astronomer’s valentine

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

Wahrhaft Liebende holen einander gerne die Sterne vom Himmel. Selten geht das so vortrefflich wie in diesem Jahr – nachdem doch gleich am Jahresanfang der Komet “Lovejoy” durch das Sternbild “Herz” gelaufen ist:

constellation "Heart"
Credit: Susanne M Hoffmann, 2015 Sternbild “Herz” [grau: Sterne des Harvard Revised-Sternkatalogs in der Region, rot die Sterne, die in diesem Sternbild normalerweise für die Skelettlinie genutzt werden]
Na, haben Sie es erkannt? Den Namen des Sternbilds habe ich zwar “erfunden”, aber das Sternbild gibt es wirklich – und zwar nachgewiesen sogar schon seit der griechischen Antike. Babylonisch ist es nicht belegt, aber Ptolemaios (150 n.Chr.), Hipparch (150 v.Chr.), Eratosthenes (220 v.Chr.) beschreiben es und frühere griechische Uranographien sind bisher nicht bekannt. Die Altvorderen bezeichnen das Sternbild allerdings als “Fluss” und denken sich statt der Linie von der Spitze nach oben eine Linie nach unten.

Nach offizieller Nomenklatur der IAU, die seit 1930 wird das Sternbild sehr viel weiter nach Süden verlängert – das konnten die Alten Griechen und Babylonier nicht sehen, weil es unter ihrem Horizont war. Hier ein Vergleich des ptolemäischen und modernen Sternbildes:

Sternbild Eridanus, definiert seit mehr als 2000 Jahren
Credit: SMH (mit mathematica) — Sternbild Eridanus, definiert seit mehr als 2000 Jahren

Der antike Fluss hört heute auf den Namen “Eridanus”, aber antik war das gar nicht so sicher: Der offizielle Sternbildname vor 2000 Jahren war “Fluss” und man kann bei Pseudo-Eratosthenes nachlesen, dass “er heißt Eridanus. Andere sagen, dass es sich mit größter Sicherheit um den Nil handele, weil er der einzige Fluss sei, der seine Quelle im Süden habe”. Anderswo liest man auch schon antik, es könne sich auch um den Fluss Po in Italien handeln. Wir bleiben also auf der sicheren Seite, wenn wir sagen, dass es einfach ein Fluss ist.

Hier nochmal die Aufsuchkarte aus unserem Hause Spektrum für den diesjährigen Januar-Kometen aus dem Artikel des Kollegen Hattenbach vom 22.12. 2014:

blogPost_Jan_Komet2014

Romantische Sternsagen

Gerade uns Astronomen unterstellt man ja landläufig, besonders romantisch zu sein. – Das wurde auch bereits in einer griechischen Sternsage verewigt: Niemand konnte bisher stichhaltig erklären, warum im Sternbild Pisces zwei Fische mit einem Band zusammengebunden sind, das dann auch noch einen Knoten hat. Die griechische Mythologie hat verschiedene Interpretationen dafür. EIne Variante ist, dass die Fischlein verwandelte Götter oder Halbgötter sind. Sie sind auf der Flucht und müssen daher irgendwann getrennte Wege nehmen (um das Herbstviereck herum) — aber sie bleiben ewig verbunden durch das Band der Liebe:

pscConst_dr
Sternbild Pisces nach IAU-Konvention (erstellt mit Wolfram Mathematica 10.0)

Das ist ja nun ganz schön metaphorisch… und wer so flirten will, muss ganz schön viel Wissen bei seinem/ ihrem Partner voraussetzen. Ähnliches gilt für den Katasterismus des Sternbilds Coma Berenices. Das Sternbild Coma ist nur deshalb am Himmel, weil (nach griechisch-ägyptischer Legende, überliefert von Eratosthenes) die Königin von Äqypten Berenike Euergetis (die Wohltätige), beim Gebet für die gesunde Rückkehr ihres Mannes aus dem Krieg Ihre Lockenpracht im Tempel geopfert hatte. Als das prächtige Haupthaar einige Tage später bei der Rückkehr des Königs verschwunden war, hat der Astronom Kolon behauptet, die Götter hätten es an den Himmel versetzt als Symbol für eheliche Liebe und Treue.

Sternbild Coma im Doppelmayer-Atlas  (nachbearbeitetes Detail von einem Foto des Faksimile-Prints aus dem Albireo-Verlag)
Sternbild Coma im Doppelmayer-Atlas, 1742
(nachbearbeitetes Detail von einem Foto des Faksimile-Prints aus dem Albireo-Verlag)

Moderne Astros

Oft erntet man aber in realitas für die unterstellte Romantik aber flotte Sprüche wie “Astronomers do it at night”, oder so – ein Spruch übrigens, um den ich sogar schon auf StarParties und in der Vereinigung der Sternfreunde Prioritätsstreitigkeiten gehört habe. Astrofotographen reichen auch gerne den Herznebel in der Kassiopeia als Valentinstagsgruß dar: Nicht ohne Hintergedanken, denn gleich nebenan gibt’s ja den Nebel, der aussieht, wie ein Baby…

APOD_feb2014
APOD vom 11. Februar letztes Jahr von Leonardo Orazi – klick aufs Bild verlinkt die Quelle

Tja, aber dieses Herz am Himmel “sieht” man leider nur mit technischen Hilfsmitteln. Es ist groß, doch zu schwach fürs menschliche Auge, d.h. man muss es zwar nicht mit der sprichwörtlichen Lupe zu suchen, aber wenigstens mit einem Fotoapparat.

Mein obiges “Herz für Astronomen” sieht man ganz leicht mit dem freien Auge – und es ist sogar sehr leicht aufzufinden, denn es ist direkt neben dem berühmten Sternbild Orion: direkt neben dem Fußstern “Rigel” – und dass, wie findige Astrofotographen jetzt einwenden mögen, gleich daneben der schwach reflektierende Hexenkopfnebel ist, wissen sowieso die wenigsten. Er ist viiiel zu schwach zum Sehen und auch nur für wirkliche Fotoprofis abbildbar.

(Sagen Sie einfach, das sei das heimliche Portrait der Astronomin, die diesen Blogpost schrieb: die kleine Astro-Hexe neben dem “großen Herzen für die Astronomie”. 😉 )


Gimmick

zweiGedichte_dalena

PS: Nicht, dass hier jemand auf falsche Gedanken kommt: Diese Zusammenstellung ist selbstverständlich kein Erfahrungsbericht, sondern habe ich für Sie, meine Leser, gemacht. Ich selbst kann mich leider nicht erinnern, jemals irgendwas zum Valentinstag bekommen zu haben. Als Astronomin, die für die Öffentlichkeit tätig ist, habe ich nur seit anderthalb Jahrzehnten Ideen gesammelt, wie man anderen mit Sternen eine Freude machen kann – auch zu solchen Anlässen.

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

2 Kommentare

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