Chinesische Parkplatzengel und Vierfeldertafeln

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WIRKLICHKEIT

Irgendwann vor einigen Jahren hatte mir meine Schwiegermutter einmal erzählt, dass sie – rechtzeitig bei Annäherung an die Lübecker City mit ihrem PKW – stets den Parkengel darum bitte, ihr einen schönen, bequem gelegenen Parkplatz frei zu räumen, wenn sie gleich angebraust komme. Außerdem stellte sie lapidar fest, dass das ganz hervorragend funktioniere. Ja, mehr noch, als sie einige Male keinen Parkplatz finden konnte, fiel ihr erst da siedend heiß ein, dass sie ja ganz vergessen hatte, den Parkengel rechtzeitig vorher anzurufen. Beim Einbiegen in die Straße mit dem Wunschparkplatz könne es bereits definitiv zu spät sein.

Da der Gedanke irgendwie lustig war und auch keinen Schaden anrichten konnte – oder doch? – haben meine Frau und ich darauf hin des Öfteren rechtzeitig vor der Parkplatzsuche ein kurzes Stoßgebet zum Parkengel geschickt. Und, was soll ich sagen, es klappte sehr gut! Auch uns passierte es, dass wir den kurzen Anruf des Helfers vergaßen – was uns aber erst einfiel, als wir schon bei der Parkplatzsuche verzweifelten.

Bis heute geht mir bei der morgendlichen Anfahrt zur Uniklinik Bonn das kurze Stoßgebet zum Parkengel durch den Kopf; denn ich parke außerhalb des Klinikgeländes, und da sind Parkplätze rar gesät. Finde ich einen Parkplatz – und das ist praktisch täglich der Fall –, vergesse ich natürlich auch nicht den gebührenden Dank an meinen Helfer.

Ich kam auf diese Sache, als ich heute auf SPIEGEL Online einen aufschlussreichen Beitrag zur chinesischen Religiosität las. Man hält es im Olympialand sehr pragmatisch mit der Religion und mit den Göttern und Ahnen: Hauptsache es funktioniert. Da werden Götter auch schon mal „gefeuert“ – wer opfert, will schließlich auch eine Gegenleistung, das ist klar. Interessant ist auch, dass man sich eher an die unteren Chargen hält, weil das viel versprechender ist, als sich gleich an den „Boss“ zu wenden. Irgendwie wirkt das ganze auf mich sympathisch unbeschwert, frei von philosophischer Last. Man macht es eben so, es fühlt sich nicht falsch an, es scheint zu nutzen, und ein Schaden für einen selbst oder Andere ist nicht zu erkennen – eher ist zu befürchten, dass ein solcher Schaden bei Unterlassung eintritt. Und man will sich im Schadensfalle ja nicht auch noch Vorwürfe machen müssen.

Der Vergleich zur katholischen Religion drängt sich auf; jedenfalls dürfte es Asiaten nicht ganz fremd sein, wenn sie als Touristen in unseren Kirchen Menschen sehen, die vor Marien- und Heiligenfiguren bzw. Ikonen Kerzen anzünden („opfern“) und diese längst verstorbenen und teils nur legendären Personen um Beistand bei Gott („Fürbitte“) in den verschiedensten Anliegen des Alltags bitten. Es ist auch ganz üblich (und theologisch einwandfrei), wenn man seine eigenen Verstorbenen um Fürbitte bittet (z.B. verbunden mit dem Anzünden einer Kerze am Grab). Auch im Katholischen gibt es ein gewisses Zurückschrecken davor, sich direkt an Gott zu wenden – eine Vermittlung erscheint angebracht. (Dieser Gedanke ist Juden, Protestanten und Muslim vermutlich ziemlich fremd.) Unübersehbar sind hier auch religiöse Einflüsse der heidnischen antiken Religion auf das Christentum; und es bleibt wohl offen, wer hier wen missioniert hat. Wer weiß, möglicherweise gelangt ja auch der Parkengel durch diesen Blog-Beitrag und die Segnungen des globalen Internet schon bald nach Fernost und wird dort auf Herz und Nieren getestet. Gebraucht würde er dort sicher in zunehmendem Maße.

Apropos Test. Wie testet man einen Parkengel (etc.)? Das ist eine Fingerübung für Statistik-Anfänger. Sie brauchen dafür eine Vierfelder-Tafel. Die beiden Spalten bedeuten: Parkplatz gefunden ja versus nein. Die beiden Zeilen bedeuten: Parkengel rechtzeitig angerufen ja versus nein. Die unterste Zeile ist dabei besonders wichtig; denn Sie können gar nichts über die Wirkung des Parkengels (bzw. des Gebetes zu ihm) aussagen, wenn Sie nie einmal ausprobieren, was passiert, wenn sie einmal nicht zu ihm beten. Selbst wenn sie in 100% der Fälle, in denen Sie zum Parkengel beten, einen Parkplatz finden, sagt das allein noch gar nichts darüber aus, ob der Parkengel Ihnen hilft oder nicht. Denn es ist ja vorstellbar, dass Sie auch in 100% der Fälle, in denen Sie vorher nicht beten, einen Parkplatz finden würden (z.B. weil Sie morgens um 4 Uhr stets als Erster auf den Werksparkplatz von Bayer Leverkusen fahren).

Nehmen wir also an, Sie hätten an 50 zufällig ausgewählten Tagen gebetet und an 50 anderen Tagen nicht gebetet (was, praktisch gesehen, extrem schwer sein kann, weil solche Gebete manchmal wie automatisch in einem aufsteigen). Keine Frage: Wenn Sie an sämtlichen Gebetstagen, jedoch an keinem einzigen Nichtgebetstag einen Parkplatz gefunden haben, dann ist etwas dran an der Sache! Finden Sie dagegen sowohl an Gebetstagen wie an Nichtgebetstagen in jeweils identischen X% (z.B. 80%) der Fälle einen Parkplatz, dann macht das Gebet im Hinblick auf Ihren Erfolg bei der Parkplatzsuche offensichtlich gar keinen Unterschied: Ob Sie beten oder nicht, in 40 von 50 Fällen bekommen Sie einen Parkplatz. Weniger eindeutige Ergebnisse lassen sich vermittels des Chi-Quadrat-Tests daraufhin prüfen, ob – unter der Annahme der Unwirksamkeit Ihres Gebetes – die tatsächlich eingetroffene Ergebnisverteilung weniger wahrscheinlich als 5% und mithin „signifikant“ ist. Sie wären in einem solchen Fall empirisch berechtigt, von der Wirkmacht Ihres Gebets und der Existenz des Parkengels überzeugt zu sein. Aber Achtung: Da es sich beim Parkengel um eine personale Größe handelt, könnte es sein, dass er Ihnen Ihre Skepsis übel nimmt und Sie bei Ihrem Experiment auf eine falsche Fährt lockt. Die Nichtexistenz des Parkengels werden Sie daher niemals empirisch beweisen können!

Der Religiöse lebt mit unsichtbaren personalen „Größen“: Ahnen und Engeln, Dämonen und Göttern. Es ist ein bisschen eine magische Welt, und die Unwägbarkeiten der eigenen Existenz können hier gespiegelt und ausgedrückt werden. Die Unsterblichen tragen die Last der eigenen Existenz mit; sie helfen, wo sie können, wenn sie dürfen. All das geschieht in dem Bewusstsein, selbst aus dieser geistigen, jenseitigen Welt zu kommen und zu ihr hin auch unterwegs zu sein.

Wenn man einen guten Roman liest, lebt man eine Zeitlang mit den dort beschriebenen Personen – aber irgendwo ganz hinten bleibt im Bewusstsein der Vorbehalt, dass diese Menschen ja nicht „wirklich“, sondern nur „fiktiv“ existieren und der Fantasie des Autors entspringen. Sie drücken die menschliche Lebenswirklichkeit aus, bringen sie vielleicht sogar in erstaunlicher Weise auf den Punkt – aber sie sind selbst doch in einem bestimmten Sinne nicht wirklich. Oder doch? Sicher sind sie nicht unwirklich im Sinne von „unwirksam“; denn das Lesen eines Romans kann das ganze weitere Leben nachhaltig verändern. Sie sind auch nicht einfach „ausgedacht“; denn viele Schriftsteller beschreiben, dass Romanfiguren beim Schreiben ein geradezu objektives Eigenleben entfalten, dem die Geschichte notwendig folgen muss.

Nun stellen Sie sich vor, (fast) alle Menschen Ihrer Umgebung, Ihrer Stadt, Ihres Landes, Ihres Kontinents lesen schon seit Generationen denselben Roman: eine unglaublich umfangreiche, nur teilweise schriftlich fixierte und noch lange nicht zu Ende erzählte Saga mit Helden, Göttern und anderen Gestalten, die von Generation zu Generation weitererzählt wird. Jeder kann seine eigenen Ahnen mit in diese Geschichte hinein nehmen. Und natürlich sind Sie selbst Teil dieser großen Geschichte. Und schließlich beginnen alle – nicht mehr heimlich, sondern offen in Form gemeinsamer kultureller Handlungen – mit diesen „Personen“ in Kontakt zu treten: Sie verehren sie, Sie rufen sie an, bitten sie um Hilfe, und Sie klagen sie an. Sie sehen Ihr Leben im Lichte dieser zeit- und weltumspannenden Geschichte und Sie teilen Ihr Leben Tag für Tag mit diesen Anderen, Lebenden wie Verstorbenen, über die Zeiten hinweg.

Spricht, naturwissenschaftlich betrachtet, irgendetwas dagegen?

P.S. Sie glauben nicht an Parkengel? Dann schauen Sie bitte hier.

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Geboren 1967 in Emsdetten/Westfalen. Diplom kath. Theologie 1993, Psychologie 1997, beides an der Universität in Bonn. Nach einem Jahr am Leipziger Max-Planck-Institut für neuropsychologische Forschung (1997-98) bin ich seit Oktober 1998 klinischer Neuropsychologe an der Universitätsklinik für Epileptologie in Bonn. Ich wurde an der Universität Bielefeld promoviert (2004) und habe mich 2015 an der Medizinischen Fakultät der Universität Bonn habilitiert (Venia legendi für das Fach Neuropsychologie). Klinisch bin ich seit vielen Jahren für den kinderneuropsychologischen Bereich unserer Klinik zuständig; mit erwachsenen Patientinnen und Patienten, die von einer schwerbehandelbaren Epilepsie oder von psychogenen nichtepileptischen Anfällen betroffen sind, führe ich häufig Gespräche zur Krankheitsbewältigung. Meine Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen in den Bereichen klinische Neuropsychologie (z.B. postoperativer kognitiver Outcome nach Epilepsiechirurgie im Kindesalter) und Verhaltensmedizin (z.B. Depression bei Epilepsie, Anfallsdokumentation). Ich habe mich immer wieder intensiv mit den philosophischen und theologischen Implikationen der modernen Hirnforschung beschäftigt (vgl. mein früheres Blog WIRKLICHKEIT Theologie & Hirnforschung), eine Thematik, die auch heute noch stark in meine Lehrveranstaltungen sowie meine öffentliche Vortragstätigkeit einfließt.

8 Kommentare

  1. “Spricht, naturwissenschaftlich betrachtet, irgendetwas dagegen?”

    Nein.

    Ansonsten aber eine ganze Menge. Ich MAG Ihre Texte. Sie machen mich denken. Sie machen mich aber auch denken, dass Sie ein (elender) Positivist seien. Alles fällt Ihnen im “Sein” zusammen, das “Sein” aber wieder im “Nunc” (sei es “stans” oder “currens”), Gott ist Ihnen die Gosse der momentanen Wirklichkeit, in der alle Widersprüche zusammenlaufen (ja, das Zitat ist geklaut, sagen Sie mir bitte, von wem).

    Denken Sie mal über das “numquam” mit derselben Intensität, mit derselben Grandeur, mit derselben Wort- und Bildmacht nach, mit der Sie über das “nunc” denken.

    Sie greifen zu kurz. Ihr All ist keines. Ihm fehlt: seine Negation.

  2. @Wicht

    Heiheihei, der Morgen fängt nicht gut an; sich noch vor 8 Uhr als “(elender) Positivist” bezeichnet zu finden, hebt nicht unbedingt die Laune.

    Das Zitat konnte gegooglet werden: G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III, in seiner Kritik der Leibnizschen Theologie/Philosophie.

    Ist Gott frei, zu sein oder auch nicht zu sein? Erschafft Gott sich selbst – sodass er sich auch abschaffen, negieren könnte, ja niemals gewesen wäre? Setzt eine solche Sicht denn nicht wieder voraus, Gott als “etwas” zu betrachten, dem entweder Sein oder Nichtsein zukommt, d.h.: Gott als “Seiendes” oder “Nichtseiendes”??

    Sie geben einige Aspekte meiner Überlegungen völlig korrekt wieder; es fehlt jedoch der Aspekt des unmittelbaren Erlebens, der Phänomenologie sinnlicher Empfindungen. Ich spekuliere nicht in Leibnizscher Manier oder scholastisch über den Gottesbegriff, über einen gedachten Gott, sondern beziehe mich in einer klar zu bezeichnenden Weise auf die Wirklichkeit.

    Die Wirklichkeit begegnet uns im sinnlichen Erleben ausschließlich als Anwesenheit, als Gegenwart (“positiv”), als Sein. Da dies jeder Erfahrung und jedem Denken voraus liegt, können wir wohl auch das Nichtseiende uns letztlich nur als abwesendes Seiendes vorstellen; ein Wegsein oder gar Niemals-Gewesensein – Ihr Nichts – ist dagegen unvorstellbar, undenkbar.

    Gerade in diesem Punkt sehe ich eine Konvergenz von Theologie und Phänomenologie des Jetzt. Mir ist allerdings der Austausch über die Phänomenologie, darüber also wie sich uns Wirklichkeit zeigt, wichtiger als deren (m.E. interessante und erstaunlich zutreffende) theologische Reflexion. Losgelöst vom Erleben des Jetzt, werden wir uns rein begrifflich-theologisch – ich bestreite, dass das dann überhaupt eine christliche Theologie wäre – auf gar nichts verständigen können und endlos weiter diskutieren – wie Hegel und Leibniz, hätten sie gleichzeitig gelebt.

  3. @ Hoppe

    Verzeihen Sie das Attribut “elend”, das ist mir – freudisch/halbbewusst, nehm ich an – da reingerutscht, weil ich noch einen Schuss mehr Negativität und Leid in meinem Giftcocktail haben wollte. Freudisch sozusagen hab’ ich freudig noch ein wenig Angostura nachgeschüttet, in dem ich den Positivisten in’s Elend zu stossen versuchte.

    Der eigentliche Stachel, das Gift, die süsse Befriedigung war’s natürlich für mich, als Naturwissenschaftler, Sie, einen Theologen, als “Positivisten” zu schelten, eine Schelte, die normalerweise aus dem Lager der Geisteswissenschaftler wider die Szientisten schallt. Und ich halte an dieser Schimpfe fest: Ihr Seinsbegriff ist mir zu positiv. Das numquam, nequaquam, nihil etc. mögen in der Tat nur vor einem Seinshintergrund denkbar sein (sagt übrigens auch Sartre, wenn ich ihn recht verstanden habe).

    Aber ich gebe erneut zu bedenken, dass der grundlegende Fehler schon von Parmenides gemacht worden sein könnte: steht es denn wirklich fest, dass nur das Denkbare das Seiende sei und dass daher das Denken und das Sein eins seien?

    Und ich sage erneut: das Denken muss am Denken zerbrochen werden, wenn man dem, was sich jenseits des Seins herumtreibt, auf die Schliche kommen will.

    Und nochmal: ich SCHÄTZE diese Unterhaltungen und Sie, auch wenn ich gelegentlich in Argumente ad personam abgleite. Und dass der böse Anti-Leibnitz-Theodizee-Spruch von Hegel stammt, war mir neu (danke), und versöhnt mich ein wenig mit diesem sperrigen Herrn. Allerdings würd’ ich den Spruch auch gegen ihn selbst kehren. Wer am Ende seiner Philosophie behauptet, dass das Sein und das Nichts eins sei und alles im Geiste, dem sind schwarz und weiss, Licht und Dunkel ebenfalls zu einer grauen, nebligen Brühe zusammengeflossen, wie man sie mitunter in der Nähe von Gullideckeln findet.

  4. In 80 Tagen um die Welt?

    Hallo,
    sie sagen

    Das Denken muss am Denken zerbrochen werden.

    Wie soll ich mir das vorstellen? Das leistet noch nicht mal der Wahnsinn.

    Wenn man dem, was sich jenseits des Seins herumtreibt, auf die Schliche kommen will.

    Das Kant ich mir nur gar nicht vorstellen.
    Wir alle haben eine scharfe Grenze, hinter der das nicht Gedachte (nicht Seiende liegt. Wie der Schritt, ist der Gedanke, die Tat die uns von Ort zu Ort bringt. Einen Zugang zu einer Quantenphilosophie kann ich mir nicht vorstellen.
    Haben Sie einen im Hinterkopf?

    Gruß Uwe Kauffmann

  5. Wirklichkeit

    In der Tat faszinierend: Dieser holistische Wirklichkeitsbegriff. Das Wahre ist das Ganze.
    Um jedoch der immer weder zurecht beklagten Fehlorientierung des Anthropozentrismus nicht zu verfallen, frage ich mich gelegentlich. Was wäre eigentlich die Wirklichkeit, wenn es ab heute abend 18.00 Uhr keine Menschen mehr gäbe? Oder nie gegeben hätte? Wäre die dann “übrig” bleibende Wirklichkeit (immerhin 99,9999999% des Universums) nicht die eigentliche, nämlich die von menschlichen Verfälschungen verschont gebliebene Wirklichkeit? Würde in dieser “Gott” vorkommen?

  6. @ Wendnagel und @ Parmenides (Wicht)

    Selbst das Gegebensein einer Welt ohne Menschen, also einer absolut “objektiven” Wirklichkeit, wäre nur, indem sich uns diese Welt (zuvor) als Vorstellung erschließt, also als Für-uns-Gegebensein. Ein anderes Gegebensein/”Es gibt” als ein Für-uns-Gegebensein ist undenkbar.

    WIR kommen hinter die Selbsterschließung von Wirklichkeit in unserem Denken (Bewusstsein) nicht zurück; sie ist unhintergehbar. Das Außerhalb ist – logischerweise – unvorstellbar. Das “Es gibt” ist immer ein “Für uns gibt es”. Mindestens uns als einem Teil der Wirklichkeit erschließt sich diese Wirklichkeit. Für einen Roboter gibt es nichts (nur sein Programmierer stellt sich das so vor).

    Natürlich ist das Sein mit dem Denken nicht identisch – die Wirklichkeit lässt sich weder ausdenken noch im Denken erfassen. Das ist ja gerade der Grund, warum man meines Erachtens über Philosophie hinaus muss und an theologischer Terminologie am Ende gar nicht vorbeikommt, wenn man unser faktisches Wirklichkeitsverhältnis aufklären will. Das ist alles in gleichem Maße erschreckend und ungeheuerlich wie faszinierend. Ich glaube nicht, dass ich mir hier gerade ein Weltbild nach meinem Wunsch zusammen bastle.

  7. Wirklichkeit & Glaube

    Lieber Herr Hoppe,
    anders als mein gerade eingestellter Beitrag zum Thema Wirklichkeit zunächst vermuten ließe, glaube ich, daß der menschliche Geist auf mehr als nur die offensichtlich sensorisch- reflektorische Weise mit der Wirklichkeit verbunden ist. Diesem “Glauben” liegen Erfahrungen zugrunde, die sicherlich konventionell als (quasi-) religiöse Erfahrungen bezeichnet würden, ich allerdings sehe sie mehr als Hinweis auf mein unvollständiges Bild von der Wirklichkeit, ohne dies definieren zu wollen. Ich folge Ihnen nicht in Ihrer Begrifflichkeit, sehe nicht Theologie als Antwort auf die letzten Fragen. Das erscheint mir bereits in der Bedeutung des Wortes bei weitem zu einschränkend. Aber ich bin überzeugt davon, daß der Wirklichkeit etwas letztlich mystisch-metaphysisches innewohnt (und hier tappte ich in die Falle der Begrifflichkeit).