Der monetäre Wert des Sumatra-Nashorns

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

Letztes Jahr hatte ich zu einem Blog-Karneval der bedrohten Arten aufgerufen. Unter den verschiedenen Beiträgen war auch jener unseres studierten Steinchensammlers Gunnar Ries, der die Frage nach den Kosten der Rettung der globalen Tiger-Populationen aufwarf. Just gestern stieß ich dann auf einen ähnlichen Artikel, allerdings nicht zu Tigern, sondern – wie sollte es auch anders sein – zu Nashörnern. Genauer gesagt geht es hier um die Rettung des Sumatra-Nashorns, um das Vorgehen und die potentiellen Kosten. Da Tiger und Nashorn mit den gleichen Widrigkeiten zu kämpfen haben, werde ich die beiden ein wenig gegenüberstellen.

Bevor es hier allerdings so richtig losgeht, möchte ich noch kurz erklären, was es mit dem Sumatra-Nashorn auf sch hat – für all jene, die jetzt spontan nichts mit diesem Tier anfangen können. Das Sumatra-Nashorn ist das kleinste Nashorn der Welt und wer jetzt spontan an das hier auch schon öfter erwähnte Sabah-Nashorn denkt, liegt damit gar nicht so falsch. Das Sabah-Nashorn ist eine Unterart des Sumatra-Nashorns. Leider findet es sich heute nur noch auf Borneo, Sumatra und den Malaiischen Inseln. Die Population des Sumatra-Nashorns wird aktuell auf nur noch 216 Tiere geschätzt. Das ist nicht viel, allerdings ist auch noch nicht alles zu spät. Das südliche Breitmaulnashorn, welches schon vor Jahrzehnten beinahe ausgerottet war und nur deshalb heute wieder in einer weitgehend gesicherten Population lebt, weil es rigoros geschützt wurde, ist ein gutes Beispiel, dass das auch beim Sumatra-Nashorn funktionieren kann.

Rufen wir uns doch noch mal schnell in der Erinnerung, wie es bei den Tigern dieser Welt aussieht. Bei Gunnar Ries lesen wir:

 

Zu dem historischen Tiefstand der Tigerbestände haben die Bejagung der Tiger, aber auch ihrer Beutetiere zu einem guten Teil beigetragen. Zusätzlich kommt noch der Verlust und die Zerstückelung ihrer Lebensräume durch den Menschen hinzu. Manche der Unterarten des Tigers, wie etwa der Südchinesische Tiger, sind wahrscheinlich bereits ausgestorben. Einer der Hauptgründe für den Niedergang dieser wunderschönen Raubkatzen ist ihre Verwendung in der so genannten Traditionellen Chinesischen Medizin. Fast sämtliche Teile des Tigers können demnach zu irgendeiner Krankheit als Medizin dienen. Dadurch wird die Wilderei zu einem überaus lukrativen Geschäft. Das hat unter anderem dazu geführt, dass Tiger in freier Wildbahn heutzutage fast nur noch in kleinen und streng geschützten Arealen leben können, auch wenn nach wie vor rund 1,5 Millionen Quadratkilometer in Asien durchaus als für Tiger geeignet gelten können.

 

Das können wir praktisch 1:1 auf die Nashörner übertragen. Auch hier waren und sind es die lukrative Wilderei für Hokus-Pokus und die Zerstörung des Lebensraumes durch Palmöl-Plantagen, die den asiatischen Nashörnern zu schaffen machen, finden sie durch die Verkleinerung ihres Lebensraumes doch oft keine Partner mehr für eine Paarung. Was also tun? Und vor allem: was wird es kosten?

Rimba ist eine Gemeinschaft von forschenden Biologen, die sich mit dem Erhalt verschiedener Tiere in Malaysia beschäftigt. Dabei kamen die Forscher zu folgendem Ergebnis: aus oben genanntem Grund der "Umstrukturierung" und des Lebensraumes und auch aufgrund der Wilderei sollten die noch verbliebenen Tiere eingefangen und in sorgfältig ausgewählte Wälder gebracht werden. Moment: da werden Tiere eingefangen mit der Begründung, dass das alles nur zu ihrem Besten sei? Kann nicht sein, Herr Goldner übernehmen Sie! Ernsthaft: tatsächlich erwartet die Tiere dabei eine strenge Überwachung, die sie vor Wilderern schützt. Das wird den Tieren vielleicht nicht direkt auffallen, die Tatsache, dass sie sich in ihrem neuen Lebensraum aber wieder frei bewegen können und sich auch wieder zur Paarung "treffen" können, sollte ihnen gefallen. Und wat is´ nu mit de Kohlen? Nun, um eine finanzielle Basis für die Überwachung und Betreuung der Tiere zu schaffen, braucht es erstmal 1,2 Millionen US Dollar. Peanuts! Eigentlich. Auch die Zahlen für die Rettung des Tigers sind nicht sonderlich erschreckend – jedenfalls nicht für jene, die sich noch grob an die Summen erinnern kann, die die Banken dieser Welt gefressen haben:

Dabei würde der Schutz dieser Gebiete keine Unsummen kosten. Studien zufolge wäre der Schutz aller 42 Gebiete bereits für 82 Millionen $ pro Jahr zu bekommen. Das entspricht einem Durchschnitt von 930 $ pro Quadratkilometer. Die wirklichen Kosten würden je nach der Besiedelungsdichte der Umgebung zwischen 130 $ bis zu 5000 $ in dicht besiedelten Gegenden Asiens liegen. Rund 47 Millionen davon werden bereits von den Tigerstaaten und internationalen Organisationen aufgebracht, wovon alleine Indien den Löwenanteil trägt. Aber dennoch fehlen rund 35 Millionen $ pro Jahr für den Tigerschutz.

Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass diese 1,2 Millionen für die Sumatra-Nashörner wirklich nur die grundlegenste Basis bilden. Angesichts der Situation der Tiere und der noch vorhandenen Population sollten da direkt Nägel mit Köpfen gemacht werden. Es kann noch klappen.

Hier habe ich mal ein Video eines Sumatra-Nashorns während der Geburt im Cincinnati Zoo gefunden:

 


Hier gibt es den Blog-Beitrag bei Rimba,

Gunnar Ries´ Tiger-Artikel

Veröffentlicht von

Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

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