Herzlichen Glückwunsch Adolf Kunert…

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

…  zum 90sten Geburtstag!

Heute ehrt die Wilhelm-Foerster-Sternwarte Berlin ihren langjährigen wissenschaftlichen Leiter Adolf Kunert. Er lenkte das Programm und den Kurs der größten Westberliner Astronomie-Einrichtung, die aus einem Planetarium am vierspurigen Steglitzer Munsterdamm und einer Sternwarte auf dem Schöneberger Trümmerberg Insulaner besteht, von 1963 bis 1987, also in einer historisch außerordentlich spannenden Phase zu den rigorosesten Zeit der deutschen Teilung (Artikel aus der Berliner MoPo von 2009) und heißestens Phase des Kalten Krieges.

In das beinahe viertel Jahrhundert seines Amtes fällt der Wettlauf einer ost-west-geteilten Welt zum Mond und schließlich die ersten Schritte von Menschen auf einem anderen Himmelskörper überhaupt. Aber auch die nicht-bemannte Raumfahrt brachte fundamentale Erkenntnisse übers Sonnensystem und revolutionierte vor allem die Forschungsmethode: Was in den 50er Jahren noch unter den Top-Themen der astronomischen Forschungsziele auf beiden deutschen Seiten des eisernen Vorhangs geplant war (z.B. Beobachtungen von leuchtenden Nachtwolken, von Mond und Planeten … das steht zumindest in den Sitzungsberichten der Akademie der Wissenschaften der DDR, die ich im Laufe früherer Forschungen analysierte), verschob sich in dieser Zeit hin zur Beschäftigung von Hobbyastronomen und anderen Wissenschaftsgebieten als Astronomen (Meteorologie, Geo- und Planetenforschung)…

Mithin mussten sich auch die Zielgruppen, die Themen und die Methoden der Planetarien und öffentlichen Volkssternwarten fundamental ändern. Gerade in den 60er Jahren entwickelte sich auch ein neues Hobby: Beobachtung künstlicher Erdsatelliten – was wir heute schon nicht mehr als spektakulär empfinden, weil es nunmal zu viel von den künstlichen “shooting stars” gibt, die als ungebetene Gäste dauernd die Aufnahmen der Astronomen kreuzen. In der Anfangszeit der Raumfahrt war es gewiss (so entnehme ich den historischen Quellen) etwas besonderes “einen Sputnik”, also einen künstlichen Erdbegleiter am Himmel zu sehen. 

Kunert hatte im Amt des Wissenschaftlichen Leiters der WFS den sehr populären Astronomie-Autor Joachim Herrmann als Vorgänger abgelöst und trat also ein bedeutendes Erbe an: die Berliner Öffentlichkeitsastronomie sieht sich schließlich in der Tradition des Urania-Gründers Wilhelm Foerster, seines Schülers und Riesenfernrohr-Erbauers Friedrich S. Archenhold, des berühmten Wissenschaftspoeten Bruno H. Bürgel und des ersten Planetariumsdirektors Richard Sommer (Planetarium am Bhf Zoo, im 2.WK zerstört), der auch die “astronomische Arbeitsgemeinschaft” von Hobbyastronomen ins Leben gerufen hatte… Bedeutende Pioniertaten auf dem Weg zur volkstümlichen Astronomie in der Stadt, in der in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Planet Neptun zum ersten Mal am Himmel nachgewiesen wurde (Johann G. Galle, 1846).

… und Kunert bewährte sich bestens in diesem Amt: 1980 wurde er als beratendes Vorstandsmitglied der Astronomischen Gesellschaft (AG) ernannt, um deren Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern. Man erhoffte sich davon bessere Kontakte zu den Hobby-Astronomen/ Sternfreunden, zu Schulen und Lehrkräften (Quelle). Diese Ernennung in einer solch renommierten Elite-Gesellschaft der Astronomie spricht gewiss für die Qualität von Kunerts Arbeit.

 

Anlässlich des 90sten Geburtstages des Wissenschaftlichen Leiters dieser aufregenden historischen Zeit, Adolf Kunert, findet heute ab 15 Uhr ein halbtägigen Ehrencolloquium im Planetarium am Insulaner statt, bei dem seine Familie und zahlreiche Ehrengäste Geschichten aus ihrem gemeinsamen Leben mit dem zu Ehrenden erzählen. Zahlreiche ehemalige deutsche Planetariumsleiter und öffentlich Astronomieaktive versammeln sich zu dieser Feier und reflektieren die “alten Zeiten”, ihre jüngeren Nachfolger sprechen dazu Grußworte und ehren so den ehemaligen Kollegen. 

 

Herzlichen Glückwunsch, Herr Kunert, zum Geburtstag!

Gesundheit auch in den späteren Lebenstagen und viel Freude an den Aktivitäten Ihrer Nachfolger, des heutigen Teams vom Insulaner, in der AG und in der Berliner und gesamtdeutschen (nicht mehr geteilten) Populärastronomie!

Viel Spaß allen Gästen bei der Feier!

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

1 Kommentar

  1. Agnieszka Kunert

    Mein Name ist Agnes Kunert. Ich bin 39 Jahre alt. Mein Großvater hieß Adolf Kunert. Ich wusste nicht, seinem Großvater.

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