“Wir haben einen Stern gesehen”

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

ein künstlicher Super-Meteor gestern Abend über Zentral-Deutschland – pünktlich zur Zeit der Bescherung bzw zum Ende der Vorabendmesse gegen 17:30, so dass sehr viele Menschen in den Genuss kamen. Das Objekt konnte es an Helligkeit durchaus mit einer Straßenlaterne aufnehmen, wie dieses Amateurvideo von YouTube eindrucksvoll zeigt:

Was das genau war, das da verglühte, sei noch unklar, hieß es noch den ganzen Sonntagvormittag (sagen viele Radio-Nachrichten, vorerst … z.B. auch wetterOnline, oder Blick.ch): ob es Weltraumschrott war [Link zu Daniel Fischers Blog, NACHTRÄGL. ergänzt] oder ein natürlicher (hier wohl “höchstens faustgroßer”, Zitat DLR – angesichts der Videos wäre ich da schon skeptisch) Meteoroid, also eins von den zahllosen Teilchen, die im Sonnensystem herumschwirren und als Meteor in der Erdatmosphäre verglühen können… 

Jedenfalls gibt’s KEINEN KRATER, kein Impakt, sondern Verglühen in der Atmosphäre, also KEIN Komet, wie in diesem Video geschrieben … Der diesjährige Weihnachtskomet “Lovejoy”, der von der Erdsüdhalbkugel und der ISS sichtbar ist, wurde bereits von Jan Hattenbach beschrieben.

Der Titel dieses Videos ist allerdings nur ungeschickt gewählt, hört man vom Sprecher auf russisch: künstlicher Weltraumschrott wird hier spekuliert. Nicht ein ganzer Satellit, nur ein Teil Weltraumschrott (die Sojus-Stufe), meinen die Astro-Journalisten. N24 schrieb dazu gestern nach Anfrage beim DLR (Meteor = Sternschnuppe).

Ein Kollege weiß es: zu Florian Freistetter (verglühende Sojus-Stufe)

NACHTRAG 2: und hier noch ein hausinterner Link (doch Sojus, sagt SuW).

NACHTRAG 3 … und jetzt auch beim Tagesspiegel

… und inzwischen sogar mit Berufung auf die ESA statt “belgische Forscher”. (Nachtrag 4)

Wegen Weihnachtsstern – die drei Weisen sind schon lange unterwegs:

Dieses Foto hat ein Freund & Kollege von mir 2005 in der südwestlichen Sahara gemacht, während ich selbst im Bild bin. Ich hab’s dieses Jahr an Freunde als Weihnachtsgruß verschickt … und siehe prompt erscheint uns ein “Weihnachtsstern” 😉 , also zumindest eine auffällige Leuchtspur am Himmel (keine Nova).

Der WEIHNACHTSSTERN zu Jesu Geburt soll übrigens nach gängiger Lehrmeinung ebenfalls KEIN KOMET gewesen sein (was möglich wäre, aber unwahrscheinlich, weil es nicht zur astrologischen Deutung der drei Weisen passt). Vielmehr wird der Weihnachtsstern als Große Konjunktion (nahes Zusammenstehen am Himmel) der hellen Planeten Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische gedeutet (… und es gibt natürlich noch andere Theorien, es wird sicher noch lange darüber spekuliert, vermute ich). Das passt zur damaligen Himmelsdeutung, denn Jupiter war der Königsplanet, Saturn wurde wohl in Persien vor allem mit den Juden in Verbindung gebracht und das Sternbild der Fische stand für eine sich ankündigende Geburt. Schließlich zeichnen wir es noch heute so am Himmel: zwei Baby-“Fische”, die – noch verbunden mit einer Nabelschnur – aus dem Wal”fisch” (Cetus) schlüpfen. Die Deutung, dass der “König der Juden (I.N.R.I.) geboren” werde/ sei, liegt also nahe. “Große Konjunktion” heißt, dass – im Gegensatz zu einer normalen Konjunktion – die Planeten nicht nur einmal kurz zusammentreffen, sondern drei Mal im Abstand von nur einem Jahr, d.h. der schnellere Jupiter überholt Saturn nicht nur mal eben am Himmel, sondern die Oppositionsschleifen liegen derart übereinander, dass sich die beiden dreimal sehr eng begegnen. Die Abstände der drei Begegnungen (exakt errechenbar) passen wohl auch ganz gut zu den damaligen Reisezeiten und Standort überm lokalen Horizont, wenn die Perser bei einer Begegnung loszogen, ihre Richtung in Jerusalem änderten und bei der letzten Konjunktion in Bethlehem ankamen.

Zauber der Weihnacht (?!)

Die Deutungen dieses Phänomens (sowohl das damalige, als auch das gestrige) auf der Meta-Ebene möchte ich jedem Menschen selbst überlassen, aber ich spendiere Ihnen noch ein paar weitere Bilder, die mir in letzter Zeit beim Zusammenschreiben einer Monografie über meine Zeit in der Wüste unterkamen … und die, wie ich finde, fabelhaft zur aktuellen Woche zwischen den Jahren passen.

Damals, bevor man in den USA den Luftraum freigeben musste für eine CocaCola-Ikone, die am Nordpol wohnt … damals, als der Grund von Weihnachten war, dass man die Geburt eines erlösenden Propheten feierte, wurden Güter (wie z.B. Weihnachtsgeschenke) noch transportiert, indem man sie auf Lasttiere verlud. So habe ich das oft gesehen, als ich durch die Sahara ging:

Karawanen handelten klassisch mit Salz und Gold. Heute transportieren sie Touristen, die einen sehr ökologisch nachhaltigen Tourismus pflegen, naturnah leben, unterm freien Sternhimmel schlafen und sich für urbi et orbi (die Stadt und den Weltkreis) interessieren… und ich habe solche oft begleitet. 🙂

… eine unbeschreiblich schöne und erkenntnisreiche Zeit meines Lebens …

Bei meinen letzten Karawanen, nach dem ich eine Woche lang mit einem afrikanischen Freund allein über Land unterwegs war (mir egal, was die Leute dachten – er hat mir nur sein Land gezeigt) und schon unzählige Touristen durch die Sahara und die islamische Kultur geführt hatte, entstanden folgende Fotos:

Ruhe und Besinnlichkeit

Jesus ist (natürlich lange nach seiner Geburt) auch in die Wüste gegangen und hat sich von Johannes taufen lassen. Viele große Propheten fanden ihre Erleuchtung in der Wüste.

Jedenfalls ist das gegenseitige menschliche Miteinander, das gelebte “egal, welche Hautfarbe du hast” und egal, wie du aussiehst, egal, wieviele Drachmen-Konten du hast und welche Beträge da drauf sind, sogar egal, von welcher Sprache deine Worte sind … sondern wichtig ist, dass du hier und jetzt dein Wasser mit mir teilst oder mir eine halbe Stunde deiner Zeit bei drei Gläschen Tee schenkst. 

Wichtig ist, was du für eine Seele und was du für ein Herz hast …  ganz im Sinne der großen Weltreligionen.

 

 

 


Herzliche Grüße an unsere Leser, 

frohe Feiertage – egal, was Sie feiern …

[ein Lichterfest, vorgezogen die Geburt Jesu oder einfach nur ein paar Urlaubstage]

 

Ihr Weihnachtsengel vom Dienst 😉

 

Arabische Nächte

Voyage extraordinaire

Sahara-Tour 2007

Bücher der Sahara

Literatur:

  • Antoine de Saint-Exupéry: Le petit prince, Der Kleine Prinz, erstmalig 1943
  • Antoine de Saint-Exupéry: Dans le Désert (in der Wüste) und Les camerades (die Kameraden) in: Terres des Hommes (Erde der Menschen, dt. Titel: “Wind, Sand und Sterne”), erstmalig 1939 

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

9 Kommentare

  1. Definitiv Weltraumschrott

    Das mag zwar nicht ganz so poetisch sein, aber bei dieser Erscheinung hat es sich definitiv um den Absturz der dritten Stufe der Soyuz-Rakete gehandelt (Internationale Katalognummer 2011-078B), die am 21.Dezember die neue Crew zur ISS gebracht hat. Sowohl die Beobachtungen der Erscheinung als auch die Bahndaten passen exakt zusammen und lassen keine andere Deutung zu.

    Ein kleiner Trost: Die haben bestimmt auch Weihnachtsgeschenke beim Start mit an Bord gehabt – also wenigsten etwas Festliches!

  2. Hi Gerhard

    plausibel (siehe der Weltraumschrott-Hinweis) … aber heute früh war das noch nicht so klar …

    Danke für das Update! 🙂

    Und da sich die Nachrichtengeister scheiden (Wetterdienst hat heute früh noch spekuliert, ob vllt doch natürlicher Meteor), will ich den Leuten den Spaß wirklich nicht nehmen. 🙂

    Was es definitiv nicht war: ein Komet – wie von Unkundigen mitunter sogar im Radio ausgestrahlt.

  3. Es gab *nie* Zweifel am Reentry

    “plausibel (siehe der Weltraumschrott-Hinweis) … aber heute früh war das noch nicht so klar …”

    Worin sich ausschließlich die bodenlose Inkompetenz des deutschen ‘Journalismus’ widerspiegelt: Die Erscheinungsform des Objekts (sehr geringe Geschwindigkeit, Muster des Zerfalls etc.) sprach ohnehin klar für einen Reentry, vor allem aber fallen die letzten Berechungen der US-Weltraumüberwachung zu Ort und Zeit des Wiedereintritts und die Beobachtungen der Erscheinung präzise zusammen; siehe http://skyweek.wordpress.com/…t-uber-deutschland von gestern Abend.

    Dass eine Aufklärung “den Leuten den Spaß nehmen” würde, wie Du schreibst, erscheint mir geradezu zynisch: Wie man dem Soundtrack so manchen Augenzeugenvideos entnehmen kann, kann das (für uns Amateurastronomen wunderschöne) Schauspiel vielen Leuten echt Angst gemacht – die Bevölkerung flächendeckend aufzuklären, sollte hier erste Astronomenpflicht sein. Werde mal mit der Astronomischen Gesellschaft Kontakt aufnehmen …

  4. Hi Daniel,

    “die Bevölkerung flächendeckend aufzuklären” … machen wir doch gerade: Danke auch für Deinen Kommentar. Ich habe geschrieben, dass es kein Komet war und dass man sich wegen der Erscheinung keine Sorgen machen muss (egal, ob künstliches oder natürliches Teilchen).

    Die ängstlichen Sounds habe ich somit beruhigt.

    Bezüglich der Geschwindigkeiten habe ich übrigens auch schon ganz verschiedene Angaben gelesen & gehört – darum hab ich bei YouTube gesucht.

    “Inkompetenz des deutschen ‘Journalismus’ ” … gut, dass ich kein Journalist bin, sondern Blogger, also Hobby-Schreiber. 🙂

  5. besser überschriebenes YouTube

    http://www.youtube.com/watch?v=QxEgctxxhu4

    … ich weiß manchmal wirklich nicht, warum sich die Deutschen so viele Sorgen machen (was man im Radio so hört, bin ich gerade sehr froh, dass ich keinen Fernseher habe (wer weiß, was da noch alles erzählt und gezeigt wird) … aber der Hype um die Erscheinung mit Interviews wie “als ich gestern mit dem Hund spazieren war …” bis hin zu “als wir von der Christmesse kamen …”, ‘meine Frau hatte Angst’, ‘die Kinder glaubten an göttliche Zeichen’ oder ‘Flugzeugabsturz?’ und zahlreiche Anrufe bei der Polizei … hm, tja … so isses wohl einfach …

    Halbwegs vorhersehbare Ereignisse, ggf öffentlich ankündigen? … Aber vllt war das ja auch Absicht, um den “Geist der Weihnacht” ein wenig anzuheizen? …

    dass die durch solche Beobachtungen geweckten Emotionen und Gedanken bei allen Menschen verschieden sind, ist ein natürliches Phänomen.

  6. Reentry

    Ich hatte diesbezüglich auch eine Nachricht einer Zeugin aus Erfurt, die sich via Kontakformular auf meiner Homepage gemeldet hat, die einen “riesigen Kometenschwarm” beschrieb. Auch aufgrund der Sichtungsdauer und Erscheinungsbild tippte ich von vornherein schon auf einen Reentry.

  7. Reentry

    Reentry (Wiedereintritt) von Weltraumschrott war auch mein _erster_ Gedanke, aber da ich’s nicht nachgerechnet habe, muss ich hier auch nur suchen und Infos werten. Das sieht man natürlich am Text…

    Da meine ersten Recherchen ein genauso großes Info-Chaos im Internet lieferten wie im Radio, hielt ich es für nötig, die entsprechenden Meinungen und Infos zu diskutieren. Man hinterfragt doch als kritischer Medienkonsument, was man da geboten kriegt. Oder? Ich halte es daher für erkenntnis-bringend, wenn ich meine wertenden Gedanken teile.

    Ich habe das Gefühl, dass das Wort “poetisch” oben stil-kritisch gemeint ist. Ich sehe nichts Falsches daran, die Gedanken aus anderen Medien aufzugreifen und auch nichts Falsches daran, die aktuellen Festlichkeiten und Stimmungen der “flächendeckenden Bevölkerung” (die dies Phänomen nunmal offensichtlich mit dem gestrigen Weihnachtsabend verknüpfen will) aufzugreifen. Übrigens ist das bescheidene Leben in Armut in der Sahara keineswegs “poetisch” – aber die Fotos sind toll (Danke dafür!) und passen m.E. zur Weihnachtsstimmung und den Botschaften, die man dieser Zeit so hört.

  8. Die moderne Konjunktionstheorie…

    …zum “Stern von Betlehem” wird seit vielen Jahren auch überzeugend im Planetarium Stuttgart vorgestellt, sehenswert, hier:
    http://www.planetarium-stuttgart.de/…nachtsster/

    Sie erklärt auch gut, warum es sich bei den “Weisen” auch nach den biblischen Überlieferungen um Magierpriester bzw. Sterndeuter aus Richtung Babylon gehandelt haben soll – und warum nur sie den Stern “sehen” konnten, was bei einem Kometen (o.ä.) ja nicht der Fall gewesen wäre. Spannende Sache, und die Planetariums-Vorstellungen sind auch Jahr für Jahr ausgebucht.

  9. Grossartige Bilder

    Danke für diesen Text und die wunderschönen Bilder. Ich wünsche dir weiterhin so inspirierende Reisen.
    Brigitta

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