DNA im Weltall

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Wissenschaft einfach erklärt
Von Menschen und Mäusen

Aliens könnten bereits unter uns sein! Oder zumindest ihre DNA. So oder so ähnlich könnten die Ergebnisse um die Gruppe von Oliver Ullrich von der Universität Zürich interpretiert werden – zumindest wenn man fest daran glauben möchte, dass Außerirdische uns im Geheimen unterwandern (Hallo Papa!).
In diesem Paper, publiziert in PLOS One, berichtet die Gruppe wie sie DNA ins Weltall geschickt hat um zu untersuchen welchen Einfluss die extremen Bedingungen beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre auf deren Stabilität hat.
Zu diesem Zweck wurde ringförmige, sogenannte Plasmid-DNA, die üblicherweise in Bakterien vorkommt, auf die Oberfläche einer Höhenforschungsrakete aufgetragen, nach der Landung wieder eingesammelt und anschließend untersucht. Das klingt vielleicht erst mal etwas merkwürdig, ist aber von der Handhabung her sehr simpel. Da DNA im physikalischen Sinne nichts anderes ist als ein geladenes Teilchen, ist sie in wässriger Lösung – nun ja – gelöst. Man muss also im Prinzip nur diese Lösung auf den gewünschten Bereich tropfen und diese dann trocknen lassen, schon befinden sich getrocknete DNA-Kristalle auf der Oberfläche. Genauso wurde auch verfahren. Dabei wurde die DNA allerdings nicht nur auf der Oberfläche der Rakete sondern auch in Schraubenköpfen und auf der Unterseite, also zwei potentiell geschützten Positionen, aufgetragen.
Der Flug selbst hatte nur eine Dauer von 780 s und erreichte eine Höhe von 268 km. Das entspricht dann der Thermosphäre. Bedingt durch die Sonnenaktivität können hier Temperaturen von über 1000°C herrschen, die allerdings für uns nicht spürbar wären, da die Teilchendichte zu gering ist. Außerdem befinden wir uns hier in einem Bereich, der nicht vor ionisierender Strahlung der Sonne geschützt wird. Moleküle, die es bis in diese Sphäre schaffen, werden also mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die solaren Röntgen- und Extrem-Ultraviolett-Strahlungen in ihre Bestandteile zerlegt. Und dann wären da natürlich noch die massiven Gravitätsunterschiede die durch die Beschleunigung der Rakete bzw. den Flug in der quasi-Schwerelosigkeit hervorgerufen werden.
Um den Einfluss all dessen auf die weitgereiste DNA zu untersuchen, wurde diese wieder eingesammelt und auf verschiedene Arten untersucht. Für diesen Zweck kodierte die DNA für zwei verschiedene Markergene – eine Antibiotikaresistenz und ein grün fluoreszierendes Protein (GFP). Bringt man die DNA entweder in Bakterien (Antibiotikaresistenz) oder in humane Zellen (GFP) ein, kann man so überprüfen ob die DNA noch intakt ist und die entsprechenden Genprodukte gebildet werden können. Im Fall der Bakterien können diese dann bei Antibiotikagabe trotzdem überleben und die Zellen würden unter dem Mikroskop nach Anregung mit dem entsprechenden Laser grün leuchten. Beides sind gängige Methoden, die ich quasi täglich im Labor verwende (wie auf dem Titelbild von Menschen und Mäusen zu sehen).
Um einen allgemeinen Überblick über die Integrität der wiedergewonnenen DNA zu gewinnen, wurde diese über ein einfaches Gel aufgetrennt und angefärbt. Was soll das denn jetzt wieder heißen? Keine Sorge liebe Leser, ich erkläre es sofort! Wie bereits erwähnt, ist DNA geladen, und zwar negativ. Das liegt an dem Zucker-Phosphat-Rückgrat durch das die Basen der DNA zu einer Kette zusammengefügt werden. Durch diese Ladungen bewegt sich DNA im elektrischen Feld. Um DNA-Fragmente zu unterscheiden, werden sie gerne nach ihrer Größe aufgetrennt.

Schematische Darstellung eines DNA-Moleküls modifiziertes Original von Madeleine Price Ball (über Wikipedia)
Schematische Darstellung eines DNA-Moleküls
Credit: modifiziertes Original von Madeleine Price Ball (über Wikipedia) CC BY-SA 3.0

Für diesen als Elektrophorese bezeichneten Prozess verwendet man Gele aus Agarose, wie man schon am Namen erkennen kann ein Zucker. Die Vegetarier unter euch kennen Agarose vielleicht aus dem Reformladen als Gelatineersatz. Denn nach dem Aufkochen in Wasser/Puffer polymerisiert die Agarose und härtet zu einem Gel aus. Innerhalb dieses Geflechts bewegt sich die DNA nach Anlegen eines elektrischen Feldes in Abhängigkeit von ihrer Größe durch das Gel zum Plus-Pol. Kleinere DNA-Fragmente wandern schneller als große und befinden sich daher am unteren Ende des Gels. Zur Größenbestimmung läuft üblicherweise ein Größenmarker mit, der DNA verschiedener definierter Größe enthält. Durch Vergleich mit diesem Marker lässt sich in Annäherung die Größe des Fragments ermitteln.
Zurück zu unserer Weltraum-DNA (Bild unten). Nach dem Anfärben erscheinen die DNA-Fragmente als weiße Banden.

In einer Agarose-Gelelektrophorese wurde die eingesammelte DNA auf ihre Qualität nach ihrem Weltall-Aufenthalt untersucht aus DOI: 10.1371/journal.pone.0112979
Credit: Plos One: 2014 Thiel et al. DOI: 10.1371/journal.pone.0112979 CC BY 4.0 In einer Agarose-Gelelektrophorese wurde die eingesammelte DNA auf ihre Qualität nach ihrem Weltall-Aufenthalt untersucht

Der schwarze Pfeil zeigt wie die Original-DNA aussah. Obwohl nur DNA von einer Größe aufgetragen wurde, können wir trotzdem mindestens drei Banden erkennen. Das liegt daran, dass hier Plasmide verwendet werden. Wie oben erwähnt sind diese ringförmig und können in unterschiedlicher Struktur vorlegen. Entweder offen zirkulär, ineinander verdrillt (supercoiled) oder teilweise geöffnet. Da diese drei Formen räumlich verschieden viel Platz benötigen, wandern sie mit unterschiedlicher Geschwindigkeit durch das Gel. Links sehen wir die wiedergewonnene DNA in unterschiedlichen Stadien der Degradierung. Der Abbau äußert sich durch verschwimmende Banden und einen sog. ‚Schmier‘, der sich über das gesamte Gel zieht. Auf der Unterseite der Rakete (bottom side) war die DNA am besten geschützt und entsprechend am wenigstens degradiert. Auf der Oberfläche (surface) ist quasi nichts übrig geblieben, aber in den Schraubenköpfen (screw head) war die DNA ebenfalls ziemlich sicher. Die weiteren Untersuchungen der Gruppe unterstützten diese Informationen.
Interessant sind diese Untersuchungen für die Problematik der Kreuzkontamination anderer Planeten mit DNA von der Erde die auf den Oberflächen der verwendeten Vehikel als blinder Passagier mitreisen könnten (forward contamination). So etwas könnte potentiell zu falsch positiven Befunden führen, was das Vorhandensein von Leben auf anderen Planeten betrifft. Mal ganz davon abgesehen ist es außerdem auch einfach keine gute Idee fremde Organismen in eine vorher isolierte Umwelt einzubringen.
Das gleiche Prinzip könnte auch angewandt werden auf Meteoriten die auf der Erde einschlagen und dabei fremde Organismen mitbringen könnten (backward contamination). Vielleicht sind Aliens ja tatsächlich schon unter uns oder unsere gesamte Lebensformen kamen fertig entwickelt von außerhalb.
Natürlich ist der sehr kurze Verbleib der Forschungsrakete im Weltall ein klarer Nachteil der Studie. Allerdings konnten bereits andere Studien zeigen (z.B. das russische Projekt STONE 1-6), dass verschiedene Mikroorganismen, bzw. deren Sporen einen zwei-wöchigen All-Aufenthalt und den Eintritt in die Atmosphäre nicht überlebten. Also eher doch keine Aliens. Aber das liegt dann mit Sicherheit nur an der Obersten Direktive!

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Claudia Davenport hat in Potsdam und Hannover Biochemie studiert und promoviert mittlerweile über Insulin-produziernende Surrogatzellen aus embryonalen Stammzellen zur Behandlung des Diabetes Typ 1. Wenn sie gerade mal nicht im Labor am Durchbruch arbeitet, der die Welt verändern wird, ist sie gerne im Grünen, radelt durch die Gegend oder geht Kaffee trinken.

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