Das Rätsel des Silberlachses

BLOG: Vom Hai gebissen

Notizen aus dem Haifischbecken
Vom Hai gebissen

Der Silberlachs – ein Fisch gibt Rätsel auf. Und genau deshalb habe ich ihn mir für meinen Blogkarneval der bedrohten Arten ausgesucht. Dabei stimmt das nicht so ganz, denn es handelt sich nicht unbedingt um eine verschwindene Art wie bei den hier öfter erwähnten Nashörnern, sondern vielmehr um das Schrumpfen einer bestimmten Population. Allgemein beschrieben gehört der Silberlachs zu den Pazifischen Lachsen. Er wird bis einem Meter lang, kann ein Gewicht von bis zu 10 kg erreichen und ist ein sogenannter anadromer Fisch. So werden jene Fische bezeichnet, die zum Laichen – zur Eiablage – die Meeresgewässer verlassen und in Süßwasser-Flüsse wandern. Was es mit dem Schrumpfen dieser einen Population auf sich hat, das werde ich in diesem Artikel beschreiben.

Um den Problem-Lachs etwas präziser einzuordnen, muss ich mal ganz kurz einen trockenen Satz in die Tasten hauen. Ist gleich vorbei. Ganz genau genommen handelt es sich um den sogenannten Thompson River-Silberlachs, der hier die Hauptrolle spielt. Genetisch unterscheidet er sich sehr vom Fraser River-Silberlachs, ist aber nah verwandt mit dem Columbia River-Silberlachs. So, haben wir das Lachsbrötchen also etwas kategorisiert. Zwischen 1988 und 2000 brach die Population des Thompson River-Lachses um ganze 90% ein, womit er zu Kanadas meist gefährdetem Lachs wurde. 1998 wurde den Westküsten-Fischern ein Moratorium erteilt, damit sich die Population erholen konnte. Aber genau das passierte eben nicht, weshalb die kanadische Regierung kurz darauf eine Untersuchung einleitete, um herauszufinden, was dem Lachs so zusetzte. Die Untersuchung lief über drei Jahre von 2004 bis 2006. In dieser Zeit wurden jährlich mit Sendernversehende Junglachse am Spius Creek und im Coldwater River ausgesetzt und dann ihre Spur verfolgt. Auf der Karte sind die Punkte der "Freilassung" und die geschwommenen Wege aufgezeichnet.

Die Ergebnisse der Untersuchung sind zwiespältig. Einerseits bestätigen sie die zuvor aufgekommene Vermutung, dass es nicht die Überfischung allein ist, die dem Lachs zu schaffen macht, andererseits führen die Ergebnisse auch nicht unbedingt zu klaren Schritten, die ergriffen werden könnten, um der Entwicklung der Population unter die Arme zu greifen. Dafür gibt es am Ende der Untersuchung aber einige diskussionswürdige Punkte, wo vielleicht das Problem liegt. So legen die über 3 Jahre gesammelten Daten nahe, dass der Junglachs beim Verlassen des Süßwasser-Bereichs derart beeinträchtigt wird, dass er stirbt – eine Vermutung, die schon länger kursierte, aber nie mit Daten belegt werden konnte. Die geringsten Überlebensraten wurden 2004 und 2005 gemessen. Das Jahr darauf stieg die Zahl wieder. Der Grund für die hohe Sterberate im Süßwasser ist aber noch nicht gefunden. Bisher geht man davon aus, dass es sich um verschiedene Wechselwirkungen im Ökosystem handelt, an denen der Mensch vermutlich auch durch Landwirtschaft, Dammbauten und "Flussoptimierungen" nicht ganz unbeteiligt ist. Dabei ist der Thompson River-Silberlachs nicht der einzige, der Schwierigkeiten hat. Nur bei ihm sind die Auswirkungen eben am stärksten.

Da werden also noch einige Untersuchungen durchgeführt werden müssen, um noch ein wenig mehr Licht ins Dunkel – oder besser in das Leben des Thompson River-Lachses – zu bringen. Zum Schluss noch ein kleines Video zur besseren Vorstellung des Silberlachses:

Quelle des Artikels

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Update:

Ich war gestern Abend einfach zu müde, um mich großflächig zu ärgern, allerdings tu ich das jetzt, weshalb mir geraten wurde, doch noch ein kleines Update zu schreiben. Ich habe den Artikel ziemlich "scratch" geschrieben, also praktisch von der Publikation ohne Umweg ins Blog. So habe ich dann auch erst gegen Ende meines Artikels bemerkt, dass diese Untersuchung keinen wirklichen Wert hat, wenn es um die Problemlösung geht. Gut, es wurde eine zuvor vermutete hohe Süßwasser-Sterblichkeit bestätigt – also das Problem. Und nun? Viele grundlegende Zusammenhänge sind schlicht unbekannt. Wenn man sich aber die Untersuchung der Lachs-Sterblichkeit vorgenommen hat und dann allen ernstes nur rausfindet, dass er stirbt, dann ist das etwas mau. Bevor hier also an Details geforscht wird, sollten erstmal die Grundlagen angegangen werden, wie Wechselwirkungen im Öko-System und die Rolle und Bedeutung menschlichen Handelns. Erst wenn diese Zusammenhänge klar sind, können die spezifischen Punkte erforscht werden und erst dann lässt sich auch sagen, wie man dem Lachs helfen kann. Alles andere ist ein Blindflug. 

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Wissenschafts- und Agrarblogger seit 2009 – eher zufällig, denn als „Stadtkind“ habe ich zur Landwirtschaft keine direkten Berührungspunkte. Erste Artikel über Temple Grandin und ihre Forschungen zum Thema Tierwohl wurden im Blog dann allerdings meiner überwiegend ebenfalls nicht landwirtschaftlichen Leserschaft derart positiv aufgenommen, dass der Entschluss zu einer stärkeren Beschäftigung mit der Landwirtschaft gefallen war. Auch spätere Besuche bei Wiesenhof und darauf folgende Artikel konnten die Stimmung nicht trüben. Seit 2015 schreibe ich auch gelegentlich für das DLG-Blog agrarblogger.de, teile meine Erfahrung in der Kommunikation als Referent und trage nebenbei fleißig weitere Literatur zum Thema Tierwohl zusammen. Auf Twitter bin ich unter twitter.com/roterhai unterwegs.

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