Raumsonden-Antrieb mithilfe von Mikroteilchen

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Blick über den Plasmarand
Zündspannung

Die letzte Woche war bei uns im Institut Prof. Avinash von der Delhi-University zu Besuch. Der Professor hat einen Vortrag über die Idee eines Mikroantriebs für Raumsonden mithilfe von Staub-Plasma-Düsen gehalten.

Das Prinzip eines solchen Antriebs ist ähnlich wie bei Ionenantrieben – es werden geladene Teilchen aus dem Antrieb ausgestoßen, so dass ein Rückstoß erzeugt wird, der die Raumsonde vorwärts bewegt. Anders als beim Ionenantrieb sollen nun aber hier Staubteilchen ausgestoßen werden, nicht das Plasma des Antriebs selbst.

Dabei sollen die Mikroteilchen zunächst in ein Plasma gegeben werden. Die Teilchen laden sich selbstständig auf. Soweit so gut. Nun aber die erste Schwierigkeit: Die Teilchen müssen sich in genau dem richtigen Abstand voneinander befinden, wenn sie in das Plasma gegeben werden, so dass ein starkes Potential entsteht und die Teilchen sich schnell voneinander wegbeschleunigen. Danach sollen sie dann durch ein "kaltes Plasma" fliegen, sich automatisch wieder entladen und aus dem Antrieb in den Weltraum austreten. Das Plasma selbst soll laut Prof. Avinash durch ein Magnetfeld daran gehindert werden, ebenfalls auszutreten, so dass nur die Mikroteilchen verloren gehen. 

Mithilfe dieses Antriebs sollen einerseits durch eine lange Betriebsdauer eine hohe Geschwindigkeit der Sonde aufgebaut werden, andererseits sollen aber auch sehr kleine Kurskorrekturen möglich sein.

Allerdings ist die Planung meiner Ansicht nach bisher sehr unausgegoren. Prof. Avinash hat z.B. nicht berücksichtigt, dass die Mikroteilchen durch die hohen Temperaturen, die er vorausgesetzt hat, verdampfen könnten. Die hohe Ladung des Staubs, die in seiner Rechnung nötig ist, ist außerdem kaum zu erreichen, da ab einer gewissen Feldstärke Elektronen durch Feldemission wieder abgegeben werden. Zusätzlich sind die Plasmen, die gemeinsam mit Staub verwendet werden, normalerweise nur sehr schwach ionisiert (1 von 10 Millionen Teilchen). Der größte Teil des verwendeten Gases würde also durch das Magnetfeld nicht aufgehalten werden… 

Nun ja, insgesamt eine interessante theoretische Idee, aber bis zur praktischen Umsetzung wird noch viel Zeit vergehen, denke ich.

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Erhöht man die Spannung zwischen zwei Elektroden, die ein Gas umgeben, beginnt das Gas irgendwann zu leuchten: Freie Elektronen im Gas haben genug Energie, um die Gasteilchen zu ionisieren und noch mehr Elektronen aus den Atomen zu schlagen. Ein Plasma wurde gezündet, die Zündspannung ist erreicht. Gibt man nun noch zusätzlich Mikrometer große Teilchen in das Plasma, erhält man ein sogenanntes "Komplexes Plasma", mit dem ich mich zunächst als Doktorand und Post-Doc am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und nun an der University of California in Berkeley beschäftige. In diesem Blog möchte ich sowie ein wenig Einblick in den Alltag im Forschungsinstitut bieten, als auch über den (Plasma)-Rand hinaus blicken. Mierk Schwabe

5 Kommentare

  1. Und woraus genau soll sich ein Vorteil gegenüber dem normalen Ionenantrieb ergeben? Höhere Austrittgeschwindigkeit?

  2. Na ja, der Antrieb soll effizienter als ein normaler Ionenantrieb sein, weil ja nur die Mikroteilchen an den Weltraum abgegeben werden, und die sich außerdem noch quasi von selbst (durch die starke Abstoßung) beschleunigen. Außerdem muss man die austretenden Teilchen nicht umständlich entladen, sondern das tun sie von selbst, wenn sie durch das kältere Plasma fliegen.

  3. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das hinhaut. Wieviel Ärger man mit eingeschlossenen Plasmen hat, sieht man ja bei der Fusionsforschung. Und dann mal eben Staubteilchen mit den nötigen m/z-Verhältnissen zu erzeugen stelle ich mir auch nicht so einfach vor wie das hier klingt…

  4. War nicht gerade einer der Vorteile von Plasma für den Antrieb, dass mit relativ hohem Verhältnis von Ladung zu Masse eine hohe Austrittsgeschwindigkeit und damit ein hoher spezifischer Impuls erreichbar ist? Zumindest in dieser Hinsicht wird der Staub-Antrieb mit der relativ hohen Masse der ausgestoßenen Partikel wohl kaum mithalten können.
    Wurde zu dem Aspekt irgend etwas gesagt?

  5. @Fischer:

    “Wieviel Ärger man mit eingeschlossenen Plasmen hat, sieht man ja bei der Fusionsforschung.”

    Auch hier ein “Na ja”. Es kommt auf die Temperatur an. Bei den üblichen staubigen Plasmen haben alle Komponenten bis auf die Elektronen mehr oder weniger Raumtempertur, da geht das Einschließen relativ leicht. Allerdings wie gesagt, bei der Rechnung in dem Vortrag ist der Prof. meiner Meinung nach von einer sehr hohen Temperatur ausgegangen, da sieht die Sache dann natürlich wieder anders aus.

    “Und dann mal eben Staubteilchen mit den nötigen m/z-Verhältnissen zu erzeugen stelle ich mir auch nicht so einfach vor wie das hier klingt…”

    Die Idee war, dass die Teilchen sich durch die hohen Elektronentemperatur sehr stark aufladen sollten. Aber wie gesagt, das sehe ich auch als ein Problem an.

    @Wolfram Wagner

    “War nicht gerade einer der Vorteile von Plasma für den Antrieb, dass mit relativ hohem Verhältnis von Ladung zu Masse eine hohe Austrittsgeschwindigkeit und damit ein hoher spezifischer Impuls erreichbar ist?”

    Ja, das wurde auch berechnet und schien auch vorteilshaft zu sein. Ich habe meine Notizen leider gerade nicht hier, ich hoffe, ich denke morgen daran, im Institut nachzuschauen, wie genau der spezifische Impuls im Vergleich mit dem vom Ionenantrieb anschneiden sollte.

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