„Zuerst“ bedeutet nicht „wenige Tage danach“

BLOG: Sprachlog

Alle Sprachgewalt geht vom Volke aus
Sprachlog

Nachdem ich Vorgestern auf die im Netzauftritt des VDS nachzulesende, frei erfundene Behauptung hingewiesen habe, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung sei zuerst auf Deutsch veröffentlicht worden, ist diese Behauptung gestern still und leise korrigiert worden.

Gut zu wissen, dass man beim VDS das Sprachlog liest und manchmal sogar versteht, was ich hier schreibe. Vielleicht dringt auf diese Weise etwas Vernunft in die irrationale Phantasiewelt der Anglizismenjäger ein.

Etwas verstörend, allerdings, dass man Fehler korrigiert ohne sie einzugestehen.

So sah die Seite Vorgestern aus, als ich meinen Beitrag schrieb:

Alte und neue Version der VDS-Webseite zur amerikanischen Unabhängigkeitserklärung.

So fand sie Sprachlogleser Armin gestern Abend vor:

Alte und neue Version der VDS-Webseite zur amerikanischen Unabhängigkeitserklärung.

Was auffält: Das letzte Änderungsdatum ist angeblich der 15. Juni 2006.

Man könnte meinen, das sei keine große Sache. Da hat jemand einen Fehler korrigiert und vergessen, das Änderungsdatum zu aktualisieren. Na und?

Aber der VDS möchte als Gesprächspartner in Sprachfragen auf Augenhöhe mit Leuten wahrgenommen werden, die sich tatsächlich mit Sprache auskennen. Da würde ein sorgfältiger Umgang mit öffentlichen Aussagen helfen. Erstens sollte man seine Quellen nennen. Zweitens sollte man Fehler öffentlich eingestehen und nachvollziehbar korrigieren

So macht man es in der Wissenschaft, und so machen es Wissenschaftsblogger/innen. Und so muss man es machen, wenn man von Wissenschaftler/innen und Blogger/innen ernstgenommen werden will.

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Nach Umwegen über Politologie und Volkswirtschaftslehre habe ich Englische Sprachwissenschaft und Sprachlehrforschung an der Universität Hamburg studiert und danach an der Rice University in Houston, Texas in Allgemeiner Sprachwissenschaft promoviert. Von 2002 bis 2010 war ich Professor für Englische Sprachwissenschaft an der Universität Bremen, im August 2010 habe ich einen Ruf auf eine Professur für anglistische Sprachwissenschaft an der Universität Hamburg angenommen. Mein wichtigstes Forschungsgebiet ist die korpuslinguistische Untersuchung der Grammatik des Englischen und Deutschen aus der Perspektive der Konstruktionsgrammatik.

10 Kommentare

  1. Peinlich…

    Irgendwie wird der VDS auch immer peinlicher, oder? Erst diese kindischen Attacken (und das ist noch eine Untertreibung) auf dich, Anatol mit puren ad-hominem Argumenten und dann sowas. Nein, ernstzunehmen sind die wirklich schon lange nicht mehr. Und offenbar auch nicht sonderlich diskussionsbereit.

  2. Kein kluger Betreff

    Hallo,

    ich lese den Blog wirklich gerne, finde es aber etwas unglücklich, dass der Fokus derzeit auf den VDS liegt. Bitte nicht missverstehen: wenn der VDS Falschbehauptungen aufstellt, die mit der deutschen Sprache zu tun habe, lese ich hier auch sehr gerne eine sachliche Kritik dazu.

    Der Blog-Artikel hier ist natürlich auch eine sachliche Kritik – der ich mich anschließe – aber ich denke mit „Sprach”-Blog hat das weniger zu tun. Ich fände es angenehmer, wenn keine Zeit und Energie darauf vergeudet wird den VDS oder einige seiner – etwas schrägen – Mitglieder zu demontieren; das tun sie auch ohne fremde Hilfe.

  3. Bitte nicht zuviel Werbung für VDS

    Ich schließe mich meinem Vor-Kommentator an: So interessant die Geschichte mit der Unabhängigkeitserklärung war, so steht doch dieser VDS (den ich vor diesem Blog gar nicht kannte – ich dachte zuerst an Vorratsdatenspeicherung 😉 ) zu sehr im Mittelpunkt, gewinnt so jedoch Bekanntschaft bei Besuchern und mit jeder Verlinkung einen höheren Rang bei Google.

    Das Phänomen der Sprachschutzvereine existiert in Deutschland übrigens schon seit Jahrhunderten. Einst zogen sie gegen das Französisch zu Felde. Es ist daher anzunehmen, dass die Art Vereine uns auch noch Jahrhunderte erhalten bleibt – also am Besten nicht darüber aufregen.

  4. Na ja, die neuesten Beiträge über den VDS sind ja nur Auswirkungen vorangegangener Einträge zu linguistischem Unsinn, der dort verzapft wird. Und ich finde es schon gut, dass Anatol Stefanowitsch auch diese persönliche Ebene, die ja doch ein Licht auf die Gestalten im VDS sowie dessen seltsamen Wissenschaftsbegriff wirft, in seinem Blog dokumentiert. So habe ich mich überhaupt erst gestern mal ein wenig näher mit denen beschäftigt; bisher waren das für mich ein paar Loser, die ihre persönlichen Vorlieben bewerben [wie, sagen wir, Kaninchenzüchtervereine* oder sowas].

    Der VDS tritt aber sehr groß auf, tut so, als ob seine Ziele eine wissenschaftliche Basis haben [implizit, die universitären Lebensläufe der Mitglieder spielen eine große Rolle]. Um näher ans “gemeine Volk” zu kommen, werden Prominente zitiert, überwiegend mit Wischiwaschiaussagen, die kaum jemand ablehnen wird [Nina Ruges ist besonders lächerlich]. Wir haben es da durchaus mit perfider Polemik, ja, Propaganda zu tun.

    Die Vorkommnisse der letzten Tage machen zwei Dinge klar:

    1. Mit der deutschen Sprache haben die Herren im VDS es nicht so. Oder sie lieben sie so sehr, dass sie Angst haben, sie zu benutzen, weil sie kaputt gehen könnte.

    2. Integrität hat der Verein keine. Wer eine große Behauptung in die Welt setzt, sollte bei Gegenbeweis nicht klammheimlich ändern; schon gar, wenn er damit seinen Gegner lächerlich machen möchte [‘Seh’n Sie mal, wie der Stefanowitsch lügt!’].

    Es ergibt sich durchaus die Frage, ob denn die prominenten Mitglieder wirklich im Verein sind, Jürgen von der Lippe beispielsweise. Oder ob auch hier fröhlich gelogen wird.

    Mit Skeptizismus und Wissenschaftlichkeit hat der VDS auf jeden Fall nichts zu tun, das dürfte jetzt klar sein.

    *Nein, ich halte Kaninchenzüchter nicht für Loser, der Vergleich bezieht sich nur auf den zweiten Teil.

  5. Schweizer Garde

    Ist die offizielle Sprache der Schweizer Garde nicht deshalb Deutsch, weil die Schweizer Garde aus Rekruten der Schweizer Armee besteht, die als Schweizer Staatsbürger ihrerseits dementsprechend z. T. Deutsch als Mutter- und Amtssprache haben?

    Aber Hey! Deutsch! Sogar der Papst kann es! Whoo-hoo!

  6. Das ist selbstverständlich keine Entschuldigung, aber der VDS befindet sich da in bester Gesellschaft. Aktualisierungen ohne Hinweise scheinen selbst in Online-Portalen von Qualitätszeitungen Usus zu sein (ich bin so frei auf eine eigene Beobachtung hinzuweisen).

    Quellen nennen, prinzipiell ja. Nur werden Texte dadurch oft schwer lesbar (deswegen in journalistischen Texten oft nicht der Fall, zumindest nicht in wissenschaftlich-korrekter Hinsicht). Innerhalb des Netzes lässt sich das Problem allerdings durch Verlinkung schön lösen.

  7. Soso, in der Wissenschaft gesteht man Fehler also öffentlich ein? Dann geht man beim Goethe-Institut offenbar nicht besonders wissenschaftlich vor. Dort wurde nämlich dieser Textabschnitt:

    „Hinzu kommt, dass wir offenbar Entertainment suchen. Und Leute wie Bastian Sick sind halt Entertainer. Der Gegenstand ihrer Shows spielt nicht die Hauptrolle. Wichtiger ist, dass man sich gut fühlt – etwa mit dem Bewusstsein, dass man mehr über den Gegenstand weiß als die anderen.“

    … so ins Englische übersetzt:

    „Another factor is that we obviously want to be entertained – and people like Bastian Sick are entertainers. The topic of their shows is immaterial. The feel-good factor is more important – and feeling good is strengthened by the feeling that THE PRESENTER knows more about the subject than anyone else.“

    (Großschreibung von mir.)

    Ein ziemlich stümperhafter Übersetzungsfehler — so in etwa auf Ihrem Niveau. Das Goethe-Institut möchte als Gesprächspartner in Sprachfragen auf Augenhöhe mit Leuten wahrgenommen werden, die sich tatsächlich mit Sprache auskennen. Da würde eine sorgfältige Übersetzung der eigenen Texte helfen.

    Ich habe das Goethe-Institut in einer E-Mail darauf aufmerksam gemacht, dass es natürlich die ZUSCHAUER sind, die mehr über den Gegenstand wissen wollen als die anderen, NICHT der PRÄSENTATOR. Als ich etwa ein halbes Jahr später — ich hatte die ganze Sache bereits wieder vergessen — zufälligerweise noch einmal über den Artikel stolperte, stellte ich fest, dass man den Fehler klammheimlich korrigiert hatte — nicht einmal bedankt hatte man sich bei mir.

    Link zum Artikel: http://www.goethe.de/lhr/prj/mac/spw/en2397004.htm

  8. @A.Nonym/Tom S. Fox

    Die Goethe-Institute sind keine wissenschaftlichen Einrichtungen, ich weiß also nicht, was Sie uns mit dieser Geschichte sagen wollen (übrigens geht mir das bei Ihren Kommentaren grundsätzlich so).