Von der Unmöglichkeit des Vergessens

BLOG: Anatomisches Allerlei

Kopflose Fußnoten von Helmut Wicht
Anatomisches Allerlei

Das kennen Sie auch: man vergisst etwas. Wenn es etwas war, was man erledigen wollte, dann läuft man eben noch mal los. Wenn es etwas war, was man mal wusste, dann grübelt man lange nach, findet es mitunter in den Rumpelkammern des Gedächtnisses wieder, manchmal aber auch nicht. Trivial.

Oder auch wieder nicht. Denn eigentlich hat man es ja nicht vergessen, zumindest weiss man ja noch, dass man es mal wusste. Richtig vergessen: Das würde heissen, dass man auch das Wissen darum, dass man es mal wusste, verliert. Und dann – dann bemerkte man sein Vergessen ja gar nicht mehr, der Verlust wäre nicht spürbar. Um ein Bild aus einer Bibliothek zu gebrauchen: das Gedächtnis scheint aus zwei Teilen zu bestehen: einem Zettelkasten und dem eigentlichen Büchern, auf die die Zettel verweisen. Der Zettelkasten ist offensichtlich länger haltbar.

Eigentlich schade. Wenn wir schon vergessen müssen – wär's da unserem Glück nicht zuträglicher, wir vergässen ganz und gar?

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Gedankenfragmente von Helmut Wicht, Dozent an der Frankfurter Universität, über Neurobiologie, Anatomie, Philosophie, Gott und die Welt. Seine eigentliche Expertise bezieht sich auf die (Human-)anatomie und die vergleichende Anatomie des Nervensystems.

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