Was können wir aus der diesjährigen Hitze und Dürre über die Folgen des Klimawandels lernen?

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Extremes Niedrigwasser der Elbe am 11. August in Dresden, wo der Pegel bei 51 cm lag (1/4 des normalen Pegels). Foto: Urs Moesenfechtel/UFZ
Extremes Niedrigwasser der Elbe am 11. August in Dresden, wo der Pegel bei 51 cm lag (1/4 des normalen Pegels). Foto: Urs Moesenfechtel/UFZ

 

Die Hitzewelle dieses Sommers ist vorbei und mit dem einsetzenden Regen gehen die Probleme der anhaltenden Dürre langsam zurück. Entwarnung also; nur ein schöner Sommer? Das wären nicht die richtigen Lehren aus dem Austrocknen der Flüsse und Landschaften in Mitteleuropa. Klimaökonom Prof. Reimund Schwarze beschäftigt die Frage, was wir aus volkswirtschaftlicher Sicht aus diesem „Jahrhundertsommer“ lernen können.

Wir erleben in diesem Jahr eine extreme Hitzeperiode und zugleich eine langanhaltende Dürre in Süd- und Mitteldeutschland. Hitze ist ein kurzfristiges Phänomen, weil es besonders heiß ist und eine starke Sonneneinstrahlung auftritt. In diesem Jahr hatten wir zum Beispiel Temperaturrekorde von über 40°C an mehreren Tagen im Juli. Trockenheit bzw. Dürre sind dagegen im Kern ein Wasserdefizit, das durch längerfristige Prozesse wie anhaltend geringe Niederschlagsmengen oder starke Windaustrocknung entsteht. Das langjährige Mittel der Bodenfeuchte ist hier die entscheidende Größe und nicht ein kurzer Zeitraum von sagen wir ein oder zwei Monaten. Das ist der Blickwinkel des Dürremonitors des UFZ, nach der wir auch jetzt, d.h. nach einsetzendem Regen, in vielen Regionen Deutschlands immer noch im Dürrebereich liegen. Mit dem Klimawandel sehen wir am UFZ insgesamt ein langfristiges Dürreproblem in Mittel- und Süddeutschland auf uns zukommen. Daher haben wir den Dürremonitor für Deutschland aufgesetzt.

Bei den ökonomischen Dürre- und Hitzefolgen des Klimawandels denken wir zumeist an die Länder des Südens, in Afrika oder in Südeuropa. Aber die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen, dass es auch in Mitteleuropa beträchtliche Kosten der Anpassung an den Klimawandel aus Hitze und Trockenheit gibt. Meistens rechnen wir mit Ernteeinbußen in der Landwirtschaft sowie Verlusten im Tourismus zum Beispiel durch Einbußen in der Flussschifffahrt. Wiederkehrende Hitze- und anhaltende Trockenperioden haben aber wesentlich größere ökonomische Folgen bei den Infrastrukturen in der Wasser- und Energieversorgung. Ein Hauptproblem sind die Brücken (Wasserbauten), die unter dem Niedrigwasser leiden. Wenn die Fundamente nicht durchwässert sind, trocknen sie aus und verlieren ihre Standfestigkeit. Entsprechend müssen sie stärker ausgelegt werden. Ein anderes Beispiel sind die Löschwasserbecken zum Waldschutz in der Schweiz. Allein für die Auffüllung dieser Becken durch Transporthubschrauber mussten im Kanton Waadt, kaum größer als das Saarland, in zehn Tagen rund 500.000 Schweizer Franken aufgebracht werden. Solche infrastrukturellen Kosten wurden noch in keiner mir bekannten Klimafolgenstudie für unseren Raum berücksichtigt. Ein anderes Beispiel ist die Stromversorgung. In Polen mussten während der Hitzewelle dieses Sommers für fast zwei Wochen industrielle Großverbraucher vom Stromnetz genommen werden, weil die Kraftwerkskühlung wegen Niedrigwasser in den Flüssen nicht mehr funktionierte. In Deutschland, dem Land der Energiewende, kam es dagegen durch die starke Solareinstrahlung zu einem unvorhergesehenen Überangebot an Solarenergie und der Notwendigkeit den Überschussstrom kurzfristig abzuspeichern. Das Unternehmen 50 Hertz musste an den Hitzetagen allein 2,5 Mio. Euro täglich aufbringen, um diese zusätzliche Energie loszuwerden bzw. in vorwiegend ausländischen Speichern unterzubringen. Hier sind dringend intelligente Netze und europäische Lösungen in der Zukunft nötig. Auch solche Größen wurden in den Studien noch nicht betrachtet. Wir wissen also derzeit noch viel zu wenig über die Anpassungskosten an den Klimawandel durch Hitze und Dürre.

Mit der Klimaerwärmung werden Hitzeperioden und extreme Trockenheitssituation auch in Mitteleuropa zunehmen. Eine Hitzewelle wie diese wäre im letzten Jahrhundert für einen Mitteleuropäer ein „Einmal-im-Leben-Ereignis“ gewesen, jetzt haben wir sie nahezu alle 15 Jahre. Und auch die Folgen der Hitze werden extremer. Denn die Infrastrukturen sind heute keineswegs weniger verletzlich als damals. Sie werden im Gegenteil mit der zunehmenden Verstädterung und der Energiewende immer empfindlicher. Wir lernen durch die aktuellen Episoden also Stück für Stück, was auf uns zukommt, wenn wir uns auf Anpassung einstellen müssen.

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Reimund Schwarze ist Klimaexperte im Department Ökonomie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ). Als Professor für Volkswirtschaftslehre hält er Vorlesungen an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Seine Forschungsschwerpunkte sind ökonomische und juristische Untersuchungen zur Klimapolitik. Er beobachtete in den letzten Jahren die Klimakonferenzen der UNO und berichtete davon im UFZ-Klimablog.

6 Kommentare

  1. Hitzewellen, Dürrephasen, aber auch Überschwemmungen werden zunehmen, langdauernde Kältephasen dagegen langfristig abnehmen. Länder wie Deutschland werden allerdings sicherlich damit zurechtkommen zumal sich wichtige Parameter wie die durchschnittlichen Niederschläge nur wenig verschieben. Ganz anders sieht es für Regionen aus, die sich klimatisch stark wandeln. Kalifornien beispielsweise könnte in eine Phase der Megadürre eintreten oder viele Mittelmeerländer könnten zunehmend austrocknen oder sich gar in Wüsten umwandeln. An solche Veränderungen müssen sich die betroffenen Länder anpassen, denn die Klimapolitik kommt für vieles schon zu spät. Veränderungen im landwirtschaftlichen Ertrag und in der Exposition gegenüber Katastrophen wie Überschwemmungen, Dürren und Hitzewellen werden wohl die grössten Folgen haben. Die adäquate globale Antwort auf solche Verschiebungen sind wohl mehr Flexibilität, die Akzeptanz vergrösserter Migrantenströme und mehr Welthandel. Früher hätte eine Region, in der die landwirtschaftlichen Erträge stark zurückgehen, schlechte Zukunftsaussichten gehabt, heute aber kann eine solche Region einfach mehr Nahrungsmiitel importieren und die Beschäftigung vom landwirtschaftlichen Sektor in einen anderen Sektor verlagern. In Kalifornien sollte ein solcher Wandel durchaus machbar sein, schwieriger aber wird es in weniger entwickelten Regionen.

  2. Aufgewacht wird erst , wenn der existenzielle Druck im eigenen Vorgarten ankommt , eine drastische Erhöhung volkswirtschaftlicher Kosten ist da sehr zu begrüßen .

  3. “Mit dem Klimawandel sehen wir am UFZ insgesamt ein langfristiges Dürreproblem in Mittel- und Süddeutschland auf uns zukommen.”

    Ich habe mir die jährlichen Niederschlagsmengen in Deutschland angeschaut, die der DWD in der Datei “regional_averages_rr_monthly.txt veröffentlicht. Die mittleren jährlichen Niederschläge der 30-Jahr Perioden nahmen kontinuierlich zu von 748 mm (1895-1925) auf 806 mm (1985 -2015). Die Standardabweichung beträgt in allen Perioden etwa 90 mm. Die Variabilität der Niederschlagsmengen ist also gleich geblieben. Die 12 Monate Niederschlagsmenge (201408-201507) ist mit 707 mm nicht extrem niedrig im Vergleich zu früheren Jahren. Die einzelnen Bundesländer unterscheiden sich ein wenig in den Niederschlagsmengen, aber der Trend ist der gleiche. Der Klimawandel scheint in Deutschland kein Dürreproblem zu schaffen. Die Probleme haben wohl andere Ursachen: Bodenversiegelung und zunehmende Grundwasserentnahmen.

    • Trockenheit wird von vielen Faktoren beeinflusst. Leider sind Niederschlagssummen alleine wenig aussagekräftig. Im letzten Jahr ist trotz der von Ihnen ausgerechneten 707mm ein mess- und spürbares Trockenproblem aufgetreten. Das hängt aktuell z.B. mit ungewöhnlich hohen Tagesmaximumtemperaturen zusammen (höhere Verdunstung) und der extremen Niederschlagsmengen in kurzer Zeit (am 22.07. ca 40mm Niederschlag in Leipzig in 2 Stunden). Damit sieht der Monatsniederschlag normal aus, das Wasser dringt aber nicht in den Boden ein, sondern läuft oberflächlich ab und ist damit nicht pflanzenverfügbar.

      Das von Ihnen zitierte LANGFRISTIGE Dürreproblem zielt auf die Entwicklung bis zum Ende des Jahrhunderts ab. Dieses erwarte ich trotz zunehmender Jahresniederschlagssummen in den meisten Klimasimulationen für Deutschland aufgrund der o.g. klimatischen Faktoren (bei höheren Temperaturen in allen Klimasimulationen wird die Verdunstung und damit die klimatische Wasserbilanz negativ beeinflusst ) und der innerjährlichen Umverteilung des Niederschlages.

  4. leider auch hier wieder ein sinnloser Klimabericht.

    Warum fällt es so vielen Menschen so schwer zu verstehen, dass auch diese Hitze über den Sommer 2015 nur eine regionale Sache war und es nur kleinregional wirklich zu trocken war?

    Haben sie schon mal was von Wetterlagen gehört? Deren Kennzahlen und Häufigkeitsverteilungen?
    Heuer war der Sommer so warm, weil wir in Mitteleuropa sehr viele Hochdrucklagen hatten. Wenn es im Juli sehr sonnig ist, dann steigen die Temperaturen eben über 35°C an, auch ohne die Advektion von warmen Luftmassen aus den Subtropen zum Beispiel.

    Östlich und westlich von uns gab es, oh welch ein “Wunder” Regionen mit negativen T Abweichungen und zu viel Niederschlag. Ganz normal, wenn man ein wenig Ahnung von planetaren Wellen hätte.
    All ihre weiteren Aussagen stürzen sich auf regionale Klimamodelle, welche seit nunmehr mind. 20 Jahren extrem von den gemessenen Parametern divergieren. Das Internet ist verseucht von völlig absurden, ja richtig dummen Beiträgen zum Klima bzw. dessen Wandel.

  5. In a nutshell: a climate crisis, in 2020 – after a multi-year drought – ever more clear than it was in 2015. Thank you for following.

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