Eine Träumerei über das Paradoxe

BLOG: Anatomisches Allerlei

Kopflose Fußnoten von Helmut Wicht
Anatomisches Allerlei

Ein kluger Mann hat mal gesagt: “Alle Wahrheit ist entweder tautologisch oder paradox.”

Der Mann war ich.

Und, vor lauter Klugheit erschrocken, mach’ ich jetzt etwas Dummes, nämlich zum Thema “Paradoxa” meinen Senf dazu geben, wiewohl ich weiss, dass ich nichts davon verstehe. Denn das Thema ist abgründig, führt tief hinein in die Mathematik, die Logik, die Philosophie, ein weites Terrain, ideal geeignet, meine Ignoranz mit Bravour unter Beweis zu stellen.

Paradoxe Grundlegung der abendländischen Philosophie

Ich weiss also, dass ich nichts weiss. Ich weiß aber auch, dass jener Satz, den Sokrates sich angeblich zurechtlegte, um sich zu erklären, warum ihn das delphische Orakel als den klügsten aller Menschen bezeichnete, paradox ist. Denn wenn Sokrates nichts weiß, kann er auch nicht wissen, dass er nichts weiß. Ein Paradoxon gleich an der Wurzel der abendländischen Geistesgeschichte, zumindest an der populären Version derselben (1).

Sokrates Klugheit lässt sich retten, wenn man den Satz ein wenig umformuliert: “Ich weiß, dass ich vieles nicht weiß.” Und generell, so habe ich den Eindruck, treten die Mathematiker, die Logiker und die Philosophen an, uns vor den Paradoxa zu retten, indem sie ihren Ehrgeiz daran setzen, sie aufzulösen.

Das kann man verstehen. Denn gut gemachte Paradoxa sind Beleidigungen der Vernunft, die mit Schmackes gegen die Wand des Satzes vom Widerspruch gefahren wird und sich an ihr zerscherbt.

Klar, wir kommen jetzt nicht um den Klassiker aller Paradoxa herum – um Epimenedes, den Kreter, welcher behauptet, dass alle Kreter immer lügen. Vor dem Hintergrund einer bivalenten Logik, die nur die Wahrheitswerte “wahr” und “falsch” kennt, ist dieser Widerspruch in der Tat nicht aufzulösen.

Und – die Alten waren kluge Leute – ex contradictione sequitur quodlibet, aus einem Widerspruch kann man Beliebiges folgern. Wenn ich z.B. aufschreibe:

1) Kein Teil Europas ist ein Teil Asiens
2) Die Türkei ist ein Teil Asiens.
3) Ein Teil Europas ist ein Teil der Türkei.

dann ist das prima facie alles gut und richtig, aber dennoch paradox und widersprüchlich, denn ich kann daraus, je nach politischem Bedarf, schliessen, dass entweder (3) falsch ist, also der Teil Europens, der in der Türkei liegt, nicht zu Europa gehört, wahlweise, dass (2) falsch ist, also die Türkei doch zu Europa gehöre. Das Paradox ist natürlich leicht zu lösen – (2) ist zwar nicht falsch, aber unvollständig, die Türken leben auf beiden Kontinenten. Dennoch wird dem, der die Debatte über den Beitritt der Türkei zur EU verfolgt, die politische Argumentation aus der pseudoparadoxen Figur heraus bekannt vorkommen – sequitur quodlibet, man kann daraus folgern, was beliebt, das ist sehr praktisch.

Politisch gesehen ist also das Paradoxon mit dem Widerspruch, der ihm innewohnt, eben wegen des quodlibet der Konsequenzen pro und contra, die sich daraus ziehen lassen, eine mitunter hochwillkommene Figur. Umgekehrt könnte man den schönen Satz wagen, dass das Unangenehme an der Wahrheit der Mangel an Interpretationsspielraum sei.

Dem Politiker und dem Rhetor hochwillkommen, muss dem Logiker, muss dem Philosophen aber das Paradoxon ein Graus sein. Nicht in Hinsicht auf seine Auffindung, seine Konstruktion – wenn man ein wenig in die Philosophie- und Mathematikgeschichte hineinschaut, merkt man rasch, daß die Profis ebenso kindischen Spass an der Erfindung immer neuer dieser Denkfiguren hatten, wie unsereiner als Laie ihn daran hat.

Der Logos und das Paradoxon

Furchtbar ist nicht das Paradox – furchtbar ist, was aus ihm, folgt. Das Beliebige eben. Wenn man das Paradoxon – oder seinen kleinen Bruder, das Oxymoron, den schwarzen Schimmel zum Beispiel – als logische Möglichkeit zulässt, dann fällt eben alles zu Scherben. Dann kann man beweisen, dass schwarz weiss ist, ein Schimmel ein Rappe, dass Äpfel Birnen sind – alles egal, alles beliebig.

Man kann allerdings auch behaupten, dass das Paradox die Rebellion der Vernunft gegen sich selbst sei; im Klappentext eines Buch von Hagenbüchle und Bayer (2) ist geradezu von der “subversiven Kraft des Paradoxons”, die “sich dem Systemdenken widersetzt” die Rede. Subversion ist immer gut, da regen sich meine mephistophelischen Anlagen, denn alles, was hilft, die vermeintliche Ordnung des Seins zu zerbröseln sei mir willkommen. Das Paradoxon als Werkzeug der Destruktion.

Ein hübsch-destruktives Paradox hätte ich da aus der Arithmetik der rationalen Zahlen (aus dem unten zitierten Buch):

x2+1 = 0            |  -1
x2 = -1               |  /x
x= -1/x               |  sei x=1
1= -1/1
1= -1

Bittesehr. Minus ist plus und mups ist plinus, weniger als nichts ist mehr als nichts, schwarze Zahlen sind rote Zahlen, Äpfel sind Birnen und alles egal. Ex contradictione sequitur quodlibet.

Also müssen die Paradoxa zwar konstatiert, aber irgendwie entschärft werden, müssen aufgelöst werden, damit nicht die verderbliche Verwirrung aus ihrem widersprüchlichen Schoß geboren werde. Die Mathematiker machen das, indem sie solche Operationen wie oben einfach verbieten – oder, genauer, in den Bereich der imaginären Zahlen verbannen, mit denen man dann – wenn man das Paradoxon der Wurzel aus minus eins wohlgebändigt in die unaussprechliche Zahl “i” verpackt hat – witzigerweise durchaus wieder rational rechnen kann.

Die berühmten Fraktale zum Beispiel entstehen wenn man das widerspenstige “i” in Graphikprogramme packt. Notabene ist es nie das “i” selbst, das hier aufscheint, denn es ist ineffabile, unnennbar, paradox wie Gott persönlich. Was man in diesen Fraktalen sieht, ist der Ausdruck dessen, was das “i” mit den reellen Zahlen macht, wenn man es in ihre Iterationen schmuggelt.

Das spannende an Fraktalen sind die Grenzen, die Regionen, wo benachbarte reelle Zahlen, die ihnen zugrunde liegen, nach der iterativen Infektion mit dem Imaginären in verschiedene Richtungen, zu verschiedenen Grenzwerten hin auseinanderlaufen. Sie kennen das: In diese Grenzlinien kann man beliebig vergrössert hineinzoomen, sie sind beliebig kompliziert. Auch das ist übrigens paradox – eine unendlich lange Grenze.

Nun ja. Mathematik. Ich bin aber Anatom, und mich reizt es, die verderbliche, teuflische, subversive, rebellische Kraft des Paradoxen an ihr, der Anatomie, zu erproben.

Nur – was sollte denn an der Anatomie paradox sein? Hier ein Knochen, dort ein Muskel, Ursprung, Ansatz, Nerv und Sehne – alles ganz orthodox, so, wie es auch gelehrt wird. Denn nicht anderes heisst “orthodox”. In gerader Linie (“ortho”), im Einklang mit der Lehre (“doxa”). “Paradox” ist das, was neben (“para” eben) der Lehre liegt. Und, na klar, hin und wieder kommt man über eine anatomische Variante, die so nicht im Lehrbuch steht, aber wirklich paradox im logischen Sinne ist das nicht.

Die Glatze des Eubulides

Es gibt aber ein mächtiges Paradox, das man gegen die Anatomie – ja, gegen fast die ganze Welt – in Stellung bringen kann. Und es ist, tatsächlich, unter Geisteswissenschaftlern gerade wieder Mode, dieses Paradox, ganze Forschungsbereiche beschäftigen sich mit ihm.

Das Paradox heisst Sorites. Das heisst: Der Haufen. Manchmal heisst es auch Calva. Die Glatze. Es ist aber im Kern dasselbe Paradox. Erfunden haben es zwei alte Griechen, wer denn sonst. Der eine, mit der Glatze, hiess Eubulides und kam aus Megara. Der andere, mit dem Haufen, ist ungleich berühmter, es war Zenon aus Elea.

Den kennt man wegen der vielen anderen haarigen Paradoxa, die er ersonnen hat. Das Wettrennen von Achill mit der Schildkröte zum Beispiel, die der Achill aus logischen Gründen nie einholen kann – das ist von Zenon. Aber eben auch das Haufenparadox. Und das ist – anders als das Schildkrötenparadox – kaum zu knacken.

Aber nehmen wir die Glatze des Eubulides, weil die Glatze (Alopecia capitis) was Anatomisches ist, um das Paradox zu illustrieren und zu erläutern. Das Paradox kommt in Form einer Frage daher:

“Wieviele Haare muss einer auf dem Kopf haben, damit er keine Glatze habe?”

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, und einer, der nur ein Haar auf dem Kopf hat, hat dennoch eine Glatze. Wenn aber ein Haar nicht darüber entscheidet, was Glatze von Haarpracht unterscheidet, dann tut’s ein weiteres auch nicht, und noch eines und noch eines und noch eines auch nicht, dann tut die Zahl der Haare GAR nichts zu der Frage, ob einer eine Glatze habe. Zumal man so gut wie nie eine wirklich haarlose Glatze findet, irgendein Flaumhärchen ziert jeden Greisenglatzkopf, und ausserdem kann man selbst mit Haaren eine Glatze haben, wenn man sie nämlich rasiert. Mit anderen Worten: Die Zahl der Haare hat mit der Frage, ob einer eine Glatze habe oder nicht, nichts zu tun. Jeder Glatzkopf kann behaupten, er habe keine Glatze, umgekehrt kann man jeden Träger wallenden Haupthaares als Glatzkopf bezeichnen.

Die Logiker nennen dies Paradox auch das des Kettenschlusses (2) oder das Vagheitsparadox. Es entsteht nämlich dadurch, dass die Begriffe, mit denen operiert wird, unscharf sind, und die offensichtlichste Möglichkeit, das Paradox zu vermeiden, wäre es – gut wittgensteinisch – auf exakte Begriffe zu bestehen.

Das geht aber gar nicht, denn dann müssten wir aufhören, zu reden. Fast alle unsere Begriffe sind vage und daher anfällig für das Paradox. Noch ein Beispiel – aus der Biologie.

Zweifellos gibt es Bäume. Zweifellos gibt es Sträucher. Ein Baum, so definieren es die Botaniker, ist durch die “Sprossachsendominanz” nur einer Sprossachse, des Stammes eben, gekennzeichnet. Ein Strauch hat viele gleichberechtigte Sprossachsen.

So.

Und was ist nun das?

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Quodlibet. Ein mächtiger Eichbaum oder ein Straucheiche, ein stämmiges Gestrüpp. Sollen wir nun deshalb aufhören, von Bäumen und Sträuchern zu reden? Sicherlich nicht. Also werden wir aber zugeben müssen, dass wir, sowie wir reden, selbst wenn wir wissenschaftlich reden wollen, in Paradoxa sprechen.

Pathetischer Schluss

Wir entkommen ihm nicht, dem Paradoxen. Selbst wenn wir uns noch so viel Mühe geben. Sofern ich den Herrn Gödel recht verstanden habe, kommt sogar die formalste aller Sprachen, die Mathematik, an Systemgrenzen, an denen sich nicht mehr entscheiden lässt, ob eine aus dem System abzuleitende Aussage wahr oder falsch ist. Unsere Alltagssprache ist paradox. Womöglich ist sogar die ganze Wirklichkeit paradox, ich muss gerade an die gesammelten quantenmechanischen und relativistischen Paradoxa denken, von denen ich allerdings viel zu wenig verstehe, um mich hier darüber auszulassen.

Was machen wir denn nun?

In dem unten zitierten Buch von Hagenbüchle und Geyer ist der Vorschlag enthalten, alle Paradoxa – zumindest alle sprachlich verfassten – sozusagen mit dem Holzhammer auf einen Schlag abzuschaffen, indem man in Wort (und Tat?) auf das Hilfsverb “Sein” verzichtet. In der Tat. Wenn nichts ist und alles nur wird, dann ist auch nichts je wahr oder falsch, sondern immer nur auf dem Weg von einem zum andern. Also nicht mehr “wahr oder unwahr”, “Sein oder Nicht-Sein” ist die Frage; vielmehr nieder mit der bivalenten Logik, fuzzy logics mit unendlich vielen Wahrheitswerten zwischen Booles 0 und 1.

Hm.

Wenn man’s recht bedenkt, wäre das ja geradezu der Sieg des diabolischen Paradox über die Ratio, das Paradoxon hätte sein subversives Werk an der Vernunft vollendet, der Satz vom ausgeschlossenen Dritten (tertium non datur) wäre dahin. Und, wenn man’s recht weiter bedenkt: Wir operieren ja schon ganz eifrig mit der Wahrheit als Prozentwert. Die ganze Statistik mit ihren elenden p-Werten und Irrtumswahrscheinlichkeiten ist ja – wenn man böse sein will, und ich will böse sein – so ein System von Grauzonenhalbwahrfalschheiten. p<0.01. Irrtumswahrscheinlichkeit 1%. Sehr schick. Dumm nur, wenn man selber dieser Irrtum ist oder von ihm betroffen wird.

Man könnt’ ja auch versuchen, sie auszuhalten, die Paradoxa, man könnte sie geradezu lieb gewinnen. Ich will nun nicht soweit gehen, das christliche credo, quia absurdum zu propagieren, das ja eigentlich eine Art von Gottesbeweis ex paradoxo ist (“höher als alle Vernunft”, usw.) – aber ich will wenigstens soweit gehen, das Paradoxe und das ineffabile, das Unaussprechliche zusammen zu denken.

Offenbar ist doch der Keim des Paradoxen schon im Kernbereich der Ratio ausgesät, ohne dass wir’s so recht merken. Dann kommt ein weites Feld – unsere Alltagsvernunft – wo das mit der Logik ganz gut funktioniert, aber dann kommt man eben an Grenzen, an Paradoxien und Antinomien, wo es vernünftig nicht mehr weitergeht. Halbe Albernheiten, wie die Glatze, aber auch – ganz pathetisch – die Grenzen aller Erkenntnis sind es, die sich im Paradoxen manifestieren.

Wir sind in unsere Erkenntnismöglichkeiten eingesperrt wie in einem Verlies, wir können das Denkunmögliche unmöglich denken. Aber die Paradoxa, so will mir manchmal scheinen, sind so eine Art von Milchglasfenster in der Wand des Verlieses. Nicht, dass man durch sie hindurch auf das Transzendente, das Ding an sich, den Herrgott persönlich oder was auch immer hinausschauen könnte – das geht nicht. Andersherum: Durch die milchigen Scheiben scheint etwas herein. Ein schwacher Schein, zugegeben, aber immerhin: Ein Abglanz von irgendwas ganz anderem, Unaussprechlichem, ineffabile. Das eben, wovon Wittgenstein sagte, dass man darüber schweigen müsse.

Man kann dieses Bild vom Verlies, das Manchem vermutlich schon wieder zu nahe am Religiösen ist, übrigens auch einfach umdrehen, es ändert am dem Gedanken nichts: Im strahlendhell von den Flutlichtern unserer Vernunft erleuchteten Ballsaal unseres Daseinsfestes sind die Paradoxa die Risse in der Wand, durch die die Nachtschwärze des Nichts hineinkriecht.

 

Fussnoten:

(1) Ja, und ich weiss auch, dass das kurze, prägnante, populäre “scio, nescio” oder “scio me nihil scire”, das die Paradoxie der Aussage herausstellt, gar nicht von Sokrates (oder Platon) selbst stammt, sondern von Cicero, der – als gewandter Rhetoriker mit Sinn für den paradoxen Knalleffekt – dem Sokrates den Satz in den Mund legte. In der Platons Apologie des Sokrates, in der die Geschichte von dem Orakelspruch und Sokrates’ Nachdenken darüber erzählt wird, begründet Sokrates seine Weisheit im Vergleich zu einem anderen vielmehr damit, dass er sagt:
“Ich scheine also um dieses wenige doch weiser zu sein als er, indem ich, was ich nicht weiß, auch nicht glaube zu wissen.”
Das ist gar nicht paradox. Das ist vielmehr ein Satz, in dem sicheres Wissen von unsicherem Meinen geschieden wird.

(2) sog. Kettenschluss.
Schlüssiger noch als die “Glatze” ist das Paradox vom Haufen:
Ein Sandkorn ist kein Haufen. Eine Milliarde Sandkörner sind ein Haufen. Wieviele Sandkörner braucht es, damit es ein Haufen sei? Das lässt sich nicht entscheiden. Ergo gibt es Ansammlungen von Sandkörnern, die zugleich ein Haufen und kein Haufen sind. Das ist aber paradox.

Buch:

Das Paradox: Abendländische Herausforderung Taschenbuch – 2002 von Roland Hagenbüchle (Herausgeber), Paul Geyer (Herausgeber) Königshausen u. Neumann; Auflage: 2., veränd. Aufl. (2002)

Bild:

„Eiche Reith“ von Rainer Lippert – selbst gemacht. Lizensiert unter Copyrighted free use über Wikimedia Commons.

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Veröffentlicht von

Gedankenfragmente von Helmut Wicht, Dozent an der Frankfurter Universität, über Neurobiologie, Anatomie, Philosophie, Gott und die Welt. Seine eigentliche Expertise bezieht sich auf die (Human-)anatomie und die vergleichende Anatomie des Nervensystems.

49 Kommentare

  1. Nur mal ganz oberflächlich, punktuell und vom Bildungskanon zehrend, der hier bereit steht, gerne auch im Sinne Heisenbergs, der gesagt hat, dass Bildung das ist, was übrig bleibt, wenn all jenes vergessen werden konnte, was je gelernt worden ist.
    Der Schreiber weiß dies, denn er hat selbst diesbezüglich definiert, um dann herauszufinden, dass dies gleich mehrere andere vor ihm getan haben.

    Ein kluger Mann hat mal gesagt: “Alle Wahrheit ist entweder tautologisch oder paradox.”

    Der Mann war ich.

    Paradoxie ist nicht wahr, Wahrheit ist tautologisch, sie gibt es in der Geisteswelt oder Logik, wenn der Wahrheitsbegriff definiert vorliegt.
    In der Natur und den Naturwissenschaften also nicht.
    Es sei denn, es wird so gewollt, dann wird’s politisch.
    Heutzutage wird aus guten Gründen nicht so gewollt.

    Sokrates hat wohl auch nie gesagt, dass er nichts weiß, sondern nur, dass er wenig weiß, was im Sinne des naturwissenschaftlichen Skeptizimus verstanden werden kann.

    Paradoxie, also “echte”, ist die Definition des Wahnsinns (vs. ‘Immer wieder das selbe zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten.’ – das ist schlau oder empiristisch),.
    Auch ihn gibt es in der Natur nicht.

    MFG
    Dr. W (der sich noch zurückmelden wird, auf andere Aspekte eingehend, sofern erlaubt bis gewünscht natürlich nur)

    • Sokrates’ “Originalaussage” ist in der Fussnote nachzulesen, ich bin ja nicht ganz so dappig, wie es den Anschein haben mag.
      Und wenn Baum/Strauch kein geniun botanisches, mithin also naturwissenschaftliches Paradox ist, dann weiss ich auch nicht. Dann wäre – wenn SIE recht hätten, indem sie behaupten, dass es keine naturwiss. Paradoxa gäbe – die Botanik keine Naturwissenschaft, was schon wieder paradox ist.

      • Dann wäre das mit Sokrates geklärt.
        Hierzu dann:

        Ein mächtiger Eichbaum oder ein Straucheiche, ein stämmiges Gestrüpp. Sollen wir nun deshalb aufhören, von Bäumen und Sträuchern zu reden? Sicherlich nicht. Also werden wir aber zugeben müssen, dass wir, sowie wir reden, selbst wenn wir wissenschaftlich reden wollen, in Paradoxa sprechen.

        Die zugrunde liegende definierende Funktion leistet also -der Schreiber dieser Zeilen ist biologisch nur interessierter Laie, rüffeln Sie gerne, wenn mal was daneben geht- realiter minder, was die genaue Zuordnung betrifft.
        Wird die zugrunde liegende Funktion so ‘paradox’?

        Sie hatten es ja schon, lieber Herr Wicht, im WebLog-Artikel mit der Bivalenz, der zweiwertigen Logik, diese ist in praxi regelmäßig unzureichend.
        Stattdessen wird im Wirtschaftlichen, Datenhaltungen und so betreffend, mit der dreiwertigen Logik hantiert, im Bereich der IT und da geht’s um viel Geld. [1]

        Hierzu noch:

        Wir entkommen ihm nicht, dem Paradoxen. Selbst wenn wir uns noch so viel Mühe geben. Sofern ich den Herrn Gödel recht verstanden habe, kommt sogar die formalste aller Sprachen, die Mathematik, an Systemgrenzen, an denen sich nicht mehr entscheiden lässt, ob eine aus dem System abzuleitende Aussage wahr oder falsch ist.

        Axiomatiken der Mathematik und generell der Geisteswelt können widersprüchlich werden, wenn sie inkohärent und widersprüchlich aufgestellt werden.
        Gödel hatte es insofern mit bestimmter Mathematik, in concreto mit der guten alten Arithmetik, die wie erkannt leiden kann oder leidet.
        Grundsätzlich muss dies nicht der Fall sein.
        Hilbert könnte insofern ein wenig auf die Schulter geklopft werden, hätte aber immer an den in praxi Axiomatiken aufstellenden zu leiden, so dass dies nicht der Fall sein soll.

        I.p. Paradoxien lässt sich grundsätzlich nicht günstig ausbauen, also Honig saugen, im (konstruktiv) Wissenschaftlichen.
        Wäre ja auch überraschend, wenn der Primat soo schlau wäre, oder?`

        MFG
        Dr. W

        [1]
        Streng genommen ist diese, zumindest philosophisch, ebenfalls unzureichend, es war lustigerweise “Rummy”, der hier weiter und für viele nachvollziehbar aufschlüsseln konnte:
        -> https://en.wikipedia.org/wiki/There_are_known_knowns
        Insofern darf i.p. Vielfältigkeit -keine Ahnung, ob hier ‘Mannigfaltugkeit’ geht, der Schreiber dieser Zeilen ist kein Mathematiker- weiter aufgebohrt werden.
        Zeitgenössische Datenverarbeitungssysteme bleiben hier bei der Trinität.

  2. “Ein hübsch-destruktives Paradox”

    Ist das aus dem Buch präsentierte Paradox wirklich paradox, oder nicht schlichtweg falsch? So wie hier:

    x + 1 = 0 | sei x =1
    1 + 1 = 0 | -1
    1 = -1

    Nicht hübsch, nur destruktiv,
    Joker

    • @Joker
      Die Formel x = −1/x gilt, soweit ich das sagen kann, den Adepten der Luhmannschen Soziologie als so etwas wie die Weltformel. Und das ist so, weil man dort auf des Meisters Worte schwört, in welchen offenbart wird, das sei paradox, woraus sich dem Eingeweihten viele unergründliche Weisheiten erschliessen. Und Du hältst das für schlichtweg falsch?

      Falls es Dir noch nicht klar sein sollte, der Name des erleuchteten Meisters lautet George Spencer Brown, und falls Du herausfinden willst, warum die Formel von ihm und seinen Jüngern für paradox gehalten wird, könntest Du googeln, was Dirk Baecker, einer der besagten Adepten, über diesen Herrn so alles zu berichten weiss.

      Dass Dir dabei ein Licht aufgeht, kann ich leider nicht garantieren. Hat bei mir auch nicht geklappt.

      • @Chrys

        Ich bin mittlerweile beim Meister, George Spencer-Brown, selbst fündig geworden:

        x = −1/x

        Wir können erkennen, daß dies (wie die analoge Aussage in der Logik) selbstbezüglich ist: Der Wert der Wurzel von x, den wir suchen, muß wieder in den Ausdruck, in welcher wir ihn suchen, eingesetzt werden.

        Bloße Anschauung zeigt uns, daß x eine Form der Einheit sein muß, anders die Gleichung numerisch nicht ausgeglichen wäre. Wir haben nur zwei Formen der Einheit vorausgesetzt, +1 und -1, die wir nun beide ausprobieren können.

        Setzen wir x = +1. Das gibt +1 = -1, was klarerweise paradox ist. So setzen wir x = -1 […] und das ist gleichermaßen paradox.

        Laws of Form; Vorwort zur ersten amerikanischen Ausgabe (in der deutschen Ausgabe, Seite xxii )

        Die analoge Aussage der Logik, auf die Spencer-Brown sich in der Klammer bezieht, ist, “Diese Aussage ist falsch”.

        Noch im destruktiven Modus verharrend, muss ich fragen, warum er die anfangs quadratische Gleichung genau so umstellt, andere Umformungen wären ja sowohl denkbar als auch möglich. Wo sind “Formen der Einheit” vorausgesetzt worden? Weiterhin bezweifle ich, dass man schon durch “bloße Anschauung” den Lösungsbereich auf diese beschränken kann; möglich aber, dass er, der Meister, das kann. Und schließlich sollte er das Resultat nicht paradox nennen.

        Um auch mal konstruktiv zu werden, wenn paradox einfach bedeutet, “was neben […] der Lehre liegt” (Helmut Wicht), dann wäre das Wort ja sogar korrekt angewendet. Vielleicht möchte der Meister uns auch nur mit einer Analogie auf etwas vorbereiten. Und diese Analogie sollte uns bekannt und verständlich sein. +1 = -1 wäre also nicht selbst paradox, sondern nur analog zu einer echten Paradoxie, soll eine solche symbolisieren oder repräsentieren.

        So wie man in der gewohnten Algebra aus x = 1/x mittels imaginärer Zahlen doch noch eine brauchbare Interpretation, bzw. Lösung, bekommt, so lässt sich vielleicht auf analoge Weise auch dem anfangs paradoxen “Diese Aussage ist falsch” noch etwas mehr abgewinnen als gedacht. Spencer-Brown denkt dabei an imaginäre boolesche Werte als Mittel der Wahl.

        Dem Meister würde ich nach wie vor vorwerfen, sich zumindest unklar ausgedrückt zu haben; über das, was Luhmann und seine Jünger daraus machen, muss ich mich hier nicht äußern.

        Dass bei mir kein Licht aufgegangen ist, nach der Lektüre der Laws of Form, liegt sicher an mir. Ich verstehe, dass ich nicht(s) verstehe.

          • Joker, Chrys,

            Mir war durchaus nicht klar, dass ich mit der Übernahme dieses Stückes “Arithmetik” in ein Luhmann’sches Wespennest stechen würde. Es sollte mir nur als provokante Illustration des “quodlibet” dienen. Danke für die herrlcih ironische Darlegung des Problems.

            Zumal ich die daran sich anschliessende Argumenation, dass das Imaginäre, das in sich Widersprüchliche, paradoxe “i”, in der Mathematik dann doch wieder etwas “bewegt”/”bewirkt” in meiner arithmetischen Naivität für spannend hielt/halte.

            Ich hab

        • @ Joker :

          Die analoge Aussage der Logik, auf die Spencer-Brown sich in der Klammer bezieht, ist, “Diese Aussage ist falsch”.

          Welchen Wahrheitswert hat denn diese Aussage?

          • @ Dr. Webbaer

            Wenn ich George Spencer-Brown richtig verstanden habe, und das habe ich nicht, dann hat die Aussage “Diese Aussage ist falsch” weder den Wert w noch den Wert f, sondern den booleschen imaginären (oder auch iterativen) Wahrheitswert i, eben das unmarkierte Markierte. HTH

          • @ Joker :

            Also im Sinne einer mehrwertigen (vs. zweiwertigen) Logik müsste eine hier angelegte Wahrheitsfunktion entscheiden, was für einige vielleicht anti-intuitiv ist, für andere wiederum nicht.

            Bei dem hier ‘Alle Wahrheit ist entweder tautologisch oder paradox.’ könnte also fast zugestimmt werden, gäbe es nicht noch andere Wahrheitswerte wie bspw. ‘unbekannt’.

            Insgesamt nerven den Schreiber dieser Zeilen, bspw. real existierende Haufen, Glatzen und Baum-Busch-Probleme betreffend, ein wenig ab.
            Cool wäre es erst die Logik zu betrachten, also die Geisteswelt, und dann die Welt, auf die geistige Logik (Logik ist Sprachlichkeit, sie ist immer ‘geistig’) angewendet wird.
            Das mit den Glatzen, Haufen und Baum-Büschen darf also erst einmal draußen bleiben, finden’S net?

            MFG
            Dr. W

          • @ Dr. Webbaer

            “Cool wäre es erst die Logik zu betrachten […] und dann die Welt, auf die […] Logik […] angewendet wird.”

            Ich fürchte, wenn wir erst alle Probleme der Logik (der Sprachlichkeit ohne Weltbezug?) befriedigend lösen wollten, kämen wir nie zu einer Betrachtung der Welt. Umgekehrt scheint es mir so zu sein, dass bei rein kontemplativer Betrachtung der Welt, keinerlei Paradoxien zu erkennen wären. Erst Sprache und Logik verwirren den Geist.

            “Das mit den Glatzen, Haufen und Baum-Büschen darf also erst einmal draußen bleiben, finden’S net?”

            Vagheit gehört hierher, denn Vagheit kann zu Paradoxien führen. Nun ist natürlich auch der Begriff der Paradoxie vage (der der Vagheit sowieso), was also zu Paradoxien führen kann.

            Das Gesagte gilt zunächst einmal, wenn eine Paradoxie eine Aussage ist, die scheinbar einen unauflösbaren Widerspruch enthält (Wikipedia). Eine Paradoxie wäre nach dieser Definition eine Aussage, die gar keinen Widerspruch enthält. Das Paradoxe verschwindet wenn man den Schein durchschaut hat, den vermeintlichen Widerspruch aufgelöst hat. Das könnte manchmal durch Beseitigung der Vagheit in den Begriffen geschehen. Z.B. wenn man den kleinsten Haufen als einen Tetraeder aus vier gleichartigen Objekten beschreibt, von denen eines den Boden nicht direkt berührt.

            Eine solche Paradoxie ist wie eine Fata Morgana, nähert man sich ihr, ist sie weg. Erst wenn man wieder Abstand nimmt, sich dumm stellt, die Alltagssprache benutzt, taucht sie wieder auf.

            Aber vielleicht wünschen Sie sich, oder benutzen schon, einen anderen Begriff der Paradoxie. Eventuell ähnlich wie @Chrys, “Dabei meine ich mit Paradoxon eine (deskriptive) Aussage, der sich formal kein Boolescher Wahrheitswert zuordnen lässt”(@Chrys, hier)

            Da scheint mir dann die Vagheit weniger eine Rolle zu spielen, mehr die Verneinung in Zusammenhang mit Selbstbezüglichkeit oder oft auch mit All-Aussagen: “Dieser Satz ist nicht wahr”; “Kann der Allmächtige, einen Stein erschaffen, den er nicht heben kann?”. Dort würde dann schon eher gelten, Glatzen müssen draußen bleiben. Nur bedenken Sie, falls sie überhaupt noch darauf bestehen wollen, das Foto oben rechts berücksichtigend, wäre es nicht etwas paradox, ausgerechnet den Gastgeber der Veranstaltung auszuladen?

          • @ Joker :

            Was halt nicht geht, ist sich zu einer derartigen Aussage – ‘Alle Wahrheit ist entweder tautologisch oder paradox.’ – zu erheben, zu einer Aussage im Rahmen der Geisteswelt, um in der Folge ‘Haufen’, ‘Glatzen’ und ‘Baum-Busch-Probleme’ der Außenwelt (vs. Innenwelt [1]) so zu bearbeiten, als ob dort Paradoxien entstanden wären.

            MFG
            Dr. W (der natürlich nicht die besondere Verbundenheit bei dieser frühen kommentarischen Kollaboration vergessen hat)

            [1]
            Philip K. Dick lebte bereits, bei einigem literarischen Talent, von dieser Idee, insbesondere natürlich (“geboren”) davon, dass diese Trennung auch anders verstanden werden könnte.

          • @ Joker

            “Z.B. wenn man den kleinsten Haufen als einen Tetraeder aus vier gleichartigen Objekten beschreibt, von denen eines den Boden nicht direkt berührt.”

            Das war ja auch vortags mein erstes Argument, allerdings in dem Sinne, daß Vagheit gar keine logischen Paradoxien erzeuge, sondern lediglich semantische Unschärfen.

            “Erst Sprache und Logik verwirren den Geist.” schreiben Sie über eine Trinitas; ich sehe es noch etwas zuspitzter: daß “erst die Idee (der Versuch), Sprache und Logik als ein und dasselbe Konzept begreifen zu wollen, zu inhärenten “Widersprüchen” führt, indem (ein Mindestmaß an) Vagheit eine notwendige Voraussetzung der Sprache ist, die der Logik verboten ist – sonst gäbe es keinerlei ungelösten logischen Probleme, weil die Sprache selbst ihre Lösungen strukturell in sich trüge. Es gibt optische und akustische Täuschungen; semantische Täuschungen gehören ebenso dazu, sind aber keine ‘echten’ Paradoxien.

          • Sprache und Logik als ein und dasselbe Konzept begreifen zu wollen

            Logik ist Sprache, aber die gemeinte Sprache (“Deutsch” und so – aber auch naturwissenschaftliche Fachsprache, auch wenn das nachfolgend Beschriebene bestmöglich versucht wird zu vermeiden) soll oder muss vage sein, denn sie bearbeitet nicht nur die Geisteswelt, sondern auch das, was in der Welt geschieht (und von dem nur Messungen und Sichten im Hirn vorliegen können, Reflexionen).
            Die Logik wäre insofern sprachliches Werkzeug für die gedanklich-sprachliche Bearbeitung der Welt, dies auch vor dem Hintergrund von angeblichen Paradoxien angemerkt, die sich weltlich ergeben (für einige: sollen).

          • PS:
            ‘(…) sonst gäbe es keinerlei ungelösten logischen Probleme, weil die Sprache selbst ihre Lösungen strukturell in sich trüge’ ist nicht notwendigerweise der Fall, wie auch gedankenexperimentell jederzeit festgestellt werden kann.

          • PPS:
            Aja, war wohl so gemeint, wie es auch der Schreiber dieser Zeilen versteht, also das Zusammenspiel von Logik, die eine Sprache ist, mit der Standardsprache (das linguistische Fachwort) und einigen Derivaten.

            Insgesamt, Kommentatorenfreund ‘joschu’, gar nicht so schwer zu verstehen, alles diesbezügliche, woll?

        • @Helmut Wicht, @Joker
          Sehr schön, da hat Joker genau die richtige Stelle in den ominösen ‘Laws of Form‘ ausfindig gemacht.

          Doch was soll nun an der Gleichung x = −1/x paradox sein, wobei diese offsichtlich, als ungenannte Voraussetzung, für reelle x ≠ 0 betrachtet wird? Das naive Individuum sieht womöglich sofort, dass diese Gleichung keine reelle Lösung haben kann, denn ihre beiden Seiten sind ja für alle reellen x ≠ 0 bereits hinsichtlich des Vorzeichens verschieden. Das liefert also eine Aussage zur Nichtexistenz vom Lösungen. Oder mit anderen Worten, das Prädikat “x = −1/x” ist für reelle Zahlen x nicht erfüllbar. Paradox ist in dieser Formulierung an der ganzen Angelegenheit dann aber nichts.

          Spencer Brown argumentiert jedoch anders, denn seine Ausführungen enthalten die versteckte Annahme, die Gleichung habe eine relle Lösung x. Dass diese dann notwendig der Bedingung |x| = 1 genügen muss, sei geschenkt, das ist leicht einzusehen. Es bleiben ihm somit die beiden Fälle x = ±1, und beim Einsetzen fällt ihm dann etwas auf, was er “klarerweise paradox” nennt, namlich dass er immer bei 1 = −1 landet. Tatsächlich hat er damit nur einen Widerspruch gefunden — und zwar einen Widerspruch zu seiner versteckten Annahme. Daraus folgt aber wieder nur die Nichtexistenz einer reellen Losung, was, wie schon gesagt, in keiner Weise paradox ist.

          Auf echte Paradoxa kann man gewiss dort stossen, wo der Verstand an die Grenze der Sprache anrennt. Von dieser Grenze ist Spencer Brown mit seiner motivierenden Gleichung allerdings etliche Lichtjahre entfernt. Die Verehrung der Luhmänner für Spencer Brown scheint mir letztlich auf einem grotesken Irrtum zu beruhen. Dazu verweise ich auch gerne auf den Aufsatz Luhmann und die Formale Mathematik von Boris Hennig. For the impatient reader, hier ein Exzerpt aus dem Fazit:

          Bis auf ein paar Zitate und mitunter die graphische Darstellungsform, so sieht es aus, übernimmt Luhmann nichts wirklich von Spencer Brown. Er stützt sich ansonsten allenfalls auf Metaphysik, Sufi-Mystik, und – stets unausgewiesen – buddhistische Erkenntnislehre.

  3. zasada@Helmut Wicht

    ” <ganz groß
    "Ich scheine also um dieses wenige doch weiser zu sein als er, indem ich, was ich nicht weiß, auch nicht glaube zu wissen."
    Das ist gar nicht paradox. Das ist vielmehr ein Satz, in dem sicheres Wissen von unsicherem Meinen geschieden wird."

    Denk ich nicht, denn dann wäre die Sicherheit der Gewissheit bereits im Spiel. Diese müsste bereits entschieden sein. Zum Beispiel so:
    :Ich darf wissen, woran Andere glauben müssen:
    Sokrates führt aber sehr fein aus, dass die sich selbst ehrlich zugestandene Ignoranz "weiser" ist, als die geglaubte und gepredigte Gewissheit.
    Ein sehr feiner Gedanke,
    Und wenn man diese narzisstische Veranstaltung analysiert, in der sich regelmäßig Mäßigkeit "manifestiert", dann sic transit Gloria mundi und gutenacht.

  4. @all: Bitte habt Mitleid mit mir!
    Ich bin in Niederbayern zur Schule gegangen – und wir mussten tatsächlich unsere mathematischen Gleichungen noch ganz altmodisch ausrechnen: Welch eine Mühe!
    x² = -1 daraus beidseitig die Wurzel
    x = Wurzel aus -1 (was immer dies ist)

    (@Wicht: Die hessische Methode – einfach irgendwo ein beliebiges Ergebnis einzusetzen – hätte meine Mathenote bestimmt enorm verbessert)

  5. Das “Paradox vom Haufen”, insbesondere, was daran einleuchtend sei, will mir nicht einleuchten. Wenn etwas aufgehäuft ist, dann ist es ein Haufen. Man braucht, ohne spitzfindig zu sein, mindestens vier Sandkörner, um einen Haufen erhalten zu können, in Tetraederform.

    Auf der Wikipedia wird behauptet, “der Begriff „Haufen“ beinhaltet, dass etwas, das ein Haufen ist, auch ein Haufen bleibt, wenn man einen Teil seiner Elemente entfernt.”. Aha. Das ist die eigentliche, an den Resthaaren herbeigezogene, “logische” Grundlage dieses “Paradoxons”.

    Man kann eine Milliarde Sandkörner auch schön nebeneinander verteilen, dann sind es immer noch “ein Haufen” Sandkörner, aber nicht gehäufelt. Und wenn der Hund Durchfall hat, spricht man demgemäß auch nicht von “Haufen machen”.

    • Ich bezweife, dass irgendjemand alltagssprachlich – und darum geht es hier – vier tetraedrisch geschichtete Sandkörner als einen “Sandhaufen” bezeichnen würde, dito hat auch einer mir nur einem Haar alltagssprachlich eine Glatze.

      Die Paradoxa der Unschärfe sind in den deskriptiven Naturwissenschaften (siehe Baum Strauch) wirklich ein Problem, selbst wenn man versucht, die Begriffe, so gut es eben geht, zu definieren.

      • Zugegeben, daß es in Ihrem Beitrag bei Paradoxen (was ist eigentlich der wohlklingendste Plural?) um Alltagssprache geht, habe ich nicht so verstanden, geht es doch bei Paradoxen um Logik, nicht um kulturell bedingt semantische Unschärfen (was zweifellos ein anderes interessantes weites Feld ist).

        Das Kreterparadox z.B. erscheint mir, ebenso wie das Paradox des Zeon, durchaus universal, insofern es – einfach – in jeder Sprache formuliert werden kann, die sich einer universalen Logik (so es sie gibt) nicht verweigert, also unabhängig von den Implikationen, die Alltagssprache zweifellos mit sich bringt.

        Z.B. Kinder. Haben mit dem Begriff “Haufen” (noch) kein Verständnisproblem. “Lege Karten auf einen Haufen” klappt immer. Wenn nur eine Karte da liegt, sagen sie, es ist kein Haufen. Und “vier tetraedrisch geschichtete Sandkörner” nennen sie durchaus einen Haufen, warum auch nicht, probieren sie es aus.

        • Betreffs des “Teasers” im ersten Absatz:
          “Alle Wahrheit ist entweder tautologisch oder paradox”

          Das ist natürlich mit Absicht provokant und überspitzt formuliert, aber so ganz und gar unsinnig kann ich es nicht finden. Die klassische logische Konstruktionsform eines stets wahren Urteils ist der Syllogismus (analytisches Urteil, würde Kant wohl sagen), der aus einem Ober- und einem Untersatz das wahre Urteil deduktiv ableitet. D.h. eigentlich war das Urteil schon im Obersatz enthalten, es wird nur “herausgepellt”, und damit ist m.E. die Tautologie eigentlich ein “kollabierter” Syllogismus, wahlweise der Syllogismus eine “aufgeblasene” Tautologie.

          Umgekehrt (siehe letzte beide Absätze) halte ich Paradoxien insofern für “wahr”, als sie uns die Grenzen dessen, was wir für wahr/falsch halten können, vor Augen führen.

          • Offenbar ist doch der Keim des Paradoxen schon im Kernbereich der Ratio ausgesät, ohne dass wir’s so recht merken. Dann kommt ein weites Feld – unsere Alltagsvernunft – wo das mit der Logik ganz gut funktioniert, aber dann kommt man eben an Grenzen, an Paradoxien und Antinomien, wo es vernünftig nicht mehr weitergeht.

            Umgekehrt (siehe letzte beide Absätze) halte ich Paradoxien insofern für “wahr”, als sie uns die Grenzen dessen, was wir für wahr/falsch halten können, vor Augen führen.

            Paradoxien, wie sie kommuniziert werden können, sind immer ‘vernünftig’, ansonsten könnten sie nicht formuliert werden.
            Der (einigen) gewohnte Wahrheitsbegriff scheitert bereits in der Geisteswelt, die Annahme, dass etwas, das (zurzeit) nicht wahr ist, falsch sein muss, beispielsweise.
            Insofern muss dieser eben ausgebaut werden, n-wertige Logik und so, was anti-intuitiv erscheinen mag, einigen, aber den Braten nicht fett macht, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass Unvernunft oder Wahnsinn irgendwie sinnhaft promoviert werden könnten.
            Paradoxien sind immer scheinbare Paradoxien und Antinomien sind Unvereinbarkeiten unterschiedlicher Theoretisierung.

            Sie, werter Herr Wicht, versuchen hier rekursiv irgendwie “einen zu drehen”, dies gelingt nicht.

          • Herr Wicht, ist der Syllogismus wirklich ein stets wahres und insbesondere analytisches Urteil? Kant hat den schwedischen Geisterseher ja nicht seiner schachen Syllogismen wegen dekonstruiert – um mal modern zu sprechen.

            Ich empfinde den Syllogismus eher als lustige Spiegel-Spielerei, so lustig es halt ist, wenn die Lokomotive pfeift und ich und Sie dabei immer an Sokrates denken müssen, also eigentlich nie, weil die Lokomotiven ihr Pfeifen ja längst eingestellt haben, während Sokrates … wer weiß.

            “Kollabierter Syllogismus” ist auf jeden Fall eine schöne Formulierung, die ich so wie sie da steht begrüße, wenn ich sie auch, vielleicht mit Ihnen, nicht eigentlich verstehe und teile, was aber, scheinbar paradox, gar nicht sein muß.

  6. @ joschu
    “Herr Wicht, ist der Syllogismus wirklich ein stets wahres und insbesondere analytisches Urteil?”

    Die klassische “Barbara” (warum heisst der Schluss eigentlich so?):

    Obersatz: Alle Menschen sind sterblich.
    Untersatz: Sokrates ist ein Mensch.
    Schluss: Sokrates ist sterblich.

    ist doch, gegeben die Wahrheit des Ober- und des Untersatzes, wahr. Nur war die Wahrheit des Schlusses in Ober- und Untersatz schon drin, im “Sokrates ist sterblich” kollabieren (“fallen zusammmen”) zwei Sätze, die dasselbe meinen,

    • @Helmut Wicht Dein Syllogismus ist kein Barbara sondern ein Darii.

      Barbara wäre

      Alle Griechen (G) sind Menschen (M)
      Alle Menschen (M) sind sterblich (S)
      Daraus folgt: Alle Griechen (G) sind sterblich (S)

      Der Name „Barbara“ rührt vom lateinischen Merkwort für diesen Syllogismus her. Die Folge der drei Vokale „a“ im Merkwort bedeutet, dass sowohl beide Voraussetzungen als auch die Folgerung bejahend und allgemein gültig (allquantifiziert, aber nicht verneint) sind. („A“ ist der erste Vokal des lateinischen „affirmare“, das mit „bejahen“ übersetzt werden kann.)

      • Oh – das ist spannend, was gelernt, danke.
        Steht der “Darii” dann für:
        Obersatz: Allaussage
        Untersatz: Individualaussage
        Schluss: Individualaussage?

    • @Helmut Wicht
      Ironischerweise ist dieser Sokrates-Klassiker eigentlich gar kein echter Syllogismus, da weder der Untersatz noch der Schlusssatz ein kategorisches Urteil ist, also eher nur ein Quasi-Syllogismus. Eine nette Übersicht zur traditionellen Syllogistik hat da übrigens ein beflissener Jurist namens Prof. Dr. Helmut Rüßmann ins Web gestellt: Syllogistik des Aristoteles.

      Anstatt den Sokrates noch irgendwie kategorisch retten zu wollen, ist es eleganter, den Obersatz logisch äquivalent umzuformulieren wie folgt: Wenn Sokrates ein Mensch ist, dann ist Sokrates sterblich. Mit p := “Sokrates ist ein Mensch” und q := “Sokrates ist sterblich” führt uns das zum modus ponens, der sich als aussagenlogische Schlussregel dann formal schreiben lässt als

      {p → q, p} ⊢ q

      Das Symbol ‘⊢’ besagt dabei die Beweisbarkeit der Formel, die rechts davon steht, unter Annahme der Menge an Prämissen, die links davon steht. Die Sätze (Theoreme) der Aussagenlogik sind diejenigen Formeln, die allgemeingültig (oder eben tautologisch) sind, d.h., die bei leerer Menge an Prämissen beweisbar sind. Das Symbol für die leere Menge lässt man dann einfach weg, sodass der Satz zum modus ponens gegeben ist durch

      ⊢ ((p → q) ∧ p) → q

      Man beachte aber, dass diese Tautologie nicht die Beweisbarkeit von q, sondern die Beweisbarkeit der obigen Schlussregel besagt. (Tatsächlich wird dies in der Aussagenlogik als Axiom gesetzt, und es ist dort auch das einzige Axiom, das eine Schlussregel festlegt.)

      Zur traditionellen Logik des Aristoteles hier aber noch eine Einschätzung von Bertrand Russell (Die Philosophie des Abendlandes):

      Ich komme zu dem Schluß, daß sämtliche aristotelische Ansichten falsch sind mit der Ausnahme der formalen Theorie des Syllogismus (Schluß vom Allgemeinen aufs Besondere), die unwichtig ist. Wer heute Logik erlernen will, verschwendet nur seine Zeit, wenn er Aristoteles oder einen seiner Schüler liest.

      • Das ist sicher eleganter, aber in einer Semantik verfasst, die hier nur nicht-akut weiter hülfe, wenn wir einen Monat unterbrächen, damit jeder mal oder nochmal die Principia, evtl. den Wittgenstein und natürlich, vielleicht zu Beginn, den Frege durchzuarbeiten die Zeit fände. Damit diese Translation auch ein Aha-Erlebnis werde. Aber wird es danach klarer sein? Vorausetzung wäre ja, daß sich eine “dort” erworbene Erkenntnis nicht wieder in eine “hier” erworbene Sprache “zurückübersetzen” ließe. Prädikatenlogik wird ja, es kann nicht anders sein, mit den Methoden der Alltagssprache eingeführt, sie kann sich daher nicht von vollständig ihr entfernen, Kommentare in abstrakten Sourcecodes bezeugen dies.

        Russels Einschätzung zu Aristoteles ist handfest, aber wer je Russell – es gibt einige sehr wertvolle Videos im Netz – aufmerksam zugehört hat, wie er ohne jeden logischen Kraftakt (kräftefrei) seine Gedanken zu Folgerungen integriert, wird das “Ich komme zu dem Schluß” nur in näher zu bestimmenden Ausnahmefällen nicht mit ihm teilen können.

      • Danek für das Link auf des Herrn Professor Rüssmanns Seite, ich lese das gerade mit Genuss. Mit allergrösster Freude finde ich dort diesen irrwitzigen Merkspruch:

        “Barbara celarent Darii ferio…”

        auf den auch schon Joe Dramiga mich hingewiesen hat … und stelle also tiefbefriedigt fest, dass die hochformale Theorie des Syllogismus schon im Mittelalter wieder den “Rückweg” in die Alltagssprache gesucht hat, wobei ein Stück bizarrer Lyrik herausgekommen ist, das auch von einem Dadaisten des 20sten Jahrhunderts stammen könnte.

        • Tatsächlich irrwitzig erscheint mir die Behauptung der Möglichkeit einer Widerspruchsaussage wie “Wir finden einen unsterblichen Griechen!”

          Das ist absurd. Das ist Nonsens. Von da ausgehend, kann man nicht weiterhin folgern.

          Hier das Zitat:
          “Die Regeln der Logik schließen nur den vierten Fall aus. Wenn die Prämissen wahr sind, muß der logisch zwingende Schlußsatz wahr sein. Ist der aus den Prämissen logisch zwingend gefolgerte Schlußsatz falsch (Wir finden einen unsterblichen Griechen!), dann muß eine der Prämissen falsch sein: Entweder sind nicht alle Griechen Menschen, oder es sind nicht alle Menschen sterblich!”

          • @ joschu

            “Wir finden einen unsterblichen Griechen!”

            Gar nicht so schwer: “Herakles, der Unmögliches vollbrachte, um unsterblich zu werden.”

            Ein Traum? Vielleicht. Alles ist möglich – rein logisch betrachtet.

            Hier noch ein Traum, der sogar wahr geworden ist, mit Otto Rehakles, einen für die Griechen unsterblich gewordenen Deutschen.

            “Die Regeln der Logik schließen nur den vierten Fall aus.”

            Die Regeln der Logik sind es also nicht, die die Götter ausschließen.

          • Da verwechseln Sie (und der Zitierte) etwas:
            ‘Wir finden einen unsterblichen Griechen!’ ist eine Aussage naturwissenschaftlicher Art, die nur dann etwas mit der Logik zu tun hat, wenn logische Aussagen über die Natur bereit stehen, die gelten.
            Dies ist nicht der Fall.

            ‘Syllogismen’ dürfen an dieser Stelle also gerne zu Hause bleiben.
            Ansonsten, wenn sie nicht zu Hause bleiben, kommt halt so etwas heraus, wie im hier kommentierten WebLog-Artikel.

            MFG
            Dr. W

          • @Joker

            Worauf ich hinweisen will, ist, daß Unsterblichkeit naturgemäß nicht erfahrbar ist, nicht an einem Beispiel beschrieben werden kann, eine Unsinnigkeit ist; darin sollten wir ohne Mühe übereinstimmen. Irgendwann erwischt es auch das Proton, vielleicht, wenn gerade niemand schaut.

          • @ joschu :

            Worauf ich hinweisen will, ist, daß Unsterblichkeit naturgemäß nicht erfahrbar ist (…)

            Von wem nicht? Und wie genau nicht feststellbar? – Beachten Sie bitte gerne, dass für den Systematiker gilt, dass Aussagen zu einer Sache oder einem diesbezüglichen Verhalt immer zuerst als Aussagen zu einer Sache oder einem diesbezüglichen Verhalt einer Person(enmenge) zu betrachten sind.

            Ein ‘Proton’ könnte hier sozusagen animalisch lockerer verlautbaren wollen, als Sie es tun.
            Wobei der Schreiber dieser Zeilen dem geschätzten Kommentatorenfreund Joker aber nicht voräffen möchte.

            MFG
            Dr. W

          • @ joschu

            “Worauf ich hinweisen will, ist, daß Unsterblichkeit naturgemäß nicht erfahrbar ist”

            Das mag ja sein, aber wir reden doch nicht nur über über Erfahrung, Unsterblichkeit oder Natur, wir diskutieren doch vor allem über Logik und Paradoxien. Gegenstand der Logik kann alles Mögliche und Unmögliche sein.

            Man kann mit den Gesetzen der Logik auch die Paradoxien der Zeit untersuchen. Das hat z.B. Stanislaw Lem in Sterntagebücher, Siebente Reise gemacht. Als Ijon Tichy, kein einfacher Charakter, einmal in eine Zeitschleife geriet und sich selbst in mehreren Inkarnationen begegnete, der vom Montag, der vom Dienstag, der vom Mittwoch …

            “Woraufhin ich mich auf die andere Seite drehte und mir die Decke über den Kopf zog. Ich hörte noch, wie er etwas von Idiotie sagte und schließlich, als ich nicht reagierte, ausrief:

            »Du wirst das noch bereuen, du Narr! Du wirst dich noch davon überzeugen, daß das kein Traum ist, aber dann wird es zu spät sein!”

            Einen Tag später, logisch konsistent:

            “Vergebens gab ich ihm mein Ehrenwort, daß er sich irre, beschwor und verfluchte ihn abwechselnd – […] Er drehte mir den Rücken zu und begann zu schnarchen. […] Ich vom Montag glaubte nicht an die Realität der Doppelungserscheinung, jedoch ich vom Dienstag wußte von ihr. Das war die gewöhnlichste Zeitschleife von der Welt.”

          • @joschu

            »Das ist absurd. Das ist Nonsens.«

            Unsterbliche Griechen sind syntaktisch nicht auszuschliessen. Gesagt wird da lediglich, dass sich (in einer korrekten Sprache) bei Beachtung der Syntax aus zwei wahren Prämissen keine falsche Konklusion herleiten lässt.

            Ob unsterbliche Griechen semantisch auszuschliessen sind, wäre ganz eine andere Frage. Die Semantik erfordert u.a. eine Vereinbarung unter Sprechern, was nun eigentlich unter “unsterblich” und “Grieche” verstanden werden soll, worüber man zwar lamentieren mag, was jedoch für die in Rede stehenden Fragen zu Syllogismen völlig belanglos ist.

          • @Joker

            »Ijon Tichy, kein einfacher Charakter, …«

            In der Tat, das lässt sich durchaus so sagen. 😉

          • Kommentatorenfreund ‘joschu’ will hier erkennbar “einen drehen”, rekursiv und es sich passend machend, um in der Welt Paradoxie finden zu können, sozusagen: echte, wobei dabei vernachlässigt wird, dass Unsterblichkeit zumindest solange realiter persistieren wird, solange sich keiner findet, der wie beabsichtigt kontradiktorisch abstirbt, was eine Zeit dauern könnte [1], und die Zeit selbst letztlich ein metaphysisches Konzept ist und zu bleiben hat. [2]

            MFG
            Dr. W

            [1]
            “Existenz” oder “Leben” könnte wie auch immer stattfinden, vorgestellt dürfen sich hier bspw. auch Programme der Informationstechnologie oder physikalisch theoretisierte Einheiten der Physiklehre, die nicht als inexistent oder per se tot betrachtet werden müssen.

            [2]
            wg. “großer Erkenntnisvorbehalt” – gemeint hier, wie ansonsten immer auch, dass erkennende Subjekte nicht die Welt an sich verstehen können, ansonsten wären sie Weltbetreiber (vs. Weltteilnehmer).

          • @Joker

            “Gegenstand der Logik kann alles Mögliche und Unmögliche sein.”

            Darin liegt wohl mein Mißverständnis in dieser Diskussion. Dass auch das Unmögliche (aus meiner Sicht also Nichtlogische) Gegenstand der Logik sein kann, leuchtet mir (noch) nicht ein, insofern als die Definition u.a. von “vernünftigem Schlussfolgern” ausgeht. Ijon Tichy steht ja vor einem konkreten Problem, dessen Möglichkeit mit den Methoden der kontemporären theoretischen Physik nicht auszuschließen ist. “Die Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie besitzen Lösungen, die Zeitschleifen zulassen.”

            @Chrys

            Indem Unsterblichkeit selbstverständlich syntaktisch nicht auszuschließen ist (ist überhaupt syntaktisch irgendetwas auszuschließen?), wie kann nun Syntax unabhängig von einer inhärenten Semantik (die, ja, eine Übereinkunft darstellt) Anspruch auf Teilhabe an einem Diskurs über Logik erheben?

            Belanglos über “die in Rede stehenden Fragen zu Syllogismen zu lamentieren”, war nicht meine Absicht, es interessierte mich lediglich das Thema. Da müssen wohl Klügere kommen als ich.

          • “vernünftigem Schlussfolgern”

            Durch vernünftiges Folgern, bin Ich selbst mal in eine Logikschleife geraten.

            Unter der Prämisse, dass die Regeln der Logik falsch sind, folgerte ich, dass sie richtig seien. Dann habe ich bemerkt, dass ich beim Folgern die Regeln der Logik verwendet hatte. Ohne die Regeln der Logik bin ich da nicht mehr rausgekommen. Um etwas Folgern zu können, braucht man die Regeln der Logik – logisch, oder?

            Um aus der Schleife rauszukommen, brauchst Du die Regeln der Logik. Um die Regeln der Logik zu bekommen, musst Du aus der Schleife rauskommen. – Catch 22.

            “Zeitschleifen zulassen”

            @ Joker

            Egal welche gemeint ist, die Frage erübrigt sich, ich bin noch drin.

            Joker
            18. November 2015 00:42
            | Permalink

            Wie bist Du aus der Schleife rausgekommen?

          • @ Joker :

            Unter der Prämisse, dass die Regeln der Logik falsch sind, folgerte ich, dass sie richtig seien. Dann habe ich bemerkt, dass ich beim Folgern die Regeln der Logik verwendet hatte. Ohne die Regeln der Logik bin ich da nicht mehr rausgekommen. Um etwas Folgern zu können, braucht man die Regeln der Logik – logisch, oder?

            Jaja, so isses rekursiv formuliert und vglw. lustig, allerdings hat jede Logik einen Geltungsbereich oder Scope, dieser wird – Loge! – nicht gerne genannt.
            Sie haben’s mit der Logik, die im IT-Bereich verwendet wird, erkennbar: nicht.
            Also, es ist schon möglich bestimmte Logik in einem (bestimmten) Geltungsbereich als falsch (müsste wohl heißen: in sich widersprüchlich) zu postulieren, auch ganz wild, denn es gibt keine allgemein gültigen ‘Regeln der Logik’, sondern nur die Forderung, dass das, was als kohärent gesagt werden kann, gesagt werden darf und nichts anderes, so dass das dann Logik genannt werden soll, anderes Wahnsinn.

            MFG
            Dr. W (der insofern auch dieses Intro sehr gut findet, wenn auch ‘Gott’ durch ‘Welt’ ersetzt werden könnte und in der Folge die Ausführungen ein wenig sozusagen: versickern)

          • @ Dr. Webbaer

            “Logik, die im IT-Bereich verwendet wird”

            Meinen Sie damit die Logik der Schaltkreise, die neunwertige Logik zur Hardwaresimulation, die in Expertensystemen implementierte Fuzzylogik, Bayessches Schließen, deontische Logik für Roboter oder Anwendungen der intuitionistischen Logik in der Informatik? Nichts von dem oder all das, sowohl als auch oder etwas anderes, nicht bestimmtes?

            Für Herrn Wicht möglicherweise besonders interessant, die intuitionistische Logik, in der man es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt (lieber von Beweisbarkeit spricht). Dort gilt z.B. der Satz vom Widerspruch nicht, also A und nicht-A sind beide gleichzeitig erlaubt. In diesem formalen System lässt sich dann nicht mehr aus Widersprüchen Beliebiges ableiten, nix ex falso quodlibet.

          • @ Joker :

            Logik gilt es zu implementieren, erst wenn sie implementiert ist, ist sie nachvollziehbar bis gültig.
            Besonderes Gerät muss hierfür nicht zur Verfügung stehen, es genügte bspw. auch Ihre “Birne” [1], die nicht Gerät genannt werde soll, an dieser Stelle zumindest nicht, die Sache mit der angedeuteten CPU ist also zuvörderst nett gemeint gewesen.

            Ihr Kommentatorenfreund geht insofern davon aus, dass Sie weiter oben die Meta-Logik gemeint haben müssten, auch um (geschilderte) Rekursionen zu meiden, die Logik über die Logik.
            Und hier ist es halt so, dass es unterschiedliche Logiken geben kann, wenn Erkenntnissubjekte inspiriert [2] näherungsweise, aussschnittsartig und an Interessen (!) gebunden erfassen wie in der Folge näherungsweise, aussschnittsartig und an Interessen (!) gebunden theoretisieren.

            Über diese Meta-Logik lässt sich nicht viel besser spekulieren, als dass sie in sich kohärent zu sein hat, Logik = Sprachlichkeit meinend.
            Eine Meta-Meta-Logik gibt es nicht.

            MFG
            Dr. W (der sich nun einstweilen auszuklinken hat)

            [1]
            Old Webbaer rätselt immer noch, ob ‘Chrys’ oder ‘Joker’ zu den Besten der Besten der Besten gehören, oder beide.

            [2]
            Logik ist eine Veranstaltung des Geistes, der so wie so angelegt ist, letztlich wird dann auch regelmäßig so oder so gemeint, das Höhlengleichnis ist aber vglw. cool.

  7. @Helmut Wicht
    Eine historische Note: Der scholastistische Dadaist, so sagen diverse Quellen, war ein umtriebiger Portugiese, der u.a. als Petrus Hispanus bekannt wurde. Neben der syllogistischen Dichtkunst widmete er sich der Medizin und wurde im September 1276 Papst. Seine Karriere als Johannes XXI. endete im Mai 1277, als ihm die Decke seiner päpstlichen Studierstube auf den Kopf fiel. Dass höhere Mächte ihn damit nur am Verfassen weiterer Hexameter hindern wollten, würde ich aber für ein böswilliges Gerücht halten.

    • Oh –
      was für eine herrliche Schnurre!
      Danke!
      Vor allem das mit der Studierstubendecke und den Hexametern gefällt mir.

      Ich hab’ mir vorgesetzt, mal das Mittelalter nach anderen, ähnlichen Merkversen abzugrasen. Aus meinem Fach, der Anatomie, kenne ich bislang einen, der fast ebenso dada-mässig ist.

      Das wär ein schönes Blog/Vortragsthema…

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