Die Deutsche Bahn, Bewahrerin der englischen Sprache

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Alle Sprachgewalt geht vom Volke aus
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Ich bin ja zurzeit viel mit der Deutschen Bahn unterwegs und nutze, um die Reisezeit optimal zu verwerten, die Durchsagen als Forschungsobjekt. Deshalb habe ich mich natürlich besonders über den aktuellen Beitrag in Kristin Kopfs „Schplock“ gefreut, in dem sie sich mit einer Besonderheit des Bahnenglisch befasst, die deutlich interessanter ist als die Frage, ob „Call-a-Bike“ besser „Ruf-ein-Rad“ heißen sollte:

Fast jedes Mal, wenn ich mit dem Zug unterwegs bin, fällt mir eine kleine Eigenheit im Bahnenglisch auf: “Ladies and Gentlemen, we arrive Berlin-Spandau …“ Die Wendung scheint fest zu sein, äußerst selten höre ich Varationen mit einer Präposition, die to arrive ja eigentlich fordert: Man kann nur at (oder in) arriven, nackt ist das Verb nicht brauchbar. Ganz abgesehen davon, dass die Verbform eine andere sein müsste (we will be arriving …).

Die Frage der Verbform würde ich etwas differenzierter sehen. Der grammatische Kontext ist ja normalerweise In a few minutes, we arrive… oder We arrive … at 19:47, und da wäre es vorstellbar, dass die intendierte Aussage eine habituelle sein soll, also etwa „Zum Zeitpunkt X erreichen wir immer/jeden Tag …“. In diesem Fall wäre die Form we arrive annehmbar. Wenn das spezifische Ereignis des Ankommens an diesem einen Tag um diese eine Zeit gemeint ist, dann wäre ein Futur nötig, entweder in der Verlaufsform, wie Kristin vorschlägt, oder in der einfachen Form, also we will arrive…. Tatsächlich könnte das we arrive einfach ein undeutlich ausgesprochenes einfaches Futur sein: we’ll arrive.

Aber um die Zeitform geht es ja auch gar nicht, es geht um die Frage, ob arrive ein direktes Objekt erlaubt (We arrive [Objekt Berlin-Spandau]), oder ob das Ziel als adverbiale Ergänzung in Form einer Präpositionalphrase benannt werden muss (We arrive [Adverbial at/in Berlin-Spandau]). Kristin geht davon aus, dass ein direktes Objekt nicht möglich ist, und erklärt den Fehler als Interferenz aus dem Deutschen:

Die Erklärung, die sich aufdrängt – und die ich somit auch nicht als erste gefunden habe – ist, dass die Sprecher to arrive nicht als englische Entsprechung von ankommen betrachten, sondern von erreichen. Letzteres braucht nämlich keine Präposition, sondern einfach nur ein Akkusativobjekt: (1) Ich komme in Berlin-Spandau an. (engl. to arrive) (2) Ich erreiche Berlin-Spandau. (engl. to reach) arrive und erreichen klingen ähnlich und bezeichnen ähnliche Konzepte, der Fehler wird also sowohl lautlich als auch inhaltlich gefördert.

Ich stimme ihr im Großen und Ganzen zu, sowohl, was die Frage nach der korrekten Verwendung des Verbs arrive betrifft, als auch bezüglich der Fehlerquelle, und ich empfehle, auch den Rest ihres Beitrags zu lesen, in dem sie der Frage nachgeht, warum dieser Fehler im DB-Englisch die Standardform zu sein scheint.

Ich will mich hier etwas ausführlicher mit der Frage nach der Transitivität von arrive befassen. Bevor ich das tue, noch zwei Nebengedanken. Erstens: In Berlin-Spandau sollten überhaupt keine Fernzüge halten. Der einzig rechtmäßige Westberliner Fernbahnhof ist der Bahnhof Zoo. Das gehört nicht zum Thema, aber es musste gesagt werden. Zweitens: Die Fehlerquelle könnte auch (oder zusätzlich) im Gebrauch des Verbs auf Flugtickets liegen, wo oft Dinge stehen wie „Depart Hamburg 1805 / Arrive Berlin 1855“.

Nun zum grammatischen Verhalten von arrive. Ich beschäftige mich derzeit unter anderem mit der sprachlichen Geschichte des englischen Bewegungsverbsystems und interessiere mich dabei vor allem für die aus dem Lateinischen und Französischen entlehnten Verben und deren grammatische Entwicklung. Da passt das aus dem Lateinischen übernommene arrive (von Lat. ad „hin zu“ + ripa „Küste“) natürlich perfekt.

Die ältesten belegten Verwendungen des Verbs stammen vom Beginn des 13. Jahrhunderts und sind tatsächlich transitiv (haben also ein direktes Objekt). Allerdings ist es nicht das Ziel, das durch das Objekt ausgedrückt wird, sondern das Fahrzeug (3a), der Reisende (3b) oder die transportierten Waren (3c). Die Beispiele stammen dabei alle aus dem Oxford English Dictionary, ich zitiere hier jeweils Belege aus dem 17 Jh. oder später, da die Struktur der früheren Belege schwer durchschaubar ist, wenn man kein Spätaltenglisch und Mittelenglisch kann. In der deutschen Übersetzung verwende ich „ankommen“ für arrive, egal, ob es in der betreffenden Struktur tatsächlich verwendet werden kann:

(3a) Some points of wind..may as soon Overturn, as Arrive the ship. [1650]
(„Einige Windstöße könnten das Schiff ebensogut umwerfen wie [es] anzukommen [d.h. zum Ziel bringen]“)
(3b) And made the sea-trod ship arrive them near The grapeful Crissa. [1624]
(„Und sorgte dafür, dass das seegebeutelte Schiff sie in der Nähe des traubenbewachsenen Crissa ankam [zum Ziel brachte]“)
(3c) Insurances, The goods are arrived and brought a-shore safe. [1755]
(„Mein Wort darauf, die Waren wurden angekommen [d.h. ans Ziel gebracht] und sicher an Land gebracht“).

Die intransitive (also objektlose) Verwendung, die wir aus dem heutigen Englisch kennen, und bei der das Ziel entweder gar nicht genannt wird (4a) oder in einer Präpositionalphrase ausgedrückt wird (4b), findet sich erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts:

(4a) The eorlle hadd i-revayd. [1400]
(„Der Graf war angekommen“)
(4b) They arriued at the countrey of the Gadarenes. [1611]
(„Sie kamen im Land der Gadarener an“)

Das Oxford English Dictionary behauptet, diese Verwendung habe sich über den Zwischenschritt einer reflexiven Verwendung entwickelt, also in etwa so: (i) Das Schiff kam ihn an; (ii) Er kam sich an; (iii) Er kam an. Das wäre logisch, aber die Evidenz überzeugt mich nicht, denn das einzige Beispiel für eine reflexive Verwendung stammt von 1488, fast zweihundert Jahre nach den ersten intransitiven Verwendungen (5):

(5) … as he arryued hym at the toures dore. [1480]
(„… als er sich am Tor des Turmes ankam“)

Warum erzähle ich das alles? Regelmäßige Leser/innen wissen, dass ich zwar von allen Facetten menschlicher Sprachen fasziniert bin, dass ich aber nicht dazu neige, sie planlos mit meinen Forschungsprojekten zu belästigen.

So ist es auch hier. Meine Ausführungen bilden nur den Rahmen für die eigentlich interessante Tatsache: Es gab in der englischen Sprachgeschichte tatsächlich eine Phase, in der das Verb arrive genau so verwendet wurde, wie die Deutsche Bahn das heute wieder tut. Zwischen dem Ende des 16. Jahrhunderts und der Mitte des 19. Jahrhunderts finden sich Beispiele wie die folgenden:

(6a) Nowe we arriue the hauen. [1587]
(„Nun kommen wir den Hafen an“)
(6b) Through a Million of dangers we arriued the Spanish coasts. [1630]
(„Durch eine Million Gefahren kamen wir die Küsten Spaniens an“)
(6c) Arrive at last the blessed goal. [1850]
(„Kommen endlich das gesegnete Ziel an“)

Die Deutsche Bahn belebt also nur eine Struktur wieder, die das Englische vor etwa 150 Jahren verloren hat. Sie bedient sich also nicht nur bei der englischen Sprache, sie gibt ihr auch etwas zurück.

Ernsthafter formuliert: Obwohl es ein paar allgemeine Gesetzmäßigkeiten des Sprachwandels gibt, entwickeln Sprachen sich ungesteuert und weitgehend ohne Ziel. Arrive konnte 250 Jahre lang mit einem Reiseziel als direktem Objekt verwendet werden und es gibt keinen logischen oder sprachstrukturellen Grund für das Verschwinden dieser Gebrauchsmöglichkeit. Andere französisch- und lateinstämmige Bewegungsverben haben im Englischen genau diese Struktur herausgebildet (They entered the country, They ascended the mountain, They approached the island, They departed the coasts of England, usw.). Dass arrive dieses Muster gerade nicht zulässt, ist bloße Sprechgewohnheit. Man könnte sagen: Wer, wie die Deutsche Bahn, gegen diese Sprechgewohnheit handelt, macht einen sprachlichen Fehler. Mann könnte aber auch sagen: Die Ansagen der Deutsche Bahn schöpfen ein grammatisches Potenzial aus, das derzeit ungenutzt ist.

KOPF, Kristin (2010) We arrive Berlin-Spandau. Schplock, 5. März 2010 [Link]

OXFORD ENGLISH DICTIONARY (1989). Arrive, v. The Oxford English Dictionary, 2. Auflage. Oxford: Oxford University Press.

© 2010 Anatol Stefanowitsch

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Nach Umwegen über Politologie und Volkswirtschaftslehre habe ich Englische Sprachwissenschaft und Sprachlehrforschung an der Universität Hamburg studiert und danach an der Rice University in Houston, Texas in Allgemeiner Sprachwissenschaft promoviert. Von 2002 bis 2010 war ich Professor für Englische Sprachwissenschaft an der Universität Bremen, im August 2010 habe ich einen Ruf auf eine Professur für anglistische Sprachwissenschaft an der Universität Hamburg angenommen. Mein wichtigstes Forschungsgebiet ist die korpuslinguistische Untersuchung der Grammatik des Englischen und Deutschen aus der Perspektive der Konstruktionsgrammatik.

40 Kommentare

  1. …to arrive at

    Um ehrlich zu sein, ist es mir relativ schnuppe, ob die Bahn _den_ Bahnhof XYZ ankommt, oder ob die Bahn _im_ Bahnhof XYZ ankommt. Es käme bei den Kunden aber gut an, wenn sie rechtzeitig ankäme, was sie aber nicht tut, weswegen bei mir der Gedanke aufkommt, dass die Reaktivierung spätmittelalterlicher Grammatiken bei der Bahn etwas mit der Wiedereinführung ebensolcher Reisezeiten zu tun hat.

    Letzteres ist imho durchaus kritikwürdig.

  2. Liest die Bahn den „Schplock“?

    Vorgestern saß ich im ICE und war über die ungewohnt korrekte Ausdrucksweise der englischen Ansage erstaunt: „… in a few minutes we shall be arriving at Cologne“.
    Dann fregte ich mich, ob die Futur-Bildung mit „shall“ nicht etwas veraltet ist. Soviel ich weiß, wird es wohl in der gesprochenen Sprache seit einigen Jahrzehnten nicht mehr verwendet. Aber vielleicht ist es ja in formellen Kontexten nach wie vor üblich? Oder man liebt es bei der Bahn, alte englischprachige Traditionen hervor zu holen und zu pflegen. Wie man nach dem Artikel ja auch vermuten könnte. 😉

  3. Ich musste beim Befund “We arrive Berlin-Spandau” zunächst an eine ganz andere Erklärung denken. Denn zumindest ab und zu wird ja auch das deutsche “ankommen” transitiv verwendet. Ich habe schon häufiger Sätze wie “Ich komme Hauptbahnhof an” (oder auch “Ich steige Friedrichstraße aus”) gehört. Gerne wird diese sprachliche Eigenheit ja dem türkisch-deutschen Großstadt-Slang untergeschoben. Ich habe es tatsächlich aber auch schon häufig von Leuten gehört, die überhaupt nicht aus dieser Gruppe zu kommen schienen.

  4. Spandau

    In Spandau halten die ICEs 10 (Berlin – Köln), 11 (Berlin – München), 12 (Berlin – Interlaken), 28 (Hamburg – München), die ICs 32 (Berlin – Innsbruck), 77 (Szczecin – Schiphol) und die ECs 27 (Hamburg – Budapest) und 99 (Hamburg – Krakow).

  5. so nun auch wieder nicht

    @ Arbol: Wenn schon, dann “We will arrive at Cologne” (wo ist denn die Main Station geblieben?). Die Verwendung der progressive form mit arrive tut mir zumindest sehr weh.

    Aber wie ich schon nebenan geschrieben habe: Die DB-Texte sind IMHO ziemlich unidiomatisch.

  6. ‘ll + Fernverkehr in Berlin-Spandau

    @A.S.: Ich fühle mich geehrt! Und ich freue mich über die sprachgeschichtlichen Einblicke, das ist wirklich superspannend.

    Das mit dem verschluckten ‘ll habe ich auch schon überlegt, aber ich habe mittlerweile so oft hingehört und es fast nie auch nur in Resten ausmachen können … Aber wer weiß, vielleicht ist es ja doch “mitgedacht”.

    Ihr heutiger Beitrag hat mich übrigens wiederum zu einem bei mir inspiriert, bin grade am Schreiben.

    @Anna: Oder, wie in meinem Fall, der ICE 694 von Stuttgart nach Berlin Ostbahnhof. (Es lebe der gläserne Mensch.)

  7. Westberliner Bahnhöfe

    Da Spandau bekanntermassen trotz administrativer Eingemeindung sich weder Berlin zugehörig fühlt, noch als Teil der Stadt wahrgenommen wird, steht der Bahnhof ‘Berlin’-Spandau auch nicht in Konkurrenz zu Berlin-Zoo.

  8. Berlin-Spandau

    @anna: Ja, mir wird ganz elend. Alle diese Züge sollten am Bahnhof Zoo halten. Wenn Gott gewollt hätte, dass sie in Spandau halten, dann hätte er Spandau (siehe tristan) zu einem Teil von Berlin gemacht.

  9. Wenn schon, dann “We will arrive at Cologne” (wo ist denn die Main Station geblieben?). Die Verwendung der progressive form mit arrive tut mir zumindest sehr weh.

    Achim, das scheint mir aber eine deutsche Überinterpretation der Regeln zu sein. In vielen britischen Zügen ist We’re now arriving at… die Standarddurchsage. Im Übrigen muss man nicht central station (wenn es schon um idiomatische Begriffe geht, ist dieser sicher main station vorzuziehen) anfügen, wenn der Zug nur einmal in Köln hält.

    Dann fregte ich mich, ob die Futur-Bildung mit „shall“ nicht etwas veraltet ist. Soviel ich weiß, wird es wohl in der gesprochenen Sprache seit einigen Jahrzehnten nicht mehr verwendet. Aber vielleicht ist es ja in formellen Kontexten nach wie vor üblich?

    Wird auch in informellen Kontexten in UK noch in der gesprochenen Sprache verwendet. Zwar kontextabhängig und markierter als Bildungen mit will oder going to, aber trotzdem wäre so etwas wie I shall be there! keine Besonderheit.

  10. ….

    auf deutsch kann die bahn genauso witzig sein: “wir erreichen jetzt xyz, dort haben sie anschluss am ice nach sowieso…”, da frag ich mich immer, was für ein anschluss ist denn das da an dem zug, etwa internetanschluss, oder steckdose, und wo ist die, vorn an der lok?

    thema spandau/ zoo:

    könntet ihr bitte mal in der gegenwart ankommen?

  11. Cologne

    @Gareth:
    “Im Übrigen muss man nicht central station anfügen, wenn der Zug nur einmal in Köln hält.”
    In Köln hält jeder Zug mindestens zweimal: in Deutz (Cologne Trade Fair Deutz) und am Hauptbahnhof (der tatsächlich immer Cologne Central Station genannt wird) – obwohl die beiden nur 500 Meter auseinander liegen.

  12. Das ungenutzte Potential

    @A.S.

    Vielen Dank für den nützlichen Tipp. Zwar kommt er für mich viel zu spät, aber wie gerne hätte ich meinen Latein- und Französischlehrern klargemacht, daß ich keine Fehler gemacht, sondern nur das ungenutzte grammatische Potential des Lateinischen und des Französischen ausgeschöpft hatte.

    Besser wäre es mir in der Schule auch ergangen, wäre ich nur darauf gekommen, meine Englischlehrer für Ihre Ausschöpfung des grammatischen Potentials des Englischen zu beglückwünschen.

    @Gareth

    Gegen “we are arriving at/in …” ist natürlich nichts einzuwenden. Sie entspricht dem “wir erreichen …” im Deutschen, sofern keine weitere Zeitangabe folgt. Die Kritik vom Achim bezog sich auf die vorgeschlagene Formulierung “we will be arriving …”, die zumindest unnötig umständlich ist. Hier geht es m.E. nicht um eine “deutsche Überinterpretation der Regel”, sondern um die übermäßige, wenn nicht falsche, Verwendung der Progressivform im Englischen durch viele Deutsche.

  13. Kölle

    @H.M.Voynich: Zumindest die ICEs halten entweder in Deutz/Messe oder im Hauptbahnhof, aber niemals zweimal.

  14. Undeutlich aussprechen, ja, das tun sie, dennoch glaube ich weder an ein verschlucktes at noch an ein solches ‘ll. Zu oft habe ich diese Formulierung, die mich immer aufmerken ließ, inzwischen exakt so aus dem Zuglautsprecher gehört und bin der Ansicht, dass hier etwas falsch gelernt (oder gelehrt) wurde.

    Nebenbei – in einem Interview kam Paul McCartney einmal durcheinander und sagte: “When we arrove at …”

  15. Nörgler,

    Die Kritik vom Achim bezog sich auf die vorgeschlagene Formulierung “we will be arriving …”, die zumindest unnötig umständlich ist. Hier geht es m.E. nicht um eine “deutsche Überinterpretation der Regel”, sondern um die übermäßige, wenn nicht falsche, Verwendung der Progressivform im Englischen durch viele Deutsche.

    Achims Aussage war “Die Verwendung der progressive form mit arrive tut mir zumindest sehr weh.” Daher musste ich darauf schließen, dass er das Verb arrive generell nicht in der Progressivform mag. Zwar benutzen Muttersprachler des Deutschen im Englischen oftmals die Progressivform, wo sie nicht benutzt werden sollte, aber genauso gibt es einige Sprecher, die (eben weil sie sich dessen bewusst sind) zur Hyperkorrektur neigen.

    We will soon be arriving at… mag umständlich sein, ist aber kein deutscher Fehler. Man kann folgende Ansage aber z.B. im Heathrow Express hören, wo die Fahrgäste mit eben jenem Hinweis ein paar Minuten vor der Ankunft (und somit vor der Durchsage We are now arriving at…) dazu aufgefordert werden, Ihr Gepäck zusammenzupacken, um sich aufs Aussteigen vorzubereiten.

    H.M.Voynich,

    In Köln hält jeder Zug mindestens zweimal: in Deutz (Cologne Trade Fair Deutz) und am Hauptbahnhof (der tatsächlich immer Cologne Central Station genannt wird)

    Wie Andreas H. schon sagte, die ICEs halten nicht zweimal. Der ICE auf der Strecke Berlin-Köln hält in allen Städten außer Berlin nur am Hauptbahnhof, ergo muss man nicht jedes Mal central station dazusagen, da ja – besonders im Gegensatz zu UK z.B. – die Bahnhöfe automatisch alle Hauptbahnhof heißen.

  16. Hauptbahnhof

    @gareth: Nicht alle Bahnhöfe sind “automatisch Hauptbahnhöfe”. Das gilt nur für Städte, in denen es auch noch andere Bahnhöfe gibt. (Ausnahmen bestätigen die Regel). Der Bahnhof Hamm, in dem der ICE aus Berlin geteilt wird, ist zum Beispiel keiner.

  17. We are arrived, alle aussteigen bitte!?

    Ich hätte eine Frage zu (3c): Kann da “are arrived” nicht einfach “sind angekommen” heißen? (“are come” usw. war ja auch mal normal).

    In einer Fassung der Bibel findet’s sich wohl auch:

    he said, I will hear thee fully when thine accusers also are arrived. And he commanded him to be kept in Herod’s praetorium.
    (Darby Bible Translation)
    (Apg 23:35 http://bible.cc/acts/23-35.htm)

    Ich gebe zu, zum Beweis reicht das nicht ;-). Aber “we are arrived” oder “we were arrived” fördert erstaunlich viele Google-Belege zu Tage, auch wenn man die Suche auf UK oder US beschränkt. Aber AS kennt sich da sicher besser aus?

  18. Are arrived

    @Bernhard, ich habe mich hier an die Analyse des OED gehalten. Sie scheint mir aber auch plausibel, denn are bezieht sich hier auf arrived und brought a-shore. Letzteres ist eindeutig eine Passivstruktur und somit ist die naheliegendste Interpretation, dass es sich auch bei are arrived um ein Passiv handelt.

  19. Hauptbahnhof

    @ohno:
    Es gibt sogar Städte, die mehrere Bahnhöfe haben, aber trotzdem keinen Hauptbahnhof.
    Z.Bsp. gibt es in Großenhain den “Berliner Bahnhof” und den “Cottbusser Bahnhof”.

  20. Metro in Beijing

    In der Beijinger Metro sagen sie: “We are arriving at …” – Schön und gut, aber die Durchsage kommt zu spät für die Verlaufsform, nämlich erst dann, wenn der Zug schon steht und die Türen aufgegangen sind. Auf Chinesisch lautet die Durchsage auch korrekt “… 到了。”, d.h. mit dem Perspektivsuffix -le, das ein vollendetes (und in diesem Fall vergangenes) Ereignis ausdrückt.

  21. Progressivform

    @Gareth

    Ich habe nichts gegen “we will soon be arriving at”; ebensowenig gegen “… in a few minutes we shall be arriving at Cologne.” (nur, daß es besser “in Cologne” hieße, und daß ich hier in Amerika kaum “shall” sagen würde).

    Allerdings geht es auch einfacher: “we will soon arrive” und “in a few minutes, we will arrive”. Das würde ich jedem empfehlen, der nicht ganz sicher in der Progressivform ist.

  22. Ich habe nichts gegen “we will soon be arriving at”; ebensowenig gegen “… in a few minutes we shall be arriving at Cologne.” (nur, daß es besser “in Cologne” hieße, und daß ich hier in Amerika kaum “shall” sagen würde).

    Ich weiß nicht, wie es im amerikanischen Englisch heißt, aber in UK wird bei Bahnhöfen grundsätzlich at benutzt und nicht in, ob Sie das für besser halten oder nicht, vgl. neben bereits genannten Wendungen This train terminates at…, This train calls at….

  23. Ich verstehe nur Bahnhof

    @Gareth
    Ich habe die von Arbol wiedergegebene Durchsage wörtlich zitiert. Darin ist von einem Bahnhof keine Rede.

  24. Koordinationsprobleme “are arrived”

    @A.S.: OK, wenn das OED das auch so sieht… Ich finde Koordinations-Argumente immer sehr schwierig, weil sie die voraussetzen, dass sich die Koordination an die grammatischen Regeln hält. Man müsste doch zunächst zeigen, dass eine Perfekt-Partizipphrase nicht mit einem Präsens-Passiv koordiniert werden kann, d.h. dass jeder Muttersprachler damals sie auseinander gehalten hat.
    Ich gebe zu, „Ich werde blind und gekocht.“ kommt mir komisch vor; aber „ich bin angekommen und genervt.“ finde ich ganz gut (allerdings ist das nur ein Zustandspassiv, ich weiß).

    Gerade habe ich auch ins OED geschaut; der Eintrag 2b lautet:

    ‘Of things: To be brought by ship. *sold to arrive*: (a cargo) sold for delivery on arrival in port’ [Sternchen für falls fett nicht geht.]

    Dabei ist aber vorher 2a markiert als “intr.”; da danach die nächste Markierung (“trans.”) bei 3 vorkommt, würde ich davon ausgehen, dass auch 2b intransitiv sein soll. Das wäre ein Argument für mich (wenn auch nicht ein schönes, denn Lexika sollten eindeutig sein; mindestens bei “beat” ist es offensichtlich ähnlich bei der Transitivitätsmarkierung verfahren; aber ich bin kein OEDologe); auch ‘sold to arrive’ spricht nicht gerade gegen Intransitivität (aber wahrscheinlich kann man Bücher auch “sell to read” nicht nur “to be read”).

    (joviale Rechthabenwoller-Pose:) Können wir zumindest uns drauf einigen, dass es nicht ganz eindeutig ist?

  25. @Gareth
    Ich habe die von Arbol wiedergegebene Durchsage wörtlich zitiert. Darin ist von einem Bahnhof keine Rede.

    Das ist doch jetzt albern. Wo hat sein ICE denn Ihrer Vermutung nach gehalten, wenn nicht an einem Bahnhof?

  26. Noch alberner

    @Gareth

    Wollen Sie ernsthaft behaupten, daß eine englische Bahnansage lauten würde: “We will soon be arriving at London.”?

    Wenn ja, dann muß ich das akzeptieren, da ich mich mit heutigem englischen Englisch weniger gut auskenne.

  27. Wollen Sie ernsthaft behaupten, daß eine englische Bahnansage lauten würde: “We will soon be arriving at London.”?

    In London hießen die Ansagen logischerweise We will soon be arriving at Waterloo/Paddington/Kings Cross-St Pancras etc, weil es keinen Bahnhof gibt, der einfach nur London heißt.

    Für kleinere Orte, die nur einen Bahnhof haben, wäre die Ansage aber z.B. We will soon be arriving/We are now arriving at Reading und gleichermaßen This train terminates at Reading oder This train calls at Reading.

  28. Reading hat zwei Bahnhoefe

    @Gareth,

    Schlechtes Beispiel 😉

    Reading hat zwei Bahnhoefe, Reading und Reading West.

  29. Nörgler,

    Also geben Sie mir recht?

    Nein. Es gibt halt keinen Bahnhof der London heißt, daran kann ich auch nichts ändern. in halten Züge in UK trotzdem nie.

    Armin,

    Schlechtes Beispiel 😉 Reading hat zwei Bahnhoefe, Reading und Reading West.

    Eben kein schlechtes Beispiel. Der zitierte Bahnhof heißt ja trotzdem nur Reading, damit wäre die Durchsage auch, wie ich bereits sagte, This train calls at Reading.

    Ich habe jetzt sogar eine YouTube-Recherche durchgeführt, damit das leidige Thema beendet werden kann.

    http://www.youtube.com/watch?v=KEzmyxpq6bs

    (‘Platform 1 for the 17.22 Cross Country Service to York calling at Winchester, Basingstoke, Reading, Oxford, Banbury, Leamington Spa, Birmingham New St, Tamworth, Burton-on-Trent, Derby, Chesterfield, Sheffield, Doncaster and York. Customers for Andover should change at Basingstoke. This train is formed of five coaches.[…]’

  30. At

    @Gareth: Danke für die ausführliche Argumentation und die Recherche. Das durchgängige at ist sehr interessant und hier verbirgt sich wieder ein Thema für eine BA-Arbeit: eine Korpusanalyse von [arrive at NP] und [arrive in NP], die die jeweiligen Verwendungsbedingungen detailliert untersucht!

  31. in -vs- at

    Generell eigentlich recht einfach:

    “In” bei groesseren Gebilden, also Staedten, Laendern oder aehnlichem.

    “At” an einem spezifischen Ort bzw Gebaeude, wie einem Bahnhof oder aehnlichem.

    Also “the train arrives in London” aber “the train arrives at London Paddington”

  32. Also “the train arrives in London” aber “the train arrives at London Paddington”

    Ich möchte nochmal betonen, dass London absolut kein gutes Beispiel ist, weil es keinen Bahnhof gibt, der London heißt.

    Interessant ist doch die Verwendung der jeweiligen Präposition, wenn es eben keinen Unterschied zwischen Stadtnamen und Bahnhofsnamen gibt.

  33. Also geben Sie mir doch recht.

    Ihre Aussage wird nicht richtiger, nur weil Sie sie gebetsmühlenartig wiederholen.

  34. Fernbahnhöfe Westberlin

    Der Hauptbahnhof (als früherer Lehrter Bahnhof) ist ebenfalls in Westberlin gelegen.

  35. Versehentliche Leistung

    Ein charmanter Gedankengang: Die Bahn beschert uns ein Englisch der Renaissance! Das paßt doch sehr zum übrigen Gebahren: Prioritäten, die die Fürsten bedienen (Ausbau der Schnellstrecken), fürstliche Fahrpreise, Immunität gegen die Befindlichkeiten des buckligen Volks.