Planetarium Senftenberg endgültig geschlossen

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

zwei Zugstunden südlich von Berlin in der Lausitz liegt Senftenberg, eine typische Kleinstadt, in der vieles noch wie zu DDR-Zeiten aussieht. Nur der Bahnhof wurde von einem Handwerksbetrieb kürzlich mal frisch gestrichen und dabei die alten Gemälde restauriert. Am Rand des Gemäldes (rechts) erkennt man die Kuppel des Planetariums.

Gemälde im Bahnhof.
Gemälde im Bahnhof.

Nach wenigen Metern durch Stadt hat man dann auch bereits die Kuppel erreicht: mintgrün leuchtet sie zwischen den kahlen Bäumen und alten Häusern hervor. Es birgt einen grün ausgekleideten Innenraum mit einem ZKP-1 des technischen Stands von 1945 (ungefähr), also rein mechanisch, das aber immer noch funktioniert. Besonders beeindruckend, wenn man bedenkt, dass moderne Computer bereits nach zwei Jahren veraltet und nach ca fünf Jahren für viele Anwendungen nicht mehr brauchbar sind.

 

Planetarium Senftenberg: eine grüne 8m-Kuppel.
Planetarium Senftenberg: eine grüne 8m-Kuppel.
ZKP-1 in Senftenberg
ZKP-1 in Senftenberg

Das Planetarium hat nun geschlossen, nachdem der Verein im Sommer noch einen Todeskampf gekämpft hatte. Der Vereins- und Seminarraum ist bereits so gut wie leer und die Technik wird peu-à-peu abgebaut.

Aufenthaltsraum neben der Vorführkuppel: sieht schon sehr traurig aus.
Aufenthaltsraum neben der Vorführkuppel: sieht schon sehr traurig aus.

Das Haus ist inzwischen bereits an einen Privatperson verkauft und diese ist sicher, dass der einstige Zweckbau nicht wieder einer ähnlichen Nutzung zugeführt werden soll. Bedauernswert für Senftenberg! So enthält das frische Gemälde im Bahnhof bald einen Fehler: wer weiß, wie lange das Haus dort noch stehen wird – ein Planetarium wird es jedenfalls nicht mehr beheimaten.

Es tut mir stets ein wenig in der Seele weh, wenn eins dieser Häuser geschlossen wrd. Nicht nur, weil man in diesen modernen “Tempeln der Wissenschaft” so wunderbar über mein Lieblingsthema predigen kann, sondern vor allem aufgrund der Verbindung von exakter Wissenschaft, die gelehrt und ihrer künstlerischen Aufbereitung, die genutzt wird. Ein Planetarium ist eben ein Ort, in dem man etwas lernt – aber indem man auch beeindruckende emotionale Erlebnisse haben kann und wo man andere Menschen trifft, die neugierig auf die ganze Welt sind. Planetarien sind Orte der Begegnung; das ist das Schöne an ihnen: Hier treffen Elfenbeinturm-Wissenschaftler auf Handwerker, jung auf alt, lernend auf lehrend … und alle zusammen genießen ein wunderbares Kunstprodukt – und alle zusammen lernen etwas dabei. Das finde ich ziemlich grandios. 🙂

Schade, dass das in Senftenberg nun nicht mehr möglich sein wird.

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

1 Kommentar

  1. Danke für den Artikel, liest sich an sich gut. Bin zufällig darauf gestoßen, als ich nach Berichten zur Zukunft des Planetariums suchte.

    Allerdings klingt “…eine typische Kleinstadt, in der vieles noch wie zu DDR-Zeiten aussieht. Nur der Bahnhof wurde von einem Handwerksbetrieb kürzlich mal frisch gestrichen…” für einen Senftenberger, wie mich, irgendwie unfair. Hier ist viel passiert in den letzten Jahren, für einige vielleicht sogar zu viel. Es hat sich vieles verändert, ist moderner geworden. Natürlich gibt es, wie in jeder Stadt, noch “alte, unschöne Ecken” und der Bahnhof ist, bis auf den neuen Anstrich, auch nicht unbedingt Vorzeigeobjekt. Aber vor allem hinsichtlich Tourismus und dem “Lausitzer Seeland” geht es immer weiter voran. Einen Stadthafen gab es beispielweise zu DDR-Zeiten sicherlich noch nicht ( http://www.senftenberger-see.de/de/stadthafen.html ) 😉 Also vielleicht bei der nächsten Kleinstadt nicht zu negativ formulieren. Aber ja, um das Senftenberger Planetarium ist es wirklich schade! Liebe Grüße aus Senftenberg

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