Zwischenruf: Ausgestorben wird immer!

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

Artenschutz oder auch Arterhalt waren ja schon öfter große Themen in diesem Blog, auch wenn sie nicht immer explizit erwähnt wurden. Mir ging es dabei zugegebenermaßen auch nie um das große Ganze, also die allumfassende Lösung, sondern mehr um die Forschung und Arbeit am Tier. Wenn es um den Erhalt traditioneller Haustierrassen oder auch Wildtiere geht, hat sich der Mensch im Laufe der Jahrzehnte so einiges einfallen lassen. Dabei wurden hier schon die Zootierhaltung, Klonen, künstliche Befruchtung, Superovulationen und iPS-Zellen thematisiert. Wenn ich darüber lese oder mich darüber unterhalte, tauchen immer wieder interessante Aussagen auf, die ich hier gerne mal thematisieren möchte.

Da war letzte Woche doch tatsächlich der Tag der bedrohten Arten und ich habe nichts dazu geschrieben? Tja, das kommt davon, wenn Lernen, Sommer und kein Internet zusammenkommen. Gott sei Dank ist auf meine geschätzten Blogger-Kollegen Bastian und Philipp von der Bierologie Verlass. Die haben diesem denkwürdigen Tag nicht nur einen Artikel gewidmet, sondern auch gleich noch ein Programm geschrieben, mithilfe dessen sich Tabellen-Hasser und Scroll-Phobiker relativ unkompliziert über die Situation des Artenschutzes in der EU informieren können. Das ist wirklich super. Gut, Nashörner sind zwar nicht direkt heimisch in der EU, aber über die weiß ich ja eh schon alles…Das Projekt steckt noch ein wenig in der Testphase, wenn Ihr da also beim Daddeln Fehler findet, meldet das doch bitte in den Kommentaren.

Zoo-Tierhaltung, Klonen oder auch iPS-Zellen und ihr mögliches Potential finde ich hochspannend – das merkt man mir wohl auch an, wenn ich davon erzähle. Wenn ich dann mal kurz Luft holen muss ohne die es sich nur sehr schwerlich lebt, kommt sehr oft diese für mich interessante Aussage: „Meinst Du eigentlich, dass das alles noch so natürlich ist. Ich meine, ausgestorben wurde doch immer schon“.

Machen wir es kurz: nein, es ist nicht natürlich. Dennoch behaupte ich einfach mal, dass es da zwei verschiedene Varianten des Aussterbens gibt. Einmal jene, die in der Geschichte unseres Planeten Gang und Gäbe war bzw. es auch immer noch ist – man stelle sich nur eine Horde Dinos in ruhrpöttischen Schrebergärten vor – und dann jene zweite, welche durch den Menschen herbeigeführt oder auch beeinflusst wurde. Damit das nicht zu abstrakt wird, ziehe ich mal die mir ans Herz gewachsenen Nashörner heran. Dass die weltweiten Populationen dieser Tiere alles andere als beruhigend sind, liegt ja nicht an ihrer körperlichen Konstitution, die ihnen in ihren Habitaten keine adäquate Lebensgrundlage mehr ermöglicht. Es sind vielmehr Wilderer, die mit ihren Abschüssen einen gigantischen Markt bedienen. Selbstverständlich ist es wenig natürlich, wenn ein Nashorn-Bulle erst narkotisiert wird, um dann seine Prostata elektronisch bis zur Ejakulation zu reizen, damit das so gewonnene Sperma portioniert und dann händisch in paarungs-bereite Weibchen bugsiert werden kann.

Mich ärgert das immer maßlos, wenn bei Themen wie den iPS-Zellen von ein paar ganz Schlauen direkt von der Wiederbelebung der Mammuts schwadroniert wird. Das ist völliger Bullshit, obgleich das Wort Mammut in der Schlagzeile sicherlich viel Aufmerksamkeit erzeugt. Bei all den genannten Varianten und der häufigen Forschung am Tier geht es erstmal nur um das Ausloten von Potentialen und Möglichkeiten für jene Tiere, die durchaus noch problemlos auf diesem Planeten leben könnten, wenn ihnen das Leben nicht so schwer gemacht würde. Gut, jetzt könnte man beispielsweise einwenden, dass hier sozusagen unnatürliche Faktoren durch ebenso unnatürliche Gegenmittel aufzuhalten versucht werden. Mag sein. Allerdings bewegt sich Artenschutz wie so vieles andere auf mehreren Ebenen wie der Wirtschaft oder auch Politik, keineswegs aber nur in der Natur. Und bis man sich dort einig wird, kann es für viele Tiere schon zu spät sein. Wie ich schon zum Thema Zoos schrieb: Alternativen zu heutigen Zoos wird es in der Zukunft geben. Trotzdem brauchen wir auch jetzt Zoos, ansonsten können wir die zukünftigen Modelle womöglich vergessen.

Sollte es dennoch dazu kommen, dass irgendwo durch Mutationen, damit einhergehenden Schwierigkeiten im alltäglichen Leben, der Fortpflanzung und somit durch natürliche Selektion  ausgestorben wird, ist das traurig, aber in Ordnung. Wilderei und Umweltzerstörung gehören aber keineswegs zu jenen Faktoren, die wir einfach hinnehmen müssen, weil schließlich immer schon ausgestorben wurde…


Tut mir leid, der kleine Artikel hier drückte ganz massiv gegen die Schädeldecke, der musste echt aus. Fühle mich auch gleich besser. Wer sich mit dem oben erwähnten Programm über den Artenschutz in der EU informieren möchte, kann das gerne hier tun: eUcomap.

 

Veröffentlicht von

Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

31 Kommentare

  1. Arterhaltung ist etwas wichtiges, weil man damit Potentiale für die Forschung erhält. Dabei finde ich es Wurst ob eine Art wegen natürlicher oder menschlicher Gründe ausstirbt. Der Mensch ist letztlich auch eine natürliche Ursache. Mir geht es ganz egoistisch um den Nutzen der Arten für den Menschen, die Gefühlsduselei um das Aussterben finde ich unangebracht denn wie schon vorher gesagt wurde: “Ausgestorben wurde schon immer”. Es gibt auch einige wenige Lebewesen bei denen ich ein Aussterben begrüßen würde: den Tuberkulose-Erreger zum Beispiel.

  2. Umgekehrt ergibt es Sinn

    Hallo Arnd,

    vielen Dank für Deinen Kommentar. Du schreibst:

    “Arterhaltung ist etwas wichtiges, weil man damit Potentiale für die Forschung erhält”

    Nicht ganz: man muss an den Tieren forschen, um eventuell bestimmte Potentiale zu entdecken, die zum Beispiel in der Landwirtschaft wichtig sein können in der Zukunft. Wildtiere sind dagegen wichtig für die reibungslose Funktion des Öko-Systems, in dem sie leben.

  3. Du hast natürlich recht Sören. Aber dieses Ökosystem ist ja nicht gottgegeben, es ist einfach durch Evolution/Anpassung entstanden. Änderungen an den Populationen führen einfach zu neuen Gleichgewichten. Ob das neue Gleichgewicht nun positiv für uns ist muß im Einzelfall bewertet werden. I.d.R. ist es natürlich sicherer, das alte, schon verstandene Ökosystem beizubehalten.

    Wenn jetzt zum Beispiel das europäische Eichhörnchen nach und nach durch das amerikanische verdrängt wird, dann ist das sicher schade für die Eichhörnchen, aber die meisten Menschen registrieren das noch nicht einmal.

  4. Natürliche Fressfeinde

    Stimmt Arnd, von dem Punkt aus geht es dann auch ziemlich direkt in die Bereiche der natürlichen Fressfeinde, die aus ihren angestammten Lebensräumen in andere gebracht wurden und dort nur für Chaos gesorgt haben (Aga-Kröte zum Beispiel). Zu den Eichhörnchen fallen mir dann noch spontan der asiatische Marienkäfer oder auch die spanischen Nacktschnecken ein, die sich hier zunehmend breit machen, weil kein Glied in der Nashrungskette für deren Dezimierung zuständig ist bzw, sie durch ihre genetischen Vorraussetzungen einiges aushalten können.

    Mir ging es aber erstmal um den Punkt, dass der Aufwand, der zweifellos bei der Konservierung betrieben wird, gerechtfertigt ist – und dass Mammuts nur eine Nebenrolle spielen^^

  5. Nach dem Aussterben

    Ein Massenaussterben von Arten wie es jetzt durch den Menschen stattfindet gab es in der Erdgeschichte nur im Rahmen von globalen Katastrophen: der Mensch muss also für die übrigen Lebewesen dieser Erde eine Katastrophe sein.

    Nur wenige der in den letzten paar hundert Jahren ausgestorbenen Tiere wurden bewusst vom Menschen liquidiert.
    Der Mensch ist also nicht mit einem Raubtier verleichbar, das Beute macht. Als Raubtier wäre er selbst von der völligen Liquidation seiner Beutetiere betroffen, doch so flexibel wie der Mensch ist, kann er auf andere Arten als Beute umschalten. Schon als Jäger hat der Mensch einige Arten liquidiert, doch auch als Nichtjäger gefährdet er andere Lebewesen.

    Die Ausrottung der meisten Arten ist nichts anderes als ein Kollateralschaden beim Versuch des Menschen sich immer mehr Lebensraum zu beschaffen und die Erde und ihre Schätze zu nutzen.

    Und selbst wenn wir in Zukunft einen nachhaltigeren Lebensstil pflegen werden, wird die Nachhaltigkeit vor allem auf den Menschen und seine Bedürfnisse abzielen. Nachhaltig für den Menschen kann bedeuten, dass er die ganze Erde in einen bestellten Garten verwandelt und in den weniger fruchtbaren Gegenden Biotreibstoffe anpflanzt. Für die Wildniss bleibt da wenig übrig. Allenfalls ein paar Parks, die im günstigsten Fall miteinander verbunden sind, so dass auch ein paar Grosssäuger überleben lassen.

    Der einzige Ausweg aus diesem lange angelegten Programm, sich die Erde untertan zu machen und die ganze Erde bis in den letzten Winkel – ja bis in die Tiefsee – nutzbar zu machen, wäre die Selbstbeschränkung. Gäben sich der Mensch mit der Hälfte oder nur einem Viertel der Landfläche und einigen Prozenten der Meere zufrieden und würde er den Rest nicht einmal betreten, könnte die Natur sich dort weiterentwickeln wie ante hominem.
    So eine Selbstbeschränkung ist nicht zu erwarten, denn sie würde eine bewusste Planung für die ganze Menschheit voraussetzen: Unbeschränktes Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum wären ausgeschlossen. Das traurige daran ist, dass unbeschränktes Wachstum sowieso nicht möglich ist und Wachstum irgendwann enden muss, spätestens dann, wenn die ganze Erde bis in den letzten Winkel genutzt wird. Dann kommt das Wachstum zu einem jähen Halt oder aber die Ingeniosität des Menschen erlaubt ihm, auf der Erde zu leben wie auf dem Mond: mit Nahrung aus dem Bioreaktor und Materialien, die er zu 100% rezykliert. Das würde die Natur nicht mehr belasten und eine Belastung wäre im Endzustand ja auch gar nicht mehr möglich, weil es keine Natur mehr gäbe.
    Traurig daran ist wiederum, dass geschlossene Stoffkreisläufe, jetzt schon realisiert, uns erlauben würden, das Ausbeuten der Natur jetzt schon zu beenden. Sogar einen Bevölkerungszuwachs könnte in einer solchen Welt verkraftet werden, wenn alle Menschen in ein paar dutzend Ballungszentren konzentriert wären.

  6. Mich ärgert das immer maßlos, wenn bei Themen wie den iPS-Zellen von ein paar ganz Schlauen direkt von der Wiederbelebung der Mammuts schwadroniert wird.

    Hättest du da vielleicht noch die entsprechenden Links zu? Würde mir das gerne mal durchlesen, da ja iPS-Zellen mal rein garnichts mit der Wiederbelebung irgendwelcher Tiere zu tun hat.

  7. Nachhaltigkeit und Wachstum

    Hallo Herr Holzherr,

    wie immer vielen Dank für Ihren Kommentar. Eine Passage hat mir besonders gut gefallen:

    “Nur wenige der in den letzten paar hundert Jahren ausgestorbenen Tiere wurden bewusst vom Menschen liquidiert.
    Der Mensch ist also nicht mit einem Raubtier verleichbar, das Beute macht. Als Raubtier wäre er selbst von der völligen Liquidation seiner Beutetiere betroffen, doch so flexibel wie der Mensch ist, kann er auf andere Arten als Beute umschalten.”

    Das ist ein hoch interessanter Punkt. Ich habe mich nämlich bei der Problematik der eklatanten Wilderei der Nashörner schon mal im Stillen gefragt, ob irgendeiner in der Kette begreift, dass sie da drauf und dran sind, eine ihrer finanziellen Grundlagen (und einen Rohstoff ihrer “Medizin”) für immer zu liquidieren, wenn die Abschuss-Raten weiter so hoch bleiben.

    Bezüglich des Wachstums würde ich Sie gerne fragen, was Sie denn von partiellem Wachstum halten? Schließlich zeigt die Geschichte, dass im Zuge der voranschreitenden Modernisierung immer wieder bestimmte Zweige der Wirtschaft eingemottet wurden, weil die Produkte durch andere ersetzt bzw. völlig “aus der Mode” geraten waren. Wer braucht heute noch Kutschen?

  8. Ich denke

    die Frage kann ich beantworten.

    Zwei Überlegungen: Die Marktteilnehmer auf der unteren Ebene, also die Wilderer selbst, sind üblicherweise nicht in der Position, zugunsten zukünftiger Einnahmen auf aktuelles Einkommen zu verzichten – haben oder nicht haben. Das ist generell das Problem bei ökologischem Raubbau in wenig entwickelten Ländern – die lokale Bevölkerung nutzt die Ressourcen in der Weise wie sie es tut, weil sie keine andere Wahl hat. Deswegen funktionieren Schutzprogramme nur dann, wenn sie Alternativen bieten (z.B. Tourismus).

    Auf dem Level der Händler ist es einfach so, dass gerade große Tiere zu langsam nachkommen, um nachhaltige Bewirtschaftung sinnvoll zu machen. Das ist meines Wissens mal anhand der Wale durchgerechnet worden: Ökonomisch macht es mehr Sinn, alle Wale abzuschlachten und den Gewinn an den Finanzmärkten anzulegen, als die Ressource nachhaltig zu bewirtschaften.

  9. @Lars: Wurzel-Aktivitäten

    Naja, ersteres war mir leider nicht ganz unbekannt, das hatte ich auch schon im Auge. Letzteres zerschießt gerade allerdings ein wenig die Hoffnung auf eine ordentliche Lösung in der nächsten Zeit. Also bleibt es erstmal bei der Sysiphos-Arbeit (Wilderer fangen/erschießen, Nashörner bewachen), die eben bei jenen ansetzt, die am wenigsten Spielraum in ihren Entscheidungen haben.

  10. Zukunftsinvestition Tourismus

    “Auf dem Level der Händler ist es einfach so, dass gerade große Tiere zu langsam nachkommen, um nachhaltige Bewirtschaftung sinnvoll zu machen. Das ist meines Wissens mal anhand der Wale durchgerechnet worden: Ökonomisch macht es mehr Sinn, alle Wale abzuschlachten und den Gewinn an den Finanzmärkten anzulegen, als die Ressource nachhaltig zu bewirtschaften.”

    Ich weiß zwar nicht wer eine solche Rechnung aufstellt, außerdem ist sie sowieso falsch. Gerade das Beispiel der Wale zeigt doch, wie man mit Artenschutz eine Menge Geld verdienen kann.
    Hier das Beispiel Québec, wo zur Walbeobachtung am Sankt-Lorenz-Strom eingeladen wird:
    http://www.bonjourquebec.com/…rvationfaune3.html

  11. Aha?

    “Ich weiß zwar nicht wer eine solche Rechnung aufstellt, außerdem ist sie sowieso falsch.”

    Dieser Satz hat mich gerade sehr amüsiert, danke dafür.

    @Sören:
    Glücklicherweise ist das erste Problem erstens lösbar und zweitens das entscheidende. Wenn man die Wilderei effektiv unterbindet dann sind die Kalkulationen der nächsten Akteure in der Kette einigermaßen egal. Es gibt also noch Hoffnung.

  12. @Mona:

    Wenn Du schon so vollmundig behauptest, dass die Rechnung falsch ist, dann erläutere doch bitte auch, was genau falsch ist.
    Davon ab bewegt sich der Wert des Horns zum Beispiel in Bereichen von Kokain, vor zwei Jahren war es noch Gold:
    http://www.victoriafalls-guide.net/…an-gold.html

    @Lars:

    Stimmt, es läuft alles auf eine Unterbindung hinaus, zumindest noch so lange, wie es für die Menschen aka Wilderer keinen Aufschwung mit Alternativen gibt.

  13. @Sören @Lars Evolution

    könnte vielleicht einer von euch beiden einen Artikel zu “Evolution außerhalb des Genoms” schreiben? Mir fehlt ein bischen der Überblick und die Idee ist für mich schlecht googlebar. Entweder fehlt mir das geeignete Buzzword oder es gibt keins.
    Was ich damit meine, ist die Frage ob es in der Zelle auch andere Möglichkeiten der Merkmalsweitergabe gibt als das Genom. Allgemeiner (Makroskopisch) gestellt würde ich antworten, dass es bspw. das Meme zumindest als Konzept gibt. Aber mich würde gerade interessieren ob es auf molekularer Ebene Ideen oder vielleicht sogar Experimente für solche Phänomene gibt. Für mich erschließt sich nicht warum es keine “Evolutionseffekte” auch außerhalb des Genoms geben sollte. Sobald etwas Lebendes eine andere Art der Evolution findet, kann sie Synergieeffekte oder andere “Marktvorteile” nutzen. “Evolutionseffekte” – weil ich auch Teilaspekte akzeptieren würde. (Für das analytische Denken ist Evolution, als Gesamtkonzept, meiner Meinung nach ein relativ stumpfes Messer. Deswegen frage ich mich, warum es in Diskussionen über Evolution so häufig vorkommt. Sicher ist es einfach darauf einfache Antworten zu finden. Diese werden sie aber nicht abschaffen können.)

  14. Artenschutz

    @Lars Fischer

    “Dieser Satz hat mich gerade sehr amüsiert, danke dafür.”

    Freut mich!

    @Sören Schewe

    “Wenn Du schon so vollmundig behauptest, dass die Rechnung falsch ist, dann erläutere doch bitte auch, was genau falsch ist.”

    Weil ein toter Wal nur einmal Geld einbringt, mit einem lebenden hingegen kann man Touristen auf Jahre hinaus in eine bestimmte Region locken und damit langfristig mehr Geld verdienen.

    Siehe auch: http://www.schrotundkorn.de/2011/201104p01.php

    Zu Deinem Beispiel mit dem Nashorn: Natürlich verdienen damit manche Wilderer eine Menge Geld, aber das Geschäft ist illegal und sollte von den Regierungen der jeweiligen Länder unterbunden werden. Besonders traurig finde ich die Aussage des vietnamesischen Ministers, ihm hätte das pulverisierte Horn bei der Heilung seiner Krebserkrankung beholfen. Da besteht dringend Aufklärungsbedarf.
    Hier ein weiteres abscheuliches Bespiel:

    http://derstandard.at/…ller-chinesischer-Medizin

  15. Epigenetik vielleicht?

    Hallo Herr Maier,

    liege ich mit meiner Vermutung richtig, dass Sie so etwas wie Epigenetik meinen?

    http://www.biosicherheit.de/…860.epigenetik.html

    @Mona:

    Gut, dann können wir uns vielleicht einigen, dass Tourismus sicherlich eine gute Varariante ist und tatsächlich auch schom genuzt wird. Solange die Tiere selbst bzw. ihr Lebensraum allerdings auf einen Schlag mehr Geld bringt als es ein Reservat je schaffen könnte, bleibt das ein frommer Wunsch (zumindest als einzige Lösung).

  16. Epigenetik habe ich nicht gemeint, ist aber ein gutes Beispiel neben der Idee des Memes. Für mich erscheint es einfach unlogisch nur ein zentrales Evolutionsmedium zu akzeptieren. Da würde die Evolutionstheorie sich selber widersprechen.
    Gibt es einen prinzipiellen Versuch neue Evolutionsmedien/effekte aufzudecken?

  17. @Anton Maier

    Sie fragen:

    “Gibt es einen prinzipiellen Versuch neue Evolutionsmedien/effekte aufzudecken?”

    Eigentlich wird ja genau das im noch relativ neuen Gebiet der Epigenetik versucht. Und um das Genom an sich werden Sie nicht herumkommen, denn dort befinden sich nun mal alle Informationen. Über Twitter wurden mir hier zwei Links präsentiert, die eventuell in die Nähe Ihrer Idee kommen könnten:

    http://www.scienceblogs.de/…aber-mit-fliegen.php

    und

    http://www.physorg.com/…t-coevolution-hosts.html

  18. Ich versteh das Argument, aber es verkehrt meine Frage. Ich zweifel an, dass alle Information allein in RNA/DNA liegen muss.

  19. @Anton Maier

    Sie können das ja gerne anzweifeln, allerdings fällt mir spontan kein Bereich ein, der ihre Ansicht/Meinung in irgendeiner Art untersucht. Ich kann Ihnen da also momentan nicht weiterhelfen.

  20. @Anton Maier

    Es gibt natürlich eine ganze Reihe nicht-genetische Effekte außenrum, DNA-Methylierung und Histonmodifikation sind Beispiele für mehr oder weniger Sequenzunabhängige Mechanismen. Letztendlich hängt die Antwort auf deine Frage sehr davon ab, was du noch bereit bist, als Evolution anzuerkennen. Im engeren Sinne erfordert Evolution immer eine Form von veränderlichem Erbgut und einen Generationswechsel.

    Andererseits kann man den Begriff natürlich weit genug definieren, dass fast jede Veränderung irgendwie evolviert, aber ich bin da Hardliner. Meme zum Beispiel würde ich nicht als evolvierendes System anerkennen.

    @Mona:

    Weil ein toter Wal nur einmal Geld einbringt, mit einem lebenden hingegen kann man Touristen auf Jahre hinaus in eine bestimmte Region locken und damit langfristig mehr Geld verdienen.

    Vielleicht finden Sie den Denkfehler ja selbst: Was passiert denn mit dem Geld, dass der tote Wal einbringt? Vor allem wenn viele tote Wale auf einem Haufen viel Geld bringen?

  21. Hallo Herr Maier,

    Lars hat Ihnen ja schon seine Einschätzung dazu präsentiert. Ihren Hinweis auf die horizontale “Informationsweitergabe” finde ich aber schon lustig. Ohne Anführungsstriche heißt das nämlich Gentransfer. Und nu?

  22. Meme

    … wenn ich nicht … egal.

    Evolution ist erst einmal nur ein anderes Wort für Entwicklung, über die Mechanismen ist da noch gar nichts gesagt, und damit natürlich auch nicht über die Objekte der Evolution. Zwei Mechanismen haben wir in der Schule [verkürzt] unter den Namen ihrer Entdecker bzw. Theoretiker kennen gelernt: darwinsche [natürliche Auslese samt Sonderform sexuelle Auslese] sowie lamarcksche [Weitergabe erarbeiteter Charakteristika].*

    Dawkins diente die Erfindung des rein hypothetisch-rhetorischen Mems ursprünglich dazu, zu illustrieren, dass es neben Genen durchaus andere denkbare [noicht notwendigerweise realer] Replikatoren gibt, und dass diese Replikatoren nicht immer darwinschen Mustern folgen müssen. Das Mem ist eine kulturelle Einheit, die den Regeln kultureller Evolution folgt – sie basiert auf der Weitergabe erworbener Eigenschaften, ist also lamarcksch. ‘Standing on the shoulders of giants’ wie u.a. Isaac Newton sagte.

    Meme als Einheit der Evolution von Kultur verbreiten sich also schneller und unabhängig vom tatsächlichen Nutzen, sie erscheinen oft revolutionär**.

    So. wie kamen wir überhaupt darauf?

    *Ich lasse Mendel unter den Tisch fallen, weil es die Sache wahnsinnig verkompliziert.
    **Auch darwinsche Evolution kann bei genügend Abstand so erscheinen, siehe punctuated equilibrium.

  23. Lockruf des schnellen Geldes

    @Lars Fischer

    “Vielleicht finden Sie den Denkfehler ja selbst: Was passiert denn mit dem Geld, dass der tote Wal einbringt? Vor allem wenn viele tote Wale auf einem Haufen viel Geld bringen?”

    Natürlich lockt hier das schnelle Geld, aber was man mit dem Geld macht weiß ich leider nicht. Wer einen Haufen tote Wale verkauft wird es sicher nicht für einen guten Zweck spenden wollen, sondern es vielleicht in ein Unternehmen investieren, das wiederum schnelles Geld verspricht.
    Aber wie ich oben schon schrieb, sollte man den Artenschutz auch als Zukunftsinvestition betreiben, dazu ist aber Aufklärungsarbeit vonnöten. Denn die Zukunft liegt für viele arme Länder nun mal im Tourismus und dabei macht sich Artenschutz als Werbung besser, als Bilder von toten Nashörnern mit blutigen Hornstümpfen.
    Zudem sollte nicht vergessen werden, dass das Verschwinden einer Tierart auch Konsequenzen für das jeweilige Ökosystem hat. Im sog. “Jena-Experiment” wurde anhand einer Langzeit-Untersuchung festgestellt, dass selbst das Verschwinden einer einzigen Pflanzenart aus einem Ökosystem eine ganze Lawine des Artensterbens auslösen kann.

    http://www.pflanzenforschung.de/…s-artensterbens

  24. @Sören

    ich denke das nicht. denn ein meme lebt auch nur durch “horizontale Informationsweitergabe”. Durch die “horizontale Informationsweitergabe” brauche ich keine hardcopy mehr um meine Information von Generation zu Generation weiter zu geben. Es reicht wenn sich die Generationen überlappen, dann kann die Information auf einem vergänglicheren Medium befinden. Da meme aber mit Kultur von Menschen und komplexeren Tieren in Verbindung gebracht wird würde ich es nicht meme nennen.
    Die Idee rührt ein bischen daher: Wenn Bakterien (verschiedenartig wie gleichartig) in Symbiose zueinander leben können, warum sollte es nicht möglich sein, dass sich diese Symbiose in zwei gleichen Gruppen verschieden manifestiert? Das ist doch in der Regel die Argumentation wenn man zeigen will, dass Tiere auch Kultur haben. Das sie verschiedene Lebensstile einnehmen trotz “gleicher” Ausgangsbedingungen.
    Ich weiß, dass die Argumentation ziemlich holprig ist. Soll aber nur skizzieren worauf ich hinaus will. Und zwar, dass noch ganz andere Möglichkeiten der Informationsweitergabe möglich sein könnten.

  25. Nachtrag @Sören Schewe

    Ich möchte hier nochmal auf Deine Frage eingehen: “Bezüglich des Wachstums würde ich Sie gerne fragen, was Sie denn von partiellem Wachstum halten?”

    Wahrscheinlich meinst Du “selektives Wachstum” (Erhard Eppler), das meint, dass es falsch sei Wachstum um jeden Preis zu fordern, sondern es gehe darum, die richtigen Dinge wachsen zu lassen.

    Dem Gewinnstreben um jeden Preis soll hier eine Absage erteilt werden, @Lars Fischer hat dazu ja das schöne Beispiel gebracht: “Auf dem Level der Händler ist es einfach so, dass gerade große Tiere zu langsam nachkommen, um nachhaltige Bewirtschaftung sinnvoll zu machen. Das ist meines Wissens mal anhand der Wale durchgerechnet worden: Ökonomisch macht es mehr Sinn, alle Wale abzuschlachten und den Gewinn an den Finanzmärkten anzulegen, als die Ressource nachhaltig zu bewirtschaften.”

    Böse Zungen nennen so etwas “Raubtierkapitalismus”, denn es geht hier nicht um Nachhaltigkeit, sondern um pures Gewinnstreben. Angesichts der zunehmenden Umweltzerstörung und des Klimawandels werden die Stimmen immer lauter, die eine neue Umweltökonomie fordern. Ich möchte hier einmal das Konzept von Prof. Dr. Holger Rogall zur Diskussion stellen, denn auch wenn man selbst kein Wirtschaftler ist, so ist es doch sinnvoll sich mit solchen Fragen zu beschäftigen, da sie von großer Wichtigkeit in Bezug auf den Artenschutz sind:

    http://www.holger-rogall.de/grund_n_umw.htm

    http://www.gfn-online.de/…ek-Wachstum-Muster.pdf

  26. Mona und Anton:

    Wow Mona, vielen Dank für die Links, werde ich mir auf jeden Fall anschauen. Bezüglich der Idee, nur die richtigen Dinge wachsen zu lassen, ist das natürlich etwas schwierig. Was wächst bzw. was überhaupt erstmal da und zur Nutzung bereit ist, bestimmt ja nicht unwesentlich der technische Fortschritt.* Bei Konsumgütern kommt auch noch de Akzeptanz am Markt dazu. Oder liege ich da falsch?

    *Diesen Punkt hat die TCM übrigens recht gut ignoriert…

    @Anton Maier

    Ich habe durchaus verstanden, auf was Sie hinaus wollen. Nur gibt es dafür bisher keinen wissenschaftlich tragbaren Hinweis. Kann gut sein, dass da noch was kommt, momentan aber nicht.

  27. Ein positives Beispiel @Sören Schewe

    “Bezüglich der Idee, nur die richtigen Dinge wachsen zu lassen, ist das natürlich etwas schwierig. Was wächst bzw. was überhaupt erstmal da und zur Nutzung bereit ist, bestimmt ja nicht unwesentlich der technische Fortschritt.* Bei Konsumgütern kommt auch noch de Akzeptanz am Markt dazu. Oder liege ich da falsch?”

    Das siehst Du schon richtig. Aber wegen der Endlichkeit der Ressourcen unserer Erde wird es immer wichtiger, dass umweltschonende Konsumgüter produziert werden. Hier hilft uns auch der technische Fortschritt. Als gutes Beispiel kann man die neuen sparsamen Elektrogeräte nennen, über die Dein Blognachbar Björn Lohmann gerade geschrieben hat, diese haben einen viel günstigeren Energieverbrauch, als alte Geräte. Damit können die Ressourcen geschont werden und man hat weniger Stromkosten, was wesentlich zur Akzeptanz dieser Geräte beitragen wird.

  28. @Mona Zustimmung

    Da stimme ich Dir vollkommen zu, Mona. Dabei möchte ich aber nochmal betonen*, dass es hier natürlich immer nur um Tendenzen gehen kann, wir waren und sind immer “nur” auf einem Weg – permanent auf der Suche nach etwas, das besser ist (für uns, die Umwelt oder beides).

    *Nicht jetzt für Dich, sondern allgemein. Ich gehe davon aus, dass Du das weißt^^

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