Significant Details: Die unlösbare Matheaufgabe

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Gespräche mit forschenden Frauen
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Eva Viehmann ist Mathematikerin und seit etwa einem Jahr Professorin an der Technischen Universität München. Sie kommt aus einer Mathematikerfamilie und hat schon als Kind mit ihrem Vater an mathematischen Problemen geknobelt. Aus dieser Zeit stammt auch ihr „signifikantes Detail“: Eine der ersten Aufgaben, an die sie sich erinnern kann, für die es einfach keine Lösung gab. „Das war etwas ganz Neues“ sagt sie, und vielleicht ist das einer der Gründe, warum sie den Zettel mit den Lösungsversuchen aufgehoben hat.

Damals hat sie oft mit ihrem Vater am Küchentisch gesessen und mit ihn mit mathematischen Fragen gelöchert, und dann fischte er einen Zettel aus dem Altpapier und erklärte ihr die Zusammenhänge. Das ging oft weit über den Schulstoff hinaus. Heute ist es umgekehrt. Heute kommen die Studenten zu ihr und sie greift zum Schmierzettel, um etwas zu erklären. „Das ist ja das Verfahren, wie wir fast immer über Mathematik kommunizieren.“

Aber auch wenn sie sich viel mit Studenten und Kollegen austauscht – im Kern ist die Mathematik etwas, was sie in ihrem Kopf lösen muss. Und das braucht nicht nur Konzentration, sondern auch ein gewisses Selbstvertrauen:

„Das kann sehr frustrierend sein, wenn man über ein Problem lange nachdenkt! Bei uns ist es ja auch nicht so, dass man sagen kann, okay, das Reagenzglas war dreckig und deswegen hat das nicht funktioniert. Sondern wenn man den ganzen Tag oder die Woche oder den Monat über etwas nachgedacht hat und man hat es nicht rausbekommen, dann liegt es offenbar an einem selbst. Es kann natürlich auch an den mangelnden Methoden liegen, aber letztendlich könnte man die ja auch erfinden. Also liegt es an einem selbst, dass man das jetzt nicht geschafft hat.“ Wie sie mit solchen und anderen Situationen umgeht, was sich mit der Professur für sie verändert hat und wie sie es vermeidet, sich in Problemen festzubeißen, erzählt sie im Interview.

Mein Name ist Kerstin Hoppenhaus. Ich habe Biologie studiert und später Wirtschafts- und Wissenschaftsfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg. Neben zahlreichen Beiträgen für Wissenschaftsmagazine im öffentlich-rechtlichen Fernsehen (SWR, 3sat, ZDF) habe ich Dokumentarserien für Arte und die ARD als Regisseurin realisiert. Seit dem Frühjahr 2011 bin ich außerdem als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Leuphana Universität Lüneburg tätig. Die Aluscheibe am Schlüsselbund im Profilbild ist mein eigenes "signifikantes Detail": eine Spindmarke aus dem VEB Braunkohlekombinat Bitterfeld, die ich vor fast zwanzig Jahren gefunden habe, als ich als Werksstudentin am Bauhaus Dessau gearbeitet habe. Damals war ich noch Biologin und in meiner Arbeit ging es eigentlich um die Wasserkäferfauna in der Muldeaue. Aber die Muldeaue ist eingebettet in eine großartige Landschaft voller Widersprüche, mit Gärten und Parks, riesigen Braunkohlerestlöchern und Seen, Abraumhalden und zahllosen alten, oft sehr traditionsreichen Industrieanlagen. Und diese Landschaft interessierte mich mindestens so sehr wie die Käfer. Als ich anfing in Dessau zu arbeiten, waren die meisten der Industriebetriebe schon geschlossen. Übrig waren nur noch stillgelegte Maschinen, verlassene Werkhallen und kilometerlange Rohrleitungen in unterschiedlichen Stadien des Verfalls. Tagelang bin ich mit Kollegen vom Bauhaus durch diese "stalkereske" Szenerie gezogen und ich glaube, dass ich in dieser Zeit angefangen habe, mich für das Dokumentarische zu interessieren. Seltsamerweise habe ich aus dieser Zeit kaum Fotos und so ist die kleine Spindmarke eins meiner wenigen greifbaren Erinnerungsstücke aus dieser Zeit. Ich halte sie in Ehren.

1 Kommentar

  1. Genial!

    Aber ich glaube irgendwann lässt sich alles lösen. Denn selbst das unerklärbare besteht aus Atomen. Daher kann man sagen es lässt sich alles auf diese Ebene reduzieren. Sind Radiowellen bzw. Funkwellen eigentlich auch aus Atomen oder ist das was anderes? Passt zwar nicht ganz zum Artikel meine Frage aber hat ja auch was mit Wissenschaft zu tun. Wär mal intressant zu wissen!

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