Vielseitigkeit der Astronomie

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

Denken und diskutieren Sie mit: hier geht’s um die Frage, wie vielseitig unsere Wissenschaft ist. Insbesondere diejenigen von uns, die sich in der Politik für die Popularisierung unseres Faches in Schule und Bildung sowie auch für ein erhöhtes Allgemeinwissen zum Verständnis von Werbung engagieren, sammeln stets Argumente.

Letzte Woche fand in Hamburg die Jahrestagung der Astronomischen Gesellschaft (AG). Bei den Meetings für Public Outreach und Didaktik wurde ausführlich die Vielseitigkeit unserer Wissenschaft disktiert. Die International Astronomical Union (IAU) hat auf dem Titel einer Broschüre dieses sehr umfassende blumenartige Grafik. Interpretieren wir vielleicht zuerst diese Bild: Astronomie hat also Verbindungen (und damit Unterrichtsinhalte) aus den folgenden Bereichen: Technik/ Technologie, Physik-Chemie-Naturkunde-Biologie, Philosophie, Geschichte, Anthropologie zum Selbstbild des Menschen …

Ich möchte hiermit alle einladen, die sich berufen fühlen, hierzu eine Meinung oder einen Kommentar beizutragen. Gleich vorweg: Ich möchte hier nicht die Notwendigkeit eines bestimmten Schulfaches zu Ungunsten von anderen diskutieren und ich denke auch nicht, dass hier “nur” eine Astronomin für Anerkennung ihres Fach wirbt. 

Vielmehr ist es jedoch so, dass ich persönlich in meinen Ehrenämtern gemerkt habe, dass die Astronomie ein Medium ist, mit dessen Hilfe es gelingt, Menschen zu inspirieren und zu motivieren. Sie ist als Thema in der Bildung stets geeignet, die Arbeitsmethoden und das lexikalische Sachwissen verschiedener Fächer bzw. sogar Fakultäten zu verbinden: fachübergreifendes Lernen – zumindest im Augenblick, da es eben kein eigenes Schulfach dafür gibt. Man kann hier Praktiken der Physik, der Informatik, der Mathematik, der Geschichtsforschung/ Archäologie, Naturkunde … uvam lernen und anwenden. 

Meines Erachtens ist das spannend und interessant – wie Sie aus meinem CV sehen können, habe ich daher ja auch an zwei Fakultäten Physik und Geschichte studiert. 

Aber was denken Sie?

  • Sollte Astronomie ein eigenes Schulfach im Curriculum aller Bundesländer werden?

  • Ist es vielleicht besser, die Astronomie in Arbeitsgruppen und Volkshochschulen zu unterrichten? 

  • Aber an Volkshochschulen gibt’s ja auch Englisch-Kurse, obwohl es die auch an Schulen gibt – muss sich das schulische und das erwachsenenbildende / außerschulische denn wirklich ausschließen? 

  • Was ist eigentlich Astronomie an der Uni? 

Ich denke, die hier abgegebenen Kommentare werden von den politischen Fechtern für diese Sache auch noch gelesen, wenn dieser Post lange durch neuere von mir überschrieben sein wird – kommentieren Sie dies gern auch noch zwei Jahre später, wenn Ihnen dann erst etwas einfällt. 🙂

 


PS (25.10.2012):  Aussagen wie “Astronomie ist die älteste Naturwissenschaft” … halte ich für grob unverantwortlich! Woher wissen Sie das? Waren Sie dabei? – Nein, Sie haben’s von einem Lehrer nachgeplappert – ich weiß, vor allem im DDR-Schulfach wurde das oft plakativ gesagt, dass man die Astronomie darum lernen müsse. Ich halte a) das Argument für Unsinn: man muss nicht Astro lernen, weil sie so alt ist, sondern man muss das moderne Weltbild lernen und Astro gehört einfach dazu. Außerdem kommt die Astro alltäglich überall vor, egal, was man später im Leben macht: sie inspiriert die Dichter und Denker, also sowohl die Gemälde, Gedichte und Marmorstatuen der Kunst als auch die Mathematiker (wie bei Karl F. Gauß zu sehen im neuen Kino-Film “Die Vermessung der Welt”) und sei es, dass man(n) “nur” ein Mädchen beeindrucken will, indem man ihm die Sterne erklärt … b) möchte ich die Aussage anzweifeln, dass sich überhaupt bestimmen lässt, wer die älteste Naturwissenschaft ist.

Es ist anmaßend zu behaupten, dass es die Astronomie wäre. Gut, Mathematik (die bestimmt mindestens genauso alt ist) ist genau genommen eine Geisteswissenschaft, wird aber an modernen Unis meist in die gleiche Fakultät gelegt wie Naturwissenschaft und mit der Nat. zusammengedacht. Aber wer will denn heute noch urteilen können, ob es wirklich ein vor-antiker Priesterastrologe war, der sich zuerst mathematischer Methoden oder systematischer Beobachtung/ Experimente (also “exakter” wissenschaftlichen) bediente – und nicht vielleicht ein Bauherr, also ein Architekt oder Ingenieur, der ein Haus gerade/ statisch stabil bauen wollte? Sind wir da wirklich so sicher, dass es ein Astronom war?

ÜBRIGENS teXné, das griechische Wort, von dem wir den heute scharf definierten Begriff “Technik” abgeleiten, hieß ursprünglich “Kunst”, also ein Handwerk. Zu anderen Raumzeiten waren einfach die Begriffe anders definiert als heute und so halte ich Behauptungen wie die genannte für zu naiv/ zu vereinfachend gedacht.

Ich glaube daher, dass die Behauptung falsch ist und dass sie auch politisch weder etwas bringt noch das ausdrückt, was wir eigentlich sagen wollen… sie ist also auch komplett unnötig: wir müssen uns gar nicht in solche plakativen Aussagen verstricken.

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

11 Kommentare

  1. Ein Kommentar

    Sollte Astronomie ein eigenes Schulfach im Curriculum aller Bundesländer werden?

    Ja, eindeutig.
    Es ist ja nach meiner Erfahrung beispielsweise zwar weit bekannt, das man sich anhand der Sterne orientieren kann (vorausgesetzt, das Wetter spielt mit). Aber wenn es um konkrete Details ging, dann fand sich keiner am Sternenhimmel zurecht, ja kannte nicht mal die notwendigsten Sternbilder, um den Polarstern zu finden.

    Ist es vielleicht besser, die Astronomie in Arbeitsgruppen und Volkshochschulen zu unterrichten?

    Keine Ahnung. Arbeitsgruppen sind sicherlich nie verkehrt, wo doch heut zu Tage alles nach Teamwork schreit, und vieles inzwischen auch so kompliziert ist, das es für Einzelne schlicht nicht mehr zu meistern ist. Deshalb ist es gut, wenn Gruppenarbeit schon in der Schule geübt wird, nicht nur in der Astronomie, sondern grundsätzlich.
    In den Volkshochschulen sollte die Astronomie auch unterrichtet werden, keine Frage. Und es muss kein Gegensatz und keine Konkurenz zur allgemeinbildenen Schule sein.

    Aber an Volkshochschulen gibt’s ja auch Englisch-Kurse, obwohl es die auch an Schulen gibt – muss sich das schulische und das erwachsenenbildende / außerschulische denn wirklich ausschließen?

    Nö, siehe oben. Die VHS kann ja auch Kurse zum auffrischen von “eingerostetem” Wissen anbieten, was die normale Schule eher nicht kann.

    Was ist eigentlich Astronomie an der Uni?

    AFAIK bisher hauptsächlich Physik, die später im Hauptstudium durch Astronomiethemen vertieft wird. Ob das gut oder schlecht ist weis ich nicht, und kann es sachlich auch nicht beurteilen.
    Aber nach dem obigen Bild zu schliessen, dürfte vieles von dem, das darin zu sehen ist im Studium derzeit eher zu kurz kommen, sofern es überhaupt zur Sprache kommt. Und solange das derzeitige “Bologna-System” an den Hochschulen vorherscht, wird sich daran IMO auch nichts ändern.

  2. Astronomie als naturwiss. Sprungbrett

    Ich kann mich noch ans Gymnasium erinnern, damals sollte in der Oberstufe ein Jahr lang Astronomie gelehrt werden, letztendlich kam es nicht dazu wegen zu wenig Interessenten. Wenn man etwas Neugierde in seiner Sozialisation mitbekommen hat und man nicht in der Grossstadt wohnt und mit blossem Auge und Feldstecher ohne Lichtverschmutzung unter dem Nachthimmel liegend in den Kosmos, seinen Zauber und all seine Fragen hineingesogen wird, scheint es mir das einfachste und interessanteste Unterrichtsfach, um bei Schülern Interesse für Naturwissenschaften zu wecken. Es ist faszinierender und verblüffender als der Mikrokosmos in der Biologie oder Chemie, oft auch einfacher zu erklären wenn man nicht in die absoluten Tiefen der math. Modellierung eindringt, weil die Physik verglichen zur anderen Naturwissenschaften einfach wesentlich weiter bei ihren Modellen ist, verglichen zur Hirnforschung oder komplexen Reaktionen wo weder Methodik, noch Modelle, noch Terminologie wirklich eindeutig ist. Ich will damit nicht sagen wichtiger oder interessanter per se, aber wenn man Schüler und v.a. Schülerinnen für Naturwiss. interessieren will über nicht nur technische sondern für jeden Menschen elementare Themen, dann kann Astronomie ein grosser Antrieb sein. Von daher sollten Kurse spätestens in der Oberstufe an Gymnasien zumindest angeboten werden und nicht nur Stoff bei den Physik Leistungskurslern sein. Evtl. würden dann auch mehr Frauen Physik studieren und überhaupt mehr Naturwissenschaften ernsthaft als Studium in Betracht ziehen.

    Bei mir war es ein Mitfaktor Physik zu studieren, wurde mein Wahlfach, die Diplomarbeit hab ich dann in einem anderen Bereich gemacht (es gibt leider zu viele interessante Bereiche in der Physik und die Jobmöglichkeiten danach sollte man ja auch im Auge behalten), aber Kosmologie und Astrophysik war bis Mitte des Hauptstudium ein treibender Faktor mich in allen Vorlesungen reinzuhängen, denn aufgrund es stark interdisziplinären Charakters der Astrophysik muss man in vielen Bereichen von Chemie über Wissenschaftsphilosophie bis Teleskoptechnologie bewandert sein. Als Nebeneffekt hab ich mich dann auch in Wissenschafts- und Naturphilosophie eingelesen, eigentlich keine Pflichtlektüre im Physikstudium, aber man kommt nicht wirklich dran vorbei, denn Astronomie ist nicht nur Erforschung des Kosmos, sondern v.a. auch die Erforschugn der menschl. und gesell. Erkenntnisfähigkeit, der Grenzen der wiss. Objektivität, Operationalisierbarkeit und Methodologie.

    Das Bologna System seh ich eher negativ für das Astronomie Studium. Denn wie keine andere Sparte der Physik ist es sehr abhängig von verfügbarer Zeit, Intelligenz, Vorbildung der Studierenden, wie lange sie brauchen sich von Relativitätstheorie über Kosmologie zur Teilchenphysik sich hier einzuarbeiten und später gute Astronomen zu werden. Mancher braucht eben 2-3 Semester länger, diese sollte man ihn dann auch geben. Wegen der Breite und Tiefe dieses Faches gefällt mir auch die Idee mit den Arbeitsgruppen, denn man muss mehr als bei anderen Fächern das Vorwissen der Schüler im Auge haben, um diese weder zu unter- noch überfordern.

    Den Erfolg von Sendungen wie alpha centauri macht vor allem aus, dass ohne viel Computeranimationen auf niedrigsten gemeinsamen Nenner wie man es oft bei den teuren Wiss. Dokus auf ZDF und ARD sieht, mit blosser Rhetorik und Gestik Prof. Lesch dem Laien die Grundprinzipien und -mechanismen des astrophysik. Schauspiels erklären kann. Wenn man dazu im Vergleich die ein oder andere Telekolleg Physik oder Chemie Sendung sieht, wundert es einen nicht, warum so wenig sich für Naturwissenschaften entscheiden. Alpha Centauri beginnt meist mit einer Frage, man muss den Schülern beibringen Fragen zu stellen und sie nicht mit rationierten Frontalunterrichtseinheiten bombardieren. Das ist etwas was auch noch die meisten meiner Physiklehrer im Gymnasium offenbar nicht verstanden haben. Wenn man die Schüler nicht lehrt gute Fragen zu stellen und ihre Neugierde kitzelt (dabei gibt es so viele schöne Paradoxien in der Physik), schreiben sie sich dann eben für BWL oder irgendwas mit Medien ein, wiel sie keine eigenen Fragen haben. Und zur Astronomie sollten jedem Laien viele und gute Fragen mit etwas Anleitung einfallen. Bei Genetik, Mathematik, Informatik etc. wird es schon erheblich schwerer diese Fähigkeit und Eigenschaft Schülern beizubringen.

  3. Fragebogen

    “Sollte Astronomie ein eigenes Schulfach im Curriculum aller Bundesländer werden?”

    Nein

    “Ist es vielleicht besser, die Astronomie in Arbeitsgruppen und Volkshochschulen zu unterrichten?”

    Ja

    “Aber an Volkshochschulen gibt’s ja auch Englisch-Kurse, obwohl es die auch an Schulen gibt – muss sich das schulische und das erwachsenenbildende / außerschulische denn wirklich ausschließen?”

    Nein

    “Was ist eigentlich Astronomie an der Uni?”

    Physik

  4. Vergesst die alten Meister nicht!

    Die Astronomie war und ist vielseitig, wobei mit weiteren Erkenntnissen auch zwangsläufig eine weitere Spezialisierung eintritt. Das Material was uns die Sonden liefern reicht für mehrere Doktorarbeiten – hieß es mal – und es wird nicht weniger!
    Und so brauchen wir auch immer mehr zukünftige Studenten, die sich in der Astronomie auskennen, um die Anstehenden Aufgaben zu meisten. Das bedeutet auch hier: rechtzeitig beginnen! In 5 Klassen hochbegabter Schüler habe ich zur Astronomie des Sonnensystems eine Vorlesung gehalten. Die Schüler waren sehr aktiv in der Mitarbeit.

    Schon die frühen Völker lieferten uns eine Menge astronomische Informationen, die uns u. a. in Bauten „verschlüsselt“ überliefert wurden [1].
    So hieß es in einem Fernsehbeitrag im Frühjahr, dass die beiden Luftschächte der großen Pyramide einmal zum Polarstern zeigen und zum Anderen zum Orion. Dass das im Löwenzeitalter (deshalb Sphinx als Löwe) vor um 12.500 Jahren der Fall war – das wurde nicht gesagt.

    In diesem Jahr soll ja laut Katastrophen-Autoren Planet X/Nibiru uns großen Schaden zufügen. Sie beziehen sich ja fast alle auf Z. Sitchin und sein Buch „Der zwölfte Planet“. Hätten Sie es nur gelesen und ausgewertet, dann hätte es keine Katastrophenbücher und -filme https://scilogs.spektrum.de/…nd-der-nahe-weltuntergang geben dürfen.
    Fakt ist, dass Nibiru in einer vollständigen erhaltenen Keilschrifttafel belegt wurde http://de.wikipedia.org/wiki/Nibiru . Wenn man die Angaben von Herrn Sitchin nachvollzieht, dann ist Nibiru noch über 350 AE von uns entfernt und braucht noch über 800 Jahre bis zu seinem Perihel im Bereich des Asteroidengürtels, s. a. Bild 1 unter http://www.deistung.de/…themen/PlanetXNibiru.htm , aber auch [2].

    [1] Klitzke, A.: Pyramiden: Wissensträger aus Stein. Das Geheimnis der Pyramiden Ägyptens und Mittelamerikas. http://www.amazon.de/…;qid=1349127209&sr=1-1
    [2] Deistung, K.: Himmelsschlacht. http://www.science-shop.de/…99-8fbe-e84424453d80

  5. Astronomie als Unterrichtsfach

    Als Lehrer für Mathe, Physik und Astronomie
    i.R. bin ich nach wie vor für ein eigenständiges Unterrichtsfach Astronomie
    – etwa einstündig in kl. 10 (wie es übrigens in der DDR jahrzentelang üblich
    war)Ich habe dieses Fach viele Jahre unterrichtet und auch in den Kl. 12/13 immer genügend interessierte Schüler für meine Grundkurse gehabt. Astronomie ist die
    älteste Naturwissenschaft, sehr fächerübergreifend und für die Vermittlung
    eines naturwissenschaftlichen Weltbildes
    unumgänglich.Einzelne Sequenzen astronomischen Inhalts etwa in Physik werden schließlich immer nur Stückwerk sein und oft zugunsten des “eigentlichen”
    Faches gecanzelt werden.

  6. E-Mail Adresse

    Liebe Frau Hoffmann,

    ich habe nun zweimal ihren wunderbaren Artikel in Sterne und Weltraum 5/2008 über Brlin gelesen. Bitte teilen sie mir bitte ihre E-Mail Adresse mit, denn ich möchte gerne zu diesem Bericht ausführlich Stellung nehmen. Ich bin ein alter Berliner, ich habe an der Wilhelm Foerster Sternwarte bis zu meinem 16. Lebensjahr beobachter, damals noch in der Papestraße, ich war BAV Mitglied, meine VdS Mitgliedsnummer ist 327, dann habe ich mit Hans Oberndorfer an der Sternwarte in München beobachtet.

    Nun lebe ich seit 5 Jahren in Thailand.

    Herzliche Grüße Hilmar Ganser

  7. Astronomie als Lehrpflichtfach

    Sehr geehrte Frau Susanne F. Hoffmann,

    bedenkt man, dass die Astronomie die Urmutter der Naturwissenschaften ist, sollte nach meiner Einschätzung das Fach Astronomie auf jeden Fall zum Unterricht der Oberschule/Gymnasium gehören. Die Vielschichtigkeit der aus der Astronomie geborenen Erkenntnisse und der daraus geborenen Wissenschaftsfelder, sollten dann selbst den bisher Uninteressierten neugierig machen. Die heutige Wissenschaftsgesellschaft verlangt von den künftigen Arbeitnehmern naturwissenschaftliche Kenntnisse. Und die werden wohl erstrangig aus dem Schatz gewonnenen, der da heißt: Basiswissen. Die Kunst Wissen erfolgversprechend zu vermitteln, kann nur von engagierten PÄDAGOGEN kommen. Alte Lehrformen sollten Geschichte sein! Die Form der Didaktik ist ein entscheidendes Kriterium Interesse zu wecken. Mäeutik, die sokratische Methode des Unterrichtens ist auch der erfolgversprechendere Weg, wie Schülern/Studenten Wissen vermittelt wird.

  8. Astronomie als Schulfach

    Ich würde Astronomie als Schulfach in allen Bundesländern begrüßen!
    In Baden-Württemberg wurde mit Beginn des G8-Gymnasiums das Wahl-Fach Naturwissenschaft und Technik (NwT) eingeführt, das einen großen Block Astronomie enthält. Das Thema wird von den meisten Schülern auch gut angenommen.

    Wenn man Erwachsene auf astronomische Themen anspricht, reagieren sie in der Regel auch interessiert, aber die meisten sagen dann “Ich verstehe halt nicht viel davon”. Arbeitsgruppen und Volkshochschulkurse würden sicher gut angenommen.

    Was die Beschäftigung mit Astronomie stark behindert, ist die Tatsache, dass man den Himmel aufgrund der Lichtverschmutzung kaum noch direkt beobachten kann. Eine sinnvolle Beobachtung ist nur noch möglich weit weg von allen Siedlungen und deutlich nach Mitternacht.

  9. Vielseitigkeit der Astronomie

    Es gibt konservative Bundes-Länder wie Sachsen, wo das ehemalig traditionelle Schulfach “Astronomie”abgeschafft worden ist. Das zeigt die Schwäche und geringe Kompotenz von Regierenden für die Naturwissenschaften und der Astronomie in Besonderen. In der Astronomie spielen Physik, Chemie, Technik, Mathematik, Philosophie und Biologie eine interdisziplinäre Rolle. Astronomie macht neugierig, kann wissenschaftlich motivieren und hat von jeher die Menschen fasziniert.
    Die Zukunft wird vom Bildungsniveau bestimmt und maßgeblich vom naturwissenschftlichen und technischen Wissen. Deutschland ist vor über 100 Jahren damit ökonomisch und sozial stark geworden.

  10. Astronomie als Schulfach

    Ist auf jeden Fall empfehlenswert. In der früheren DDR gab es dies bereits und es war eins meiner Lieblingsfächer. Ein Fach, dass durch seine Querverbindung zu anderen Disziplinen auch das Interesse zu diesen wecken und verstärken kann.

  11. meine Meinung – wiedermal reformuliert

    herzlichen Dank an alle Kommentierenden! Ich sagen Ihnen auch, was ich denke und warum ich diese obigen Fragen zum Nachdenken stellte:

    Sollte Astronomie ein eigenes Schulfach im Curriculum aller Bundesländer werden?

    Ich denke, es wäre kein Fehler dies zu tun, aber man muss es auch nicht. Ich habe bisher viele Unterschriftenlisten zu diesem Thema unterschrieben und viele politische Pamphlete mitverfasst und argumentativ geschärft. Ich unterstütze alle wirklich und aufrichtig diese Bewegung und die Sache an sich, Astronomie in die Schule zu bringen. Aber ehrlich gesagt, aus tiefstem Herzen gesprochen: *Nötig* finde ich es nicht, falls (und nur falls) das astronomische Wissen im Allgemeinen überhaupt vermittelt wird. Wenn – wie nach den hier vertretenen Meinungen – das Wichtigste an der Astronomie ist, dass sie eine Triebfeder und Motivation ist, dann muss sie in *allen* Fächern dabei sein und nicht abgesondert werden. Es ist nämlich für den modernen Menschen genauso wichtig, lesen, schreiben und Quellen kritisch zu interpretieren (was man in Deutsch und Geschichte lernt), in eienr zunehmend globalisierten Welt Fremdsprachen zu sprechen und in der Bilder- und Informationsflut der Presse und Medien sich zurecht zu finden – eben urteilen zu können, was bei Prof Lesch “didaktische Reduktion” ist und was bei den “Geheimnissen des Weltalls” auf N24 künstlerische Freiheit ist … und dass es eben Unsinn ist, wenn die Bildzeitung im Sommer 2002 titelte “Äquator dramatisch verschoben”. Man muss für solche vernünftige Kritik einerseits natürlich Faktenwissen haben (das man im Schulfach Astronomie lernen würde, aber sich a) auch anders unterbringen lässt und b) im Sinne der modernen Didaktik (von Kompetenzen vermitteln statt Wissen, dass sich eh dauernd ändert) sowieso untern Tisch fallen kann – egal, ob man das Schulfach hat oder nicht). Man muss aber für diese o.g. Zwecke vor allem auch wirklich die *Methoden* können. Man muss – wie jemand anders schon kommentierte – Fragen stellen lernen und man muss kritisches Denken lernen: Nicht kartesisch alles anzuzweifeln und niemandem mehr glauben/ vertrauen, sondern man muss lernen zu unterscheiden, wem man glauben darf und was man der Person glauben darf … d.i. Quellenanalyse … wie gesagt, eine Fertigkeit, die weder die Physik- noch die Astronomiedidaktik bisher lehrt. LEIDER!

    Ist es vielleicht besser, die Astronomie in Arbeitsgruppen und Volkshochschulen zu unterrichten?

    Ich hatte kein Schulfach Astronomie und ich bin sogar eine Frau (dafür kann ich aber nichts!) … und ich bin dennoch Astronomin geworden (dafür kann ich sehr wohl). Ich wuchs in einer Zeit auf, in der sich alles um mich herum veränderte: der Staat, in dem ich geboren wurde, existiert heute nicht mehr und das gesamte Gesellschaftssystem von damals ebenfalls nicht (und das ist auch gut so!). Es war eine Zeit, in der die Erwachsenen uns Jugendliche nicht lehren/ erziehen konnten, weil sie selbst nichts mehr übers Leben wussten, da ja alles, das sie kannte gerade zusammenbrach wie eine Supernova im Anfangsstadium. Ich habe die Begeisterung für die Astronomie ganz von selbst entdeckt und ich habe sehr viele Bücher gelesen und sehr interessante Menschen kennengelernt, denn mein Vater konnte meine tiefsinnigen Fragen bald nicht mehr beantworten und schickte mich zu anderen, kompetenteren Leuten.
    Vielleicht [tiefenpsychologische Hypothese von mir, die ich doch immer nur unbelebte Materie studierte] finde ich ja als Physikerin auch deshalb die Universalität der Naturgesetze so ansprechend. Menschen suchen schließlich immer nach Stabilität im Leben???

    Als ich 19 Jahre alt war und gerade Abitur gemacht hatte, bot sich mir die Chance, mein (zufällig auch vorhandenes) Organinsationstalent zu nutzen, um astronomische Jugendarbeit in Deutschland stark auszubauen – bzw in weiten Teilen überhaupt aufzubauen. Und zwar *außerschulisch*. Im Nachhinein habe ich viel darüber nachgedacht, warum ich das eigentlich machte … es gab keinen rationalen Grund, außer vllt der Welt und mir selbst zu beweisen, dass ich dieses nachgesagte Organisationstalent wirklich habe und auch die nötige Disziplin und Selbstmanagement, so viele Sachen gleichzeitig zu machen. Wie gesagt … rationale Gründe gibt es eigentlich nicht wirklich (in gewisser Weise war’s vor meinem familiären Hintergrund sogar unvernünftig). Warum ich’s trotzdem tat: Ich wollte es einfach tun, weil ich gesehen habe, dass es anderen jungen Menschen Freude bereitet und wichtige Impulse für die Zukunft gibt. Ich habe etwas entdeckt, mit dem ich – außerschulisch!!! – mit meiner Leidenschaft für das Fach auch andere anstecken konnte und anderen schöne Erlebnisse bescheren.

    Außerschulische Jugendarbeit ist sowas ähnliches wie VHS, nur eben für junge Leute unter 28 Jahren … es ist ein vergnügliches Erlebnis mit starkem Erkenntnisgewinn. Und das Tolle an solchen Maßnahmen ist, dass sie aufgrund des Menschenschlages, der daran teilnimmt auch von Natur aus interdisziplinär sind und ganzheitlich: morgens macht man Rechenhaufgaben, nachmittags wissenschaftliche Experimente, abends philosophische & romantische Himmelsbeobachtungen…

    Daher sollte m.E. Astronomie UNBEDINGT AUßERSCHULISCH gelehrt werden, denn nur dort hat man bei dem strikten Fächerkanon der Schule die Freiheit und die geballte Kompetenz von klugen Köpfen, dies alles zu verbinden, was die Astronomie eben so wertvoll und ansprechend macht!

    Aber an Volkshochschulen gibt’s ja auch Englisch-Kurse, obwohl es die auch an Schulen gibt – muss sich das schulische und das erwachsenenbildende / außerschulische denn wirklich ausschließen?

    Nein, keineswegs! Darum habe ich ja trotz aller meiner außerschulischen Maßnahmen auch jede Form von Schulastronomie unterstützt – und zwar schon seit meiner 10. Klasse, da ich als besonders interessierte Schülerin natürlich auch unter der Schulen gern herumgereicht wurde.

    Was ist eigentlich Astronomie an der Uni?

    Beim Arbeitsamt/ Jobinfo kriegt man gesagt “Physik”. Wahrscheinlich ist es die Hoffnung der dortigen Beamten, dass die wirklich Interessierten bei einem naturwissenschaftlichen Studium die Richtung wechseln und dann eben einen der gefragten Ingenieurberufe wählen oder als Industriephysiker in einer lebensplanerisch viel sichereren Position bei Bosch landen. Sehr *vernünftig* und außerdem weise, da sich die meisten Teenager unter Astronomie nur romantisches Sternegucken vorstellen und das ist Astronomie auf Uni-Niveau ganz sicher *nicht*. ABER ist diese Reduktion auf Physik auch die ganze Wahrheit?

    Nein: Wer Astronomie an der Uni auf Physik reduziert, der macht einen unverzeihlichen Fehler. Als Naturwissenschaftshistorikerin muss ich etwas kleinlaut die Behauptung vertreten, dass man auch in der Geschichtsforschung Astronomie braucht – und zwar umso mehr, je weiter man in der Zeit zurück geht. Selbstverständlich sehen die meisten Studierenden der Geschichte das leider anders und ich habe oft genug in Seminaren gehört “wir wollen solche mathematischen Fragen nicht beantworten: wir studieren doch Geschichte, weil wir nichts von Mathe verstehen” … ein ausgesprochenes Armutszeugnis für den Mathe- und Physikunterricht an deutschen Schulen!!! … denn der besondere Reiz in der Erforschung der Wissenschaftsgeschichte ist ja gerade die Verbindung von mathematischem, physikalischem Denken mit Sprachkenntnissen (die nämlich den meisten studierten Physikern fehlen … aber das steht auf einem anderen Blatt).

    Ich finde für mich selbst, dass ich gerne beides verbinden möchte: Physikforschung und Geschichtsforschung. Die Astronomie bietet sich dafür an, weil sie ein gigantisches Themenrepertoir hat … und ich gebe zu, dass ich stets das andere vermisse, wenn ich in meinen bisherigen Jobs immer nur eins von beidem hatte. Damit bin ich überall ein Exot und gehöre nirgends richtig, sondern maximal halb dazu. “Der gesunde Menschenverstand kann es sich aber nicht vorstellen, … ” (wie Giordano Bruno sagen würde) dass ich mit diesem Repertoir allein auf der Welt bin.

    Mein größter Wunsch war und ist bis heute, dass es mir irgendwann – wenn ich mal groß bin – gelingen wird, beides gleichzeitig zu machen: moderne Astrophysik, z.B. meine geliebten Gravitationslinsen, Exoplaneten finden oder sowas … und gleichzeitig auch Altertumsforschung, um die Menschen zu anderen Raumzeiten zu verstehen.

    Was hat die Welt von diesem Wissen, dass ich mir da erarbeite/ erforsche? Nun … dazu musste ich halt auch – “irgendwas mit Medien” machen (eine der anstrengendsten & schwierigsten Zeiten meines Lebenslaufes – denn richtige Geschichtsforschung und Astrophysikforschung finde ich persönlich viel einfacher als “irgendwas mit Medien”). So sind’se nu’ mal … die Astronomen.

    SUMMA SUMMARUM
    1) Ich denke, dass Basiswissen Astronomie und Kernkompetenzen der Geschichtsforschung den Physik-, Mathe-, Informatik- und Chemieunterricht bereichern würden. … aber auch den Kunst-Unterricht, den Unterricht in Latein und Französisch (Tapisserie de Bayeux) und das Basiswissen Mathe-Physik-Astro den Geschichtsunterricht.

    2) Ich denke, dass Astronomie – gerade wegen ihrer Interdisziplinarität – unbedingt außerschulisch angeboten werden sollte: a) weil man da die kompetenten Leute zusammenbringen kann: ich z.B. hab zwar zwei Fächer studiert, aber ich verstehe fast nichts von Biologie und müsste mir dafür immer extern Unterstützung holen UND b) weil gelehrige Schüler/in dann in der Beschäftigung mit der Astronomie seine erworbenen Kompetenzen aus ganz vielen verschiedenen Fächern *nutzen* kann – und die Nützlichkeit dessen, was man eingepaukt kriegt, ist ja wohl das, was das Lernen motiviert! (im Studium ist ja auch der Nutzen: nämlich “wie kann man damit Geld verdienen” das Entscheidene)

    3) Astronomie sollte m.E. UNBEDINGT in der SCHULE vorkommen – aber ob man sie unbedingt nur in ein eigenes Fach pressen kann – und einen Superlehrer ausbildet, der dann alles unterrichten könnte: Mathe, Latein, Englisch, Altgriechisch, Physik, Chemie, Geschichte … das wage ich ehrlich gesagt ernsthaft zu bezweifeln. Sowas erreicht man VIELLEICHT an Hochschulen, aber auch da ist die Aufspaltung in Fächer und Disziplinen ein schwieriges Phänomen.

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