Wer würde sein Genom veröffentlichen?

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Nicht ganz in der Form, aber so ähnlich haben Philipp, Fabian und ich dies in einer Umfrage wissen wollen, die wir vor einiger Zeit gestartet haben. Im Zusammenhang mit openSNP wollten wir nämlich gerne wissen, ob es überhaupt Leute gibt, die ihre Daten so frei verfügbar machen würden und wenn ja, unter welchen Bedingungen. Kurz: Ja, es gibt Leute die ihre Genotypisierungen auch zusammen mit phänotypischen Daten veröffentlichen. Aber spannender wird es natürlich erst, wenn man sich auch die Details anschaut. Auf dem openSNP-Blog haben wir eine erste, kurze Zusammenfassung von einigen Ergebnissen veröffentlicht. Für alle die sich im englischen nicht so sicher fühlen aber auch hier noch einmal die wichtigsten Ergebnisse:

Insgesamt haben 229 Leute bei unser Umfrage mitgemacht, davon haben gut 25% ihr chromosomales Geschlecht als XX und 74% als XY angegeben, es gibt keine signifikanten Unterschiede bei den Antworten zwischen den beiden Gruppen. Im Schnitt sind die Teilnehmer ca. 33 Jahre alt, der jüngste Teilnehmer gab sein Alter als 15 an, der Älteste als 70 und 80% der Teilnehmer gaben ihr Ethnie als Europäer an. 40% der Umfrageteilnehmer haben sich bereits genotypisieren lassen, weitere 30% planen zumindest sich genotypisieren zu lassen. Nur 30% der Teilnehmer haben gar keine Bestrebungen in die Richtung.

Mit derartig hohen Anteilen von Leuten die sich schon haben typisieren lassen, sind wir sicher nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung, aber da wir uns vor allem für die Bereitschaft die Ergebnisse zu teilen interessieren, ist das auch nicht weiter schlimm. Das wir so viele Menschen erreicht haben die bereits typisiert sind, erklärt sich durch die Verbreitung der Umfrage in den Community-Foren von 23andMe, auf der DIYBio-Mailingliste, über viele Blogs die sich mit Direct To Consumer (DTC) Gentests beschäftigen und durch die sozialen Medien.

Insgesamt würden 68% der Umfrageteilnehmer die Ergebnisse mit der Firma, die sie typisiert hat, teilen. Weitere 26% würden dies nur tun, wenn die Firma zusagt, dass sie die Ergebnisse nicht mit Dritten teilt. Und nur 7% würden ihre Daten unter gar keinen Umständen teilen. Was wenig überraschend ist: Diejenigen die bereits typisiert sind würden signifikant häufiger teilen, als jene die es gar nicht vorhaben. Um sich typisieren zu lassen muss man seine Daten ja zwangsläufig dem Dienstleister zugänglich machen. Wer das also auf gar keinen Fall will, der wird von DTC-Firmen Abstand nehmen oder auf die Do It Yourself-Variante umsteigen.

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Außerdem haben wir die Teilnehmer gefragt aus welchen Gründen sie ihre Daten frei zugänglich machen würden. Zur Auswahl gab es dabei

  • „um Wissenschaftlern zu helfen“,
  • „für den persönlichen Vorteil“, „
  • aus Neugier“ und
  • „personalisierte Werbung“.

Jeder dieser Optionen konnte auf einer 5-Punkte-Skala bewertet werden, bei der 1 starke Ablehnung bedeutet und 5 starke Zustimmung bedeutet. Die stärkste Zustimmung gibt es bei der Option seine Daten zu veröffentlichen um Wissenschaftlern zu helfen (ist unser Ruf doch nicht so schlecht, wie man denken könnte?). Relativ dicht gefolgt von den möglichen persönlichen Vorteilen und der Neugier. Eine starke Ablehnung gibt es für die personalisierte Werbung.

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Weniger stark streuen die Ergebnisse bei den Fragen danach, wieso man seine Genotypisierungs-Daten nicht frei verfügbar machen würde. Zur Auswahl standen die

  • „Angst vor Diskriminierung durch Staat, Arbeitgeber und Co“,
  • weil es ein „Einbruch in die Privatsphäre ist“,
  • weil es „mögliche negative Konsequenzen für Nahverwandte mit sich bringt“
  • und auch die Option der „Personalisierten Werbung“.

Zwar sind die Werte für die Personalisierte Werbung und die Diskriminierung etwas größer, allerdings ist dieser Unterschied nicht sonderlich stark ausgeprägt.

Darüber hinaus haben wir uns auch angeschaut in wie weit es Unterschiede zwischen den drei Gruppen „würde Daten mit DTC-Firma teilen“, „würde Daten nur mit DTC–Firma teilen, wenn sie die Daten nicht an Dritte geben“ und „würde nicht teilen“ gibt. Dazu haben wir eine ANOVA mit angeschlossenem Tukey’s range test gerechnet um rauszufinden welche Gruppen die höheren/niedrigeren Werte erzielen. Bei den Fragen wieso man seine Daten teilen würde haben wir dabei gesehen, dass jene Teilnehmer die bereits genotypisiert wurden (im Vergleich zu jenen die eine Typisierung nicht geplant haben) signifikant höhere Zustimmungs-Werte bei der Hilfe für Wissenschaftler, den persönlichen Vorteilen und der Neugier. Andersherum erzielen bei den Fragen nach den Gründen seine Daten nicht frei zugänglich zu machen jene Teilnehmer die eine Typisierung nicht geplant haben auf allen 4 Fragen höhere Zustimmungs-Werte als die Teilnehmer die bereits typisiert wurden.

Diese Daten erlauben es natürlich keinen kausalen Zusammenhang herzustellen, wir wissen also nicht ob die Genotypisierung selbst den Leuten die Angst vor den negativen Konsequenzen einer solchen Veröffentlichung nimmt und sie aufgeschlossener gegenüber einer Veröffentlichung der Daten macht. Oder ob es einfach anders herum ist, dass die Leute die bezüglich solcher Dinge insgesamt negativer eingestellt sind (also den “Vorteilen” weniger stark zustimmen als den “Nachteilen”) sich aus genau diesen Gründen einfach erst gar nicht typisieren lassen.

So weit zu unserer ersten Auswertung der Umfrage. Vielen Dank auch noch einmal an alle Teilnehmer für ihre Hilfe. Falls ihr noch Fragen habt, die man mit dem Datensatz untersuchen könnte, dann meldet euch ruhig bei uns, wir sind für Anregungen offen.

Veröffentlicht von

Bastian hat seinen Bachelor in Biologie in nur 8 statt 6 Semestern abgeschlossen. Nach einem kurzen Informatik-Studiums-Intermezzo an der TU Dortmund hat es ihn eigentlich nur für ein Stipendium nach Frankfurt am Main verschlagen. Dort gestrandet studiert er dort nun im Master-Programm Ökologie und Evolution. Zumindest wenn er nicht gerade in die Lebensweise der Hessen eingeführt wird. Neben seinen Studiengebieten bloggt er über die Themen, die gerade in Paperform hochgespült werden und spannend klingen.

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