Die un/zugehörig-AGB

BLOG: un/zugehörig

Wien. Heidelberg. Berlin: ein israelischer Blick auf Deutschland
un/zugehörig

Aus gegebenem Anlass muss ich einige Umgangsformen, die eigentlich selbstverständlich sein müssten – und bei den allermeisten un/zugehörig-Besuchern zugegebenermaßen auch tatsächlich selbstverständlich sind -, hiermit ausdrücklich formulieren.

1. un/zugehörig ist nicht meine Arbeit. Wie die anderen Blogger werde ich auch nicht vom Verlag bezahlt. Meine Texte und Antworten, Zeit und Aufmerksamkeit stelle ich meinen Lesern mithin völlig kostenlos, darum auch unverbindlich zur Verfügung. Daraus geht hervor, dass ich alleine darüber entscheide, wie weit ich mit dieser Verfügbarkeit gehe, zumal ich der einzige bin, der meine Kapazitäten vor (freilich nicht immer gut gemeintem) Missbrauch schützen kann – und muss. Jegliche Anspruchshaltung ist hier also fehl am Platze.

2. Weil meine Investition ohne Gegenleistung erfolgt, darf ich bei den Besuchern ein gewisses Minimum an Vertrauen voraussetzen. Dieses Minimum bildet auch stets die Diskussionsbasis. Wer mit einer Grundeinstellung hierher kommt, ich würde grundsätzlich lügen, Fakten erfinden etc., ist hier fehl am Platze.

3. Oft geht meine Verfügbarkeit nur so weit, dass ich meine Kenntnisse in Form von Hinweisen zur Verfügung stelle, wie es etwa bei Gesprächen an der Universität üblich ist. Keiner muss mir glauben: Zweifelt man an solchen Hinweisen, so kann (und soll) man mich prüfen, etwa indem man selber recherchiert. Ja, derlei kostet freilich viel Mühe, Kraft und Zeit; umso weniger Grund hat man daher so zu tun, als ob es bei mir irgendwie anders wäre. Schließlich kommt es also darauf an, wie sehr der jeweils (und aus welchen Gründen auch immer) misstrauische Leser sich wirklich für das eine oder andere Thema interessiert – oder meine Diskussionsbereitschaft nur um des Streites willen in Anspruch nimmt.

4. Weil das nicht meine Arbeit ist, stehe ich hier nicht im Dienste des einen oder anderen Lesers. Ich bin also nicht dafür da, um Aufgaben zu übernehmen, die mir keinen Spaß machen (weil ich außerhalb des Blogs noch zig anderen nachgehen muss) und denen ich nichts Neues abgewinnen kann (weil ich den jeweiligen Sachverhalt, etwa die Geschichte meines Landes, schon kenne). Wer also meint, er darf hier von mir verlangen, seine Aufgaben zu übernehmen, ist hier fehl am Platze.

5. Israel ist in Deutschland ein heikles Thema und, um es noch mild zu formulieren, stets ein Objekt heftigster Kritik. Das ist mir klar, und solange diese Kritik sich noch im üblichen Rahmen internationaler Kritik bewegt, ist sie auf un/zugehörig auch akzeptabel (weiteres hierzu findet ihr beim European Forum on Antisemitism). Wer mir also erklären will, warum diese oder jene Praxis, Position, Einstellung etc. in Israel unwirksam, sinnlos, abträglich o. Ä. ist, kann das gerne tun. Wer aber darüber hinausgeht und mir verbieten möchte, israelische Praxen, Positionen, Einstellungen etc. zu verteidigen oder gar zu postulieren, ist auf un/zugehörig fehl am Platze.

6. Ziel des Blogs ist es nicht, die Besucher zu überzeugen; das wäre auch hochmütig. Insbesondere bei Fragen, in denen es, wie etwa im ethischen Bereich (Stichwort Diskriminierung, Kampfmoral etc.), grundsätzlich keine Wahrheit gibt, erleben wir alle, wie weit die Auffassungen innerhalb des Kulturbegriffs "Westen / Abendland / Okzident" voneinander abweichen können. Es geht hier also nicht darum, dass der eine oder andere Leser seine Meinung zu diesem oder jenem Thema ändert.

7. Zu gleicher Zeit darf ich von den Lesern erwarten, dass sie ihrerseits meine Diskussionsbereitschaft ebenfalls nicht mit wiederholten Überzeugungsversuchen missbrauchen. Bitte vergesst auch nicht, dass ihr meistens jeweils nur mit mir, also mit einer einzigen Person, kommuniziert, während ich hingegen euch allen antworte. Da können meine Kraft und die damit zusammenhängende Verfügbarkeit auch ziemlich schnell ausgeschöpft sein. Für mich gilt, dass unsere Diskussionen mich nicht so sehr erschöpfen dürfen, dass meine anderweitige, ja eigentliche Arbeit allzu sehr darunter leiden müsste. Insbesondere wenn seine Kommentare eher die Form von Vorwürfen annehmen, kann man früher oder später schon an Grenzen stoßen. Die gibt es hier, und das ist auch richtig so.

8. Apropos Vorwürfe: Eure Kommentare sind hier natürlich nach wie vor grundsätzlich erwünscht. Aber bitte vergesst auch bei heftigen Meinungsaustauschen nicht, dass alle Kommentare hier auf Gast-Basis erfolgen. Ich bin bereit, so weit zu gehen wie auf einem Diskussionsabend bei einer politischen Stiftung: Da kann es auf allen Seiten schon sehr heftig werden, und dennoch wissen die Gäste, dass es auch Grenzen gibt.

9. Ich erlaube mir, diese un/zugehörig-Netiquette je nach Bedarf zu ändern.

10. Kommentare, die meinem eigenen Ermessen nach dieser Netiquette nicht entsprechen, werden, wie etwa im Leserbriefteil einer Zeitung, nicht unbedingt oder nicht in ihrer Gänze freigeschaltet. Die Entscheidung darüber liegt jedenfalls bei mir als Blogbetreiber.

Schlussbemerkung:

Wie schon eingangs gesagt, ist es nur eine kleine Minderheit, die diese ausdrückliche Formulierung sonst selbstverständlicher "Spielregeln" notwendig gemacht hat. Die große Mehrheit, die sich, ob direkt hier, auf Facebook, im Mail-Tausch oder sonstwo fast zwei Jahre lang (jaja, so schnell vergeht die Zeit) herausgebildet hat, braucht sich jetzt nicht angesprochen zu fühlen.

 

 

Veröffentlicht von

www.berlinjewish.com/

Mancherorts auch als der Rebbe von Krechzn* bekannt, heißt der Autor von "un/zugehörig" eigentlich Yoav Sapir. Er ist 5740 (auf Christlich: 1979) in Haifa, Israel, geboren und hat später lange in Jerusalem gelebt, dessen numinose Stimmung ihn anscheinend tief geprägt hat. Nebenbei hat er dort sein M.A.-Studium abgeschlossen, während dessen er sich v. a. mit dem Bild des Juden im Spielfilm der DDR befasst hat. Seit Sommer 2006 weilt er an akademischen Einrichtungen im deutschsprachigen Mitteleuropa: anfangs in Wien, später in Berlin und dann in Heidelberg. Nach einer Hospitanz im Bundestag arbeitet er jetzt selbstständig in Berlin als Autor, Referent und Übersetzer aus dem Hebräischen und ins Hebräische. Nebenbei bietet er auch Tours of Jewish Berlin. * krechzn (Jiddisch): stöhnen; leidenschaftlich jammern.

5 Kommentare

  1. Netiquette

    Schon schade, lieber Yoav, dass man solche, eigentlich mehr als selbstverständlich zu erwarten geltenden, Dinge so deutlich ansprechen muss. Gut ist, dass wer Dich, gerade durch Deinen Blogg, ein wenig kennengelernt hat, weiß, daß Du dich davon nicht entmutigen lassen wirst!
    Lieben Gruß,
    Robert

  2. Lieber Yoav,

    manche Gutmenschen drehen leider durch, wenn man ihre ideologischen Dogmen antastet. Im Fall M.B. war es das Dogma, alle Religionen seien im Kern gleich (gut) und islamistischer Terrorismus könne daher nicht wirklich religiös motiviert sein. Nun ist er m.W. selber mit einer Muslima verheiratet. Das dürfte einiges eklären. Er muss schließlich auch auf seinen Hausfrieden achten 😉
    Ich teile übrigens Deine Position und nicht seine. Es ist völlig verständlich, dass Du irgendwann einfach genervt bist von den unfairen Angriffen. Zudem ist es kräftezehrend. Arne Hoffmann ist ein ähnlicher Fall, wo eine nüchtern-faire Diskussion zu bestimmten Themen nur unnütz kraftraubend wäre. Aber das ist ein anderes Thema. Lass Dich nicht unterkriegen. Ich lese Deine Beiträge immer mit Gewinn. Mach weiter so.

  3. Danke dir auch, Martin, für deine Unterstützung.

    Es ist tatsächlich nicht alles Gold, was glänzt. Und ich glaube, viele Menschen stören sich auch grundsätzlich daran, dass die Welt, in der wir leben, nicht von Paradoxa frei ist. Schließlich sind Paradoxa so etwas wie ein Keil in jeder “wissenschaftlich” abgerundeten Lebensauffassung. Und weil nicht sein könne, was nicht sein dürfe, müsse jeder mit guten Vorsätzen gepflasterter Weg unbedingt dorthin führen, wo er hinführen solle.

  4. an Yoav

    “Es ist tatsächlich nicht alles Gold, was glänzt.”

    Das ist wohl war.

    “Und ich glaube, viele Menschen stören sich auch grundsätzlich daran, dass die Welt, in der wir leben, nicht von Paradoxa frei ist.”

    Es stört mich persönlich zwar nicht, aber wenn ich mich mit der Welt auseinandersetze, verwirrt es mich immer wieder. Ich finde es oft schwierig mir eine genaue Meinung zu Bilden.

    Du gehst quasi nie auf mich ein, der Grund dafür findet sich wahrscheinlich in deinen AGB´s oder in irgendeiner Aussage auf deinen Blog und ich verstehe es nur nicht, wie so vieles auf der Welt.

    Ich schließe mich an:

    “Ich lese Deine Beiträge immer mit Gewinn. Mach weiter so.”

    Beste Grüße

    Alex

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