Optikpark in Rathenow

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

Zirka eine Zugstunde von Berlins Zentrum entfernt, liegt die märkische Stadt der Optik, Rathenow. Die AnfängeMaskottchen im Optik Park für diesen Namen wurden im 19. Jahrhundert von Pater Duncker gemacht und bis heute ist die Stadt Sitz vieler Firmen der Optik-Industrie, Brillenmacher und Feinmechanik. So lag es nahe, den Park der Landesgartenschau 2006 als Optikpark zu gestalten: Informationen zu seiner Geschichte und seinem Veranstaltungsprogramm finden sich hier: http://www.optikpark-rathenow.de/

Direkt an der Bundesstraße liegt das große Gelände, auf dem sich Kinderspielplätze in Gestalt von Teleskop, Mikroskop und Periskop befinden, ebenso ein begehbarer Filmvorführer und verschiedene Wasser- und Lichtspiele mit hübschen optischen Effekten. Auch die Weltzeituhr vom Berliner Alexanderplatz, die hier in Rathenow gebaut wurde, findet ein Pendant auf der Wasseroberfläche eines der zahlreichen natürlichen Seen. Gesäumt wird der See von regenbogenfarbenen Strandliegen und einer Galerie mit Spiegeln und Drehscheiben für optische Täuschungen, während man in den ruhigeren Ufergräsern Teichhühner, Libellen oder auch mal eine schwimmende Ringelnatter beobachten kann.

begehbarer Kino-ProjektorAuf einem großen freien Terrain wurde die additive Farbmischung mit Blumenbeeten visualisiert: Von zwei farbigen Pyramidenskulpturen gehen (Blumen-)Lichtstrahlen in den sieben Regenbogenfarben aus, um an den Schnittpunkten andere Farben zu ergeben. Springbrunnen, Cafés,  und ein Leuchtturm (mit Fresnellinsen) ergänzen den Erlebnispark, bei dem jedoch wenig erklärt wird, denn dazu hat Rathenow ja noch ein Optisches Museum im Kulturzentrum.  Cool Man kann ihn also für den Sonntagsspaziergang nutzen oder – falls man Optik-Interessiert ist – von Newtons Spektralexperimenten über Goethes Farbenlehre, einigen Taschenspielertricks bis hin zur Optikgeschichte und moderen optischen Geräten wiederfinden. Systematischer und detaillierter ist dies auch in der Ausstellung im Dachgeschoss des Kulturzentrums Rathenow wiederzufinden. Dort wird sehr strukturiert in die Geschichte der Stadt der Optik eingeführt und mit Experimenten kann man spielerisch den Strahlengang in Linsen und Prismen verfolgen.

Unter Hobby-Astronomen ist Rathenow sicher bekannt für sein Prachtstück von einem Fernrohr: das weltweit größte Brachymedialteleskop. Es hat einen Objektivdurchmesser von 70 cm und eine Brennweite von 20,6 m, womit es auf Platz 2 aller Refraktorbrennweiten rangiert! Es wurde von dem Hobby-Astronomen Edwin Rolf in den Jahren 1949 bis 1953 privat in seinem Garten erbaut. Fast alles stellte er selbst her – nur für die großen Trommeln des Tubus hatte er fremde Hilfe. Der Bruder meines Großvaters – ein Schlosser – erinnert sich noch, wie die Segmente damals in seiner Kesselschmiede hergestellt wurden. Mit den anderen beteiligten Mitarbeitern war er damals dann zu einem Beobachtungsabend am fertigen Fernrohr eingeladen. Nach dem Tode Rolfs wurde es in den 1990er Jahren restauriert und soll in naher Zukunft von seinem jetzigen Standort auf dem Schulhof der Bürgel-Gesamtschule in den Optikpark versetzt werden.

Als Ausflugsziel im Grünen bietet der Stadtrand von Rathenow fast schon ländliches Flair: Viele Leute haben neben Hund und Katze auch Hühner und Kanninchen im Garten. Für Radtouren ist die brettl-ebene Mark Brandenburg ohnehin ein dankbares Pflaster, aber auch Bahnreisende kommen hier leicht auf ihre Kosten: Der Zug fährt ab Berlin stündlich. Gleich am Bahnhofsvorplatz wird man von einem Denkmal für Pater J.H.A. Duncker begrüßt. Er hatte 1801 das königliche Privileg zum Bau einer optischen Industrieanstalt erhalten und damit das Fundament für den stärksten Wirtschaftszweig der Stadt gelegt.

Mit dem Optikpark hat die Berlin-Brandenburger Bevölkerung nun auch einen Anlaufpunkt und ein kulturelles Veranstaltungsprogramm für die ganze Familie. Also worauf warten wir noch: beim nächsten schönen Wetter:

Auf nach Rathenow!

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

4 Kommentare

  1. Toll

    Das hört sich sehr interessant an und ich würde mir das gerne mal anschauen. Ist leider nur zu weit weg.

  2. lasst uns eine SuW-Busreise organisieren. ;-)))

    naja, wenn man mal in Berlin ist, bietet es sich an, dort vorbei zu schauen. 🙂

  3. Das Blog-Teleskop #1

    Hallo!

    Das erste “Blog-Teleskop” mit Berichten über die deutschsprachigen Astronomieblogs ist heute erschienen. Über deine Mitarbeit würde ich mich freuen – mehr Informationen gibt es hier.

    vg Florian

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