stirn zu bieten.

Knapp 10 Jahre später marschierte Salmanaser bis zur Nordgrenze Israels und begegnete dort dem israelitischen König Jehu. Jehu wird sogar auf dem Schwarzen Obelisk dargestellt. Salmanaser erwähnt auch den syrischen Fürsten Hasael von Damaskus, der ebenfalls aus der Bibel bekannt ist. Natürlich erwähnen die Texte auch Personen und Besonderheiten, die wir aus der Bibel nicht kennen (z.B. wird im Alten Testament nichts über den Krieg bei Qarqar gesagt oder dass die Assyrer Jehu in die Knie zwangen). Die assyrischen Texte erwähnen auch viele Könige aus dem 8.-7. Jh. v. Chr. aus Israel und Juda (Israel war seit 930 v. Chr. in Nord- und Südreich aufgeteilt). Viele von ihnen mussten der assyrischen Obrigkeit hohe Steuern zahlen. So werden u.a. Menachem, Pekach, Hoschea aus Israel und (Jeho)-Ahas, Hiskia und Manasse des Südreichs erwähnt.

Auf Siegeln aus legalen Grabungen sind ebenfalls bekannte Personen belegt. So entdeckte z. B. der deutsche Archäologe Gottlieb Schumacher bereits zu Anfang des 20. Jhs. auf Megiddo das Siegel eines nicht näher bekannten Ministers des biblischen Monarchen Jerobeam II. aus der Mitte des 8. Jhs. v. Chr. Vor allem aus der Zeit am Ende der Monarchie in Juda – um 600 v. Chr. – gibt es mehrere Siegelabdrücke aus Ton, auf denen bekannte Personen aus der Bibel erwähnt werden.
So entdeckten Archäologen der Hebräischen Universität 1982 auf dem Osthang der Davidstadt (südlich des Jerusalemer Tempelbergs) eine Vielzahl von Tonverschlüssen. Darauf fanden sie die Namen des bekannten biblischen Ministers Gemarjahu, dem Sohn Schafans und des Hohepriesters Asarjahu, dem Sohn Hilkijahus.
Erst vor zwei Jahren entdeckte die israelische Archäologin Eilat Mazar in unmittelbarer Nähe ein weiteres Stück, worauf der biblische Minister Juchal, der Sohn Schelemjas, aus ca. 590 v. Chr., erwähnt wird.
Auch der Name des jordanischen Königs Baalis (Baaljischa), der aus dem Buch Jeremia bekannt ist, wurde auf einem Krugstöpsel im jordanischen Tall al-Umayri (unweit von Amman) entdeckt.
Weitere Personen sind z.B. von Stelen bekannt. Eine bereits im 19. Jh. entdeckte Stele aus Jordanien erwähnt den aus dem 2. Königebuch bekannten moabitischen Monarchen Mescha. Darauf wird ebenfalls König Ahabs Vater Omri erwähnt, der zuvor Gebiete jenseits des Jordan erobert haben soll.
Anfang der 90’er Jahre entdeckten Archäologen des Nelson Glueck Instituts aus Jerusalem auf Tel Dan (an der Nordgrenze Israels) einen Gedenkstein eines syrischen Königs aus dem späteren 9. Jh. v. Chr. (es handelt sich hier wahrscheinlich um König Hasael von Damaskus), worauf er verewigen ließ, dass er gegen die Könige von Israel (Nordreich) und Juda (Südreich) gekämpft und gesiegt hatte. Nicht nur sind die Namen dieser Monarchen (leider nur fragmentarisch) erhalten (es handelt sich um [Jo]ram von Israel und [Ahas]jahu von Juda), sondern es wird auch der Name des Gründers des judäischen Königreichs erwähnt, nämlich ‚David.’ Dass es sich bei diesem ‚David’ um den bekannten Helden aus den Büchern des Propheten Samuel handelt, der die Philister schlug und im 10. Jh. v. Chr. ein mächtiges Königreich gründete, wird heute von den meisten Wissenschaftlern akzeptiert.

Aber wie sicher können wir wirklich sein, dass es sich bei den benannten Charakteren tatsächlich um die aus der Bibel bekannten Personen handelt und nicht um Leute, die eben einfach die gleichen Namen trugen? Der amerikanische Wissenschaftler Lawrence Mykytiuk hat dazu ein gutes Buch geschrieben und hat systematisch ausgewertet, wie wahrscheinlich es ist, dass die genannten Personen mit den biblischen Charakteren identisch sind. Er kam dabei zu erstaunlichen Entdeckungen. Wirklich eine empfehlenswerte Lektüre (Titel s. unten)! Mehrere dieser Stücke wurden auch von mir selbst in meiner Promotion über Beamtensiegel aus Israel und Jordanien am Ende der Eisenzeit um 600 v. Chr. (Bristol Universität 2005) ausgewertet. Ein Buch mit den Ergebnissen soll in absehbarer Zeit in Deutschland erscheinen. Wir halten Sie darüber auf dem Laufenden.

Lawrence J. Mykytiuk, Identifying Biblical Persons in Northwest Semitic Inscriptions of 1200-539 B.C.E., Society of Biblical Literature, Atlanta, 2004.
Auch empfehlenswert: T. C. Mitchell, The Bible in the British Museum – Interpreting the Evidence, British Museum Press, London, 1988.

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Peter van der Veen hegt seit seiner Jugend großes Interesse an der Geschichte und Archäologie der Bibel. Er ist Leiter einer deutschen Arbeitsgruppe für Biblische Archäologie und arbeitet seit seiner Promotion über antike Beamtensiegel (Uni Bristol, 2005) an mehreren Forschungsprojekten zur Archäologie des alten Israel.

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